Bei den Namen Howard Dean, Tim Kaine, Debbie Wasserman Schultz, Donna Brazile, Tom Perez, Jaime Harrison und Ken Martin handelt es sich um mittel-prominente US-Politiker.
Dean ist der eher linke Ex-Gouverneur von Vermont, der 2003 als einer der ganz wenigen gegen den Irak-Krieg votierte und sich um die Präsidentschaftskandidatur 2004 bemühte. Senator Kaine kennt man als Hillary Clintons VP-Kandidaten von 2016. Wasserman Schultz ist ebenfalls eine der prominenteren Linken im US-Kongress, die sich schon lange engagiert für queere Belange und Waffenverbote einsetzt. Donna Brazile kenne ich am besten, weil sie als „political strategist“ ein häufiger Talkshowgast war, die ich ehrlich gesagt, nicht nur wegen ihrer Ansichten, sondern auch wegen ihrer beeindruckenden Aura mag. So viel politischen Inkorrektheit sei gestattet: Brazile ist extrem gutaussehend. Die letzten drei Namen kenne ich aber auch nur flüchtig und müßte googeln, um mir ein besseres Bild zu machen. Die Sieben verbindet aber etwas: Sie bilden die vollständige Liste demokratischer Parteichefs der letzten 20 Jahre! Für europäische Verhältnisse ist es erstaunlich, so unbekannte Namen an der Spitze von Regierungsparteien zu haben. Erklärt wird das mit dem US-Mehrheitswahlrecht, welches zu einem de facto-Zweiparteiensystem führt. Es liegt aber auch an der US-amerikanischen Polit-Kultur. Schließlich gibt es im Vereinigten Königreich auch ein reines Mehrheitswahlrecht, aber dort sind die Parteichefs automatisch Premierminister, bzw Oppositionsführer in Personalunion.
Die US-Parteien sind breiter aufgestellt. Übersetzt auf deutsche Verhältnisse, finden sich innerhalb der demokratischen Partei alles von Links, Grün, Gerhart Baum-Liberal, Sozialdemokratisch bis zum liberalen Flügel der CDU. Bei den Republikanern (GOP) sammeln sich Lindneristen, CSU, Linnemann/Merz/Spahn-CDU, FW, AfD, Werteunion, Partei Bibeltreuer Christen, die Basis und Freie Sachsen.
Da nur Abgeordnete im Parlament sitzen, die ihr Mandat im Wahlkreis direkt gewonnen haben, fühlen sie sich eher ihrer Basis, als der Partei verpflichtet. Bei Abstimmungen gab es 200 Jahre lang immer viele Abweichler von der Parteilinie. Demokratische Präsidenten nahmen durchaus auch mal einen Republikaner ins Kabinett auf. So war es bis Trump. Er säuberte die GOP gründlich. Jeder Abweichler wurde gedemütigt und weggebissen. Die Republikaner wurden vollständig in eine fanatische Sekte umgewandelt, die alle politischen Überzeugungen vollständig abgab und nun ausschließlich dafür da ist, dem orangen Messias zuzujubeln.
Da tanzt niemand mehr aus der Reihe. Die RNC-Vorsitzenden haben gar nichts zu melden.
Ich bin Demokrat, weil ich das irgendwann mal angekreuzt habe, um bei den Demokratischen Primaries teilzunehmen. Dafür braucht es aber keine formale Mitgliedschaft, kein Beitrittsverfahren, oder gar Mitgliedsbeiträge. Parteichef Ken Martin muss ich dazu gar nicht kennen. Das parteipolitische Machtzentrum liegt traditionell im Weißen Haus und bleibt auch dort, wenn die andere Partei den nächsten US-Präsidenten stellt. Als Bill Clinton im Januar 2001 auf dem Zenit seiner Beliebtheit abtrat (wenn er gedurft hätte, wäre er mit einem Erdrutschsieg in die dritte Legislatur gegangen), blieben Hillary und er für die gesamten acht GWB-Jahre das bestimmende Machtzentrum der Partei, entschieden die wichtigsten Personalien und lenkten die Geldströme. Ab Januar 2009 ging diese Macht auf die Obamas über, die bis zur Biden-Präsidentschaft 2021 die Parteitage dominierten und über Karrieren entschieden. Wenig verwunderlich, denn sie gehören beiden, nach Bill Clinton, zu den besten Rednern des Jahrhunderts.
Das Democratic National Committee – DNC, schwächelt so sehr, daß es unmöglich war, Joe Biden von seinen Plänen einer erneuten Präsidentschaftskandidatur abzubringen. Als seine Chancen ins Bodenlose gestürzt wurden, klammerte sich der Tattergreis an seine Kandidatur und war weder von Pelosi, noch vom eigens angereisten Barack Obama von seinem Wahn abzubringen. Selbst nach der sensationell katastrophalen Debatte gegen Trump, blieb er verstockt auch Crashkurs zur Realität. Erst als ihn im Urlaub seine beiden allerengsten Vertrauten aufmischten, gab er nach.
(….) Glücklicherweise scheint auch das Thema „Dolchstoßlegende“ einigermaßen vom Tisch zu sein. Biden beugte sich nicht dem zunehmenden Druck durch Megapromis wie Pelosi und Obama, um endlich Platz zu machen. Es war nicht seine Partei, die ihm in den Rücken fiel.
