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Montag, 27. November 2023

Verteidigungspolitische Altlasten

Oberstleutnant d. R. Johann Wadephul, geboren am 10. Februar 1963 in Husum, Mitglied des Fördervereins für Kirchenmusik in Nortorf e. V., frommer evangelischer stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für den Bereich Auswärtiges, Verteidigung, Interparlamentarische Konferenz für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) und die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP), 1982 – 1986 Zeitsoldat der Bundeswehr ist aktives Mitglied des Verbandes der Reservisten der Deutschen Bundeswehr.

Also solcher kennt er sich aus mit den Uniformfetischisten, der klapperigen Mangelbewaffnung und sprach am Wochenende Klartext über die rotgrüne Gurkentruppe!


[….] "Entscheidende Truppenteile können maximal zwei Tage in einem Gefecht durchhalten. Und das ist ein insgesamt katastrophaler Befund", sagte Wadephul. "Wer gar von Kriegstüchtigkeit spricht, aber mindestens ja Verteidigungsbereitschaft der Bundeswehr erwartet, der hätte dafür sorgen müssen, dass ein derart schlimmer Zustand nicht eintritt. Aber das Gegenteil ist bedauerlicherweise der Fall."

Der Aufbau der Bundeswehr hin zu verteidigungsfähigen Streitkräften komme so kaum voran, kritisierte Wadephul. "Der ist in den Anfängen steckengeblieben und das Stocken ist natürlich mittlerweile auch Verantwortung von Boris Pistorius. Ich erkenne große Ankündigungen, aber wenig tatsächliche Maßnahmen, die zu der von dem Verteidigungsminister selbst beschworenen Kriegstüchtigkeit beitragen", sagte er und stellte fest: "Die Zeitenwende findet für die Bundeswehr derzeit nicht statt." [….] Wadephul betonte die Unterstützung für die Militärhilfe an die Ukraine. [….]  Er sehe eine Bundeswehr, die im Grundbetrieb weitermache wie seit 20 Jahren und Strukturen habe einer "Afghanistan-Armee", die also auf internationale Einsätze spezialisiert ist. "Ich sehe eine Bundeswehr, die ihre Beschaffungsvorgänge immer noch genauso sorgfältig, vorsichtig und manchmal - glaube ich - angsterfüllt durchführt wie in den letzten 20 Jahren", sagte er. [….] Der Unionsfraktionsvize hält auch die Einführung einer Dienstpflicht in der Bundeswehr, dem Katastrophenschutz und in Rettungsdiensten für unverzichtbar. [….]

(dpa, 26.11.2023)

Wenn Wadephul nur wüßte, welcher linksgrüngelbe Schwachkopf im Juli 2011 nach 55 Jahren den Wehr- und Zivildienst abschaffte und damit den katastrophalen Personalmangel verantwortet, den der CDU-Mann nun beklagt.

(….) Lügenbaron zu Guttenberg machte der Leiche den Garaus, indem er die Wehrpflicht – einen Kernpunkt des CDUCSU-Wahlprogrammes – ganz abschaffte.

Seine ihm zu Füßen liegende Partei überzeugte er mit der frechen Lüge, das eingesparte Geld käme der Ausrüstung zu Gute.

[….]  Kleiner, schwächer – und vor allem günstiger. Die symbolisch aufgeladene Debatte um die Aussetzung der Wehrpflicht verdeckte, was der eigentliche Zweck der Reform war: möglichst viel Geld einzusparen. Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Oberst André Wüstner, sagt: „Die Reform wurde dilettantisch angegangen. Das Motiv war nicht, die Bundeswehr besser zu machen, sondern zu sparen.“   Mindestens acht Milliarden Euro, manche sprechen sogar von zehn Milliarden Euro, hat Guttenberg damit eingespart. Führende Militärs knüpften an die Aussetzung der Wehrpflicht Erwartungen, die dann herb enttäuscht wurden. „Unsere Idee war: Das eingesparte Material kann man für die verbliebene Truppe verwenden. Aber Material und Geld waren weg“, sagt der ehemalige General Hans-Lothar Domröse, bis zu seiner Pensionierung einer der höchsten Nato-Generäle. Für viele Kritiker begann mit Guttenberg die Abwärtsspirale für die Bundeswehr. Der frühere Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU) sprach später sogar von der „Zerstörung der Bundeswehr“. [….]

(SZ, 29.04.2022)   (….)

(Bundeswehr 2022, 19.06.2022)

Wenn Wadephul nur wüßte, welcher linksgrüngelbe Kanzler 16 Jahre desinteressiert auf die Ukraine blickte und Putin achselzuckend signalisierte „mach‘ ruhig; ich halte die Füße still, wenn du mal ein paar Grenzen verschieben willst.“

(…..) Erst 2005 unter Angela Merkel brach allerdings die Unsitte an, den Chefsessel auf der Hardthöhe aus reinen Proporzgedanken an politische Gestalten zu vergeben, die nicht nur völlig fachfremd waren, sondern auch gar kein Interesse an dem Job hatten. KTGs Ehrgeiz sollte gezügelt, von der Leyens Ambitionen auf die Kanzlerschaft eingedampft werden. Annegret Kramp-Karrenbauer, Merkels Nachfolgerin im Amt der Parteivorsitzenden und mutmaßliche Wunschnachfolgerin als Kanzlerin, hatte sich bewußt gegen einen Ministerposten entschieden, um nicht in die Kabinettsdisziplin eingebunden zu sein. Sie sollte sich außerhalb Merkels Machtbereich profilieren, um nicht weiter als „Merkels Kammerzofe“ (Naziblog PP) verspottet zu werden. Eigentlich eine gute Idee, die allerdings in der Praxis nicht funktionierte, da die extrem fromme ehemalige ZdK-Frau AKK zu charismafrei und zu doof war, um sich auch nur in ihrer eigenen Partei durchzusetzen. Sie schrumpfte sich selbst zur Witzfigur, der die Mini-CDUler in der ostdeutschen Provinz ungeniert auf der Nase tanzten. Merkel musste zu AKKs Rettung einschreiten und ihr irgendeinen Machtposten zuschieben. Da sich die große Versagerin und Lügnerin von der Leyen gerade endgültig blamiert aus der Bundespolitik nach Brüssel rettete, war ihr alter Job der einzige, der gerade frei war. Die Bundeswehr sollte AKK retten und nicht etwa umgekehrt, AKK die Bundeswehr. Wie ihre zweieinhalb Jahre, vom  17. Juli 2019 bis zum 8. Dezember 2021 als Bundesministerin der Verteidigung ausgingen, ist genauso bekannt wie es zu erwarten war: Als Vollkatastrophe. Bundeswehr in Lyse, Truppen demotiviert, alle Waffensysteme und Ausrüstungsgegenstände totaler Schrott, Beschaffungswesen nach wie vor hoffnungslos verkrustet und bürokratisiert.

Selbstredend gibt es keine funktionierende schweren Kriegsgeräte, kein Hightech. Aber nach den 16 CDU-Merkel-Jahren ist die Bundeswehr noch nicht mal mehr in der Lage simpelste fehlende Artikel wie Ferngläser, Stiefel oder gar ein Gewehr zu kaufen. Finanzminister Scholz hatte den Verteidigungsetat 2018 bis 2021 im Gegensatz zu seinen Unionsvorgängern, schon deutlich erhöht, aber von der Leyen und Kramp-Karrenbauer waren noch nicht mal fähig, die Mittel abzurufen. Sie schoben lediglich gewaltige Summen an CDU-affine Beraterfirmen, deren Mitarbeiter Tagessätze von mindestens 1.000,- Euro abrechneten, durch die Flure des Ministeriums spazierten und selbstverständlich nichts erreichten, außer leidenschaftlich von den Militärs gehasst zu werden. (…..)

(21 Kriegsminister, 16.01.2023)

Wenn Wadephul nur wüßte, welcher linksgrüngelbe Verteidigungsminister so irre war die Ersatzteilversorgung zu stoppen.

(….) Die Metaphorik der sterbenden Bundeswehr scheint etwas überstrapaziert, wenn sie schon 2010 von Schäuble und Westerwelle „den Todesstoß“ bekam, ein Jahr später von Guttenberg „zerstört“ wurde und schließlich in drei grundsätzlichen weiteren katastrophalen politischen Fehlentscheidungen Thomas de Maizières „kaputt gemacht wurde.“  Merkels Lieblings- und Lügenminister war es, der das Chaos beim Beschaffungswesen, die Desorientierung des Ministeriums und die chronische Mängelverwaltung einführte.

