Samstag, 10. Mai 2014

Regierungsfähigkeit.




 Was ich nicht so toll finde, sind Vorhaltungen über die SPD wegen eines Parteimitglieds.
Ja, Sarrazin sagt schlimmes Zeug, aber er ist einer von 500.000 und seine kruden Ansichten sind weit davon entfernt in Parteiprogramme Eingang zu finden.

Unter einer halben Million Menschen muß es schon rein statistisch einige Wirrköppe geben.
Es ist unseriös wegen Einzelmeinungen ganze Parteien zu verdammen.
Kritisch wird es erst dann, wenn ein Parteimitglied unsäglich miese Sprüche raushaut und diese anschließend von der ganzen Partei beklatscht, oder gar zum Wahlkampfmotto hochgejazzt werden. Zu dummen Parolen, welche die Präsidialen nachplappern.

Guido Westerwelle („Ich bin stolz ein Deutscher zu sein“) und Angela Merkel ("Der Ansatz für Multikulti ist gescheitert, absolut gescheitert!") hatten seit 2000 immer wieder Phasen, in denen sie SPD und Grüne als nicht regierungsfähig brandmarken wollten, indem sie ihnen vorwarfen nicht patriotisch zu sein.
Echte Tiefpunkte der deutschen Nachkriegsgeschichte. 2001 schwoll es zur sogenannten „Patriotismusdebatte“ an.

„Ich bin stolz, ein Deutscher zu sein.“ (CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer am 28.10.2000 im Magazin „Focus“)

 „Das ist die Flachheit, der geistige Tiefflug, der jeden rassistischen Schläger in dieser Republik auszeichnet.“ (Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) am 12.3. im WDR zur Äußerung von Meyer, er sei stolz, ein Deutscher zu sein)

 „Sich mit Goethe, Schiller und Beethoven zu identifizieren, setzt voraus, dass man sich für Auschwitz und Hitler schämt - was nicht heißt, dass junge Menschen für das Dritte Reich schuldig sind.“ (Der Vizepräsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Michel Friedman, in der Berliner Tageszeitung „B.Z.“ vom 17.3.)

 „Ich bin stolz auf unser Land und auf die Deutschen, die zum Beispiel vor elf Jahren mit Kerzen Herrn Honecker das Fürchten gelehrt haben.“ (FDP-Generalsekretär Guido Westerwelle am 17.3. in den „Bremer Nachrichten“)

 „Bei einem Bundespräsidenten, der diesen Stolz nicht hat, darf man fragen, ob er die 80 Millionen Bürgerinnen und Bürger seines Landes angemessen vertritt.“ (CSU-Generalsekretär Thomas Goppel am 19.3. in der „Bild“-Zeitung)

 „Ich könnte mir nie vorstellen, auf Deutschland stolz zu sein.“ (PDS-Chefin Gabi Zimmer am 19.3. in Berlin)

„Der Satz 'Ich bin stolz, ein Deutscher zu sein' suggeriert, dass es nicht gut ist, wenn man kein Deutscher ist.“ (SPD-Fraktionschef Peter Struck, am 19.3. im ZDF)

„Der Begriff 'Stolz' sollte in Deutschland erst dann wieder ganz vorsichtig zur Anwendung kommen, wenn es uns gelungen ist, den neuen Nazi-Scheiß zu stoppen.“ (Alt-Rocker Udo Lindenberg am 20.3. im ddp-Interview)

„Warum sollte ich nicht stolz darauf sein, Deutscher zu sein?“ (BDI-Chef Michael Rogowski am 20.3. im ddp-Interview)

Die Konservativen suhlen sich so gerne im Nationalstolz, weil sie damit politisch bei den Rechten punkten wollen, die Linken diffamieren und dieser Aktionismus im Gegensatz zu den meisten anderen politischen Konzepten nichts kostet.

