Mittwoch, 25. März 2015

Bibi – beliebt wie Biberkacke.


Eigentlich unglaublich, aber Netanjahus außenpolitischer Amok- und Angstwahlkampf hat letztendlich in der zersplitterten Israelischen Parteienlandschaft doch gefruchtet.
Mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit wird Berserk-Bibi in seine vierte Amtszeit als Regierungschef der Atommacht Israel gehen.
Gerade weil er noch kurz vorm Wahltag alle seine internationalen Verbündeten vor den Kopf stieß, indem er sagte mit ihm werde es keinen Palästinenserstaat geben, wurde sein Likud-Block mit 30 Sitzen erneut stärkste Partei in der 120 Sitze starken Knesset.
Zur Regierungsmehrheit fehlen ihm noch weitere 31 Sitze, aber die wird er wohl leicht bekommen, da alle Rechtsradikalen, Ultranationalisten und Ultraorthodoxen schon untertänig ankündigten Netanjahu zu wählen:

Partei Jüdisches Heim (acht Mandate, nationalistisch ultrareligiös)
Schas (sieben Mandate, ultraorthodox)
Tora-Judentum (sechs Mandate, ultraultraorthodox),
Liste Kulanu (zehn Mandate, konservativ)
Unser Haus Israel (Jisra'el Beitenu, sechs Mandate, rechtsextrem-nationalistisch)

Das ergibt zusammen also eine stabile absolute Mehrheit von 67 Mandaten.
Der Parteichef der Jisra'el Beitenu, Außenminister Avigdor Liebermann wird also mit seiner liebenswürdigen Art der Welt erhalten bleiben.

Der Frieden im Nahen Osten dürfte noch ein Stückchen weiter in die Ferne gerückt sein.
Dabei sieht es zwischen Syrien und dem Jemen bekanntlich ohnehin nicht eben nach einer rosigen Zukunft aus.
Bibi gehört zu den Politikern, denen ich nicht abnehme zufällig eine andere Meinung zu vertreten, aber aus seiner Sicht „das Beste für sein Land“ zu wollen.
Ich unterstelle ihm, daß er im Gegenteil gerne Öl ins Feuer gießt, da er persönlich von Krieg, Terror und Angst profitiert. So hält er sich im Amt.
Zündeln hilft – leider.

Man erinnere sich an die verabscheuungswürdige Provokation Ariel Scharons am 28. September 2000, mit der er mit über 1000 bewaffneten Männern in der Jerusalemer Altstadt den unter arabischer Verwaltung stehenden Tempelberg enterte.
Damit löste er die sogenannte „Zweite Intifada“ aus:

460 Angriffe mit Qassam-Raketen,
 20.406 Anschläge,
138 Selbstmordanschläge,
 13.730 Schussüberfälle,
1.036 getötete Israelis ,
3.592 getötete Palästinenser,
208 Palästinenser durch gezielte Tötungen des Israelischen Geheimdienstes.

Aber Scharon wurde am 07.03.2001 Israelischer Ministerpräsident, weil sich seine Wahlchancen in der von ihm selbst ausgelösten Terrorsituation als bekannter harter Hund gewaltig verbessert hatten.

So funktioniert konservative Politik im Nahen Osten.

Eins hat Wild-um-sich-Schläger Bibi bei seinem diplomatischen Amoklauf durch die USA allerdings übersehen: So wichtig und bedeutend er sich selbst halten mag: Obama ist noch mächtiger und verfügt über erheblich mehr Geld und Waffen. Den amerikanischen Präsidenten hat sich Bibi wirklich zum Feind gemacht. Bibi glaubt er sei amerikanischer als Obama. Aber es macht doch noch einen kleinen Unterschied, daß Obama US-Präsident IST – und Bibi nicht.
Ohne Obama geht in Israel aber gar nichts.