[….] De Maizière aber wollte das Haus wie ein gewöhnliches Ministerium führen, die Strukturen verschlanken. Er löste zum einen den militärischen Führungsstab, der für den Generalinspekteur als Steuerungsinstrument zur Führung der Streitkräfte und als Expertengremium wichtig war, in seiner bisherigen Form auf. Und er schaffte zum anderen den Planungsstab ab – und stürzte das Ministerium laut Kritikern ins Chaos. [….]

(SZ, 29.04.2022)

In der Folge wußten zivile und militärische Beamter nicht mehr was die anderen tun und eine stringente Führungspolitik wurde unmöglich.

Im nächsten Streich talibanisierte er die Materialbeschaffung, so daß es heute viele Jahre und Myriaden Aktennotizen braucht, um Unterhosen oder Stiefel zu kaufen, weil nur noch zentralisiert über Karlsruhe eingekauft werden kann.

[….] Vorher waren die Teilstreitkräfte für die Materialerhaltung selbst zuständig. Seither muss sich das Beschaffungsamt in Koblenz, ein bürokratisches Ungetüm mit mehr als 6000 Mitarbeitern, um alles kümmern, vom komplexen Waffensystem bis zur Winterjacke. Das gesamte Beschaffungswesen ist dadurch noch schwerfälliger und intransparenter geworden. Und immer wieder hört man Kritiker von einer „Verantwortungsdiffusion“ sprechen, die mit den Reformen entstanden sei. [….]

(SZ, 29.04.2022)

Für eine funktionierende Bundeswehr sind 100% Ausrüstung das absolute Minimum, weil dann keinerlei Ersatz oder Reserve vorhanden sind. Der debakulierende de Maizière, immerhin Sohn des ehemaligen Bundeswehr-Generalinspekteurs, kam nun auf die völlig aberwitzige Idee, die Ausstattung grundsätzlich auf 70% zurückzufahren. Die grotesken Folgen sind inzwischen Gegenstand unzähliger Reportagen. Bevor ein Bundeswehr-LKW oder Panzer fährt, bevor ein Schiff in See sticht oder ein Hubschrauber in die Luft fliegt, muss nun erst einmal ein anderes Fahrzeug ausgeschlachtet, und damit lahmgelegt werden, weil es nie genügend Teile für alle gibt.

[….] 70 Prozent Ausstattung galt als genug. Bedingt abwehrbereit zu sein, das galt nun nicht als Beschreibung des Mangels, sondern als offizielle Zielvorgabe. „Das war ein Bruch mit dem bisherigen Organisationsprinzip, die Abkehr von der Vollausstattung“, sagt der Ex-Wehrbeauftragte Bartels. Deutsche Einheiten, die ins Manöver oder zu den Nato-Truppen ins Baltikum geschickt wurden, mussten sich Ausrüstung und Ersatzteile von überall zusammenleihen, oft wurden dafür andere Bundeswehr-Fahrzeuge ausgeschlachtet, die dann ihrerseits nicht mehr einsatzbereit waren. Der Militärhistoriker Sönke Neitzel nennt diese Entscheidung schlicht „Wahnsinn“.  Keine Einheit ist mehr aus eigener Kraft einsatzfähig. „Ein Panzerkommandant ohne Panzer ist wie ein Ponyhof ohne Ponys“, sagt Domröse. [….]

(SZ, 29.04.2022)

Üblicherweise hält man Jens Spahn oder Andreas Scheuer für die schlechtesten Bundesminister aller Zeiten. Aber Thomas de Maizière wird auch immer ein Top-Anwärter für die Eselskrone sein.

Die Bundeswehr konnte sich fortan nur noch mit der „Operation Läusekamm“ auf einen Einsatz vorbereiten. Da alle Geräte halb auseiandern gebaut waren und keine Ersatzteile zu kriegen sind, musste man erst bei anderen Einheiten auf Raubzug gehen. (….)

(Bundeswehr 2022, 19.06.2022)

Wenn Wadephul nur wüßte, welche linksgrüngelben Obertrottel das Bundeswehrbeschaffungswesen kaputt bürokratisierten.

 Wie heute jeder weiß, ist die deutsche Bundeswehr im internationalen Vergleich finanziell recht gut aufgestellt. Boris Pistorius hat mehr Geld zur Verfügung, als sein französischer Kollege, der damit aber auch noch Atomwaffen und diverse Flugzeugträger unterhalten muss.

Deutschland ist nur zu blöd, das viele Geld sinnvoll auszugeben und hatte insbesondere unter den CDU-Kanzlern nie einen Plan wozu es eigentlich überhaupt Militär einsetzen möchte.

[….] In der Bundesrepublik gab es, flapsig gesagt, fünf Phasen der Wahrnehmung der Armee durch „die“ Bevölkerung. (Die Anführungszeichen deuten an, dass es sich um eine grobe Verallgemeinerung handelt, wie dies im Social-Media-Zeitalter üblich ist.)

Die erste Phase: Wir wollen keine Armee mehr. Der Weltkrieg. Fünfzigerjahre, erste Hälfte. Die zweite Phase: Wir brauchen leider eine Armee. Die Sowjets. Zweite Hälfte Fünfzigerjahre bis Achtzigerjahre. Die dritte Phase: Wir brauchen keine Armee mehr. Sowjets weg, wir haben gewonnen. Die Neunziger Jahre. Vierte Phase: Wir brauchen ein bisschen Armee, muss aber billig sein. Nuller- bis neue Zwanzigerjahre. Fünfte Phase: Ohgottohgott, wir haben ja nur eine kleine, billige, unmoderne Armee. Aber der Russe, der Chinese und überhaupt. Seit Februar 2022.  [….]

(Kurt Kister, 05.05.2023)

Die „das muss alles billiger“-Phase fiel in die Merkel-Zeit. Leider kümmerte sich die Kanzlerin aber nicht nur selbst nicht die Bohne um ihre Soldaten, sondern sie setzte auch noch ausrangierte besondere Pfeifen als Verteidigungsminister ein.

[….] Gute Verteidigungspolitik in der vierten Phase wäre ein allmählicher, geplanter Übergang von der Wehrpflichtarmee zu einer Freiwilligentruppe gewesen. Dazu hätte der Abbau alten Materials gehört, aber auch die anhaltende Modernisierung der immer noch nötigen Ausrüstung und Bewaffnung. All das wurde – unter der Bundeskanzlerin Angela Merkel und der tätigen, wechselnden Mithilfe von CDU, CSU, SPD und FDP nicht nur versäumt, sondern bewusst unterlassen. (Dass die Grünen daran nicht aktiv beteiligt waren, liegt ausschließlich daran, dass sie in jener Zeit nicht zu den Bundesregierungen gehörten.) Was erreicht wurde, war die fünfte Phase: Ohgottohgott, wir haben ja nur eine zusammengekürzte, unmoderne Armee! Zurzeit erfüllt sich auch in der Armee eine Erfahrung, die man in jeder Firma macht, wo man erst wild kürzt und Leute „abbaut“, um dann festzustellen, dass man überraschenderweise nicht mehr genug Leute hat und vor allem nicht mehr die richtigen. Auch bei der Bundeswehr war das dauernde Kürzen mehr ein Beschneiden der Zukunft als eine Kürzung der Kosten.   [….]

(Kurt Kister, 05.05.2023)

Nun funktioniert gar nichts mehr und die Strukturen wurden von den C-Ministern Franz Josef Jung (2005-2009), Karl-Theodor zu Guttenberg (2009-2011), Thomas de Maizière (2011-2013), Ursula von der Leyen (2013-2019) und Annegret Kramp-Karrenbauer (2019-2021) so hoffnungslos ruiniert, daß es nicht mehr ausreicht, Geld drauf zu gießen. Das Bestellen von Knieschonern oder Thermounterwäsche überfordert das Bundeswehrbeschaffungsamt schon derartig, daß dafür zehn Jahre ins Land gehen.

(….) Es gibt aber Verantwortliche. Das sind in erster Linie zwei Männer. Einerseits der Deutschen liebste Politiker seit 40 Jahren: Karl-Theodor von und zu Googleberg und andererseits Merkels Lieblingsminister Thomas de Maizière.

Der CSU-Mann und der CDU-Mann brachen unter der Aufsicht des CDU-Kanzleramtes der Bundeswehr den Rücken. Dafür werden sie offenbar auch innerhalb der Bundeswehr immer noch gehasst wie die Pest. Von der Leyen und Kramp-Karrenbauer waren nur zu schwach uns zu unbedarft, umzusteuern. Kaputt gemacht haben den amoralischen Laden aber die beiden genannten CDUCSU-Herren. (….)

