Mittwoch, 19. November 2014

Fusion



Die zunehmende Individualität der Menschen in Deutschland bringt es mit sich, daß die politischen Ansichten auch immer mehr auffächern.
Jahrzehntelang genügten zweieinhalb Volksparteien.  90% der Wähler entschieden sich für eine der beiden Seiten, CDU oder SPD. Und die paar, die alles gerne differenzierter betrachteten, hatten noch die FDP, die einmal an der Spitze des Fortschritts stand, für liberale Werte wie konfessionsfreie Schulen einstand, sowieso neue Themen, wie den Umweltschutz setzte.

Der Homo Germanicus des Jahres 2014 ist von einer ausgeprägten Enttäuschungsbereitschaft geprägt.
Er hat beispielsweise 2011 in Hamburg die SPD gewählt, erkennt an, daß die Genossen in den folgenden Jahren all das hinbekamen, woran die vorherige CDU-Regierung kläglich gescheitert war, aber dann läßt irgendein SPD-Bezirkspolitiker, der keinerlei Berührungspunkte mit der Landesregierung hat, einen Zebrastreifen drei Meter versetzen und der Homo Germanicus ist auf 180.
Er schreibt wütende Leserbriefe, pöbelt auf Bezirksversammlungen rum und verkündet voller Emphase niemals im Leben wieder „diese Dreckspartei“ zu wählen.

Wer so schnell wie heute Wahlausschluß-Kriterien generiert, ist mit zweieinhalb Parteien recht schnell an die Grenze seiner Möglichkeiten gelangt.
Daher gibt es auf der linkeren Seite des Spektrums nun auch Linke, Grüne und vorrübergehend Piraten.
Rechts ist es unübersichtlicher, weil die neu entstehenden Meckergruppen üblicherweise von derart verblödetem Personal gebildet werden, daß sie auch recht schnell wieder im Chaos enden. Schillpartei, PRO, DVU, NPD, Republikaner, STATT-Partei, Freie Wähler, AfD, ÖDP, "D-Mark-Partei", Bund freier Bürger, ProNRW, Bürger in Wut (4 Abgeordnete in Bremen!) oder Bündnis 21/RRP (2 Abgeordnete in Bremen!) heißen die Dubiositäten, die schon in Parlamente geschickt wurden.

Um politisch endlich mal ein bißchen aufzuräumen, Deutschland regierbarer zu machen und dem Splitterparteichaos vorzubeugen, möchte ich an dieser Stelle vorschlagen, daß Parteien sich nicht immer nur abspalten, sondern auch fusionieren, wenn ihre Schnittmengen so groß werden, daß man mit der Lupe nach verbliebenen Unterschieden suchen muß.
Da bietet sich zunächst die Fusion von AfD und NPD an.
Beide benutzen ohnehin schon seit zwei Jahren die gleichen Plakate und verfügen an der Basis über braune Blitzkriegbirnen, die nur zu gern gemeinsam bei „HoGeSa“ rumgrölen.

Im Übrigen rege ich eine Fusion von CDU und Grünen an.
Man könnte dabei von der Wegfusionierungskunst der großen westdeutschen CDU profitieren, die immerhin gleich zwei DDR-Blockparteien aufsog, die stets brav für Mauer und Schießbefehl stimmten.

Inhaltlich ist an den Grünen ohnehin jede Kontur rungelutscht, so daß sie perfekt zur meinungslosen Christenmutti Angela passen.


Falls noch Grüne mit eigener von der CDU abweichender Meinung existieren sollten, haben die ernsthaft Grund zu Sorge, nachdem ihnen der Büchner-Blome-SPIEGEL attestierte ohne Rückgrat zu agieren.
Unter der Überschrift „Lothar Späth mit Hybridantrieb“ beklagt das Hamburger Nachrichtenmagazin den Grünen „Irrweg.“ Sie hätten die Hosen voll.

Wer sagt: „Innovationsgeist, Unternehmertum und der Wettbewerb um neue Lösungen und Produkte sind Ausdruck wirtschaftlicher Freiheit“? Wer ist der Meinung, dass „Kinder in den Mittelpunkt der Familienpolitik“ gehören? Wer möchte den Menschen die Lust an einem saftigen Steak auf keinen Fall verderben? „Ob jemand am Donnerstag Fleisch isst oder nicht, ist uns herzlich egal.“ Wenn auf dem Programm für den Parteitag Ende dieser Woche nicht das Symbol der Grünen stünde, die Sonnenblume, dann könnte man es leicht für ein Papier aus der Feder Angela Merkels halten: „Wir fordern eine seriöse Haushalts- politik“, heißt es dort. Das fordert die Kanzlerin auch. […]  Jetzt aber traut sich die Partei nicht mehr, den Deutschen einen fleischlosen Tag zu empfehlen. Sie ist auf dem besten Weg, eine zweite CDU zu werden. Es ist ein Irrweg. […]
Seit [Kretschmann] im Amt ist, versteht sich die örtliche Industrie blendend mit ihm, die Autobauer im Südwesten sind auch unter einer grün-roten Landesregierung Weltklasse im Verfertigen tonnenschwerer Geländewagen. […] Der brave Cem Özdemir hat alle Anlagen, in einem Kabinett Merkel dem traurigen Schicksal Philipp Röslers zu folgen. […]
(DER SPIEGEL 47 / 2014)

Hofreiter muß nur noch die Haare etwas kürzen, um perfekt in Merkels Jubelchor aus Kauder, Gröhe und Altmaier zu passen.


