Wenn ich „das Internet
anmache“, klicke ich als erstes immer in der gleichen Reihenfolge diverse
Nachrichtenwebsites an und rufe schon mal all die Meldungen in
unterschiedlichen Tabs auf, die ich noch genauer studieren möchte.
Nach den News kommen dann
Umfragen und zwei Satireseiten an die Reihe.
(Meine
Lieblingssatireseite „Kreuz.net“ gibt es ja leider schon über ein Jahr nicht mehr.)
Ein Problem, das immer
häufiger auftaucht ist, daß ich bei all den geöffneten Tabs am Ende nicht mehr
weiß, welches eigentlich „echte“ Nachrichten sind und welche von einem
Satire-Portal stammen.
Die Religioten in aller
Welt geben sich die größte Mühe die absurdesten Phantasien der Satiriker zu
übertreffen.
Man denke nur an den
aktuellen amerikanischen Streit um die Hautfarbe des Weihnachtsmannes.
Megyn Kelly ist sich sicher: Der
Weihnachtsmann ist weiß - genau wie Jesus Christus. Hätte die
Fox-News-Moderatorin diese Erkenntnis für sich behalten, würde sie entspannt in
die Feiertage gehen können. Weil sie aber vor laufender Kamera ihren kleinen
Zuschauern vermittelte, der gute alte Santa sei "einfach weiß", muss
sie sich jetzt mir jeder Menge Hass-Mails und Protesten herumschlagen.
[….] Zu ihrer Behauptung hatte sich Kelly
verstiegen, nachdem die schwarze Bloggerin Aisha Harris auf dem Portal
Slate.com politisch korrekt dazu aufgerufen hatte, sich von einer einseitigen
Vorstellung über das Aussehen des Weihnachtsmanns zu verabschieden. Harris
hatte vorgeschlagen, die Figur etwa von einem Pinguin darstellen zu lassen:
"Indem man den Weihnachtsmann als Tier darstellt und nicht als alten,
weißen Mann, könnte man Millionen von nicht-weißen Kindern die Unsicherheit und
Scham ersparen, die ich als Kind empfunden habe", begründet Harris ihre
Forderung.
"Nur, weil sie sich irgendwie
unwohl gefühlt hat, müssen wir deshalb gleich alles ändern?", fragte Kelly
ihre zugeschalteten Studiogäste. "Jesus war doch auch ein weißer Mann,
eine historische Figur." Und klärte - um 22 Uhr abends - alle Kinder, die
gerade vor den Bildschirmen saßen, auf: "Santa ist natürlich weiß, aber es
gibt da diese Person, die meint, wir sollten vielleicht auch einen schwarzen
Weihnachtsmann haben." […]
Stammt die Geschichte vom
Postillion oder Extra3?
Nein, die Fox-Frau hat das
tatsächlich so gesagt.
Immer gut für geistesgestörte
Äußerungen aller Art ist die ehemalige Präsidentschaftskandidatinkandidatin und
US-Kongress-Abgeordnete Bachmann:
In an
interview with Understanding the Times host Jan Markell on Saturday, Rep.
Michele Bachmann accused President Obama of giving aid to Al Qaeda, which she
said is proof that we are living in the Last Days.
"God
loves America the most; that's why the Bible is written in English."
Was soll man von solchen
Meldungen halten, wenn man sie zuerst hört?
Das erfordert tiefergehende Recherche.
Das erfordert tiefergehende Recherche.
Daß Obama Al Kaida
unterstützt hat die GOPerin übrigens wirklich gesagt; der zweite Satz über die
englische Bibel ist aber Satire.
Auch über deutsche Politik
muß man gelegentlich rätseln, um sie als solche zu begreifen.
Nun ist endlich klar, warum Edward
Snowden bislang noch kein Asylangebot seitens der Bundesregierung vorliegt.