(Männerproblem im Verteidigungsministerium, 19.01.2023)

Wenn Wadephul nur wüßte, welche linksgrüngelben Minister und Kanzler die Bundeswehr in diesen jämmerlichen Zustand brachten, den Wadephul nun beklagt!

Donnerstag, 28. September 2023

Naive Hoffnungen

Fritze Merz neueste Lügenaktion aus dem AfD-Kramkasten ist so wenig überraschend, wie das Amen in der Kirche und fügt sich nahtlos in eine ganze Kaskade rechtsextremer Ausfälle des Ober-Christunionisten ein.

[….]  Wie verwahrlost die Debatte über den Umgang mit geflüchteten Menschen unter dem Eindruck steigender Zugangszahlen und nahender Landtagswahlen in Deutschland geworden ist, zeigen die unsäglichen Äußerungen des Friedrich Merz. Wieder einmal spielt der CDU-Vorsitzende ganz bewusst die Schutzsuchenden gegen den Rest der Bevölkerung in Deutschland aus. Jetzt sind Asylbewerberinnen und Asylbewerber angeblich nicht nur an der Wohnungsnot und dem Mangel an Kita-Plätzen schuld, sondern auch daran, dass „deutsche Bürger“ in Zahnarztpraxen keine Termine bekommen. Das ist ein dermaßen gefährlicher Unfug, dass es einem fast die Sprache verschlägt. […]

(Pitt von Bebenburg, FR, 28.09.2023)

Diesmal ist der Fall sehr klar; Merz hetzt nicht nur, sondern er plappert 1:1 die Hetze des AfD-Abgeordneten Martin Sichert vom 23. September nach und er lügt wie gedruckt. Das ist die CHRISTEN-Union des Jahres 2023: Mit perfiden Lügen Menschen gegen Menschen aufhetzen, um möglichst viel Unfrieden zu säen.

Selbst seiner CDU war die plumpe Hetze ihres Chefs zunächst so peinlich, daß sie die entsprechenden Aussagen aus dem Merz-Interview herausschnitt.

Dabei ging die CDU aber; wieder einmal; so dilettantisch vor, daß es sofort auffiel und sie sich erneut korrigieren musste.

Es passt ins Bild dieser, auf rechten Abwegen, von Panne zu Panne irrlichternden Merz-CDU.

[….] Der »Welt«-Philosoph Robin Alexander prägte einst einen legendären Satz über die deutsche Sozialdemokratie. »Die CDU und die CSU rühren einen Topf an mit übel riechendem Zeug – und dann kommt die SPD und stülpt ihn sich über.« [….]

Inzwischen hat sich die Lage dramatisch geändert, denn der Topf mit dem übel riechenden Zeug findet zuletzt immer häufiger den Kopf der CDU. [….] Vor 13 Tagen brachten die Christdemokraten im thüringischen Landtag ein Gesetz zur Senkung der Grunderwerbsteuer ein. Die CDU setzte es auch durch, allerdings nur, weil neben der FDP auch die AfD geschlossen zustimmte. Eine solch informelle Kooperation warf zumindest die Frage auf, wie es die CDU wirklich mit der AfD hält. Sagen wir es so: Für eine Partei, die nicht den Eindruck erwecken will, vor allem mit eigenen Problemen beschäftigt zu sein, war die Episode nicht allzu glücklich. Ein paar Tage später präsentierte die CDU-Führung dann ein neues Logo und eine neue Parteifarbe. Motto: neues Logo, neues Glück. Es kam dann anders. Auf der Slapstick-Skala erhielt die Aktion jedenfalls zehn von zehn, volle Punktzahl. Statt des Berliner Reichstags schmückte die Kuppel des Präsidentenpalastes von Tiflis den dazugehörigen Imagefilm. Die (absichtlich?) vergessene Angela Merkel musste, nach Protesten, schnell noch über Nacht in den Film montiert werden. Sebastian Kurz bemerkte süffisant (und nicht ganz zu Unrecht), dass man die neue Farbe wohl bei ihm geklaut habe. [….]  Und kaum ist die Aufregung über das Logo verebbt, sind die Christdemokraten aus Thüringen zurück im Rampenlicht. Bald wollen sie ein weiteres Gesetz in den Landtag bringen, bei dem die Hilfe der AfD gewiss sein dürfte. Diesmal geht es nicht um eine technische finanzpolitische Angelegenheit, sondern um Kulturkampf pur. Das sogenannte »Korrekte-Sprache-Gesetz« soll verbieten, dass an Thüringer Schulen und in der Verwaltung gegendert wird. [….]

(Markus Feldenkirchen, SPON, 28.09.2023)

Wäre die CDU eine seriöse Partei mit Anspruch auf die Kanzlerschaft, müßte sie ihren Doppelvorsitzenden Merz längst kaltgestellt haben. Dieser peinliche Mann disqualifiziert sich jeden Tag auf’s Neue.

[….] Es ist eine Rhetorik, wie man sie von der AfD kennt: Die gegen uns, Ausländer gegen Deutsche. Keine Differenzierung, nur plumpe Zuspitzung. Friedrich Merz, der einmal mit dem Versprechen angetreten ist, die CDU zur integrierenden Volkspartei der Mitte zu machen, hat wieder mal einen rausgehauen. [….] Die Sätze von Merz sind eine maßlose und aufwiegelnde Übertreibung. Und sie reihen sich ein in eine Kette von Merz-Aussagen, etwa zum "Sozialtourismus", zu den "kleinen Paschas", zum Umgang mit der AfD in den Kommunen oder zur CDU als "Alternative für Deutschland mit Substanz".

[….] Die politische Stimmung ist bereits gefährlich aufgeheizt. In den Umfragen liegt die AfD schon in vier Bundesländern über der 30-Prozent-Marke. Wer in so einer Situation bei einem derart sensiblen Thema seine Worte nicht zu wägen weiß, ist ein Sicherheitsrisiko. [….] Die enormen Probleme in der Migrationspolitik müssen angesprochen werden. Schönfärberei, die in Teilen der Ampel immer noch betrieben wird, hilft da nicht weiter. Wer aber über ein derart sensibles Thema derart aufwiegelnd spricht, wie Merz jetzt schon wieder, ist für die Kanzlerkandidatur ungeeignet. [….]

(Robert Roßmann, SZ, 28.09.2023)

Sicher, in den USA ginge das; dort hat sich eine gesamte konservative Regierungspartei, schon seit Jahren völlig von Fakten und Anstand verabschiedet.

Aber Deutschland ist viel mehr in internationale Verpflichtungen eingebunden, funktioniert meistens als Mitglied einer EU-Institution.  Wie sollte das eigentlich funktionieren unter einem Kanzler Merz, der nicht nur intellektuell minderbemittelt ist und fortwährend lügt, sondern auch sein Mundwerk nicht unter Kontrolle hat und ständig rechtspopulistische Lügen in die Welt bläst?

[….]  CDU-Chef Friedrich Merz hat sich mal wieder in einer Talkshow blamiert. [….] Hinter Merzs Statement steckt ein weiterer Versuch der Diskursverschiebung nach Rechts, der die Tür für die AfD weit aufmacht. Denn eine Lösung für das scheinbare Problem bietet auch Merz nicht an. Man kann nicht einfach Leute abschieben, nur weil es Herrn Merz gerade so gefällt. [….] Und schon im September 2022 verbreitete Friedrich Merz das hetzerische NPD(!)-Schlagwort von Flüchtlingen als „Sozialtouristen“. [….] Blickt man also nur auf die Menschen, die sich um Asyl in Deutschland beworben haben, abgelehnt wurden und nun ausreisepflichtig sind, sinkt die Zahl, wiederum laut Bundesinnenministerium […], auf 13.784. Das sind noch 4,6% der von Merz ausgedachten 300.000. [….] [….] Merz hat keine Antwort. Deswegen werden seine Aussagen immer polemischer, deswegen treibt die Union den politischen Diskurs in Deutschland immer mehr in rechtspopulistische Gewässer. Und das, obwohl die Zahl der Abschiebungen schon auf einem Höchststand ist. Darum verbreitet er komplett unsinnige Zahlen wie angeblich 300.000 Migrant:innen, die alle nach Deutschland kommen um sich die Zähne machen lassen. Offensichtlich ist das kompletter Unsinn, [….] Wem dieser Diskussionsstil dagegen hilft, das ist die AfD. Merz eröffnet das diskursive Spielfeld, auf dem die AfD am besten spielen kann. [….]

