Samstag, 15. April 2017

Er nun wieder – Teil II



Das ist eins dieser sonderlichen Christenprivilegien, die der Durchschnittschrist, welcher Atheisten ablehnt, gar nicht kennt.
Atheisten zahlen die Bischofsgehälter, finanzieren das Theologie Studium, geben die Gelder für christliche Heime/Kitas/Schulen und bekommt von Christen vorgeschrieben was sie in ihrer Freizeit tun dürfen.
Wir Atheisten dürfen so brisante Filme wie Mary Poppins oder Astrid Lindgrens Gebrüder Löwenherz nicht sehen und wir dürfen Ostern nicht tanzen.

[….] Die Gegner des Tanzverbots können endlich ihre vor Gericht erzwungene "Heidenspaß"-Party feiern. Pure Gaudi ist das nicht.

[….] Ein Heidenspaß kann furchtbar anstrengend sein. Zum Beispiel dann, wenn man sich jahrelang durch sämtliche gerichtliche Instanzen kämpfen muss, um eine Party mit diesem Namen veranstalten zu dürfen. Doch die Anstrengung war es den Veranstaltern wert, es geht ihnen ums Prinzip: Nämlich um Selbstbestimmung, also darum, dass sie sich von einer Religion nicht vorschreiben lassen wollen, was sie an einem bestimmten Tag zu tun und zu lassen haben. Also nun die Feier im mit gut 150 Menschen voll besetzten Oberanger-Theater. Die Menschen, die hier sind, wollen nicht nur aus Gaudi feiern. Michael Schmidt-Salomon betont sogar ausdrücklich: "Wir haben uns heute hier versammelt, weil es uns ernst, ja sogar bitterernst damit ist, den Karfreitag nicht ernst zu nehmen." [….] 

Zehn Jahre mußten sich Atheisten durch alle Instanzen klagen, um erstmalig am Karfreitag eine Veranstaltung machen zu können.

Pim Spahn, der neue Rechtsaußen und künftige Superstar der CDU, verbreitet seine eigenen Ansichten über das atheistische Pack, das es wagt sich der Kirche  zu widersetzen. Alles Kriminelle, genau wie andere Schwerverbrecher.





Unglaublich, einfach unfassbar, daß diese Diskussionen im Jahr 2017 immer noch in Deutschland geführt werden.

[….] Wenn mir Behörden vorschreiben, dass ich an den Ostertagen ebenso traurig zu sein habe wie Christen, dann ist das für mich eine unzulässige staatliche Bevormundung. Gegen die ich mit meiner Filmvorführung protestiere, bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehe – und auch gern Strafe zahle. [….]

In den christlichsten Landstrichen der USA gibt es sowas nicht. Weder ist Karfreitag überhaupt ein Feiertag, noch gibt es irgendwelche sonstigen Einschränkungen beim Ladenschluss oder Musikbetrieb.
Meine ultrakatholische Verwandtschaft in NY, die natürlich derzeit im vollen Kirchenmodus ist und vor lauter Messen gar nicht mehr nach Hause kommt, wundert sich jedes Mal, wenn ich erzähle, daß hier Freitag und Ostermontag gesetzliche Feiertage sind. Selbst in Gods own country staunt man sich über derart viel Religiosität in Deutschland.

Wir leben im 21. Jahrhundert, in dem DER SPIEGEL, wie so viele andere Qualitätsmedien irrational genug ist, um sogar die Hardcore-Fraktion der Dummschwätzer Seitenlang Platz einräumt.
In der Ausgabe von heute mal wieder der oberste deutsche Evangele, Bedford-Strunzdoof, der mit einer solchen geistigen Schlichtheit hausieren geht, daß man sich doch nicht mehr über hanebüchene Gesetze wie ein Verbot von Mary Poppins und Tango am Freitag wundert.
Dabei bewies der Oberbischof schon mehrfach in SPIEGEL-Gesprächen wie verwirrt der arme Mann ist.