Offenbar ist der von den USA gejagte Whistleblower einfach nicht kriminell und
reich genug, um Anspruch auf den Schutz der Bundesrepublik zu haben. Ganz
anders Michail Chodorkowski: Der 50-jährige Oligarch, der durch Bestechung und
illegale Geschäfte bis hin zum Auftragsmord zwischenzeitlich reichster Mann
Russlands war, wurde von FDP-Urgestein Hans-Dietrich Genscher persönlich nach
Deutschland geholt.
Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes
erklärte heute: "Edward Snowden ist schlicht nicht korrupter Milliardär
genug, um bei deutschen und insbesondere FDP-Politikern Mitgefühl zu wecken. Er
hat überhaupt nur ein Verbrechen auf dem Kerbholz: Datendiebstahl. Und selbst
da scheiden sich die Geister, ob das angesichts der Tatsache, dass er sich
damit nicht selbst bereichert hat, überhaupt ein richtiges Verbrechen
ist."
Chodorkowski hingegen sei
nachgewiesenermaßen kriminell und sagenhaft reich, wodurch er nach Artikel 16a
des Grundgesetzes ("(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht, sofern sie
korrupte Milliardäre sind.") Anspruch auf Asyl in Deutschland hat.[….]
Man fragt sich angesichts
des Kollektivversagens der deutschen Presse, ob der Artikel 16a GG wirklich so
lautet.
Es ist schon erstaunlich,
wie sehr die russlandophobe Grundeinstellung der politischen Kleingeister
Merkel und Gauck die globalen Realitäten negiert.
England und Amerika hören
illegal hunderte Millionen Gespräche jeden Tag ab und haben das Mobiltelephon
der Kanzlerin abgezapft. Russland tut das nicht.
Amerika unterhält mehrere
illegale Folterlager im Ausland, um nach Herzenslust und völkerrechtswidrig Menschen
zu quälen. Russland tut das nicht.
Amerika hat die letzten
illegalen Angriffskriege durchgeführt. Russland tut das nicht.
Amerika verwendet weltweit
geächtete Uranmunition. Russland tut das nicht.
Amerika läßt jeden Monat in
seinen Gefängnissen Menschen hinrichten – darunter bewiesenermaßen auch gelegentlich
Unschuldige. Russland tut das nicht.
Es gibt hier angesichts
der neuesten homophoben Anwandlungen der Klerus-Kreml-Koalition in Moskau keinen
Anlass die Menschenrechtssituation in Russland zu loben.
Aber andere Länder gehen
da weitaus rabiater vor – China, Saudi Arabien und eben unser Hauptverbündeter
USA.
Es stimmt, was der
Postillon zwischen den Zeilen sagen will:
Deutschland hätte sehr viel mehr Anlass Edward Snowden Asyl zu verschaffen.
Deutschland hätte sehr viel mehr Anlass Edward Snowden Asyl zu verschaffen.
Wie erbärmlich ist es, daß
sich Merkel und Westerwelle stattdessen für die höchst kriminellen Michail
Chodorkowski und Julia Timoschenko einsetzen!!!
Die beiden sind so
ziemlich die letzten eingesperrten Personen in den Knästen der Welt, die ein
Eingreifen der Bundesregierung erforderlich machten.
Ihr Herz für Milliardäre
ist allerdings lange bekannt.
Was
triggert uns eigentlich alle so sehr am Schicksal der hungerstreikenden Julia
Timoschenko?
Daß
korrupte Regime der UdSSR-Nachfolgestaaten nicht zimperlich mit ihren
politischen Gegnern umgehen, ist schließlich üblich.
In
Usbekistan gibt es übrigens wie in Russland einen Verfassungsparagraphen, nach
dem die fünfjährige Amtszeit des Präsidenten nur einmal verlängert werden kann.
Aber
was kümmert Karimov, 74, der wegen erwiesener Korruption schon im Knast saß die
Verfassung?