(Frederik Mallon; Sep 28, 2023)

Der Mann ist ein hoffnungsloser Fall und Wiederholungstäter. Er wird sich nicht bessern. Die CDU hat gegenwärtig 371.000 Mitglieder; Durchschnittsalter 61 Jahre.

Was die selbstproklamierten „christlichen Werte“ bedeuten, erkennt man sehr schön daran, daß weniger als einer von 100.000 widersprechen, wenn der Chef immer wieder gegen Menschen in Not hetzt und brutalen Nächstenhass befeuert.

Gegenstimmen kommen stets nur von drei Herren, die ihre Parteikarriere hinter sich haben; Ex-General Polenz, Ex-MP Hans und Ex-Vorstandsmitglied Friedmann.

Die ehemaligen Vorsitzenden Merkel, Kramp-Karrenbauer und Laschet; allesamt engagierte Christen, blamieren sich durch zustimmendes Schweigen zum AfD-Kurs des Vorsitzenden.

Daher, lieber Lorenz Meyer, geht diese Hoffnung ins Leere.

Daher, liebes CDU-Mitglied Heinrich Strößenreuther, bleibt es nur ein Oxymoron der Hilflosigkeit, auf „anständige Mitglieder“ zu bauen.

Wenn Sie nach Anstand suchen, sind Sie in der falschen Partei!

[….] Der Grüne Julian Pahlke forderte die Unionsfraktion auf, sich angesichts von Merz' „Rassismus“ einen neuen Vorsitzenden zu wählen und wieder christliche Werte zu vertreten.

„Sie jagen doch jeden Tag eine neue migrationspolitische Sau durchs Dorf“, so Helge Lindh (SPD), in Richtung Merz. Merz mutiere selber gerade zu einem Rechtspopulisten. Politik habe mit Verantwortung und nicht mit „Verhetzung und Verdummung“ zu tun, wie es die Union gerade betreibe. [….] Konstantin von Notz, [….] zitierte zunächst den Text des christliches Blogs feinschwarz.net, dessen Betreiber sich laut von Notz auch im Umfeld der CDU engagieren. Die Führungsspitze der CDU lasse sich demnach „von populistischer Rhetorik und Agenda-Setting der Neuen Rechten leiten, indem etwa klar besetzte Begriffe [...] aus diesem Milieu für christdemokratische Politik übernommen werden und dadurch die Gefahr einer Normalisierung dieser verwerflichen Positionen besteht.“ [….] Friedrich Merz' Aussagen vom Vortag zu Asylsuchenden seien „objektiv falsch und menschlich niederträchtig“, urteilt der Grünen-Politiker. Die Äußerungen seien „auf dem Niveau eines russischen Troll-Accounts“ und dem Fraktionsführer einer demokratischen Partei unwürdig. [….] Parteiinterne Kämpfe und die Auseinandersetzung mit Angela Merkels Flüchtlingspolitik dürfe nicht auf dem Rücken der Schwächsten ausgetragen werden. Vor allem würden solche Aussagen in der Sache überhaupt nicht weiterhelfen. „Fake-News“ und „Populismus“ seien destruktiv, so von Notz. Das Ganze sei nur eine „Simulation von Politik“, zog der Grüne weiter vom Leder.  [….]

(KSA, 28.09.2023)

Angesichts dieser CDU, steht jeder Anständige zu SPD und Grünen.

[….] "Menschlich niederträchtig" sei CDU-Chef Friedrich Merz, schimpfte etwa ein Redner der Grünen. Merz schütte populistisch "Öl ins Feuer", sagte ein Redner der SPD, er "zündelt schon wieder" eine Rednerin der Grünen. [….] Das war eine Tonalität, die man bei diesem Thema von Armin Laschet, Annegret Kramp-Karrenbauer oder Angela Merkel - den früheren CDU-Chefs - nie gehört hatte. [….] Olaf Scholz bezog sich zwar nicht ausdrücklich auf Merz, aber die Anspielung war deutlich: "Mein klares Ziel sind Lösungen, die unser Land voranbringen - am besten gelingt uns das gemeinsam. Mit heißer Luft und Populismus wird nur die Stimmung im Land aufgeheizt."  [….]

(SZ, 28. September 2023)


 

Dienstag, 25. Juli 2023

Friedrich von Papen

Wer sich gestern über die parteiinterne Kritik am AfD-freundlichen Kurs des Vorsitzenden Friedrich Merz freute und glaubte, der xenophobe Sauerländer habe sich damit selbst um die 2025er Kanzlerkandidatur gebracht, dürfte zu voreilig gewesen sein.

Mit seiner peinlichen Lügen- und Ausreden-Aktion am Folgetag, war das Projekt Schwarzbraun keineswegs beendet.

Die lautesten Merz-Kritiker waren (bis auf Wegner) Kommunalpolitiker und lange ausgemusterte Größen (Röttgen, Polenz, Hans). Die beiden aussichtsreichen innerparteilichen Konkurrenten um die Kanzlerkandidatur, die regierenden Ministerpräsidenten Günther und Wüst, schwiegen. Sie hatten offenkundig keine Einwände, wenn ihre Partei mit Faschisten gemeinsame Sache macht.

Die gesamte Promi-Riege der jungen CDU-Größen, die in Zukunft die Gesichter der Partei sein werden – Spahn, Klöckner, Frei, Kuban, Linnemann, Ploß, Amthor – stammen ohnehin ausnahmslos vom ganz rechten Parteirand und zündeln selbst bei jeder Gelegenheit xenophob und nationalistisch.

Am Tag 1 nach dem Merzschen von-Papen-Move, befand sich der rechte Parteimainstream etwas in Schockstarre, ob der deutlichen Kritik aus der Presse.

Am Tag 2 konsolidieren sich die faschistophilen Kräfte aber schon wieder und betonen ungeniert ihre mangelnden Berührungsängste mit menschenhassende Verfassungsfeinden.

[….] Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer plädiert im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung in der Debatte über eine etwaige Kooperation von CDU und AfD in Kommunen für einen "pragmatischen Umgang" mit der Partei. Es reiche bei Sachentscheidungen in Städten und Gemeinden nicht zu sagen "Wir sind dagegen, weil die AfD dafür ist". Deshalb sei eine "lupenreine Trennung" zur AfD nicht durchzuhalten.  […..]

(SZ, 25.07.2023)

Die CDU ist eben nicht eine liberale Partei der sozialen Markwirtschaft, die sich um Verfassungstreue und Menschenrechte kümmert.

[…..] Kritik an der Kritik: Der frühere saarländische Ministerpräsident Tobias Hans stellte infrage, dass CDU-Chef Friedrich Merz Kanzlerformat hat. Er begründete dies mit Merz’ Äußerungen zum Umgang der Christdemokraten mit der AfD […..] Dafür erntet Hans nun deutliche Kritik des Landesverbandes, dessen Vorsitzender er bis Mai 2022 war: »Dass aus dieser Frage jetzt versucht wird, auch eine Debatte über die Kanzlerkandidatur anzuzetteln, ist das Allerletzte, was die CDU jetzt braucht«, schrieb der Generalsekretär der CDU Saar, Frank Wagner, auf Facebook .

Für Wagner sind das »Diskussionen zur Unzeit«, welche am Ende nur der CDU schadeten. »Tobias Hans spricht daher nicht für die CDU Saar, sondern handelt allein auf eigene Rechnung«, so Wagner weiter. »Das mag der eigenen Profilierung kurzfristig nutzen, ist jedoch schädlich gerade für unsere kommunale Basis. Angesichts der eigenen Bilanz wäre ohnehin eine Portion Demut angebrachter als sich jetzt ungefragt als Ratgeber der Republik zu betätigen.«

[…..] Auch Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) stellt sich unterdessen hinter Merz. Dieser mache als Parteivorsitzender einen »guten Job«, sagte er im Fernsehsender Welt. Es sei auch nicht an der Zeit, jetzt die K-Frage zu diskutieren. […..] 

(SPON, 25.07.2023)

Die CDU von 2023 ist eine völlig verantwortungslose, geschichtsvergessene, zukuntsnegierende, amoralische, faschistentolerierende, ideenlose, verschwörungstheoretische, lobbyhörige, homophobe, transphobe, asoziale, unehrliche, sozialdarwinistische, umweltzerstörende, BILD-affine, Orbán kuschelnde, Meloni-bewerbende, antiökonomische, industriepampernde, rückgratfreie, anti-intellektuelle, unfähige, peinliche, spießige, ewiggestrige, rechtskonservative, untaugliche, konzeptionslose, weißeheterocismännerische, raffgierige, maskendealende, Autokraten liebende, mauschelnde und zutiefst unsympathische Partei, der man niemals seine Stimme geben darf.