[….] Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm sagte dem Radiosender SWR 2 am Donnerstag, er habe kein Verständnis dafür, die Karfreitagsruhe infrage zu stellen. Auch die ehemalige EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann zeigte sich irritiert über die Diskussion.
Bedford-Strohm sagte, er könne nicht nachvollziehen, dass manche Menschen es als Zumutung empfänden, an einem der 365 Tage des Jahres «an die Leidenden der Welt zu denken». Der Karfreitag habe eine Bedeutung über die christliche Religion hinaus und sollte als stiller Tag gesetzlich geschützt bleiben.
Käßmann sagte der in Oldenburg erscheinenden «Nordwest-Zeitung» (Donnerstagsausgabe), in den anderen Wochen des Jahres würde auch nicht «jeder jeden Tag tanzen gehen». Am Karfreitag gehe es darum, innezuhalten und zur Ruhe zu kommen. Die Reformationsbotschafterin der EKD bezeichnete die stillen Tage als «heilsame Unterbrechungen». [….]

Kässi Ostern 2017

Einige Kraftausdrücke, die mir für Bedford-Strohm vorschweben habe ich eben wieder gelöscht. Ich halte ihn nicht für einen bösen Menschen und mag nicht auf Schwächere einschlagen. Er kann einem fast leidtun, weil er offensichtlich sagenhaft dumm ist; wofür er ja nichts kann. Man soll sich nicht über Minderbemittelte lustig machen. Aber andererseits ist HBS eben auch sehr mächtig und sorgt mit dafür, daß meine Rechte eingeschränkt werden (zB Patientenverfügung), also muß er sich doch ein bißchen beschimpfen lassen.

Das soll jetzt aber auch reichen; seine weisen Worte aus dem SPIEGEL lasse ich unkommentiert:

[….] SPIEGEL: Je­sus sitzt auf dem Him­mels­thron, die Eng­lein schwir­ren um­her, und dann wird ge­rich­tet über die Le­ben­den und die To­ten – glau­ben Sie das wirk­lich?
Bed­ford-Strohm: Das sind doch wun­der­ba­re Ge­mäl­de der Kunst­ge­schich­te! Was ich aber fest glau­be: Am Ende kommt die Wahr­heit über un­ser Le­ben auf den Tisch, und zwar mit ih­ren hel­len und dunk­len Sei­ten. Wir müs­sen Re­chen­schaft ab­le­gen.
SPIEGEL: Und dann wer­den wir von Gott kon­kret ge­fragt: War­um hast du da­mals den Bett­ler ab­ge­wie­sen? Wie­so hast du dei­ne Frau ver­las­sen?
Bed­ford-Strohm: Ich wer­de dann ein­se­hen, wo ich, viel­leicht ohne es zu mer­ken, un­recht ge­tan habe. Es wird dann ein Ge­fühl un­ge­heu­rer Scham ge­ben. Aber die­se Er­kennt­nis der Wahr­heit über mein Le­ben, durch die muss ich hin­durch, be­vor ich bei Gott ge­bor­gen sein kann. [….]
SPIEGEL: Wie viel hat das ewi­ge Le­ben mit der dies­sei­ti­gen Exis­tenz zu tun? Es­sen wir dann auch erst mal ge­bra­te­nen Fisch wie Je­sus nach der Auf­er­ste­hung?
Bed­ford-Strohm: Wir wer­den ver­wan­delt wer­den. [….]
Wer nur glaubt, was er em­pi­risch mes­sen kann, um den wür­de ich mir wirk­lich Sor­gen ma­chen: We­sent­li­che Di­men­sio­nen des Le­bens, die den Reich­tum un­se­rer Exis­tenz aus­ma­chen, wür­den ihm ver­lo­ren ge­hen. [….]
SPIEGEL: Was macht Sie ei­gent­lich so si­cher, dass Ihre christ­li­chen Ewig­keits­bil­der die rich­ti­gen sind – und nicht die der Bud­dhis­ten oder Mus­li­me?
Bed­ford-Strohm: Weil ich an den Gott glau­be, der sich in ei­nem Men­schen ge­zeigt hat, der am Kreuz mit ei­nem Schrei der Ver­zweif­lung ge­stor­ben ist. Das ist für mich ein­ma­lig und nicht in an­de­ren Re­li­gio­nen zu fin­den. Des­we­gen bin ich wirk­lich von Her­zen über­zeugt von der Wahr­heit der christ­li­chen Tra­di­ti­on. [….][….][….]
(DER SPIEGEL, 15.04.17)