Arme
Angie.
Die
schönen Zeiten, als fast alle Ministerpräsidenten von der CDU gestellt wurden
und der gesamte Bundesrat nach Merkels Pfeife tanzte, sind lange vorbei.
Vorbei
ist auch die praktische EU-Konstellation mit Merkels Pudel Sarkozy, in der sie
mit dem deutsch-französischen Gewicht in der Waagschale dem Kontinent den Kurs
diktieren konnte.
Und
nun der G20-Gipfel im mexikanischen Badeort Los Cabos,
bei dem sie in einer 1:19-Isolation einsam ihre Kaputtspar-Ideologie vertrat.
Jenes Konzept, das man lange diskutieren kann, das aber mit dem einen blöden
kleinen Nachteil verbunden ist: Es funktioniert einfach nicht.
Vollends unspaßig ist es für die Kanzlerin des Vagen und
Ungefähren aber zu Hause in Berlin.
Der renitente Gauck will ihr ESM-Rettungsschirm-Gesetz nicht unterschreiben
und bringt den ganzen europäischen Zeitplan durcheinander.
Zu allem Übel hat der bipolare Horst immer noch nicht wieder seine
Medikamente genommen und oszilliert zwischen Amok und Frust-Modus. Dabei hat er
die gesamte K.O.alition in eine nahezu ausweglose Lage manövriert.
Stakkatohaft warnt der CSU-Chef vor
einem Ende der Koalition, wenn das von seiner Partei geforderte und vom
Kabinett im Grundsatz gebilligte Betreuungsgeld vom Bundestag nicht beschlossen
wird. Die CSU würde ein Scheitern nicht hinnehmen, drohte der bayerische Ministerpräsident.
Änderungen an der Prämie lehnt er ebenfalls kategorisch ab. "Da wird null
verändert", verkündete Seehofer jüngst. "Und null heißt null Komma
null." Zuletzt rüffelte er die FDP: "Die sollen jetzt endlich mal
schweigen, schlicht und einfach anwesend sein im Deutschen Bundestag und
umsetzen, was beschlossen ist".
[…] Beim Betreuungsgeld ist auch allen
in der CSU klar, dass Seehofer ein großes Risiko eingegangen ist, indem er die
Prämie zur Grundsatzfrage stilisiert hat. In der CSU-Landesgruppe wurde
Seehofers Drohung mit einem Koalitionsbruch mit Verwunderung aufgenommen - es
besteht die Sorge, man werde durch übertriebenen Druck die eigene
Glaubwürdigkeit verspielen. Ein Zurück ist kaum möglich. Stimmt die CSU doch
noch Änderungen zu, dann gilt sie als Umfaller. Scheitert das Betreuungsgeld
ganz, wäre das eine riesige Blamage.
Bizarrerweise ist dieser Quartalsirre aber Merkels wichtigster
Pylon ihrer bedrohlich durchhängenden Regierungskonstruktion.
Die Bundestagsmehrheit allein hat für einen deutschen Kanzler
keine ausreichende Tragfähigkeit. Da ist noch der Bundesrat, in dem die Ministerpräsidenten
eifersüchtig darauf achten nicht übergangen zu werden.
In den meisten Fällen ist der Bundesrat zustimmungspflichtig.
Von den 16 Ministerpräsidenten gehören im Sommer 2012 nur noch
sechs der CDU und einer der CSU an.
Reiner Haseloff, Annegret Kramp-Karrenbauer und Christine
Lieberknecht sind noch nicht mal voll stimmberechtigt, da sie alle drei mit der
SPD koalieren und sich bei strittigen Fragen im Bundesrat enthalten müssen.
Tatsächlich schwarzgelb sind nur noch 4 von 16 Bundesländern
regiert: Hessen, Niedersachsen, Sachsen und Bayern.
Seit der letzten Bundestagswahl vom September 2009 verlor Schwarzgelb die Ministerpräsidenten in NRW, Hamburg, Baden Württemberg und
Schleswig-Holstein.
Vor der Bundestagswahl in einem Jahr dürften mit sehr hoher
Wahrscheinlichkeit auch die Bundesländer Niedersachsen (Wahl 20.01.2013)
und Hessen (Wahltermin steht noch nicht fest - vermutlich Ende 2013) zurück an
die Sozialdemokraten fallen.
Die letzte Umfrage über das Schicksal David McAllisters in Hannover
stammt aus dem Mai 2012 von Infratest Dimap:
CDU
= 32 %, SPD = 36 %, Grüne = 13 %, FDP = 4 %, Linke = 3 %, PIRATEN = 8 %.
Auch
in Hessen zieht die Fußpilz-Beliebtheit des Roland-Koch-Epigonen Volker
Bouffier die CDU hinab. Die aktuellste
Umfrage der ARD stammt zwar schon aus dem Januar, aber sie zeigt
Schwarzgelb derartig weit von einer Mehrheit, daß es kaum vorstellbar ist, wie
Bouffier sich in eine weitere Amtszeit retten könnte:
CDU
= 33 %, SPD = 31 %, Grüne = 21 %, FDP = 3 %, Linke = 4 %, PIRATEN = 4 %.
Besonders übel läuft es aber für die Niedersächsische CDU.
Dort
klappt einfach gar nichts und es passte nur zu gut, daß David McAllister beim
Versuch mit seinem Kabinett dynamische Bilder zu produzieren im wahrsten Sinne des
Wortes unterging.