Die warnenden Stimmen aus der Union gehören zum weitüberwiegenden Teil der Vergangenheit an.

"Wir dürfen uns nicht mit der AfD anbiedern und in ein Bett legen, das hat in ganz Europa noch für keine konservative Partei funktioniert.“

(AKK, 09/2019)

"Herr Gauland kann sagen, was er will: Es gibt keine Koalition zwischen Union und AfD. Nein, nein, nein." "Die stellen sich gegen diesen Staat. Da können sie tausend Mal sagen, sie sind Demokraten. (...) Das ist staatszersetzend.“

(Horst Seehofer 2018)

"Mit der AfD wird nicht koaliert, nicht kooperiert, nicht einmal verhandelt, sie sind unser erklärter politischer Gegner.“ "Aber Hetze und Spaltung vergiften unser Land. Die AfD ist eine Gefahr für den inneren Frieden.“

(Armin Laschet 2021)

 "Das traue ich mir zu, die AfD zu halbieren, das geht.“

(Merz Nov 2018)

"Mit mir wird es eine Brandmauer zur AfD geben. Die Landesverbände, vor allem im Osten, bekommen von uns eine glasklare Ansage: Wenn irgendjemand von uns die Hand hebt, um mit der AfD zusammenzuarbeiten, dann steht am nächsten Tag ein Parteiausschlussverfahren an."

(Merz Dez 2021)

Das sind Sprüche aus Sonntagsreden. Früheren Sonntagen. Die Merz-CDU ist anders.

[….] Der ehemalige saarländische Ministerpräsident Tobias Hans warnte sogar: „Wehret den Anfängen!“

Welchen Anfängen? Ob Brandanschläge der neunziger Jahre, NSU, Pegida, AfD, Walter Lübcke, Halle, Hanau – für viele Menschen in Deutschland hat es schon lange „angefangen“. Weit davon entfernt, dass sich die CDU gegen die polarisierte Stimmung in Land stellen würde, facht sie sie immer wieder maßgeblich an. Dazu reicht ein Blick allein in dieses Jahr.

Im Januar 2023 forderten Politiker*innen der Berliner CDU, die Vornamen von Tatverdächtigen der „Silvesterkrawalle“ zu veröffentlichen. Abgesehen davon, dass sich bald herausstellte, dass es viel weniger Straftaten in diesem Zusammenhang gegeben hatte als zunächst vermutet, sollten Personen mit ausländischen Wurzeln gezielt markiert werden.

CDU-Parteichef Friedrich Merz bezeichnete junge Menschen, oft Deutsche, als „kleine Paschas“, der CDU-Politiker Christoph de Vries erklärte, man müsse über „die Rolle von Personen, Phänotyps west­asiatisch, dunklerer Hauttyp sprechen“. CDU-Generalsekretär Mario Czaja forderte derweil „Deutschpflicht“ auf Schulhöfen, denn es gehe doch nicht, „dass auf den Schulhöfen andere Sprachen als Deutsch gesprochen wird“. Man fragte sich, in welchem Jahrhundert man eigentlich lebt.

Ob in Integrationsdebatten, in Asyldebatten oder beim Gendern – viele Aussagen von AfD und Union unterscheiden sich schon lange kaum noch voneinander. Beispiel Asyldebatte: Wer der AfD ein politisches Programm unterstellt, dessen Umsetzung internationale Rechtsbrüche nach sich ziehen würde, wird auch bei der CDU fündig.

So sinnierte der CDU-Politiker Jens Spahn im Mai bei Markus Lanz darüber, „ob die Flüchtlingskonvention und die europäische Menschenrechtskonvention so noch funktionieren“. Der CDU-Politiker Thorsten Frei, Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, forderte Mitte Juli die Abschaffung des Individualrechts auf Asyl. Hört man solche völkerrechtswidrigen Forderungen von der AfD, spottet man. Bei der CDU schluckt man. [….]

(Gilda Sahebi, 24.07.2023)

Montag, 24. Juli 2023

Verweigerung der Merzschen Spielchen

 Das ist bei allen Rechtsextremisten, die sich in die Parlamente hinein nattern, gleich. Sie werden nie moderater, nie realpolitischer. Das ginge auch gar nicht, da sie in Ermangelung politischer Konzeptionen, in der medialen Aufmerksamkeitsökonomie nur durch schockierende Aussagen bestehen können.

Es war schlau von Donald Trump, seine erste Wahlkampagne 2015 mit der Aussage zu beginnen, Mexikaner wären Vergewaltiger und Kriminelle, die Drogen nach Amerika brächten. Das hat bis dahin noch kein prominenter Präsidentschaftskandidat zu sagen gewagt. Trump profitierte doppelt: Durch die enorme Empörung, die sich im gesamten anständigen demokratischen Amerika breit machte, bekam er erstens kostenlose Werbezeit im Gegenwert von Milliarden Dollar. Alle Sender, alle Zeitungen berichteten rund um die Uhr. Zweitens bescherte es ihm enorme Anerkennung bei den leider vielen Rechten und heimlichen Rassisten Amerikas, die auch keine Mexikaner mögen und begeistert von Trumps Mut waren, das laut auszusprechen.

Auf kleinerem Niveau agiert so auch die AfD, indem sie die Grenzen des Sagbaren kontinuierlich ein bißchen überschreitet. Immer soweit, daß Empörung ausgelöst wird. Anschließend wird ein bißchen zurückgerudert. Man will es einerseits nicht so gemeint haben und kann andererseits bei der Gelegenheit noch gegen die bei vielen rechten Wählern verhasste Presse wettern, die falsch oder verzerrend berichtet hätte.

Der Nachteil ist der Gewöhnungseffekt. Wenn Trump heute seine antimexikanische Hetze von 2015 wiederholte, bekäme er keine Schlagzeilen. Jeder hat das schon gehört, niemand wundert sich mehr darüber.

Das ist genau wie mit Benzodiazipinen. Wenn man das erste mal ein Milligramm Tavor einschmeißt, setzt die angenehm beruhigende und angstlösende Wirkung sofort ein. Aber man muss recht schnell die Dosis erhöhen. Das eine mg beeindruckt die eigene Hirnchemie sonst nicht mehr. Deswegen ist Tavor nicht für den Dauergebrauch tauglich. Wer den Effekt über Jahre auskosten will, muss entweder kontinuierlich auf stärkere Medikamente/Drogen umsteigen, oder er endet peinlich wie Uwe Barschel, der Tavor Packungsweise aß, in einer Badewanne und wird unvorteilhaft vom STERN fotografiert.

CDU-Vorsitzende sagen in Ermangelung politisch tauglicher Pläne entweder, wie Frau Merkel, 18 Jahre überhaupt gar nichts, oder versuchen, wie AKK, Laschet und Merz mit Paukenschlägen in die Medien zu kommen. Es ist aber schwierig, die dann folgende Empörungswelle, die zwar Aufmerksamkeit und damit Werbung generiert, aber auch schnell zum Shitstorm ausartet, zu dirigieren. Kramp-Karrenbauer war berüchtigt dafür, beispielsweise gegen Homo- und Transsexuelle auszuteilen, freute sich über die Berichte, legte mit einem „man wird doch wohl noch sagen dürfen!“ nach und verlor anschließend die Kontrolle, so daß sie manchmal noch am selben Tag ein zweites mal vor die Presse gehen musste, um zu sagen, daß sie das, was sie zuvor gesagt hatte, gar nicht gesagt hatte und was anderes sagen wollte.

Das ist für wohlmeinende CDU-Mitglieder nicht ideal, weil sie an ihrer Chefetage zu zweifeln beginnen, wenn diese offenbar noch nicht mal in der Lage ist, sich verständlich auszudrücken. Beispiel Rezo-Video, das AKK erst ignorierte, dann verbieten lassen wollte, schließlich eine 180°-Wende hinlegte, indem sie betonte, sie wolle nun doch nichts verbieten lassen, schätze die Meinungsfreiheit, wolle nun aber auf Augenhöhe mit einem YouTube-Video reagieren, das der junge CDU-Tausendsassa Amthor produziere, welches aber schließlich noch vor der Veröffentlichung einkassiert wurde, weil es derartig schlecht war, daß man einen noch größeren Shitstorm befürchtete.

Das, liebe CDU, ist keine glanzvolle Kommunikation der Führung.

