Donnerstag, 12. Februar 2015

Der Minusmann.


Vor genau vier Jahren kämpfte nur noch die BILD für Lügen-Baron von und zu Guttenberg. Alle anderen hatten die Daumen gesenkt; die deutsche Abiturientin Annette Schavan schämte sich öffentlich für ihren Kollegen. Im Februar 2011 war Dr. Guttenberg nur noch Herr Guttenberg und am 1. März erklärte er seinen totalen Rückzug von allen Ämtern.
A posteriori begannen sich Medien wie DER SPIEGEL für ihre Lobhudeleien des fränkischen Hallodries ohne jede politische Substanz zu schämen.
Wie zur Wiedergutachtung schwärmte die VERöffentlichte Meinung nun von Thomas de Maizière, der gewissermaßen auch aus dem Politadel stammte, aber so wunderbar unauffällig war. Schillernd galt schlagartig als out. Die „seriösen Arbeiter“ wurden hochgeschrieben.
De Maizière, der als Spross der Sachsen-CDU als Landes-Innen- und Justizminister fungierte, schaffte es Merkel zu beeindrucken, indem er in keinem seiner bisherigen Ämter irgendwelche Spuren hinterließ. So hielt er es schon als Leiter der Staatskanzleien in zweier Länder; sowohl bei Bernd Seite (MeckPomm) als auch bei Kurt Biedenkopf (Sachsen) blieb Merkels Minus-Mann unsichtbar.
Er ist der Platzhalter unter den Ministern. Das schätzt seine gegenwärtige Chefin, die ihn im Bundeskabinett schon als Chef des Bundeskanzleramts, als Minister für besondere Aufgaben, als Innenminister, als Verteidigungsminister und wieder als Innenminister verwendete.
Anders als die lauten von der Leyen und von und zu Guttenberg, gierte es de Maizière nicht so extrem nach Medienaufmerksamkeit.
Sein politisches Meisterstück hatte er schon 1990 vollbracht.
Er war es, der 1990 seinem Cousin Lothar de Maizière empfahl eine gewisse Angela Merkel als Pressemitarbeiterin in sein Team aufzunehmen.
Ein folgenreicher Ratschlag, von dem er immer noch profitiert.
Was in der zweiten Reihe einer kleineren Landesregierung funktioniert, muß noch lange nicht an vorderer Front eines der mächtigsten Industriestaaten der Erde funktionieren.
Das Etikett „möglicher Kanzlerinnennachfolger“, das ihm jeder nach 2011 anzuheften versuchte, hört der Bundesinnenminister inzwischen seltener.
Immer nur irgendwie durchmauscheln reicht nicht, wenn man es mit Terrorismus, der NSA-Krake oder bewaffneten militärischen Konflikten zu tun hat.

Intellektuell ist der Minus-Mann schnell mal überfordert.
So erklärte er 2009 als Kanzleramtsminister man müsse verbindliche Benimm-Regeln im Internet einführen.
Also ob „das Internet“ ein Ortsverein wäre, dem er als deutscher Minister eine Satzung verpassen könnte.

Müssen wir nicht die Menschen vor Denunziation, Entwürdigung oder unseriösen Geschäften schützen wie im Zivilrecht? Ähnlich wie auf den Finanzmärkten brauchen wir mittelfristig Verkehrsregeln im Internet. Sonst werden wir dort Scheußlichkeiten erleben, die jede Vorstellungskraft sprengen. Vieles geht da übrigens nicht nur national.“

Die Materie verstand er ein Jahr später immer noch nicht.

TdM: Aber wenn der Staat seine Lebensmittelkontrolleure in die Supermärkte schickt, dann muss er auch im Internet für Verbraucherschutz sorgen. So wie er in der analogen Welt Personalausweise ausstellt, muss er auch im Netz eine verlässliche Identifizierung garantieren können. Und schließlich: Wenn das Internet eine Infrastruktur ist wie Strom oder Wasser, muss er für alle Bürger eine verlässliche Grundversorgung gewährleisten.

Taz: Einer Weltfirma wie Facebook können Sie nicht von Deutschland aus die Geschäftsbedingungen diktieren.

TdM: Warum soll der Staat auf Vorschriften verzichten, nur weil ein Phänomen international verbreitet ist? Wenn Toyota in Deutschland ein Auto verkauft, gilt die deutsche Zulassungsordnung. Auf den G-20-Treffen reden wir über internationale Regeln für die Finanzbranche, die national umgesetzt werden.

Ja, die Technik. Das ist seine Sache wirklich nicht. Das beweist der Minus-Mann auch aktuell bei seinem peinlichen und offenbar gescheiterten Versuch mit Hilfe der USA ein abhörsicheres Netz für die Kommunikation der Bundesbehörden zu schaffen.

Als Verteidigungsminister wollte er wie Gauck die Auslandseinsätze der Bundeswehr ausdehnen, setzte sich für den Ankauf bewaffneter Kampfdrohnen ein und log manchmal, daß sich die Balken bogen.

Im September 2012 wurde bekannt, daß de Maizière seit Monaten von der MAD-Akte des NSU-Terroristen Mundlos wußte, dies aber verheimlichte und die Akte auch nicht dem Untersuchungsausschuss zur Verfügung stellte.