Der
überzeugte Christ McAllister führt zudem ein besonders abartiges Stück
Familienzerstörung auf, in dem er sich als xenophober Hardliner inszeniert
Vor sieben Jahren haben
niedersächsische Behörden eine sechsköpfige Flüchtlingsfamilie
auseinandergerissen. Hochrangige Politiker appellieren an die Landesregierung,
die Familie nicht länger zu trennen. Pro Asyl beklagt "schwere
Traumata" der Kinder. Sozialwissenschaftler sprechen von
"institutionellem Rassismus". Doch nichts davon beeindruckt die
Behörden.
Geschrieben wurden die Briefe aus
Sorge und Betroffenheit. Geschickt wurden sie alle an denselben Adressaten:
David McAllister, Ministerpräsident von Niedersachsen.
[…] Rita Süssmuth schrieb, es sei
"unumgänglich, dass die Behörden von ihrer kompromisslosen Haltung
abrücken," die "nicht nachvollziehbar" sei und nicht im Einklang
stehe mit dem "Geist unserer Verfassung". Sie appellierte an den
Ministerpräsidenten, "ein klares Zeichen für die humanitären,
menschenrechtlichen und rechtsstaatlichen Werte unseres Zusammenlebens zu
setzen".
Herta Däubler-Gmelin schrieb, es sei
an der Zeit, "unmenschliche Verwaltungsentscheidungen zu
korrigieren". Den Ministerpräsidenten bat sie, einzugreifen und damit
"zu veranlassen, dass hier endlich Unrecht beendet wird und Menschlichkeit
Einzug findet".
Rudolf Seiters schrieb von Tragik
und Leid und stellte die Frage, "ob der Gesetzgeber diese Situation
wirklich gewollt hat". Im Namen der Menschlichkeit bat er den
Ministerpräsidenten, alles zu tun, um eine "dauerhafte, vor allem
humanitären Gesichtspunkten entsprechende Lösung" zu erreichen.
[…] Es ist [aber] wie seit
Jahren schon: Alle Versuche, für eine von staatlicher Sturheit ausgelöste
menschliche Tragödie doch noch eine humanitäre Lösung zu finden, prallen an den
niedersächsischen Behörden ab wie an einer Betonmauer.
Die Mutter leidet unter schweren
Depressionen
In
der Prä-Wahlkampf-Phase wären die Sozen natürlich sehr schlecht beraten so
einen Fall nicht aufzugreifen.
Also
zitierte Oppositionsführer Stefan Schostok die CDU-Politikern Süßmuth und Pro
Asyl.
Die
politisch angebräunten adipösen Pykniker der CDU-Fraktion heuchelten aber noch
nicht einmal Verständnis für die zerrissene und traumatisierte Familie, sondern
empfanden es als schwere Beleidigung die Worte der aus Niedersachsen stammenden
langjährigen CDU-Bundestagspräsidentin hören zu müssen.
Insbesondere
der heimliche Zwilling von Holger Apfel, Herr Nacke, drehte am Rad.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU, Jens Nacke, sprach von einer „unglaublichen Entgleisung“. Niemand dürfe sich im Parlament dazu hinreißen lassen, der Regierung Rassismus vorzuwerfen. Auch die FDP forderte eine Entschuldigung von Schostok. […] Nacke sprach […] von einer „Grenzüberschreitung“ im Parlament und warf der SPD sieben Monate vor der Landtagswahl einen „schmutzigen Wahlkampf“ vor. „Wenn das jetzt der Grundstil in diesem Haus ist, dass man sich gegenseitig Rassismus vorwirft, dann kann ich nur sagen: 'Gute Nacht Parlamentarismus'“, sagte auch der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP, Christian Grascha. Innenminister Uwe Schünemann (CDU) sprach von einer „Unverschämtheit“.
Allerdings
haben die „christliche“ Regierung Niedersachsens und Herr Nacke auch Grund sich
aufzuregen.
Ihre
Entscheidungen sind so brutal und abartig, daß sie bald ein Fall für die UNO
werden könnten.
Verletzungen der
UN-Kinderrechtskonvention werfen Flüchtlingsinitiativen Niedersachsens
Landesregierung vor. Mit einer „brachialen Abschiebungspolitik“ würden die
Rechte von Flüchtlingskindern „häufig mit den Füßen getreten“, erklärte der
Geschäftsführer des Flüchtlingsrats Niedersachsens, Kai Weber, am Mittwoch in
Hannover. Pro-Asyl-Vorstand Heiko Kauffmann kritisierte, Niedersachsen stelle
ausländerrechtliche Maßnahmen über das Kindeswohl.
Durch Abschiebung getrennte
Familien, Kinder, die in Deutschland mit nur einem Elternteil aufwachsen
müssen, all das komme in Niedersachsen immer wieder vor, führen Flüchtlingsrat
und Pro Asyl an. Auch Lothar Krappmann, langjähriges Mitglied des Ausschusses
der Vereinten Nationen für die Rechte der Kinder, spricht von „besonders
krassen Fällen“, die sich in Niedersachsen ereignen.
Wird
Zeit, daß die Wähler ein klares Wort sprechen und daß Frau Merkel die sechs
schwarzgelben Bundesratsstimmen auch noch verliert.