Donnerstag, 25. April 2013

SAME PROCEDURE AS EVERY YEAR



Am 22. September 2013 wird der 18. Bundestag gewählt.
Ein sehr gewichtiges Argument für Frau Merkel ist die Tatsache, daß sie amtiert.
Obrigkeitshörigkeit ist tief in der deutschen Mentalität verankert.
Während in anderen Ländern den Regierungen immer misstraut wird und an Wahltagen enorme Wählerwanderungen stattfinden, wählt der deutsche Michel tendenziell das, was er schon immer gewählt hat, was voraussichtlich gewinnt (man will unbedingt zu den Siegern gehören) und was er kennt.
Regierungspolitiker haben grundsätzlich höhere demoskopische Zustimmungszahlen als Oppositionelle.
Der hiesige Urnenpöbel fällt nicht durch kritisches Hinterfragen auf. 
Immer wenn er etwas nicht versteht, nimmt er an, es werde schon seine guten Gründe haben, wie die Regierung entscheide.
Es soll am liebsten immer so weitergehen.
Keine Experimente!
Auf dem gewaltigen Union-Lido-Campingplatz (CAVALLINO – VENEZIA), der jedes Jahr von Myriaden Deutschen bevölkert wird, schätzen die Italienischen Gastronomen die Berechenbarkeit der Teutonen. Es soll alles so sein wie zu Hause, nirgendwo ist Italien so deutsch!
 Die Pizzabäcker braucht nur Pizza Salami und Pizza Margaritha anzubieten. 
Stellt er mal abwechslungsreichere Beläge auf die Tageskarte, kann er an den Bestellungen die Nationalität seiner Kunden ablesen. Franzosen und Italiener probieren gerne etwas anderes, lieben Abwechslung, zelebrieren das Essen in großer Runde. 
Der Deutsche aber läßt die Finger von dem was er nicht kennt. Er bestellt „das Übliche“, frißt schnell, bezahlt und ist in Rekordtempo wieder verschwunden.
 Ideal für den Umsatz der Union-Lido-Pizzerien-Betreiber, aber ihre Herzen bluten ob des Kulturniedergangs.
Die besten Umsätze erzielt ohnehin der Brot-Importeur. Der Deutsche möchte auch in Italien morgens sein gewohntes Rundstück oder seine Schrippe essen.   
Keine Experimente, bitte.

Obwohl wir bald die Marke von 20 Bundestagswahlen erreicht haben, kam es erst ein einziges mal vor, daß eine Regierung vollständig in die Opposition geschickt wurde. 
Das war 1998, als CDU und CSU und FDP komplett verjagt worden und mit Rot und Grün neue Akteure auf die Regierungsbühne traten.
Alle anderen Regierungswechsel verliefen schleichend durch Koalitionswechsel, weil der Wähler mindestens eine der vorher regierenden Parteien wieder so stark machte, daß ohne sie nicht regiert werden konnte.

Dieser deutsche Drang immer nur auf das Bekannte und angeblich Bewährte zu setzen, ist in Bayern sogar noch ausgeprägter.
Da kann sich die CSU erlauben was sie will und wird doch immer wieder mit absoluter Mehrheit bestätigt.
Daß am 28.09.2008 die CSU auf 43,7% abstürzte (was in allen anderen Bundesländern freilich als großartiges Ergebnis gewertet würde), lag nur daran, daß die Regierungspartei CSU die Kontinuität verweigerte und den eigenen Chef, Stammel-Ede, wegeputscht hatte.
 Dafür hat der Bayer kein Verständnis.
Nach 25 Jahren in der Landesregierung (1982 Staatssekretär und Leiter der bayerischen Staatskanzlei, 1986 zum Staatsminister ernannt. Ab 1988 bayerischer Staatsminister des Innern, 1993-2007 MP), konnte der Wähler keinerlei Verständnis dafür aufbringen, daß Stoiber schon abtreten sollte und zahlte diesen Dolchstoß Beckstein und Huber heim.