Netanjahu ist ein sehr amerikanischer Israeli, der in Pennsylvania aufwuchs und in den USA studierte. Er erhielt Abschlüsse des Massachusetts Institute of Technology (MIT), der MIT Sloan School of Management und studierte an der Harvard University. Bibis größtes Problem ist die Kleinheit des Landes, das er regiert. Er hält sich selbst für so extrem überqualifiziert, daß er immer wieder laut bedauert nicht eine Supermacht wie die USA führen zu dürfen. Entsprechend großspurig tritt er auch unter den Regierungschefs auf und wird ganz offensichtlich von vielen Kollegen leidenschaftlich abgelehnt.
Immer wieder werden Unmutsäußerungen über ihn geleakt.

[…] In einem vertraulichen Gespräch mit US-Präsident Barack Obama hat Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy über den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu hergezogen. "Ich kann ihn nicht mehr sehen, er ist ein Lügner", soll Sarkozy nach übereinstimmenden Angaben von Mithörern des Gesprächs über Netanjahu gesagt haben. Obama habe ihm geantwortet: "Du bist ihn leid, aber ich habe jeden Tag mit ihm zu tun!" […]

Der nicht eben als Choleriker bekannte US-Präsident kann sich kaum noch zügeln.

Obama schäumt vor Wut über Netanjahu
[…] Die Vereinigten Staaten von Amerika und Israel sind strategische Verbündete zur Wahrung ihrer Interessen im Nahen und Mittleren Osten. Angesichts der Tatsache, dass diese vor allem energiepolitisch bedeutende Weltregion von Krieg, Despotien, gefährlichen sozialen Unwuchten, militantem Islamismus und aggressivem Terrorismus gekennzeichnet ist, kommt dieser Allianz eine hohe Bedeutung zu. Umso fataler ist, dass die Regierungen in Washington und Jerusalem alles andere als befreundet sind und gegenwärtig einen Kurs des Frontalzusammenstoßes steuern, wie die israelische Zeitung "Maariv" schrieb. Dieser Streit ist überflüssig und zudem politisch brandgefährlich.
Es ist kein Geheimnis, dass US-Präsident Barack Obama und Israels Premierminister Benjamin Netanjahu nicht nur politische Differenzen haben, sondern sich auch ganz persönlich nicht ausstehen können. Netanjahus Festhalten an einem fortgesetzten Siedlungsbau in Schlüsselregionen der besetzten Gebiete ist geeignet, dem halb toten Nahost-Friedensprozess den Rest zu geben, den Obama gern belebt und als Erfolg seiner Amtszeit vorgewiesen hätte. Mit der Besiedlung zerschneidet Netanjahu das Gebiet eines möglichen Palästinenserstaates bis zur Unregierbarkeit – was wohl beabsichtigt ist.
Ein zweiter Streitpunkt zwischen Washington und Jerusalem hat sich nun zu einem "endgültigen Bruch" zwischen den beiden Staatsmännern zugespitzt, wie US-Kommentatoren meinen. Es geht im Kern um die Bemühungen der fünf Veto-Mächte der Uno – USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien – sowie Deutschlands, den Atomkonflikt mit dem Iran friedlich per Abkommen beizulegen. Israel und der Westen verdächtigen das Mullah-Regime in Teheran, unter dem Deckmantel eines zivilen Programms eine atomare Bewaffnung anzustreben. […]

Willkommen im Kindergarten.

Wie erst jetzt richtig bekannt wird, hatte Netanjahu die Obama-Administration nicht nur mit seinem Besuch bei den GOPern düpiert, sondern er verriet sogar Staatsgeheimnisse an Obamas parteipolitischen Gegner, um ihnen Wahlkampfmunition zu liefern.

