Dienstag, 22. August 2017

Schöne Menschen, wo man auch immer hinsieht.



Na, das gab vielleicht einen Shitstorm, als der BW-Kommunalpolitiker Jörg Rupp Anfang 2015 unflätig über die Hamburger FDP-Chefin Katja Suding twitterte.

[….] Jörg Rupp hatte das Sonntagabendessen gekocht und schaute Hamburg-Wahl, als sein Landesvorsitzender anrief. Tittengate! Wegen eines Tweets von ihm. „Mit Titten und Beinen anstatt Inhalten“, so hatte der grüne Gemeinderat von Malsch bei Karlsruhe den Wahlerfolg von Katja Suding (FDP) bei der Bürgerschaftswahl in Hamburg analysiert. [….]Titten‘ darf man als Grüner nicht sagen“, sagt Rupp am Telefon. Ein Kurzschluss. Er möge den Ausdruck Titten selbst nicht. Weshalb er Suding umgehend um Entschuldigung bat, was sie akzeptierte. Allerdings: „Von meiner Kritik an der FDP-Kampagne lasse ich nicht ab.“
Rupp war im Grunde der Allerletzte, der der FDP und ihrer Spitzenkandidatin vorwarf, mit „gutem“ Aussehen Wahlkampf zu machen. „Der Verdacht, dem Äußeren mehr als den Inhalten verpflichtet zu sein“ – mit solchem Blabla wurden die Seiten drei gefüllt, also das Heiligtum des Qualitätsjournalismus. Die Welt fragte: „Mehr als Bein und Busen?“ Bildunterschrift: „Voller Körpereinsatz“. [….]

Suding ist ein political correctness-Alptraum.
Sie wirkt sehr weiblich und betont ihre feminine Reize offensiv mit recht freizügigen Bildern.
Das ist verpönt, aber wirksam.
Suding nimmt man es besonders übel, weil sie sich, so gar nicht dem Klischee von der weiblichen Einfühlsamkeit entsprechend mit rüden Methoden an die Spitze der Hamburger FDP gepoltert hatte. Dabei entstand viel böses Blut; einige Vorgänger und Elbliberale Granden waren so empört, daß sie aus der Partei austraten.
Zudem tat Suding im Jahr 2012 etwas, das Konservative immer noch gar nicht gerne bei Frauen sehen: Ihrer Karriere opferte sie ihre Ehe. Sie verließ nicht nur ihren Mann, sondern übergab auch ihre beiden kleinen Söhne dem Ex-Mann, weil sie keine Zeit mehr habe Mutter zu sein und sich um die Politik kümmern wolle.
Nun ja, zeitlich passte schon noch ein Mann in ihr Leben, aber eben keine zwei Kinder. Das posaunte Suding in dem ihr eigenen exhibitionistischen Stil über die yellow press aus.

[…..] Katja Suding schwer verliebt „Udo hat so schöne breite Schultern“
Die meisten Politiker schweigen sich lieber über ihr Liebesleben aus – nicht so Katja Suding (40). Die FDP-Lady schwebt seit einigen Wochen mit Ex-Tennisprofi Udo Riglewski (49) auf rosaroten Wölkchen und lässt alle an ihrem Glück teilhaben. „Er hat so schön breite Schultern“, antwortet sie lachend im „Gala“-Interview auf die Frage, warum er der Richtige ist. [….]

Man kann Sudings Verhalten natürlich nicht kritisieren, ohne als Heuchler dazustehen, da männliche Politiker sich alle Augenblick scheiden lassen, die lästigen Blagen bei der Ex parken und sich dann eine jüngere und schönere Neu-Frau suchen.

Warum soll sich eine Frau in der Politik nicht das Recht nehmen so zu handeln wie ihre männlichen Kollegen?