Genauso dreist log de Maizière als er im Juni 2013 nach vorn preschte und überraschend nach 600 Millionen in den Sand gesetzten Euros erklärte, das Euro-Hawk-Projekt zu beenden.
Niemand habe ihm vorher von den Problemen berichtet; das sei auf Staatssekretärsebenen „steckengeblieben“ - als ob das für den zuständigen Minister weniger peinlich wäre, wenn er bei Großprojekten direkt vor seine Nase nicht mitbekommt was geschieht.
Tatsächlich hatte der damalige Verteidigungsminister dem Parlament mal wieder eine faustdicke Lüge aufgetischt. Tatsächlich war er schon im Februar 2012 detailliert über die Probleme informiert worden. Den Bundestagsuntersuchungsausschuss „Euro Hawk“ überlebte er nur, weil die Legislatur ohnehin zu Ende war.

Die SPD fordert in der Drohnen- Affäre den Rücktritt von Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU). „Ein Minister, der lügt, muss zurücktreten. De Maizière hat sich in sein eigenes Lügengebäude verstrickt“, sagte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles am Montag. Der Minister habe wiederholt die Öffentlichkeit, das eigene Kabinett und das Parlament falsch über das Drohnen-Debakel informiert. Es sei auch nicht verständlich, warum Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sich noch in der vergangenen Woche nur lobend über die Arbeit de Maizières geäußert habe.

Die Frau, die er einst empfohlen hatte, Merkel, schützte ihn und machte ihn nach all der Lügerei  erneut zum Verfassungsminister.

Sein Vertrauen in USA und NSA ist unerschütterlich.
 Für de Maizière ist Ed Snowden der Bösewicht.
Das erklärt er ungeniert, während er in Washington mit US-Sicherheitsberater John Podesta zusammensitzt und immer neue Spionageaktionen der USA gegen Deutschland bekannt werden.

De Maizière hat [….] eine unmissverständliche Botschaft im Gepäck: Edward Snowden sei aus Sicht der deutschen Regierung ein Straftäter, der das Gesetz gebrochen habe, das Auslieferungsgesuchen der Amerikaner sei rechtmäßig und werde wenn möglich umgesetzt. Snowden habe keine Zukunft in Deutschland.

Unnötig zu erwähnen, daß der Innenminister immer wieder die Vorratsdatenspeicherung fordert; zuletzt nach dem Charlie Hebdo-Anschlag, obwohl das ein selten dämlicher Anlass ist, da es in Frankreich Vorratsdatenspeicherung gibt und dadurch bewiesenermaßen nichts verhindert wird.

De Maizière entwickelt sich neben Christian Schmidt, Alexander Dobrindt und Hermann Gröhe immer mehr zum sicheren Fettnäpfchen-Mann der Bundesregierung.

Den 2008 vom Bundestag eingerichteten „Expertenkries Antisemitismus“ bildete der Innenminister nun so um, daß er die jüdischen Mitglieder entfernte und ein rein nicht-jüdisches Gremium berief.
Wissenschaftlich ist das selbstverständlich möglich; politisch und diplomatisch allerdings verheerend.

Liebe Hauptstadtjournalisten; es wird Zeit die gewohnheitsmäßige Lügnerin von der Leyen und Fettnapf-de Maizière vom Schild zu stoßen, wenn es um Merkel-Nachfolger geht.

Führende jüdische Wissenschaftler und Antisemitismusexperten haben die Zusammensetzung der neuen Antisemitismus-Kommission beim Bundesministerium des Innern (BMI) und den bisherigen Umgang mit der Problematik scharf kritisiert. Da wichtige Expertisen und jüdische Perspektiven fehlen, planen das  Moses Mendelssohn Zentrum, das American Jewish Committee und die Amadeu Antionio Stiftung die Gründung einer alternativen Expertenkommission.
In dem erstmals am 19. Januar 2015 tagenden Expertenarbeitskreis Antisemitismus wurden durch das Bundesinnenministerium acht Wissenschaftler und Pädagogen benannt, von denen kein einziger jüdischer Herkunft ist. „Das ist ein einzigartiger Skandal“, erklärt Julius H. Schoeps, Gründungsdirektor des Moses Mendelssohn Zentrums für europäisch-jüdische Studien in Potsdam. „Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages und der Bundesinnenminister müssen sich die Frage gefallen lassen, warum richtungsgebende deutsche Antisemitismus-Forscher in diesem Gremium fehlen und wieso auf die Expertise und Beratung jüdischer Wissenschaftler und Fachleute aus den jüdischen Organisationen und Gemeinden offensichtlich kein Wert gelegt wird.“
„Niemand käme auf den Gedanken, eine Konferenz zum Islamhass ohne muslimische Vertreter oder einen Runden Tisch zur Diskriminierung von Frauen ohne Frauen anzusetzen“ kritisierte auch die Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung, Anetta Kahane. 
Der europäische Antisemitismusbeauftragte des American Jewish Committee, Stephan J. Kramer, beklagt in diesem Zusammenhang die mangelnde politische Umsetzung bisheriger Handlungsempfehlungen: „Seit 2011 liegt uns der Bericht der ersten Expertenkommission vor. Doch statt einer ernsthaften politischen Auseinandersetzung mit den Ideen und Anregungen, verstaubt die Arbeit der Experten in den Schubladen. Der Kampf gegen Antisemitismus darf sich nicht nur in Solidaritätsbekundungen und Mahnungen bei Gedenkreden erschöpfen, sondern muss endlich aktives politisches Handeln nach sich ziehen.” […]