Noch schlechter ist es aber für diejenigen, die keine CDU-Stammwähler sind, weil sie dieses Salami-Taktik-Rechtsblinken und gegebenenfalls wieder ein Stück zurückzuweichen, selbstverständlich an die AfD erinnert.

Das ist das Geschäftsmodell einer rechtsradikalen Partei: Immer auf der Empörungswelle reiten, immer noch etwas mehr hetzen, den Bogen noch mehr überspannen. Bis der ganz große Gegenwind kommt und man wie die Unschuld vom Lande in die Kamera blicken kann, um zu betonen, man habe es ganz anders gemeint.

Fritze Merz ist das Musterbeispiel für diese Rechtspopulisten-Medienstrategie.

Er legt immer einen drauf. Homoehe akzeptiere er ja, aber die Schwulen sollen keine Kinder anfallen. Die Ausländer dürften sich nicht wie kleine Paschas aufführen, die CDU wäre eine „AfD mit Substanz“ und mit der AfD, mit der man keinesfalls koalieren dürfe, könne man in Kommunen aber doch koalieren.

Natürlich kam der Shitstorm und natürlich eierte Merz heute zurück. Das was er gestern gesagt habe, habe er nicht gesagt und falls er es doch gesagt habe, dann wäre es nicht so gemeint oder bösartig falsch verstanden worden.

 [….]  Die Klarstellung kam gegen neun Uhr am Montagvormittag. »Ich habe es nie anders gesagt: Die Beschlusslage der CDU gilt. Es wird auch auf kommunaler Ebene keine Zusammenarbeit der CDU mit der AfD geben«, schrieb Friedrich Merz auf Twitter. So sieht es ein Parteitagsbeschluss vor, der keine Ausnahmen für bestimmte Ebenen definiert, nur sagt: nicht mit der AfD, niemals.

Nach nicht einmal einem Tag hatte der CDU-Chef seine eigenen Sätze aus dem ZDF-»Sommerinterview« am Sonntagabend richtiggestellt. Richtigstellen müssen. Man muss nach dem Abend wohl sagen: eingenordet von seiner eigenen Partei, der Empörung, die nach seinen Sätzen losbrach.

So heftig, dass man sich für einen Moment fragen musste, ob er das an der Spitze der CDU übersteht. Vorerst wird er das. Der Aufstand bleibt aus, der Vorsitzende kommt mit einem blauen Auge davon, alle Seiten bemühen sich, so zu tun, als sei nun alles ausgeräumt. Operation Wardochnix hat begonnen.  […..]

(SPON, 24.07.2023)

Ich habe es gründlich satt, der CDU wie am Nasenring durch die Merzschen Irrwege geführt zu werden. Die zwei Schritte vor, einen Schritt-Zurück-Methode nach Rechtsaußen, ist ein Fall für ein Medienmagazin wie ZAPP.

Es ist aber unnütz und übergriffig, wenn irgendjemand in der CDU erwartet, daß ihr Vorsitzender noch einen Funken Glaubwürdigkeit besäße. Es ist so durchschaubar, was der braune Blackrock-Mann treibt. Seine Befürwortung einer AfD-CDU-Koalition in Kommunen war erbärmlich. Seine heutigen Ausreden sind sogar noch erbärmlicher.

[….]  2019 entwendete das Kollektiv „Zentrum für Politische Schönheit“ den Grabstein von Franz von Papen und legte ihn vor der CDU-Zentrale in Berlin ab. Am Wochenende machte CDU-Chef Friedrich Merz von Papen, der als Steigbügelhalter für Faschisten in die Geschichtsbücher einging, alle Ehre, als er im ZDF Sommerinterview mit Theo Koll verkündete, dass die CDU bereit sein müsse, auf kommunaler Ebene mit der AfD zusammenzuarbeiten, denn der Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU beziehe sich nur auf

    „Gesetzgebende Körperschaften“, das schließe die Kommunen nicht ein, so Merz: „Wir sind doch selbstverständlich verpflichtet, demokratische Wahlen zu akzeptieren. Und wenn dort ein Landrat, ein Bürgermeister gewählt wird, der der AfD angehört, ist es selbstverständlich, dass man nach Wegen sucht, wie man dann in dieser Stadt weiter arbeiten kann.“

Eine Aussage, die nicht nur gegen den parteiinternen Unvereinbarkeitsbeschluss verstößt – denn der gilt, anders als von Merz behauptet, auf allen Ebenen, auch der kommunalen. Damit wird ein bisher fest stehendes Tabu gebrochen, dass man mit Faschisten keine Mehrheiten bildet. Besonders perfide wirkt diese Aussage, weil der CDU-Kommunalpolitiker Walter Lübcke vor vier Jahren von einem Rechtsextremen getötet wurde, der Wahlkampf für die AfD gemacht hatte. Abgesehen davon, dass Merz mit einer solchen Aussage Lübckes Andenken keinen Respekt zollt, handelt es sich zudem um eine Abwertung der Kommunalpolitik als „nicht so wichtig“, da könne man auch ruhig mal mit Rechtsextremen zusammenarbeiten. Lassen wir kurz beiseite, dass es sich dabei um ein Strohmann-Argument handelt, denn welchen Kindergarten müsste die CDU auf kommunaler Ebene gegen SPD, Linke, FDP und Grüne durchsetzen?

Was Merz vorgeschlagen hat, ist ein radikaler Vorstoß zur Normalisierung des Rechtsextremismus: Nicht umsonst setzen Rechtsextreme auf lokaler, kommunaler Ebene an, um an Einfluss zu gewinnen – um das demokratische System von unten zu unterwandern. Merz hat es geschafft, in wenigen Worten nicht nur das Andenken eines Politikers der eigenen Partei zu beschmutzen, sondern auch die Tür weit aufzustoßen und dem Faschismus den roten Teppich auszurollen. [….]

(Annika Brockschmidt, 24.07.2023)

Niemand darf Merz diese perfide Rechtstaktik, diese erbärmlichen Trumpesken Spielchen durchgehen lassen.

[….] Nähert sich die CDU weiter den extremen Rändern an, dürfte sie viele Wähler der politischen Mitte verlieren. Ein Weg, die Selbstzerstörung zu verhindern, könnte wohl tatsächlich eine Rückbesinnung auf das christliche Menschenbild sein. Allerdings nicht im Sinne von Merz und Linnemann.   [….]

(Felix Bohr, 24.07.2023)

Montag, 20. Februar 2023

Die Ost-CDU ist nicht zu retten

Natürlich haben die braunen Maaßen-Fans der Rechtsdeutschen Christenunion Oberwasser, nachdem sie die beiden verhassten, angeblich zu liberalen Bundeschefinnen Merkel und Kramp-Karrenbauer, auf das Abschiebegleis schieben konnten.

Nachfolger Laschet war aus nationalkonservativer Sicht ein Fortschritt, weil er nicht nach Erfurt fuhr, um die Rechtschristen zu bitten, weniger gegen Ausländer und Juden zu polemisieren. Er akzeptierte die Ost-CDUler, die mit der AfD stimmten, das „Nationale mit dem Sozialen zu versöhnen“ trachteten, Verschwörungstheorien streuten und antisemitische Stereotype verbreiteten. Dem frommen Opus-Dei-Witzbold aus Aachen war es Wurscht, wenn seine Partei auf Minderheiten losging. Schließlich hatte er sich schon ausdrücklichen einen Hardcore-Homophoben als engsten Berater in die Staatskanzlei geholt.

Der nächste CDU-Parteichef war ein weiterer konsequenter Schritt nach rechts.

Merz duldet nicht nur die schwarzbraunen Klänge, sondern macht aktiv mit.

Merz begreift noch nicht einmal, welches die drängenden Themen der Welt sind und setzt daher in kleinstmöglicher Kleingeistigkeit auf Ressentiments gegen Minderheiten, wettert xenophob und transphob und homophob daher.

Da fühlen sich die dunkeldeutschen CDUler bestätigt und wollen sich endgültig von den Fesseln der Rechtsstaatlichkeit und des Anstands lösen. Über den vier Jahre zu spät geäußerten Wunsch der Parteiführung, Hans-Georg Maaßen aus der Partei auszuschließend, lachen sie nur.

[….] CDU-Kreisverband fordert Ausschluss von Prien.  Eine Äußerung in der ZDF-Sendung vor knapp eineinhalb Jahren könnte der CDU-Vizevorsitzenden Karin Prien auf die Füße fallen: Ein Kreisverband fordert ihren Parteiausschluss. Zu den 21 Unterzeichnern gehören auch Mitglieder des Kreisverbands Schmalkalden Meiningen (Thüringen), dem Hans Georg Maaßen angehört. [….] Verschickt hat das Schreiben an den Bundesvorstand der Thüringer CDU-Kreisvorsitzende von Hildburghausen, Christopher Other. Er behauptet, die Aussagen Karin Priens seien parteischädigend, und bezieht sich dabei auf das Statut der CDU Deutschlands. [….]

