Donnerstag, 1. September 2022

Impudenz des Monats August 2022

Und schon wieder einmal zeigt der Kalender eine „1“ - hohe Zeit für mich den Blödmann des Monats zu küren.

Als Trump gleich am Anfang seiner 2016ner Wahlkampagne im November 2015 die Behinderung des New York Times-Reporters Serge Kovaleski nachäffte, um ihn lächerlich zu machen, dachten viele, damit wären seine Wahlchancen erledigt.

Als im August 2016 Donald Trump auf videotape prahlte, Frauen sexuell zu belästigen – „grab’ em by the pussy“ – dachten viele, damit wären seine Wahlchancen erledigt.

Gewählt wurde er trotzdem, weil nicht nur Trump, sondern auch die Hälfte der US-Bürger moralisch völlig verkommen ist.

Als Präsident wurde er immer schlimmer, Comey!, im Laufe des Jahres 2017, hielt ich es immer noch für möglich, daß seine Republikaner die Reißleine ziehen könnten. So einer konnte doch nicht volle vier Jahre Präsident bleiben. 30.000 Lügen im Amt, 500.000 Corona-Tote und der Präsident empfiehlt Chlorbleiche zu trinken. Aber offensichtlich gibt es bei Trump keinen Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. 75 Millionen völlig fanatisierte QTRumpliKKKans im Lande stellen ein viel zu großes Fass dar. Er überstand gleich zwei Impeachment-Verfahren. Selbst die Insurrection, bei der ein Trump-Mob im Herzen der US-Demokratie ein Blutbad anrichtete und Beamte der Capitol Police starben, nehmen die Republikaner hin.

Es ist vielleicht die einzig wahre Aussage, die Trump je machte.

“I could stand in the middle of 5th Avenue and shoot somebody and I wouldn’t lose voters”

(DJT, Januar 2016)

Wer im Jahr 2022 bei einer neuen Trump-Ungeheuerlichkeit immer noch die Prognose wagt, diesmal habe er den Bogen aber wirklich überspannt, ist sehr mutig. Mir fehlt die Phantasie dazu, mir einen Skandal auszudenken, der Trumps Anhänger von ihm abbringen könnte.

Dennoch ernenne ich Donald Trump zur Impudenz des Monats August 2022, weil er selbst für seine Verhältnisse radikal verblödet agiert und es sogar fertig bringt, FOX bei seiner Verteidigung Schwierigkeiten zu bereiten.

Die schiere Masse der Top-Secret-Akten, die Trump aus dem Weißen Haus stahl, ist zu gewaltig. Zu offenkundig, wie er das FBI belog.

Zu offensichtlich hat Trump längst jegliche Selbstkontrolle verloren, feuert bis zu 60 vollständig irre Lügen-Postings nach einander auf seiner „Truth Social“-Plattform ab.

[…] Ist das noch Taktik oder schon Wahnsinn? Fast zwei Jahre nach seiner Abwahl als US-Präsident hat Donald Trump sein Amt zurückgefordert. […] Seit Donald Trump aus dem Weißen Haus geworfen wurde, verbreitet er die Lüge vom Wahlbetrug. Jetzt hat der 76-Jährige auf seine übliche Propaganda noch einen draufgesetzt und seine Wiedereinsetzung als Präsident verlangt — 22 Monate nach seiner deutlichen Niederlage gegen Joe Biden. "Verkündet den rechtmäßigen Sieger", schrieb Trump auf der von ihm mitgegründeten Online-Plattform Truth Social, ohne Zweifel daran zu lassen, dass er damit sich selbst meint, "oder — und das wäre die Minimallösung — erklärt die Wahl 2020 für irreparabel beeinträchtigt und veranstaltet eine neue Wahl, sofort!" […]

[…] (STERN, 30.08.2022)

Trumps Irrsinn ist das eine, die enormen juristischen Schwierigkeiten sind das andere.

