Sonntag, 19. Juli 2015

Die häßliche Deutsche. Ein Hintergrund.



Heute stolperte ich in den Presseclub auf Phoenix, da wenigstens Volker Herres und nicht Jörg Schönborn moderierte.
Thema "Der böse Schäuble – Deutschland als Buhmann Europas?". Aber Frau Mika konnte es eben auch nicht rausreißen, daß die Fehlinformanten Hugo Müller-Vogg (Ex-BILD, Ex-FAZ) und Silke Wettach (Wirtschaftswoche) immer wieder wahrheitswidrig behaupteten „wir“ zahlten „100 Milliarden“ an Griechenland. Das Land stecke nur deswegen in der Krise, weil die neoliberal-austeritätsfetischistischen Reformen noch nicht umgesetzt wären.
Es nervt langsam.
„Wir“, als „die Deutschen“ sind nicht die Zahlmeister Europas, sondern die anderen sind vielmehr die Zahlmeister Deutschlands.
Deutschland als Superexportnation und Anlegerparadies profitiert massiv von der Krise Südeuropas.


Es ist sowieso erstaunlich wer sich alles für denjenigen hält, der alles bezahlt.
Ich denke da an die wirklich häßlichen Deutschen, die beiden primitiven Gerontinnen, die in Freital ihren Hass gegen Flüchtlinge ausposaunten.
Ausgerechnet alte ungebildete Sächsinnen!
Niemand hat von der deutschen Einheit so sehr finanziell profitiert, wie ostdeutschen Rentnerinnen. Die haben NICHTS in die jetzigen Sozialkassen eingezahlt und bekommen heute aufgrund ihrer formal längeren Arbeitszeit mehr Rentenpunkte als westdeutsche Frauen.
Denen geht es im Vergleich zu ihrer Eigenleistung so gut wie niemand anderen. Sie leben von Transfers.
Von dem Geld, das unter anderem hier lebende Ausländer heute erwirtschaften.

[….] Nach einer Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) zahlte allein 2012 jeder in Deutschland lebende Ausländer im Schnitt 3300 Euro mehr Steuern und Sozialabgaben als an staatlichen Leistungen für ihn ausgegeben wurden.
Die Geschichte von den Sozialschmarotzern ist nicht mehr als ein böses Märchen. Die fast sieben Millionen Ausländer in Deutschland sichern den Wohlstand in diesem Land. Sie haben 2012 das Bruttoinlandsprodukt um 22 Milliarden Euro wachsen lassen. Eine gewaltige Summe. Nur zum Vergleich: Die Kosten für das Arbeitslosengeld II liegen derzeit bei knapp 20 Milliarden Euro im Jahr. So gesehen finanzieren Ausländer nicht nur die eigenen Hartz-Kosten, sondern die für alle anderen Hartz-IV-Bezieher gleich mit. [….]

Wenn solche ostzonalen Trullas nun zeternd vor Flüchtlingsheimen stehen, ist das an Perfidie nicht zu überbieten.

Deutschland profitiert mittel- und unmittelbar überproportional von Europa, „den Ausländern“ und dem Euro.

Schon vor 20 Jahren wußten alle Landes- und Kommunalpolitiker, daß man ohne „die Ausländer“ die gesamte deutsche Gastronomie, das Hotelgewerbe, Reinigungsdienste, Straßendienste, Pflege, Krankenhäuser und personalintensive landwirtschaftliche Betriebe schließen kann.

Heute ist es aber zusätzlich durch die vollkommen verfehlte Bildungspolitik à la Merkel und Schavan so, daß hier aufgewachsene Jugendliche zu verblödet sind, um den deutschen Bedarf an Fachkräften und Akademikern zu decken.
Daher macht Deutschland etwas besonders perfides: Es profitiert vom Braindrain Süd- und Osteuropas.
Wir lassen Rumänien, Griechenland und Spanien die teuren Ausbildungen ihrer Jugendlichen zu Medizinern und Ingenieuren bezahlen und holen dann diese dann anschließend nach Deutschland.
Seit den Folgen der Finanzkrise von 2008 ziehen immer mehr hochqualifizierte Arbeitskräfte aus Griechenland, Italien und Spanien nach Deutschland, um hier die Konjunktur anzukurbeln und unsere ohnehin vollen Haushaltskassen mit ihren Steuern zu fluten.
Für die Krisenstaaten ist das ein Teufelskreis. Ihnen fehlen nun die wirtschaftlich Starken, sie sind gezwungen immer mehr in Bildung zu investieren und es bleiben ihnen dafür die Armen, Alten und Kranken.

