Gibt es
eigentlich für Panel-Fetischismus schon eine ICD-10-GM-Nummer; ist das offiziell als
Krankheit anerkannt?
Ich habe
das nämlich. Vollbild.
Ich bin
hochgradig süchtig; kann nicht mehr aufhören mir manisch auf US-Newssendern
Podiumsdiskussionen („Panels“) über die Präsidentschaftswahl anzugucken.
Entweder ich ziehe mir das live auf CNN rein, oder ich suche mir solche Panel-Clips anderer Sender auf Youtube.
Dabei
ist das im Gegensatz zu Pornosucht oder Kiffen höchst unangenehm.
Wenn
Trumps Hühner, Kellyanne Conway oder Scottie
Nell Hughes loslegen und ihre braune stinkende Gülle über die Zuschauer
ergießen, beiße ich vor Entsetzen in die Schreibtischplatte und suche meine
Schubladen hektisch nach Benzodiazipinen ab.
Noch schlimmer
wird es bei Trumps allgegenwärtigem Ex-Manager Corey Lewandowski, der mit einer
nie dagewesenen Bosheit besticht.
Mein Panel-Fetischismus
ist so ähnlich wie „Ritzen“. Es ist pervers und schmerzhaft, aber irgendwas muß
man halt tun, um seinen geschockten Gefühlshaushalt zu erden.
Im
ICD-10-Code ist das Kapitel XX.
XX.
Äußere Ursachen von Morbidität und Mortalität (V01-Y98)
Vorsätzliche
Selbstbeschädigung (X60-X84)
(….)
X79 Vorsätzliche Selbstbeschädigung durch stumpfen GegenstandX80 Vorsätzliche Selbstbeschädigung durch Sturz in die TiefeInkl.: Vorsätzlicher Sturz von einer Ebene auf eine andere (….)X83 Vorsätzliche Selbstbeschädigung auf sonstige näher bezeichnete Art und WeiseInkl.: Vorsätzliche Selbstbeschädigung durch:- ätzende Substanzen, ausgenommen Vergiftung- elektrischen Strom- LuftfahrzeugunfallX84 Vorsätzliche Selbstbeschädigung auf nicht näher bezeichnete Art und Weise.
Eine der
unerträglichsten Schleifen wiederholt sich alle paar Minuten.
Trumps schrumpfköpfige Epigonen graben irgendwelche
Uralt-Vorwürfe gegen Bill Clinton aus den 1980er Jahren hervor und wenn dann
mit Trumps
Sexual-Assault-Band von 2005 gekontert wird, empören sich
seine Jünger, daß das schon so lange her sei und Clinton das Band nur nutze, um
abzulenken.
Die
Wähler wünschten sich hingegen „focus on the issues.“
Das ist
dreifach perfide.
1.
Ist
es Trump, der sich beharrlich weigert konkret zu werden und stattdessen uralte
Sexgeschichten über Bill Clinton ausgräbt.
2.
Kann
man nicht ständig unter die Gürtellinie treten und dann beklagen die Wähler
wollten nicht, daß unter die Gürtellinie getreten werde und
3.
Ist
Trumps Charakter durchaus ein Thema (=issue). Kann man einen Typen ins Weiße
Haus lassen, der ein pathologischer Lügner und Lustgreis ist?
„Focus
on the issue“ einzufordern ist darüber hinaus auch noch eine Plattitüde, ein Standard-Satz
zur Wählerumschmeichelung.
Der
Wähler will sich natürlich nicht als notgeiler Sittenstrolch mit großen Interesse
für Bettgeschichten angesprochen sehen, sondern als seriöser, an Faken
orientierter, vernunftbegabter Souverän.
Das
deutsche Pendant ist den Wähler als „klug“ zu umschmeicheln.
Auch das
hört der Urnenpöbel so gern und auch das ist unwahr.
Wähler
wollen umschmeichelt werden.
Deswegen
sagen Politiker auch in jeder zweiten Talkshows den Satz: „Die Wähler sind viel
klüger als wir denken!“
Wer
gewählt werden möchte, hat sein Volk zu loben. Außerdem betont man in jedem
Falle wie sehr man gerade die Gegend, in der sie leben, liebt.
Das
sind allgemeingültige Regeln für erfolgreiche Wahlkämpfer.