(ZDF, 16.02.2023)

Zum Karneval legten der Ex-CDU-Chef aus Höckestan noch einen drauf, trat im Indianer-Kostüm auf und pöbelte los.

[….] In diesem Jahr bewirbt sich Mike Mohring (51, CDU) zusammen mit der Jungen Union Weimarer Land auf den Shit Storm. Beim Umzug in Apolda (Thüringen) sorgte die CDU mit kontroversen Kostümen und einem Motivwagen für ein Beben. [….] Andere halten die Aktion im besten Falle geschmacklos und vermuten darin sogar einen „rechten Kulturkampf“.  Vielleicht hätte es niemand wirklich mitbekommen, hätte es Mohring nicht am Samstag (18. Februar) auf seinem Facebook-Kanal breitgetreten. Er teilte ein Bild vom Marktplatz, bei dem er zusammen mit Landrätin Christiane Schmidtz-Rose und Thomas Gottweiss (CDU) zu sehen ist. Dass er mit seinem Kostüm dabei provozieren wird, nimmt er offenbar billigend in Kauf. Zuvor nahm er nach eigenen Angaben auf dem Motivwagen der Jungen Union am Umzug teil. Das Motto darauf: „‚Zigeunerschnitzel‘ soll man nicht sagen – mit ‚Gender- Sternchen’ sich dafür rumplagen. Wir pfeifen auf die Sprachpolizei – und fahrn als ‚Indianer’ an Euch vorbei.“ [….]

(Thüringen 24, 20.02.2023)

Nazis zu erfreuen, ist für die Ost-CDU wichtiger, als Rücksicht auf diskriminierte Minderheiten zu nehmen.

[….] Auch die Verwendung des Begriffs »Sprachpolizei« sowie die Attacken gegen eine genderneutrale Sprache sind problematisch, weil sie rechtes Gedankengut widerspiegeln. [….] Mohrings Provokationen ernteten bei den Thüringer Grünen heftige Kritik. »Wann begreifen #Mohring  & Co endlich, dass sie mit derlei Aktionen & rechtem Sprech die rechtspopulistische Stimmung in #Thüringen  nur noch weiter anheizen?«, schrieb die Grünen-Landessprecherin Ann-Sophie Bohm auf Twitter. Mit solchen Aktionen treibe die CDU immer mehr in die Arme der AfD.

Auch ihre Parteikollegin Astrid Rothe-Beinlich kritisierte die Aktion. Sie warf der CDU vor, den »Kulturkampf von rechts« anzufeuern. »Und das leider nicht nur an Karneval«, tweetete die Landtagsabgeordnete .

Die Linken-Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss warf der Thüringer CDU Rassismus und Nähe zur AfD vor: »Antiziganistische Hetze, zahlreiche rassistische Übergriffe und die CDU positioniert sich auf Seite des rechten Kulturkampfs. Entsprechende Kommentare aus #AfD -Spektrum bleiben stehen«, schrieb sie ebenfalls auf Twitter. Der niedersächsische Grünenpolitiker Michael Lühmann unterstrich, dass der Post am Vorabend des dritten Jahrestages des rechtsextremistischen und rassistisch motivierten Anschlags von Hanau. »Rassistische Sprache als Politikersatz«, kommentierte Lühmann Mohrings Post . [….]

(SPON, 20.02.2023)


 

Mittwoch, 8. Februar 2023

Streisand – Teil IV

Wenn Rheinländische Scherzkekse mir steifen Norddeutschen vorwerfen, ich verstünde den Karnevalismus nicht und hätte nun einmal keinen närrischen Humor, entgegne ich: Ja, Ihr habt vollkommen Recht! Ich verstehe den Humor nicht nur nicht, sondern finde ihn ausgesprochen abartig. Meine Vorurteile gehen so weit, daß ich überzeugte Karnevalisten auch außerhalb der Karnevalszeit nicht ernst nehmen kann.

Möglicherweise wurde ich schon als Kleinkind indoktriniert. Ich erinnere mich daran, noch im Vorschul- und Grundschulalter ins Elternschlafzimmer (in meiner Familie gibt es keine Fernseher im Wohnzimmer) gerannt zu sein, meine Mutter schockiert vor „Mainz wie es singt und lacht“ im TV vorzufinden, und meinem armen sichtlich gequälten US-Vater zu erklären, sie sei unter anderem DESWEGEN damals in die USA ausgewandert. Der deutsche Humor ist ganz schlimm.

Während meiner Jugend dachte ich, alle Rhein- und Saarländer wären so. Ich könnte als Hamburger glücklich sein, als humorlos zu gelten. Alles ist besser als das. Als Student lernte ich dazu, weil ein Kommilitone aus Düsseldorf stammte. Während der Karnevalsumzüge im Rheinland, besuchten ihn immer seine Düsseldorfer Freunde in Hamburg und wir zogen dann zusammen über die Reeperbahn. Die hassten Rosenmontag noch viel mehr als ich und erklärten mir, man könne als zurechnungsfähiger Rheinländer während der Narrenzeit nur fliehen; das sei einfach nicht auszuhalten. Als Erwachsener lernte ich weitere Rheinländer kennen, die mir voller Emphase versicherten, der Spruch „man muss mit Karneval aufgewachsen sein, um das zu lieben“ wäre eine reine Ausrede. Im Gegenteil, wer das als Kind mitmachen musste, lässt sich als Erwachsener nicht mehr dazu zwingen.

Noch ein paar Jahre später lernte ich erneut hinzu: Selbst begeisterte und engagierte Karnevalisten, die sich das ganze Jahr akribisch darauf vorbereiten, sich bei dem kollektiven Koma-Besäufnis maximal vor der Welt zu blamieren, begreifen „den Sinn“ des Ganzen nicht. Die Komiker-Katholikin Kramp-Karrenbauer steht im Karneval sogar selbst auf der Bühne und tappt dabei im Dumpf-Dunklen.

(….) Eigenartig, daß eine so überzeugte Karnevalistin wie Annegret Kramp-Karrenbauer den Sinn des Karnevals so gar nicht begreift.  Da muss ich als eiskalter Norddeutscher, der sich niemals verkleidet und konsequent jeden Fasching meidet, wohl ein bißchen aufklären.  Offenbar kennt AKK weder die historische noch die literarische Bedeutung eines Hofnarren und die sich daraus ergebende Narrenfreiheit. Gemeint sind die außergewöhnlichen Umstände unter denen ein einfacher Bürger den Mächtigen etwas ins Gesicht sagen darf, ohne dafür böse Konsequenzen spüren zu müssen. Simpel ausgedrückt: Die Schwachen dürfen sich über die Starken lustig machen. Im Karneval dürfen sogar alle Narren sein. Der Narr wird König, und der König wird erniedrigt.

AKK stellte das Konzept auf den Kopf, indem sie als eine der mächtigsten Menschen Deutschlands über die Schwächsten (in dem Fall Transgender) herzog. Verschärfend kam hinzu, daß sie als katholische Vorsitzende der CHRISTEN-Union für eine politisch-religiöse Richtung spricht, die traditionell immer die aggressivsten LGBTI-Feinde waren.

[….] Als CDU-Vorsitzende sollten Sie sich nicht als Putzfrau verkleiden. Das ist heikel. Sie hat bei ihrem Vortrag schale Witze über die Feinstaubdebatte oder das Gewicht von Peter Altmaier gemacht, sich dabei aber hinter der Rolle der Putzfrau versteckt, es einer Putzfrau in den Mund gelegt. Das hat etwas Feiges. Als Politiker verstecke ich mich nicht hinter einer Figur, die in der Hierarchie unter mir liegt. Das hat was Despektierliches und ist für die Putzfrau ehrverletzend. Kramp-Karrenbauer hat so getan, als würde die doofe Putzfrau reaktionäre Gedanken hegen. Dabei hatte Kramp-Karrenbauer selbst solche Gedanken.

[….] Der Karneval ist heute Popkultur und versucht, Menschen zu inte­grieren. Alle können mitmachen, auch ­sexuelle Minderheiten, auch Vertreter des ­dritten Geschlechts. Hier aber hat sich eine Mehrheit über eine Minderheit lustig gemacht. Da ist Frau Kramp-Karrenbauer ihre Konservativität zum Verhängnis geworden. Sie verharrt noch in der Brauchtumskultur der Sechzigerjahre. [….]  Man sollte die kleinen Leute nicht zur Zielscheibe machen - es sei denn, sie verhalten sich asozial. Vertreter des dritten Geschlechts sind aber nicht asozial. [….]