Bei CDU und CSU schimmert es immer mal wieder kackbraun durch, wenn Wahlen anstehen oder die Umfragezahlen wie im Jahr 2010 nach Bildung der Merkel-Westerwelle-Regierung in den Keller rauschen.

Seehofer betonte: "Wir als Union treten für die deutsche Leitkultur und gegen Multikulti ein - Multikulti ist tot."  [….] Seehofer betonte bei seiner Rede, einen "Rechtsdrall" der Union strebe er keineswegs an. Er wolle vielmehr "die rechten Spinner verhindern". [….] Der bayerische Ministerpräsident erklärte, wer in Deutschland leben wolle, der müsse auch bereit sein, die Alltagskultur zu akzeptieren. Außerdem müsse man beim Kampf gegen den Fachkräftemangel zunächst auf die Qualifizierung der Arbeitslosen setzen, bevor man Personal aus dem Ausland rekrutiere. [….] Der CSU-Vorsitzende forderte die Union vor dem Hintergrund ihres Umfragetiefs zu einem "gesunden Patriotismus" auf. Seehofer sagte am Freitagabend vor dem Parteinachwuchs von CDU und CSU, die Bürger müssten wissen, wofür die Unionsparteien stehen. Man dürfe sich nicht "ständig dafür entschuldigen, dass sie eine Liebe zum eigenen Land hat". Es gebe allen Grund, stolz auf Deutschland zu sein.
Der JU-Vorsitzende Philipp Mißfelder (CDU) begrüßte die Zuwanderungsthesen des CSU-Chefs. Aufgabe der CSU sei es, "für die Union insgesamt die Lufthoheit über den Stammtischen zurückzugewinnen". Mißfelder, der am Freitagabend als Vorsitzender der JU bestätigt wurde, mahnte, rechts von der Union dürfe es niemals eine demokratisch legitimierte Kraft geben. Er fügte hinzu: "Und der Garant dafür in Deutschland ist und bleibt die CSU."
[….] Auch die CDU-Vorsitzende versicherte: "Wir fühlen uns dem christlichen Menschenbild verbunden, das ist das, was uns ausmacht." Wer das nicht akzeptiere, "der ist bei uns fehl am Platz".


Wie schon bei vorherigen nationalen Aufwallungen der „Bürgerlichen“, versuchen sie sich außerdem noch dadurch zu erhöhen, indem sie ein angebliches Tabu ansprechen, welches sie ungeheuer mutig zu durchbrechen wagten.
„Man wird doch wohl noch Israel kritisieren dürfen“ (Westerwelle und Möllemann) zu einer Zeit, als täglich in jedem Feuilleton die Scharon-Regierung in aller Schärfe zerpflückt wurde, ist einer der moralischen Tiefpunkte.

 "Demokraten müssen in Deutschland sagen dürfen: ,Ich bin stolz auf unser Land.'"
(Guido Westerwelle März 2001)

Da gegenwärtig in Bayern so viele Wahlen stattfinden – Landtag, Bundestag, Kommunal, Europa – wird es bei der CSU besonders abscheulich.
Klare Kante zeigen und sich gegen die bösen Schmarotzer-Ausländer positionieren soll Regierungsfähigkeit und riesengroße Hoden beweisen.

Die widerlichen ausländerfeindlichen Sprüche kommen aber schon wieder aus Bayern.
Mit dem ekelhaften rechtspopulistischen Kurs will Seehofer für ein gutes CSU-Europawahlergebnis sorgen. Hetze gegen Rumänen und Bulgaren gefällt dem bayerischen Urnenpöbel.
Daß der CSU-Chef dabei weit entfernt von den Fakten agiert, stört nicht weiter. Überwiegend gut ausgebildete Rumänen und Bulgaren arbeiten in Deutschland. 75% von ihnen befinden sich in sozialversicherungspflichtigen Festanstellungen und finanzieren so das Deutsche Sozialsystem mit.
Das ist auch nötig, weil die katastrophale Merkelsche Bildungspolitik zu einem verheerenden Fachkräftemangel geführt hat. 7,5 Millionen Deutsche können kaum lesen und schreiben. Bei den meisten von ihnen ahnt nicht einmal das nächste Umfeld etwas davon. Und jedes Jahr verlassen 70.000 – 80.000 Schüler ohne Abschluß und ohne Chancen die Schule. Bei diesem stetigen Nachschub unvermittelbarer Transferempfänger sind wir auf die besser ausgebildeten Südeuropäer dringend angewiesen.
Die CSU lügt aber wie eh und je und behauptet das Gegenteil.