Der historische Tiefstand von 2008 soll aber bald wieder vergessen sein. 
Nach allen aktuellen Umfragen kann Crazy-Horst Seehofer mit der absoluten Mehrheit am 15.09.2013 rechnen. Die CSU ist fast dreimal so stark wie die SPD, die bei deutlich unter 20% rumkrebst.
Die offensichtliche Tatsache von einem Psychopathen regiert zu werden, der zu jedem Thema mindestens drei entgegengesetzte Meinungen hat und sich ungeniert im Sadismus gegenüber Parteifreunden und Koalitionspartnern ergeht, ist keinerlei Anlass von der CSU abzuschwören.
In der CSU gibt es zwar keinerlei Regierungslinie, aber auch keine Skandale. Denn ein Skandal ist nur das, was das gemeine Volk als skandalös empfindet.
 Im letzten halben Jahrhundert ununterbrochener CSU-Regierung wurde der Bayerische Urnenpöbel aber systematisch hyposkandalisiert. Ungenierte Klientelpolitik für ihre reichen Spezis nimmt die CSU-Basis nicht übel.
Im Gegenteil, eigentlich bewundert man es mit welcher Chuzpe der Oberbayer die krummsten Dinger durchdrückt. Das Steuergeschenk an milliardenschwere Hoteliers, die geistesgestörte Herdprämie, das massive Eintreten für Strafamnestie der superreichen Kriminellen – all das ist Seehofer pur. 
So kletterte er wieder gen absolute Mehrheit.
Moral zählt nicht in dem Land, in dem einer bewundernd „scho a Sau“ genannt wird.
Der Rücktritt von Georg Schmid ist der vorläufige Höhepunkt: Wenige Monate vor der Wahl kämpft die CSU an vielen Fronten. Zu wenige Steuerprüfer, ein Fraktionschef, der seine Frau mit öffentlichen Geldern üppig bezahlt, zwei Minister, die sich einen Orden zuschanzen wollen. Die Partei fühlt sich so sicher, dass das Gespür dafür, was politisch und moralisch in Ordnung ist, schwindet. […] Hohe moralische Überlegenheit, die in Bayern oft mit Selbstbewusstsein verwechselt wird, und die viele glauben, qua Amt oder Funktion erworben zu haben, verstellt ihnen den Blick auf die Realität. Wie anders kann man erklären, dass die CSU-Fraktion im Landtag versucht, das auch in der Öffentlichkeit so kontrovers und heftig diskutierte Thema der Familienhilfen für Verwandte von Abgeordneten einfach abzuräumen? Diese Selbstgerechtigkeit ist eine Krankheit, die Fraktionschef Schmid jetzt seinen Job gekostet hat.

Im Landtag haben 17 CSU-Abgeordnete seit Jahren zum Beispiel Gattinen und Kinder beschäftigt und mit Steuergeld bezahlt. Das war legal. Wie mit dem Thema umgegangen wurde, war aber sowohl politisch als auch moralisch äußerst fragwürdig.
Daß heute der CSU-Fraktionsvorsitzende Georg Schmid, der neben seinem mageren Grundgehalt von 24.145 Euro im Monat noch seiner Ehefrau einen 5.500-Euro Nebenjob in seinem eigenen Büro auf Steuerzahlerkosen verschafft hatte, läßt seinen mauschelnden Chef allerdings zur großen Keule greifen.
Mit Blick auf den 15.09. will der Bayerische Ministerpräsident eine reine Weste haben.
Gut möglich, daß es klappt.
Wähler haben eine Aufmerksamkeitsspanne von Stubenfliegen.
Die Edelfedern der SZ schreiben zwar tapfer gegen den CSU-Sumpf an, aber die letzten 50 Jahre hat noch nie jemand auf die SZ gehört.
Mitnehmen, begünstigen, ausnutzen des Amtsprivilegs - die Nepotismus-Praxis in der CSU ist ein Problem jener Partei, die sich für die Staatspartei in Bayern hält. In ganz Deutschland heißt es nun: So geht es im Freistaat zu. Darauf kann man nicht stolz sein. Die Christsozialen haben dem Land in diesem Fall massiv geschadet.

[…] Seit Neuerem denkt man an den bayerischen Landtag, wenn man Nepotismus hört. Um die zwanzig Abgeordnete, darunter 17 von der CSU, haben seit Jahren Gattinnen, Kinder und andere Nepoten in ihren Diensten gehalten und aus Mitteln des Landtags, also des Steuerzahlers, entlohnt. […] Der größte Nepotist war der CSU-Fraktionsvorsitzende Georg Schmid, der seit Donnerstag deswegen auch nicht mehr Fraktionsvorsitzender ist. Er hat seiner Frau monatlich bis zu 5500 Euro plus Mehrwertsteuer bezahlt. […] Man nimmt halt gerne mit, was man sich selbst zuschanzen kann. Weil sie so lange an der Regierung sind, richten etliche in der Landtags-CSU offenbar ihr Bewusstsein für das, was geht, und das, was nicht geht, weniger an der Moral aus als vielmehr an den Landtagskollegen.