[….] Vertrauliche Dokumente aus Mar-a-Lago: Wird es diesmal wirklich eng für Trump? […] Donald Trump und die Skandale. In dem Gewusel aus Ermittlungen, das den ehemaligen US-Präsidenten umgibt, lässt sich schnell der Überblick verlieren. Aktuell geht es um vertrauliche Dokumente, Trump soll sie aus dem Weißen Haus mitgehen lassen haben. […]  Am vergangenen Freitag gab das US-Justizministerium bekannt, es ermittele gegen den ehemaligen Präsidenten Donald Trump wegen der Entfernung von Unterlagen aus dem Weißen Haus. […] Im Durchsuchungsbeschluss wurden drei Straftatbestände genannt, unter anderem steht Trump im Verdacht, gegen ein Spionagegesetz verstoßen zu haben. Es enthält strikte Vorgaben für die Aufbewahrung von Dokumenten zur nationalen Sicherheit. US-Präsidenten sind dazu verpflichtet, bei ihrem Ausscheiden aus dem Amt sämtliche offiziellen Dokumente, auch E-Mails und Briefe, an das Nationalarchiv zu übergeben.  Trump soll Dokumente mit nach Mar-a-Lago genommen haben, die etwa Informationen über streng geheime menschliche Quellen der US-Dienste im Ausland beinhalteten . […] Zudem geht es um Justizbehinderung. Darauf sehen Ermittler zumindest Hinweise, Trump könnte Regierungsunterlagen versteckt und aus dem Lagerraum in seiner Villa entfernt haben. Zudem könnte Trump weitere Anstrengungen unternommen haben, um die Ermittlungen zu behindern, hieß es in einem Gerichtsdokument des Justizministeriums, das Dienstag (Ortszeit) veröffentlicht wurde. […]

(SPON, 01.09.2022)

Der Wahnsinn in der Hirnen der 75 Millionen Trump-Wähler mag groß genug sein, um ihrem pumpkin-tit-Guru ins Abseits zu folgen, aber man gewinnt damit nicht mehr sicher Wahlen.

Sahra Palin, eine Kreuzung aus Boebert, einem Eimer Brunnenkresse und MTG, verlor gestern als ehemalige Gouverneurin eine Nachwahl zum US-Kongress, in einem Alaskanischen Wahlbezirk, der seit einem halben Jahrhundert fest in republikanischer Hand war.

Trumps Allmächtigkeit scheint nur noch intra-GOP zu wirken. Ja, er kann problemlos renitente Personen wie Cheney und Kinzinger absägen, aber da die Politik seines SCOTUS so unpopulär ist (Abtreibungsverbote!), gewinnen die irren Trumpisten nicht unbedingt general elections, auch wenn sie durch das Wahlrecht viele Vorteile haben. Zu viele Amerikaner sehen aber offensichtlich doch, in welche Schwierigkeiten sich Donald Utan manövriert.

[…] Die Rufe sind noch gut in Erinnerung. »Lock her up!« – »Sperrt sie ein!«, grölten die Fans von Donald Trump im Wahlkampf 2016. Gemeint war Hillary Clinton, die es gewagt hatte, auf einem privaten Server in ihrem Haus regierungsamtliche E-Mails zu speichern, darunter auch Verschlusssachen. Trump schlachtete das Thema aus, um gegen Clinton die Wahl zu gewinnen. Sie wurde als Landesverräterin dargestellt. Würde Trump heute in der Aktenaffäre an seinen eigenen Maßstäben von damals gemessen, müsste er bald im tiefsten Kerker des Landes sitzen. Hillary Clintons mutmaßliche Vergehen wirken im Vergleich zu seiner Aktenaffäre wie Kleinkram. […] […] Trump hat in der Affäre alles falsch gemacht, was er hätte falsch machen können. Erst nahm er nach seiner Amtszeit geheime Staatspapiere mit nach Hause, obwohl er das laut Gesetz so wohl nicht durfte. Dann versteckte er offenbar weiterhin Papiere, nachdem seine Anwälte den Behörden bereits mitgeteilt hatten, dass angeblich alle Dokumente an das Nationalarchiv übergeben worden seien. Und schließlich provozierte er mit seiner Weigerung, alle übrigen Papiere herauszugeben, selbst die Razzia des FBI. Nun droht ihm deshalb womöglich sogar ein Strafverfahren. […] Die größte Gefahr wäre Trump für die Demokraten, wenn er sich plötzlich seriös gäbe und verspräche, Demokratie und Recht zu achten. Wenn er aufhörte, das Ergebnis der letzten Wahl anzuzweifeln und so die wichtigen Wechselwähler anspräche. Aber die Aktenaffäre und Trumps Umgang mit ihr zeigen: Das wird Trump niemals tun. Er ist getrieben von Wut und Rachsucht. Für Konzilianz ist in seinem politischen Leben kein Raum. […]

(Roland Nelles, 01.09.2022)