Montag, 16. Oktober 2017

Nazis in Diskussionsrunden.



Vermutlich gibt es wirklich so etwas wie Reichsphantomschmerzen.
England war mal die globale Weltmacht und bestimmte wie selbstverständlich in fast allen Kontinenten.
Australien, Afrika, Nordamerika, Asien waren zu relevanten Teilen britische Untertanen. Auf eine kleine europäische Insel geschrumpft zu sein ist für den gemeinen rechten Engländer bitter.
Österreich war lange Zeit die große dominierende Macht Europas; die Habsburger stellten überall auf dem Kontinent Fürsten. Osteuropa, der Balkan, Schlesien, alles tanzte nach Wiens Pfeife. Und mit einem speziellen Österreicher wurde ab 1933 sogar ganz Europa unter die Knute gebracht.
Ist halt blöd heutzutage als Nationalstaat nur noch ein Rudiment in der Größe eines deutschen Bundeslandes zu sein und international keine Rolle mehr zu spielen.
Dabei hatte Österreich so viel Glück.
Das Land redete sich erfolgreich ein, daß Beethoven Österreicher und Hitler Deutscher war, zehrte vom gewaltigen kulturellen Erbe. Die typischen Krisenindustrien (Werften, Bergbau,..) gab es ohnehin nicht und so boomte die Wirtschaft. Begünstigt durch die wunderschöne Landschaft und Alpen, die ein immerwährender Touristenmagnet sind.
Die wehmütigen Gedanken an die glorreiche k.u.k.-Vergangenheit treiben aber gar seltsame Blüten. Daß die österreichische Weltbedeutung dem Multikulturismus zu verdanken war, wird gerade von denjenigen verdrängt, die unter Großmannssucht leiden und diese nun mit der Bekämpfung des Multikulturismus bedienen.

In Österreich sieht man mustergültig wie eine einseitige Fixierung auf die Themen der Rechtsextreme und die ununterbrochene Flüchtlingsdebatte den Nazis in die Hände spielt. 41 TV-Duelle zum Öwahlkampf.


Der daraus resultierende Rechtsruck ist genauso wenig überraschend, wie die Tatsache, daß die AfD bei den Bundestagswahlen am besten in Bayern (von allen Westländern) und Sachsen (von allen Ostländern) abschnitt, also genau dort, wo die Regierungsparteien maximal an die AfD herangerückt waren und von Obergrenzen faselten.

Wie also umgehen mit rechtsnationalen Parteien?

Todschweigen und nicht drüber sprechen?
Ich weiß nicht was das für einen Effekt hätte, denn sowas wurde nie versucht. Seit es die AfD gibt, stürzen sich die Medien hysterisch auf das Thema und die Talkshows beschäftigen sich extrem überproportional mit Themen, die Werbung für die AfD sind.
Ja, natürlich haben „die Medien“ daher eine Mitschuld an den starken AfD- und FPÖVP-Ergebnissen.

So ist auch Trump US-Präsident geworden. „Die Medien“ haben im Wahlkampf ununterbrochen über Trump berichtet, sich seinen absurden Lügenbehauptungen gewidmet, als er bloß einer von 17 Kandidaten war.

Es wäre ganz schön, wenn in Amerika, in Österreich, in Deutschland bei Wahlkämpfen auch Themen behandelt werden könnten, die nicht von den Nazis diktiert werden.

Gauland, Strache und Co wird man nie ganz totschweigen können.
Jetzt ist Trump natürlich zu Recht immer ein Thema, weil er Präsident ist und die Macht hat.
Auch die Rechtsnationalisten in anderen Ländern müssen beachtet werden, wenn sie in die Parlamente eingezogen sind.
In einer Demokratie kann man sie anschließend nicht ignorieren und so akzeptiere ich es (widerwillig), wenn nach der Niedersachsenwahl in der Berliner Runde des ZDF  auch Bernd Baumann von der Hamburger AfD sitzt.
Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer gehört selbst in der AfD zum äußersten rechten Zirkel des Goslarer Kreises und will den NSdAP-affinen Bernd Höcke als Parteichef installieren.