Ihm fiel niemand in den Rücken. Es waren seine engsten langjährigen Berater Mike Donilon und Steve Ricchetti, die seit den frühen 1980ern für ihn arbeiten und denen er grenzenlos vertraut, die ihm in der Covidschen Abgeschiedenheit von Delaware Daten präsentierten, welche die Erosion seiner Zustimmung in den Swingstates so klar belegten, daß es keine Möglichkeit mehr für eine Mehrheit im Electoral College gibt. Donilon und Ricchetti, an deren absoluter Unterstützung Bidens keinerlei Zweifel besteht, erklärten ihm, er werde definitiv am 20.01.2025 nicht mehr Präsident sein. Die Frage sei nur noch, ob er dann an Donald Trump übergebe, oder an eine/n Demokrate(i)n. Offenbar ist Biden aber durchaus noch fähig, rationale Entscheidungen zu treffen und zog aus diesen Datensätzen die einzig mögliche Konsequenz: Rückzug und volle Unterstützung für seine Stellvertreterin. (…)
(OK, dann also Harris, 22.07.2024)
Eine echte Schwäche des US-Parteisystems, denn so galt Harris als Not-Kandidatin und wurde um den Sieg gebracht. Eine stärkere Parteiführung hätte Biden nach den Midterms im November 2022 zum ehrenvollen Rücktritt gedrängt.
Auch die Caucus-Leader im House und Senat können bei längerer Amtszeit ein wichtiges Machtzentrum bilden. Nancy Pelosi war volle 20 Jahre, von 2003 bis 2023, entweder selbst Speaker Of The House oder Minderheitenführerin. Im Senat zogen Harry Reid (2005-2017) und seither Chuck Schumer die Fäden.
Da sich aber die GOP aus dem demokratischen, auf der Verfassung basierenden Konsens verabschiedete, geistig vollkommen in eine irre Lügenwelt abdriftete, kann es auch keine überparteiliche Zusammenarbeit mehr mit ihr geben. Trump regiert wie ein Gottkönig. Alle roten Abgeordneten sind zur willigen Jubelmasse mutiert.
Das bringt den neuen Minority-Leader Hakeem Jeffries in eine schwierige Lage, da er nicht gebraucht wird und Kompromisse mit der Gegenseite prinzipiell unmöglich sind. Jeffries ist ein intelligenter und seriöser Mann, der aber in einer aussichtslosen Klemme steckt, zumal auch noch seine Vorgängerin Pelosi, mit ihren 85 Jahren, auf ihren Krückstock gestützt, im Parlament in der ersten Reihe sitzt und die Aufmerksamkeit von ihm abzieht.
So kam es bei Trumps vorgestriger Lügenparade seiner Rede vor dem US-Kongress auch wieder einmal zur blamablen Sprachlosigkeit der Demokraten. Zwei Stunden nichts. Jeffries und Schumer haben keine Idee, was sie dem orangen Sauron entgegensetzen sollen.
Allein der 77-Jährige Al Green aus Texas rief gegen Trump an und wurde unrühmlich sogleich durch mehrere Sergeant at Arms aus dem Sitzungssaal entfernt. Die anderen Demokraten saßen entweder schweigend da oder hielten lächerliche kleine runde Protestschildchen hoch.
Die Gegenrede der frisch gewählten US-Senatorin Elissa Slotkin aus Michigan, war durchschnittlich. 10 Minuten lang appellierte sie an die Gemeinsamkeiten aller Amerikaner, kritisierte Trump, war nett. Das Gegenmodel. Seriös. Sympathische Frau.
[….] Die 48-Jährige hat im vergangenen Jahr den Senatssitz in Michigan gewonnen, trotz einer Schmutzkampagne der Republikaner. Nun spricht Slotkin nach nur zwei Monaten Eingewöhnungszeit im US-Senat.
Slotkin ist eine frühere Analystin der CIA und war als Beamtin im Verteidigungsministerium tätig. Die Sicherheitsexpertin wird in den Rängen der Demokraten, die im US-Senat nur noch in der Minderheit sind, hochgelobt. Sie sei ein »aufsteigender Stern in der Partei«, sagte der Demokrat Chuck Schumer. [….]
Natürlich machte sie es 1000 mal besser als letztes Jahr Katie Britt aus Alabama, die eine Küchenshow zum Mitschämen inszenierte.
Aber ich sehe bei Slotkin so gar kein Charisma. Keine neue Idee, kein Satz, der in Erinnerung bliebe. Sie versucht Trumps Radikalismus, die Gemeinsamkeiten entgegen zu stellen. Beschwört das Amerika, in dem Republikaner und Demokraten zusammen arbeiten.
Alles überholt. Die messianischen Trumpanzees kann man nicht mehr einfangen.
Ich bin ein Fan von David Hogg, freue mich, daß er zum DNC-Vice Chair aufstieg.
Nur leider ist das DNC machtlos. Die Kongress-Demokraten sind historisch unbeliebt, kämpfen mit einer Zustimmungsrate von knapp 20%. Es wäre nun an Biden, wie seine Vorgänger Clinton und Obama, nach dem Amtsabschied, die Partei anzuführen und aufzurichten.
Aber offensichtlich wurde Methusalix bereits eingemottet.
Ich habe nie wieder etwas von ihm gehört. Auch Kamala Harris ist untergetaucht.
Es gibt keine Demokratische Führung, weil sich keiner der starken Gouverneure hervorwagt.