Dazu
gibt es nationale Besonderheiten. So darf kein deutscher Politiker für
Tempolimit 100 auf Autobahnen oder teurere Spritpreise eintreten. Kein amerikanischer
Politiker darf sich als Atheist outen.
Natürlich
wäre es ausgesprochen sinnvoll nur noch 100 km/h zu gestatten, den CO2-Ausstoß
durch Verteuerung von Erdölprodukten zu reduzieren und endlich mal keinen
Frömmler ins Weiße Haus zu schicken.
Aber
sinnvoll ist nicht das was der Wähler will.
Der
Grund ist, daß der Wähler eben auch
nicht klug, sondern ausgesprochen doof ist.
Das
ist Demokratie. Die Wähler verlangen Ehrlichkeit von ihren Politikern, wählen
aber lieber die Lügner.
So
bringen es von und zu Guttenberg oder von der Leyen sehr weit. So kommt Frauke
Petry auf Rekordwerte.
Da gab
es mal eine Roseanne-Epidode, als die Familie Connor Fernseh-Testfamilie zur
Ermittlung der Einschaltquoten wurde.
Fortan
guckte man, in dem Bewußtsein das gewählte Programm werde statistisch erfasst,
nur noch Bildungsfernsehen. Der Fernseher lief rund um die Uhr mit Hochkultur
und seriösen Diskussionen.
Allerdings
allein, denn darauf hatte die Familie Connor keine Lust und traf sich
unterdessen in Dans kalter Garage beim winzigen Zweit-TV, um dort Titten-Shows
und Monstertrucks zu glotzen.
Angeblich
Seriöse versuchen angeblichen Unseriösen deren Unseriosität durch Unseriosität zu
beweisen – ohne sich einzugestehen, was unseriöse Argumentation über die eigene
Seriosität aussagt.
Ein
Beispiel von heute: Die ach so seriöse JU-München zieht über die unseriöse
rot-rot-grüne Option her. Die wären nicht fähig das Land zu führen. Belegen
will das die CSU-Jugendorganisation mit extra dümmlichen Bildchen.
Beim
Panel-Surfen landet man gelegentlich übrigens auch in Runden, in denen die
Trumpidioten ordentlich verhauen werden.
Es gibt
in Amerika auch sympathische Journalisten und Polit-Analysten.
In
dieser Runde sind gleich drei – Van Jones, Bakari Sellers und Host Don Lemon:
Das hat
schon was, wenn Trump-Gegner Trump zitieren und Trump-Fans dann empört
antworten, das können man aber nicht ernst nehmen, weil Trump ja nicht das
meine und tue, was er sage.
Die
meisten Kommentatoren sind sich einig, daß Trumps stündlich perfider werdende
Hetze natürlich die teebeutlerische Basis begeistert, daß aber genau die seine Basis
ethusiasmierende Polterei gemäßigte Wähler abschrecke. So vergrößere Trump
nicht seine Wählerschaft.
In den
letzten Tagen jammert Trump nur noch.
Wenn er
nicht gewänne, liege das selbstverständlich nicht an ihm, (nein, denn er macht
nie Fehler!), sondern daran, daß das ganze System „rigged“ wäre. Die Medien und Hillary Clinton und die
Demokratische Partei steckten unter einer Decke; hätten ich gegen Trump
verschworen.
Ja, Cry
Baby Trump hatte es so schwer im Leben. Alle waren immer gegen ihn.
Der
pathologische Irre Trump kollidiert mit der bitteren Realität – er könnte die
Wahl verlieren und Verlieren ist in seiner Selbstsicht nicht vorgesehen.
Ein
Trump verliert nur, wenn die anderen unfair spielen und finstere Mächte gegen
ihn agitierten.
Der
Demokrat Barack Obama verlässt daraufhin auch den Pfad der Issues und greift
Trump an, wo es wehtut, kratzt an dessen gewaltigem Ego.
Trump solle
aufhören zu weinen und nicht alle die Schuld bei allen anderen suchen, er solle
lieber kämpfen, statt schon Wochen vor der Wahl aufzugeben.
Der
schwarze Demokrat bezichtigt das Mega-Ego als weinerlich und ruft ihm zu sich
zusammenzureißen und zu kämpfen.
Das muß
Mr. Superwichtig richtig wehtun.