Ab
und an gibt es Referenden, die regelmäßig mit deutlichen 90%-Ergebnissen für
Karimov enden und wenn Oppositionelle solche Ergebnisse bezweifeln, werden sie
nicht wie Frau Timoschenko unter zweifelhaften Bedingungen eingesperrt, sondern
gleich erschossen.
Mit den Usbeken, denen dieser Kurs nicht passt, macht Karimow kurzen Prozess.
Zuletzt ließ er im Jahr 2005 rund 600 „Aufständische“ von seinem Militär erschießen.
Die EU sprach nach dem Massaker Einreisverbote aus, kippte aber schon anderthalb Jahre später wieder um.
Der Usbekische Diktator Islom Karimow wird mit deutschen Steuergeldern verätschelt.
Kaum war Guido Westerwelle im Amt setzte die EU auf seinen Druck auch das Waffenembargo gegen Usbekistan aus:
Auf einem Gipfeltreffen in Luxemburg beschlossen die EU-Außenminister
am Dienstag (27.10.2009), dieses Embargo wieder aufzuheben. Zur Begründung hieß
es, die EU wolle die Verantwortlichen des Landes dazu ermutigen, weitere
Schritte zur Verbesserung von Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten zu
unternehmen.
[…] Die Außenminister betonten dabei ihre auch weiterhin bestehende Sorge über die Lage der Menschenrechte in Usbekistan. Alle politischen Gefangenen und alle Menschenrechtler müssten auf freien Fuß gesetzt, die Meinungs- und Pressefreiheit garantiert und Kinderarbeit verboten werden. Nach Einschätzung von Menschenrechtsorganisationen hat sich jedoch die Lage der Menschenrechte in Usbekistan eher verschlechtert. Zahlreiche Menschenrechtler und Journalisten wurden in den vergangenen Jahren festgenommen.
[…]"Damit stellt die EU der usbekischen Regierung einen Freibrief für weitere Menschenrechtsverletzungen aus", erklärte die deutsche Menschenrechtlerin Barbara Lochbihler, die für die Grünen im Europaparlament sitzt. Imke Dierßen, Zentralasien-Expertin bei amnesty international, wertete die jüngste Entscheidung als "Schlag ins Gesicht der Opfer und Überlebenden". Denn noch immer gebe es in Usbekistan Folter und Übergriffe gegen Menschenrechtler. Die EU sei regelrecht "eingeknickt" und lasse "diejenigen im Stich, die sich in Usbekistan für die Einhaltung der Menschenrechte engagieren und dabei ihre Sicherheit und ihre Freiheit aufs Spiel setzen". Auch Deutschland geriet in die Kritik. Die Bundesrepublik habe ihre "Rolle als Motor der europäisch-zentralasiatischen Beziehungen" nicht genutzt, um Usbekistan dazu zu bewegen, vier Jahre nach dem Massaker in Andischan eine unabhängige internationale Untersuchung der Ereignisse zuzulassen.
(Deutsche Welle 28.10.2009)
[…] Die Außenminister betonten dabei ihre auch weiterhin bestehende Sorge über die Lage der Menschenrechte in Usbekistan. Alle politischen Gefangenen und alle Menschenrechtler müssten auf freien Fuß gesetzt, die Meinungs- und Pressefreiheit garantiert und Kinderarbeit verboten werden. Nach Einschätzung von Menschenrechtsorganisationen hat sich jedoch die Lage der Menschenrechte in Usbekistan eher verschlechtert. Zahlreiche Menschenrechtler und Journalisten wurden in den vergangenen Jahren festgenommen.