Ein mutmaßlicher Spionagefall droht die Beziehungen zwischen den USA und Israel weiter zu belasten. Unter Berufung auf hohe US-Regierungsmitarbeiter berichtet das Wall Street Journal, dass Israel die Atomgespräche mit Iran ausspioniert habe - als Teil einer groß angelegten Kampagne, um die internationalen Verhandlungen zu sabotieren. Die geheimen Informationen seien auch an US-Kongressabgeordnete weitergegeben worden, um ihnen Argumente gegen den Kurs von Präsident Barack Obama zu liefern. [….]
Die Veröffentlichung wirft auch ein neues Licht auf eine deutliche Warnung von US-Außenminister John Kerry an Israels Premierminister Benjamin Netanjahu unmittelbar vor dessen umstrittener Rede im US-Kongress Anfang März. Kerry hatte erklärt, er sei "besorgt über Berichte", wonach Details einer möglichen Vereinbarung mit Iran öffentlich gemacht werden könnten. [….] "Dass sich die USA und Israel gegenseitig ausspionieren, ist eine Sache", wird dazu im Wall Street Journal ein hohes US-Regierungsmitglied zitiert. "Dass Israel US-Geheimnisse stiehlt und damit US-Abgeordnete versorgt, um die US-Diplomatie zu untergraben, ist eine andere Sache." [….]

Tiefer kann man unter befreundeten Nationen wohl wirklich nicht sinken.
Bibi scheint nicht bedacht zu haben, daß Obama noch zwei Jahre im Amt ist.
Er wird ihm also nicht völlig aus dem Weg gehen können.
Politisch schlau ist es sicher nicht, wenn man als Mini-Nation seine bedeutendste Schutzmacht maximal verärgert.

[….] Der Sieg ist im Sack, doch die Feier danach gerät zum Tanz auf dem Scherbenhaufen. Israels Premierminister Benjamin Netanjahu hat im Innern wie im Äußeren so viel Porzellan zerschlagen auf dem Weg zu seiner Wiederwahl, dass er nun eine schmerzhafte Erfahrung macht: Nicht jeder ist so wendig wie er, und es gibt immer noch Leute, die ihn beim Wort nehmen. [….]  Die Regierung in Jerusalem soll nicht nur die geheimen Atomgespräche mit Iran ausspioniert, sondern die dabei abgeschöpften Informationen auch noch gezielt an US-Kongressabgeordnete weitergeleitet haben. Das Ziel: Obamas innenpolitische Widersacher zu munitionieren, um ein Atom-Abkommen zu Fall zu bringen. Das Ergebnis: In Obamas Gunst droht Netanjahu bald noch von den Ayatollahs in Teheran überholt zu werden.
Netanjahu hat die US-Regierung tief verärgert - das hat Folgen
Denn Israels Premier steht hier nicht nur als Trickser, sondern auch als Verräter da. Obama wird das zu nutzen wissen, denn wer einen vermeintlichen Freund auf diese Weise öffentlich entlarvt, der verschafft sich eine Menge Handlungsfreiheit. Zuvor schon hatte er wissen lassen, dass er nichts mehr gibt auf Netanjahus Volten in Sachen Palästinenserstaat. Nach dessen Absage an den Friedensprozess im Wahlkampf würden die USA "andere Optionen prüfen", um das Ziel der Zwei-Staaten-Lösung nicht aus den Augen zu verlieren. Andere Optionen haben die USA zum Beispiel im UN-Sicherheitsrat, wo sie bislang mit ihrer Vetomacht einen Schutzschild über Israel hielten. Denkbar ist nun, dass Washington dort eine Resolution zur Zwei-Staaten-Lösung passieren lässt, die Israel in die Isolation treibt.
Bei solchen Perspektiven ist Netanjahus Wahlsieg wahrlich teuer erkauft - und dies ist noch nicht einmal der einzige Preis, der zu zahlen ist. Mit rassistischem Getöse gegenüber der arabischen Minderheit in Israel und Verschwörungsvorwürfen gegen die Linken hat er aus Eigennutz überdies sein Land tief gespalten. [….]