Bernd Baumann erklärte, er wohne erst kurz in Hamburg, in einem Haus der Hausnummer 111, habe mit allen Nachbarn gesprochen und erfahren, das sei das einzige Haus in dem noch nie eingebrochen wurde.
Das brenne den Menschen auf den Nägeln, weil die „osteuropäischen Banden“ durch die Grenzöffnungen quasi marodierend durch Hamburg zögen.

Baumann darf da sitzen und er darf sowas behaupten.
Ich erwarte dann aber auch, daß Moderator Elmar Theveßen und die anderen Gäste das nicht bräsig über sich ergehen lassen (immerhin widersprach Tauber der Baumann-Behauptung der Bundestag habe nie über „Griechenland-Milliarden“ gesprochen.)

AfD-Baumann lügt nämlich wie gedruckt. Da liegt er mit den Neorechten in anderen Ländern auf einer Linie.
Im Punkt Wohnungseinbrüche ist das allerdings besonders dreist, weil der rotgrüne Hamburger Senat sich des Themas intensiv annahm und anders als der selbst ernannte Law-and-Order-Vorgängersenat aus Schill und CSU spektakuläre Erfolge zu verzeichnen hat.
Das ist kein Geheimwissen; über die Hamburger SOKO CASTLE wurde bundesweit breit berichtet.
Die Wohnungseinbruchsrate ist in Hamburg auf dem niedrigsten Stand seit 18 Jahren.

[….] Kriminalitätsraten zu drücken, und sei es auch nur um ein paar Prozentpunkte, ist extrem schwer. Umso bemerkenswerter, was der Hamburger Polizei beim Thema Einbruch gelungen ist: Die Zahl der Fälle ist um fast 27 Prozent zurückgegangen. Bundesweit ist das einmalig! Die Frau hinter diesem Erfolg heißt Alexandra Klein (46), seit 2015 Chefin der „Soko Castle“.
Genau 4252 Einbrüche wurden laut Polizei in den ersten neun Monaten dieses Jahres in Hamburg gezählt. Klingt viel, ist aber im Vergleich zu den ersten drei Quartalen des Vorjahres ein Rückgang von genau 26,7 Prozent. Und dabei hatte es 2016 bereits einen Rückgang der Einbruchstaten gegeben. [….]

Was ist los mit solchen Schnarchnasen wie dem Noch-SPD-Generalsekretär Hubertus Heil, der tumb neben Baumann saß und kein Wort der Verteidigung für seine SPD-Freunde aus der erfolgreichen Hamburger Landesregierung sprach?

Also ja, soll sich doch Baumann um Kopf und Kragen reden, aber ich erwarte von den anderen Politikern und Moderatoren so informiert zu sein, daß sie ihn sofort der Lüge überführen und in die Schranken weisen.
Nichts davon geschah gestern. Baumanns Behauptungen von der Einbrecherflut über Hamburg wurde unwidersprochen stehen gelassen. Wieder ein PR-Erfolg für die AfD, weil die anderen Parteien zu bräsig sind.

[….] In dieser Woche hat die Polizei neue Zahlen zur Kriminalstatistik herausgegeben. Demnach ist die Kriminalität in Hamburg insgesamt um fast acht Prozent gesunken. Allein die Wohnungseinbrüche gingen in diesem Jahr im Vergleich zum Vorjahr sogar um mehr als ein Viertel zurück. Zweistellig sind auch Fahrradklau und Taschendiebstahl gesunken.
Erfolge der Polizei. Wenn die Einbrüche bei Wohnungen um fast 27 Prozent zurückgegangen sind, hat die Polizei wohl offensichtlich vieles richtig gemacht. Die 80 bis 100 Beamten der Soko "Castle" arbeiten erfolgreich, sichern mehr Spuren, decken Muster auf, auch über die Grenzen Hamburgs hinaus, und konnten mehr Fälle aufklären. Damit ist das Risiko für Einbrecherbanden in Hamburg gestiegen, entdeckt zu werden. Die Folge: Es wird weniger eingebrochen. [….]