[…]"Damit stellt die EU der usbekischen Regierung einen Freibrief für weitere Menschenrechtsverletzungen aus", erklärte die deutsche Menschenrechtlerin Barbara Lochbihler, die für die Grünen im Europaparlament sitzt. Imke Dierßen, Zentralasien-Expertin bei amnesty international, wertete die jüngste Entscheidung als "Schlag ins Gesicht der Opfer und Überlebenden". Denn noch immer gebe es in Usbekistan Folter und Übergriffe gegen Menschenrechtler. Die EU sei regelrecht "eingeknickt" und lasse "diejenigen im Stich, die sich in Usbekistan für die Einhaltung der Menschenrechte engagieren und dabei ihre Sicherheit und ihre Freiheit aufs Spiel setzen". Auch Deutschland geriet in die Kritik. Die Bundesrepublik habe ihre "Rolle als Motor der europäisch-zentralasiatischen Beziehungen" nicht genutzt, um Usbekistan dazu zu bewegen, vier Jahre nach dem Massaker in Andischan eine unabhängige internationale Untersuchung der Ereignisse zuzulassen.
(Deutsche Welle 28.10.2009)
Westerwelle und Merkel päppeln das Karimow-Regime inzwischen ganz offiziell:
110 Angehörige der Bundeswehr tun hier ihren Dienst in einer Umgebung,
die zwar friedlich, aber nicht unbedingt freundlich ist. Die deutschen Soldaten
werden mürrisch geduldet, was sich der örtliche Diktator Islam Karimow freilich
gut bezahlen lässt. Ein Vertrag sichert seinem Regime neuerdings eine üppige
Pauschale.
Ursprünglich einmal ging es um den gemeinsamen Kampf gegen den Terror. Schon seit längerer Zeit aber raunen Insider, die Usbeken verlangten für den 2002 errichteten Stützpunkt immer ungenierter Bares. Im vergangenen Jahr bezifferte die Bundesregierung die Kosten für den Stützpunkt Termes in der Antwort auf eine Anfrage der Linksfraktion auf 12,2 Millionen Euro im Jahr 2009.
[…] Neuerdings aber kassieren die Usbeken jährlich eine 'Ausgleichszahlung' in Höhe von 15,95 Millionen Euro. Im Januar wurde sie das erste Mal ans usbekische Finanzministerium überwiesen - rückwirkend für 2010.
'Das Regime von Karimow ist eines der brutalsten nicht nur in Zentralasien, sondern weltweit', beklagt die Bundestagsabgeordnete Viola von Cramon von den Grünen. 'Wenn die Bundesregierung mit solchen Zahlungen dazu beiträgt, dieses Regime zu festigen, dann ist das ein Skandal', fügt sie hinzu.
(Süddeutsche Zeitung 21.04.2011)
Ursprünglich einmal ging es um den gemeinsamen Kampf gegen den Terror. Schon seit längerer Zeit aber raunen Insider, die Usbeken verlangten für den 2002 errichteten Stützpunkt immer ungenierter Bares. Im vergangenen Jahr bezifferte die Bundesregierung die Kosten für den Stützpunkt Termes in der Antwort auf eine Anfrage der Linksfraktion auf 12,2 Millionen Euro im Jahr 2009.
[…] Neuerdings aber kassieren die Usbeken jährlich eine 'Ausgleichszahlung' in Höhe von 15,95 Millionen Euro. Im Januar wurde sie das erste Mal ans usbekische Finanzministerium überwiesen - rückwirkend für 2010.
'Das Regime von Karimow ist eines der brutalsten nicht nur in Zentralasien, sondern weltweit', beklagt die Bundestagsabgeordnete Viola von Cramon von den Grünen. 'Wenn die Bundesregierung mit solchen Zahlungen dazu beiträgt, dieses Regime zu festigen, dann ist das ein Skandal', fügt sie hinzu.
(Süddeutsche Zeitung 21.04.2011)
Die
politischen Gegner, die Karimov massakriert, kennt aber keiner und sie sind
auch nicht reich und mächtig.
Also
muß man sich auch nicht um sie kümmern.
Frau
Timoschenko hingegen ist blond, bekannt und hat auch noch diese unglaublich
einprägsame PR-Frisur, die sie weltweit erkennbar gemacht hat.
Sie
soll außerdem sehr gut mit Herrn Putin können.