(Jürgen Becker, 24.02.2020)

Auch ihre Rolle als Parteichefin begreift Kramp-Karrenbauer offensichtlich nicht, wie man an ihrem völlig vermasselten Rücktritts-Statement sehen konnte.  (….)

(Annegret Nero-Karrenbauer, 25.02.2020)

Kramp-Karrenbauers Nach-Nachfolger, stammt ebenfalls aus einer Karnevals-Hochburg, nämlich dem Sauerland. Wie AKK teilt er gern kräftig gegen Minderheiten und Schwache aus und verkündete bei seiner Büttenrede von 2006, Paris sei von „marodierenden Afrikanern aus Kolonien besetzt“ und Deutschland solle das „Elsass billig zurückkaufen“.

Die FDP-Bundeswehrlobbyistin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, ebenfalls als Düsseldorferin bei den Karnevalioten geboren, gehört zweifellos selbst zu den Reichen und Mächtigen Deutschlands, hat aber den Sinn des Karnevals durchaus verstanden und polterte bei ihrer Rede zur Verleihung des „Ordens wider den tierischen Ernst“ in Aachen gegen die mächtigsten Bundespolitiker. Der Bundeskanzler, als Norddeutscher selbst nicht unter Karnevals-Verdacht stehend,  bekam sein Fett weg und nahm es locker. Ebenso souverän zeigten sich andere schwer von der FDP-Frau Getroffene, wie Pistorius, Söder und Lindner. Die FDP-Freunde verweisen auf den Berliner Landtagswahlkampf.

Die humoreske Doppel-Null Friedrich Merz hingegen, betrachtet selbst verklausulierte Kritik an ihm selbst als Blasphemie und Majestätsbeleidigung. Strack-Zimmermann nannte zwar niemals seinen Namen, aber der im Publikum sitzende Unions-Geront grollte mit versteinerter Miene und begann anschließend zu toben. Er schickte seine willigen Epigonen de Vries und Czaja vor, um Rache, um Genugtuung zu verlangen.

[….] Strack-Zimmermann trat als böse Stiefmutter von Schneewittchen auf und lief zum Skandal-Hit "Layla" zur Rednerposition. Dort teilte sie vor allem gegen Männer in der Politik aus, unter anderem gegen "Bergzwerg" Markus Söder, "Vodkazwerg" Wladimir Putin und eben gegen "Flugzwerg" Friedrich Merz. Die ganze Rede finden Sie in der ARD-Mediathek (ab Minute 16). In der CDU sind jetzt einige sauer. So verhalte man sich selbst im Karneval nicht, sagte CDU-Generalsekretär Mario Czaja der "Rheinischen Post" und fordert eine Entschuldigung. "Das war ein neuerliches Unterschreiten von anständigem Umgang und anständiger Sprache", so Czaja. Auch CDU-Politkerin Julia Klöckner kritisierte die Rede, diese sei "nicht souverän" und "persönlich diffamierend".  [….]

(WDR, 08.02.2023)

Der im Maaßen-Sumpf steckende xenophob polternde Merz zeigt sich damit, wieder einmal, von seiner inkompetentesten Seite.

Nicht nur gibt er sich hier wieder einmal wenig nervenstark und flatterhaft, wenn er seine eigenen Gefühle in den Mittelpunkt der Debatte stellt – also ob es keine drängenderen Probleme gäbe.

Nicht nur begreift auch der Sauerländer Merz, nicht den Sinn des Karnevals und versteht nicht, daß er als mächtiger Millionär und Chef der Konservativen, das natürliche Opfer einer Büttenrede ist.

Zudem steht ausgerechnet die um Anti-Wokeness bemühte CDU, nun erneut als Verbotspartei da. Sie fordert an der Seite übler Homophober und Verschwörungstheoretiker Sprachverbote und will nun auch noch die freie Büttenrede beschränken.


Hinzu kommt auch noch seine Unkenntnis des Streisand-Effektes.

(….) Als Barbra Streisand unbeabsichtigt 2003 den nach ihr benannten Effekt inventete, war möglicherweise wirklich noch nicht jedem digital immigrant klar wie der Schwarm des Internets funktioniert.  Mrs. Streisand hatte damals die die Website Pictopia.com verklagt, weil diese zwischen 12.000 anderen Bildern auch ihr Haus veröffentlicht hatte.  Nicht jeder Mensch klickt täglich auf Pictopia und selbst von denen, die es tun, macht sich kaum einer die Mühe nachzuvollziehen, wer die Besitzer der einzelnen Häuser sind.   Nachdem Streisand aber eine 50-Millionen-Dollar-Klage darüber angestrengt hatte, machte der Fall Schlagzeilen, so daß das inkriminierte Bild rasend schnell im Netz verbreitete und nun wirklich jeder wußte in welchem Haus die Kult-Sängerin und demokratische Aktivistin wohnte.  Sie erreichte also das diametrale Gegenteil dessen, was sie wollte. Die Diva lernte daraus und tat es nie wieder. (….)

(Streisand extrem, 28.03.2019)

Wenn man als extrem Mächtiger NICHT möchte, daß eine Stichelei einesl kleineren Players bekannt wird, ignoriert man sie. Wenn man hingegen als superreicher Papst und kirchliches Oberhaupt von 1,4 Milliarden Menschen, eine kleine Dreimann-Redaktion in Frankfurt verklagt, bekommen die Titanic-Schmähungen erst die unerwünschte weltweite Aufmerksamkeit. Mehr Eigentor geht nicht.

Durch seine weinerliche Empörung erreichte Merz, daß nicht an Büttenreden interessierte Deutsche wie ich (!) überhaupt erst auf Strack-Zimmermanns garstige Reime aufmerksam wurden.

[…]

Böse auf der Zwergen-Schar,

die toxisch' Männlichkeit gebar.

Ihr kennt die Zwerge, die ich meine,

mit ihrem Ego nahe der Beine.

Manche dieser Zwergen-Fritzen,

sehe ich in diesem Saale sitzen. […]

Von Bayern schnell ins Sauerland

zum Flug-Zwerg aus dem Mittelstand.

Den wollte zweimal keiner haben,

weil er nur schwerlich zu ertragen.

Noch so ein alter weißer Mann,

der glaubt, dass er es besser kann.

Die Sitten, supponiert er voller Trauer,

sind nicht mehr wie bei Adenauer.

Nach außen bürgerlicher Schein,

im Herzen aber voll gemein.

Wer vor Krieg geflohen ist,

verhöhnt er als Sozialtourist.

Heißt ein Junge Ali und nicht Sascha

beschimpft den als Grundschul-Pascha.

Und alle Klimaaktivisten

sind für ihn nur noch Terroristen.

Doch treibt's ein Nazi-Prinz zu wild,

dann wird der Flug-Zwerg plötzlich mild.

Beherzt er auf die Schwachen drischt,

weil er so gern im Trüben fischt.

Gerade die, die christlich selbst sich wähnen,

sollten sich für ihn was schämen. […]

Jetzt wird alles rausgeblasen:

Der Porsche-Zwerg darf weiter rasen.

Und ein frivoler Doppel-Wumms

gehört in jeden guten Bums.

(Strack-Zimmermann in Aachen 2023)

Friedrich Merz politisch und persönlich nicht zu mögen, mag für einen Sozi wie mich, wenig verwunderlich sein.

[….] Entweder war das närrische Verblendung oder böse Absicht: In der CDU-Zentrale hätte doch allen klar sein müssen, dass dies nur zu mehr Aufmerksamkeit für die Büttenrede führt und Merz den Namen „Flugzwerg“ so womöglich nie wieder loswird.  Nun bleibt der Eindruck, Merz ist zwar groß im Austeilen vor allem gegen Minderheiten („Sozialtourismus“, „Klimaterroristen“, „Paschas“), aber ganz klein im Einstecken von Kritik. Das erinnert doch stark an einen gewissen Donald Trump. Im Sinne des Landes kann man nur hoffen, dass die Parallelen zwischen dem Ex-US-Präsidenten und dem CDU-Chef an dieser Stelle enden.  […]

(MoPo, 08.02.2023)

Aber ich staune täglich mehr über seine taktische und strategische Dummheit.

Man mag halten von ihm, was man will. Aber intelligent ist Merz offensichtlich nicht.