Die extremste Anpassung der ehemals aufmüpfigen Grünen an die Konservativsten in der CDU kann man in Hessen beobachten.
Dort wurde der Grüne Fraktionschef noch vor wenigen Jahren ungeniert rassistisch aus der CDU verunglimpft. CDU-Abgeordnete sprachen sogar davon ihn „ausweisen“ zu lassen.

(Ein Mittel, zu dem auch andere CDU-Landtagsfraktionen gegenüber migrantischen Abgeordneten greifen. Beispiel Hannover.)

Eine nette Fraktion ist das da in Niedersachsen.
Neben dem Pädophilen hat es auch noch eine Rassistin.

Es ging hitzig zu im Landtag in Hannover. Für seine Flüchtlingspolitik musste sich Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) viel Kritik von der Opposition anhören. Aus Sicht einer seiner Parteikolleginnen wohl zu viel: Die Schwarmstädter Christdemokratin Gudrun Pieper konnte nicht an sich halten, als Filiz Polat von den Grünen von einer "menschenrechtswidrigen und inhumanen" Abschiebe-Praxis sprach.
"Am besten hätte man Sie abschieben sollen", rief Pieper der am Rednerpult stehenden türkischstämmigen Polat zu.

(NDR, 09.12.2011)

Die HNA dokumentiert die Szene in einem etwas anderen Wortlaut, aber was die Pieper meinte, ist wohl klar:

Als Grünen-Parlamentarierin Filiz Polat Beispiele für die ihrer Meinung nach unmenschliche Abschiebepraxis von Innenminister Uwe Schünemann (CDU) aufzählte, polterte die Christdemokratin aus den hinteren Reihen: „Als nächstes schieben wir Sie ab.“
Polat, vor 33 Jahren in Bramsche (Landkreis Osnabrück) als Tochter eines türkischen Arztes und einer deutschen Kommunalpolitikerin geboren, rang mit Fassung und Tränen; ihre grünen Kollegen reagierten empört.
(HNA 08.12.2011)

Pieper von der Partei der deutschen Leitkultur macht es wie ihre CDU-Kollegen aus Hessen, die sich immer noch massiv daran stören, daß Tarek Al-Wazir, der Vorsitzende der Grünen-Fraktion so gar keinen deutschen Namen hat.

Im politischen Alltag spürt der Sohn einer Deutschen und eines jemenitischen Diplomaten [...] nicht selten offenen Hass aus den CDU-Reihen. Ein Christdemokrat sprach ihn in fast jeder Rede demonstrativ mit dem zweiten Vornamen "Mohammed" an.
Ein anderer CDU-Abgeordneter
[es war Clemens Reich - Tam.] kommentierte eine Al-Wazir-Rede mit dem Zwischenruf, "Geh doch zurück nach Sanaa." [...]
(Der Spiegel 31.03.2008)


Seit einem Jahr ist das alles vergessen. Tarek Al-Wazir kuschelt als stellvertretender Ministerpräsident Hessen so vertraut mit seinem Chef Volker Bouffier, daß eine baldige Heirat nicht mehr ausgeschlossen werden kann.
Sie sind nun ein Herz und eine Seele. Warum also noch zwei Parteien?

Es war ein erstaunlicher parteipolitischer Tabubruch, der sich da vor ziemlich genau einem Jahr in Wiesbaden ereignete. Die Hessen-CDU, eine tiefschwarze und wenig zimperliche Kampftruppe, geformt von dem Deutschnationalen Alfred Dregger, später geführt von Roland Koch, bot den Grünen am 22. November 2013 an, über die erste Koalition in einem deutschen Flächenland zu verhandeln. Ach, was wurde damals nicht alles geredet, gehofft, prophezeit und schwarzgemalt. Interessantes Experiment lautete die eine Prognose; kann niemals gutgehen die andere. Alternativ-Puristen wehklagten, die Grünen würde ihre Seele verkaufen. Christdemokraten der Dregger-Schule fröstelten bei dem Gedanken, mit Ökopaxen gemeinsame Sache machen zu müssen. Und was ist geschehen? Im Wiesbadener Landtag herrscht politische Langeweile, allerdings der ernsthaften Art. […] Die Grünen sind von sich selbst und ihrem Regierungspragmatismus ziemlich begeistert. Vize-Ministerpräsident Tarek Al-Wazir eröffnet nun Autobahnteilstrecken in Osthessen und macht sich stark für den internationalen Finanzplatz Frankfurt. Er höchstpersönlich etablierte die Stadt als ersten europäischen Standort für Transaktionen in der chinesischen Währung Renminbi. In manchen Momenten wundert sich Al-Wazir selbst über seine Wandlung. Rufe nach der Wahrung von Menschenrechten im Reich der Mitte blieben aus.
Die Basis der Partei nimmt den mit allerlei eigentümlichen rhetorischen Biegungen verbundenen Wechsel von den Oppositionsreihen in die Regierung gelassen-klaglos hin. Die Gegner des Ausbaus am Frankfurter Airport werden sich wohl nie wieder mit den Grünen versöhnen. […]