Und,
last but not least: Sie ist eine Oligarchin, also eine von den richtig Reichen.
Aus
einfachen Verhältnissen stammend gelang es ihr und ihrem Mann frühzeitig einen
Fuß in die staatliche Ölindustrie zu bekommen. Bevor sie Politikerin wurde war
ihr Privatkonto auf beinahe eine Milliarde Dollar angeschwollen.
(Nein,
ich bin kein Experte in östlicher Ölindustrie, aber wenn ich vorsichtig
mutmaßen sollte, würde ich annehmen, daß ein derart kometenhafter Aufstieg aus
dem Nichts zur Öl-Milliardärin in den Ex-Sowjetrepubliken nicht funktioniert,
wenn man immer Samthandschuhe trägt, altruistisch denkt und sich streng an
jedes Gesetz hält.)
Zweimal
war Timoschenko Ministerpräsidentin der Ukraine.
Vorwürfe
wegen Untreue und Mauscheleien gab es reichlich und nun sitzt sie im Knast, hat
einen blauen Fleck am Bauch und klagt über Bandscheibenschmerzen.
Das
macht Guido und Angie ganz fickerig.
Selten
hat man sie außenpolitisch so aktiv gesehen. Sie wollen sogar irgendein Ballspiel
boykottieren und schickten Deutschlands beste Ärzte aus der Berliner Charité
rüber, um nach Julia zu sehen.
Die
Ukraine eignet sich eben sehr gut zum Hochhalten des
Menschenrechtsfähnchens.
Es
ist ein großes Land, so daß man nicht zu sehr befürchten muß als nörgelnder
Goliath da zu stehen. Andererseits ist die Ukraine weder militärstrategisch (so
wie Usbekistan als Brückenkopf nach Afghanistan), noch ökonomisch-strategisch
(wie Russland wegen der Rohstoffe) wirklich wichtig, so daß der diplomatische
Druck billig und wohlfeil ist.
Die heuchlerische
Machtpolitik Berlins ist wenig überraschend. Auch in der Innenpolitik haben Milliardäre
stets die besondere Fürsorge der Kanzlerin.
Aber wieso macht die
deutsche Presse so unkritisch den Anti-Putin-Kurs mit?
Sollte man nicht wenigstens auch erwähnen, daß Chodorowski ZU RECHT in Knast saß?
Sollte man nicht wenigstens auch erwähnen, daß Chodorowski ZU RECHT in Knast saß?
Dafür
muß man aber etwas außerhalb der Mainstreampresse suchen.
Russlands Präsident Putin hat Chodorkowski begnadigt, der heute Morgen nach zehn Jahren Haft das Gefängnis verlassen durfte. Eigentlich sollte man meinen, dass Putin für diesen Gnadenakt hierzulande ausnahmsweise einmal positive Schlagzeilen bekommt, schließlich hat er ja die „Forderungen“ der westlichen Medien erfüllt. Doch weit gefehlt. Putin bleibt der Bösewicht und die Begnadigung wird gar als ultimativer Beweis dafür dargestellt. Chodorkowski hingegen wird einmal mehr als Opfer politischer Willkür dargestellt, das zu Unrecht im Gefängnis sitzt. Wer sich ein wenig mit dem Fall Chodorkowski/Jukos beschäftigt hat, konnte gestern Abend seinen Ohren nicht trauen, als der Nachrichtensprecher des ZDF-Heute-Journals in sonorem Ton sagte, Chodorkowski sei von den Behörden aufgrund des „beliebig dehnbaren Begriffs der Steuerhinterziehung“ inhaftiert wurden. Die Ansicht, dass der Begriff Steuerhinterziehung beliebig dehnbar sei, vertreten die Herren Hoeneß, Zumwinkel und diverse Schweizer Banker sicherlich auch. Mit dem Fall Chodorkowski hat dies jedoch relativ wenig zu tun. Die hohe Haftstrafe verbüßt der Oligarch nicht wegen Steuerhinterziehung, sondern wegen gewerbsmäßigen Betrugs, Unterschlagung und Geldwäsche – der Tatbestand der Steuerhinterziehung war „lediglich“ eine Folge der anderen Tatbestände, da Chodorkowski und sein Partner Platon Lebedew für das ergaunerte und unterschlagene Geld naturgemäß auch keine Steuern bezahlten. Auch Al Capone kam letzten Endes deshalb hinter Gitter, weil er die Einkünfte seiner kriminellen Tätigkeiten nicht versteuert hat.