Als Feminist kann man Suding nicht kritisieren, aber es ärgert eben doch, daß sie mit völliger Inhaltslosigkeit und hübschen Model-Bildern so erfolgreich ist.
Selbst in den üblen Bergab-Jahren 2010-2014, als die FDP im freien Fall aus fast allen Landtagen flog, stach Suding mit guten Ergebnissen in Hamburg hervor.
Eine Null-Themen-Partei ohne politische Agenda ist eben immer noch sympathischer als die Lobby-Partei FDP auf Bundesebene, die maßgeschneidert nach Parteispenden für Pharmaindustrie, Hoteliers oder Automatenkönige Gesetze machte.

Suding macht, was funktioniert. Kann man ihr das vorwerfen?
Ist es nicht tatsächlich eher dumm stoisch und seriös Programme zu erarbeiten, in einer Koalition (2013-2017) abzuarbeiten oder dem Wähler wie Lafontaine 1990 oder Steinbrück 2013 offen und ehrlich Fakten zu nennen, wenn man dafür brutal abgestraft wird und wolkige Wischiwschi-Mauschelpartei CDU mit Rekordergebnissen bedacht wird?

 Christian Lindner, neuer Posterboy der FDP erkennt ebenfalls an wie die Deutschen ticken. Mit seinen Ausflügen in den braunen Sumpf, rechten Sprüchen, die Alexander Gauland liberal wirken ließen, erbettelte sich Lindner erfolgreich Aufmerksamkeit und startete flugs eine persönliche Mr-Germany-Kampagne, die ihn in alle erdenklichen Posten geworfen in edlen Schwarzweiß-Bildern zeigt. Der hübsche Lindi ist nun omnipräsent. Ich staune immer noch, wie massiv mir in den sozialen Netzwerken Lindnerbilder entgegenspringen.
Natürlich gibt es dabei viel Satire, aber auch das multipliziert Lindners Kampagne.
Der Mann ist ohne Programm und ohne es verdient zu haben schon so gut wie der nächste deutsche Vizekanzler mit einer FDP, die um die 10% liegt. Warum bloß?





Aussehen ist alles.
Insbesondere, wenn die an ihren Smartphones klebenden Jungwähler nur noch mit Mühe länger als 30 Sekunden konzentrieren können, keine Hintergrundartikel mehr lesen und immer schneller bunte Bilder wegwischen.

 [….] Bei vielen Jungwählern ist laut Forschern die körperliche Attraktivität von Politikern ein entscheidendes Kriterium.
"Jungwähler bewerten Politik anhand ästhetischer Kategorien. Sie sind sehr stark Augenmenschen und wollen Erkenntnisse durch bildliche Wahrnehmung gewinnen", sagte der österreichische Jugendforscher Bernhard Heinzlmaier der Deutschen Presse-Agentur. Bei einer repräsentativen Umfrage seines Meinungsforschungsinstituts "tfactory" im Vorfeld der Wahlen in Österreich habe sich die Macht der Optik bestätigt. "Die starke Verkörperlichung des Politischen hat einen neuen Idealtypus hervorgebracht: den Slim-Fit-Warrior."
In Österreich verkörperten die sichtbar fitten Spitzenkandidaten Christian Kern (SPÖ) und Sebastian Kurz (ÖVP) diesen Typus. "Kurz und Kern symbolisieren den schlanken, neuen, liberalen, beweglichen, hochgradig individualisierten Kapitalismus", meinte Heinzlmaier. Bei politischen Inhalten müssten die meisten Befragten passen, aber ob jemand modern und modisch sei, wüssten sie ganz genau, so der Forscher. "Sie beurteilen immer das, was oberflächlich wahrnehmbar ist."
Der 30-jährige Kurz hat laut Umfrage die Nase bei den Jungwählern vorn. [….]

Die politbefreiten Schlanken mit den Gardemaßen, hippen Klamotten und hohlen Sprüchen sind wiedererkennbar.


Keiner interessiert sich für zahlenfixierte Mittsechziger mit 1970er-Brille aus Würselen, wenn Lindi wie in der heißen Davidoff-Werbung aus den 1980ern wirbt.


Schön muss man sein!
Aussehen ist dem jungen Wähler von heute wichtiger als Inhalt.