"Wer betrügt, der fliegt"!
 [….]  Die CSU verlangt einen deutlich härteren Kurs gegenüber Armutsmigranten aus anderen EU-Staaten. Auf der Klausurtagung der Landesgruppe Anfang Januar sollen deshalb scharfe Regeln beschlossen werden. Sie ähneln den umstrittenen Plänen des britischen Premierministers David Cameron.
In der CSU-Beschlussvorlage für Wildbad Kreuth heißt es: "Der fortgesetzte Missbrauch der europäischen Freizügigkeit durch Armutszuwanderung gefährdet nicht nur die Akzeptanz der Freizügigkeit bei den Bürgern, sondern bringt auch Kommunen an die Grenzen ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit." Die CSU werde deshalb "falsche Anreize zur Zuwanderung verringern". Dazu prüfe man "eine generelle Aussetzung des Bezuges von Sozialleistungen für die ersten drei Monate des Aufenthaltes in Deutschland".
Außerdem sollen künftig Wiedereinreise-Sperren verhängt werden können. Dazu heißt es in dem CSU-Papier: "Wenn beispielsweise Dokumente gefälscht wurden oder Sozialleistungsbetrug nachgewiesen wurde, muss es eine Möglichkeit geben, die betroffenen Personen nicht nur auszuweisen, sondern auch an der Wiedereinreise zu hindern." Hier müsse gelten: "Wer betrügt, der fliegt." [….] [CSU-Landesgruppenchefin Gerda] Hasselfeldt sagte, derzeit gebe es noch zu viele Umgehungsmöglichkeiten, mit denen Migranten Sozialleistungen erhalten könnten, obwohl sie eigentlich keinen Anspruch haben - etwa durch Scheinselbständigkeit oder Möglichkeiten der Hartz-IV-Aufstockung. Dies müsse sich ändern. Sie sei zuversichtlich, dass die CSU hier einiges durchsetzen könne, auch "wenn man da dicke Bretter bohrt". Mit den Forderungen will die CSU auch bei den Kommunalwahlen im März und der Europawahl im Mai reüssieren.

Jeder auch nur halbwegs anständige und verantwortungsbewusste Politiker täte das Gegenteil; er würde das Volk aufklären, um die Fremdenfeindlichkeit abzubauen.
Nicht so die CSU – sie gibt dem Rechtsextremismus Zucker und schürt Vorurteile.
Einfach widerlich.

Maximale Verlogenheit und auf Minderheiten rumhacken  - das Konzept wärmt Crazy Horst nun auch vor den Europawahlen auf.