Russlands Präsident Putin hat Chodorkowski begnadigt, der heute Morgen nach zehn Jahren Haft das Gefängnis verlassen durfte. Eigentlich sollte man meinen, dass Putin für diesen Gnadenakt hierzulande ausnahmsweise einmal positive Schlagzeilen bekommt, schließlich hat er ja die „Forderungen“ der westlichen Medien erfüllt. Doch weit gefehlt. Putin bleibt der Bösewicht und die Begnadigung wird gar als ultimativer Beweis dafür dargestellt. Chodorkowski hingegen wird einmal mehr als Opfer politischer Willkür dargestellt, das zu Unrecht im Gefängnis sitzt. Wer sich ein wenig mit dem Fall Chodorkowski/Jukos beschäftigt hat, konnte gestern Abend seinen Ohren nicht trauen, als der Nachrichtensprecher des ZDF-Heute-Journals in sonorem Ton sagte, Chodorkowski sei von den Behörden aufgrund des „beliebig dehnbaren Begriffs der Steuerhinterziehung“ inhaftiert wurden. Die Ansicht, dass der Begriff Steuerhinterziehung beliebig dehnbar sei, vertreten die Herren Hoeneß, Zumwinkel und diverse Schweizer Banker sicherlich auch. Mit dem Fall Chodorkowski hat dies jedoch relativ wenig zu tun. Die hohe Haftstrafe verbüßt der Oligarch nicht wegen Steuerhinterziehung, sondern wegen gewerbsmäßigen Betrugs, Unterschlagung und Geldwäsche – der Tatbestand der Steuerhinterziehung war „lediglich“ eine Folge der anderen Tatbestände, da Chodorkowski und sein Partner Platon Lebedew für das ergaunerte und unterschlagene Geld naturgemäß auch keine Steuern bezahlten. Auch Al Capone kam letzten Endes deshalb hinter Gitter, weil er die Einkünfte seiner kriminellen Tätigkeiten nicht versteuert hat.
[…]
Michail Chodorkowski gehört zu jenen
Oligarchen – präziser: Räuberbaronen -, die sich in der Transformationsphase
nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion mit unlauteren und illegalen Methoden
bei der Privatisierung ehemaliger Staatsbetriebe ein sagenhaftes Vermögen
ergaunerten. […] Chodorkowski [konnte] mit dem eher bescheidenen Einsatz von 42
Mio. US$ das Unternehmen Jukos zusammenschmieden, dessen geschätzter Wert 42
Mrd. US$ – also das Tausendfache – betrug. Dass er dabei zahlreiche Gesetze
gebrochen hat, bestreitet auch heute niemand ernsthaft. Damals interessierte
dies in Russland jedoch niemanden. Chodorkowski schmierte den Jelzin-Clan mit
Millionen und dafür ließ ihn die korrupte Staatsführung gewähren. […] Chodorkowski [wollte] die Filetstücke von Jukos und anderen Ölfirmen an amerikanische Multis
wie ExxonMobile und Chevron verscherbeln wollte. Zum Zeitpunkt seiner
Verhaftung waren die Übernahmeverhandlungen mit diesen beiden Konzernen bereits
im vollen Gange. [….]
Putins größtes Verdienst ist es wohl,
dem Ausverkauf Russlands einen Riegel vorgeschoben zu haben. [….]