[…]  Die Zinsen auf deutsche Staatsanleihen sanken [seit 2010] - und damit die Renditen für diejenigen, die Deutschland Geld leihen. […] Die niedrigen Zinsen auf deutsche Anleihen sparen dem Bundeshaushalt eine Menge Geld. Bis 2030 sollen es 160 Milliarden Euro sein. Das hat das Institut für Weltwirtschaft (IfW) berechnet. Allein 2015 soll die Ersparnis durch niedrigere Zinsen für den Bundeshaushalt bei 20 Milliarden Euro liegen. Wenn der Bund alte Schulden mit neuen Schulden tilgt, muss er also weniger Zinszahlungen einkalkulieren als noch vor zehn Jahren. Um diesen Effekt möglichst lange ausnutzen zu können, steigt, so das IfW, der Anteil von Anleihen mit langen Laufzeiten. Damit kann Deutschland auch noch in 30 Jahren davon profitieren, dass 2015 die Zinsen so niedrig waren - ganz egal, wie dann die wirtschaftliche Situation aussieht.
[…] Formulierungen wie "Hilfspakete" suggerieren, dass die Geldgeber Griechenland Geld schenken. Das stimmt so zunächst nicht. Deutschland und die anderen Gläubiger überweisen Mittel an die griechische Regierung als Kredite - und bekommen dafür bestenfalls die zuvor vereinbarten Zinsen. Je mehr Kreditprogramme für Griechenland aufgelegt werden, je mehr Griechenland-Anleihen also etwa Deutschland hält, desto höher ist der potenzielle Zinsgewinn aus diesen Krediten.
[…] Die deutsche Wirtschaft ist stark von Exporten abhängig. Dass die Konjunktur in Deutschland gut läuft, liegt auch daran, dass Deutschland 2014 so viele Waren ins Ausland verkauft hat wie noch nie zuvor: 1,1 Billionen Euro haben deutsche Firmen durch Verkäufe eingenommen. […] 2014 verlor der Euro im Vergleich zum US-Dollar stark an Wert. Ökonomen sprechen hier davon, dass der Euro abgewertet hat. Das hilft deutschen Firmen. Denn wenn der Euro weniger wert ist, werden Produkte aus der Euro-Zone außerhalb des Währungsraums günstiger - und damit für Käufer aus dem Ausland attraktiver. Eine Firma in China würde vor diesem Hintergrund vielleicht doch lieber die Maschine eines deutschen Herstellers kaufen - statt die eines konkurrierenden Anbieters aus den USA, dessen Produkt in US-Dollar bezahlt werden müsste.
Nicht zuletzt wegen der umfangreichen Exporte und der deshalb gut laufenden Wirtschaft ist die Arbeitslosenquote in Deutschland niedrig wie lange nicht mehr. […]

Dieses ausbeuterische Nord-Süd-Gefälle wirkt übrigens nicht nur innerhalb Europas, sondern gewissermaßen auch weltweit.
Aus den ärmsten Entwicklungsländern fließt doppelt so viel Geld in die reichen Industriestaaten wie umgekehrt.
Wir leben auf Kosten der Ärmsten in Afrika.


[…] Seit der Finanzkrise 2008 „verlieren die Entwicklungsländer mehr als zwei Dollar für jeden Dollar, den sie bekommen“, ist das Fazit einer Studie der Entwicklungsorganisation „European Network on Debt and Development“ (Eurodad), die offizielle Quellen ausgewertet hat.
Die Studie „The State of Finance for Developing Countries 2014“ sieht für das Jahr 2012 etwa zwei Billionen US-Dollar, die legal und illegal aus den Ländern des Südens nach Norden transferiert wurden – während aus den Industriestaaten etwa eine Billion in den Süden überwiesen wurde. Als „Entwicklungsländer“ gelten nach Weltbank-Definition Staaten, in denen das Jahreseinkommen pro Kopf unter 12.615 Dollar liegt.
[…] Fast eine Billion Dollar verlieren die Süd-Länder, weil sie Zinsen für Schulden zahlen, ihr Geld in Staatsanleihen des Nordens anlegen oder neue Schulden aufnehmen. Insgesamt machen diese Abflüsse etwa zehn Prozent der Wirtschaftskraft aller Entwicklungsländer aus. „Von 100 Dollar, die im Land erwirtschaftet werden, gehen 10 verloren“, heißt es.
[…] Für Niels Keijzer vom „Deutschen Institut für Entwicklungspolitik“ (DIE) sind die Daten des Eurodad-Berichts „grundsätzlich verlässlich“. […]