CSU-Spitzenkandidat für die Europawahl Markus Ferber […], eigentlich ein zurückhaltender Mensch, geht auf den SPD-Spitzenkandidaten und EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz los. Der 49-Jährige rückt den Mann, der Chancen hat, Kommissionspräsident zu werden, sogar in die Nähe krimineller Menschenhändler. Nach dem Flüchtlingsdrama im Mittelmeer im vergangenen Jahr hatte sich Schulz mehr Verantwortung und Offenheit von den EU-Staaten für Flüchtlinge gewünscht und sich über die Abschottungsmentalität empört.
Daran arbeitet sich Ferber ab. Er sagt: "Wir haben natürlich diese furchtbaren Bilder in Erinnerung. Martin Schulz hat sich damals vor das Europäische Parlament gestellt und hat gesagt, er wünsche sich eine EU, wo jeder herzlich willkommen ist, der den Boden Europas erreicht. Wenn das unsere Politik ist, dann kann ich nur sagen: Die Schlepperbanden in Afrika haben damit einen Geschäftsführer bekommen."
[…] Ferber macht sich auch darüber lustig, dass sich Schulz besorgt darüber gezeigt hatte, rechtsradikale Gruppierungen könnten Erfolge bei der Europawahl feiern. Schließlich hätten Schulz' Sozialisten etwa in Rumänien und der Slowakei in der Vergangenheit mit Rechten koaliert. Ferber sagt:
 "Wer auf diesem Auge blind ist, und selber aber selbstverständlich in der Lage ist, mit rechtsextremen und radikalen Parteien zu koalieren, der hat in Europa es nicht verdient, Verantwortung zu übernehmen." […] Als Seehofer schließlich redet, lobt er seine Partei dafür, dass sie im Wahlkampf immer den "Ton getroffen" habe. An Ferbers Attacken stört er sich nicht, "abgewogen" nennt er dessen Rede sogar. Schulz sei von Ferber "sauber beschrieben" worden. […]

Ich habe allerdings noch in keiner der großen und bedeutenden Zeitungen irgendwelche Zweifel an der (außenpolitischen) Regierungsfähigkeit von CDU oder CSU gelesen.
Offenbar gelten diese rechten Ausfälle sogar als Ausweis der Kompetenz.

Anders sieht es natürlich bei der LINKEN aus. Wenn dort auch nur eine kritische Stimme zum konfrontativen EU-Kurs zu hören ist, senken sich gleich die Daumen der Journaille: Mit sowas kann die SPD 2017 jedenfalls nicht koalieren.


Auf ihrem Parteitag einigt sich die Linke auf eine halbwegs ausgewogene Haltung zur Krise in der Ukraine. Die Frage der Regierungsfähigkeit ist damit noch lange nicht entschieden. […]
So wie Parteichef Bernd Riexinger klingt, wird sich die Linke in Zukunft nicht über die Frage streiten müssen, ob sie mitregieren soll im Bund. Es gebe keinen Grund, die außenpolitischen Positionen der Linken "aufzuweichen", brüllt er ins Rund des Berliner Velodroms. "Auch nicht als Türöffner für irgendwelche Koalitionen." Und wem das als Klarstellung noch nicht reicht, der bekommt in aller Deutlichkeit zu hören: "Mit uns wird es keine Auslandseinsätze der Bundeswehr geben."
[…] Riexinger hat sich den Luxus erlaubt, sich weit weniger als seine Co-Vorsitzende Katja Kipping an dem soeben beschlossenen Antrag der Partei zur Ukraine-Krise zu orientieren. Der ist erstaunlich ausgewogen, gemessen an dem, mit welch scharfer Anti-West- und Pro-Russland-Rhetorik manche Linke sich öffentlich äußern.
[…] Sevim Dagdelen, die auch für die Linke im Bundestag sitzt und gerne in russischen Staatssendern Russland verteidigt oder Bundespräsident Joachim Gauck als "Kriegstreiber" bezeichnet. Immerhin, Letzteres spricht sie auf diesem Parteitag nicht mehr aus. Eine "Kumpanei der Bundesregierung mit Faschisten" in der Ukraine sieht sie aber immer noch, sagt sie auf dem Parteitag. Und bedient damit - gewollt oder nicht - die Propaganda Russlands.
Linken-Politiker wie Gehrcke und Dagdelen machen es schwer, Deutschlands größte Oppositionspartei als ernstzunehmende außenpolitische Gesprächspartner wahrzunehmen. Und von ihrem Schlag gibt es noch einige mehr in der Fraktion. Wenn die weitermachen wie bisher, geht es mit Papier gegen ihr Gekreisch. […]
Und wie schon einmal gesagt; Denkler ist wirklich einer der richtig Guten bei der Online-SZ.