Mittwoch, 4. Mai 2022

Das Tabu

Zugegeben, ich lache auch über Witze mit einer Pointe, die sich auf die winzigen Genitalien Trumps und anderer großspuriger Rechtspopulisten beziehen. Die Komik entsteht, weil jeder die Andeutung versteht, daß ein Mann mit winzigem Würstchen, irgendetwas zu kompensieren hätte und dann besonders laut rumprahlt. Sehr schön passen diese Gags auf zu bis an die Zähne bewaffneten US-QtrumpliKKKans; zumal Gewehre in der Tat eine phallische Form haben und  schon deswegen entsprechende Assoziationen auf der Hand liegen, wenn diese primitiven Menschen derartig stolz ihre Waffen umghertragen. 

 

 

Tatsächlich hat Donald Trump selbst 2016 eine Penisgrößen-Diskussion mit Marco Rubio vom Zaun gebrochen und – selbstverständlich – klargestellt, er habe einen besonders Großen.

Sein Sohn Don Jr. fühlte sich schon Jahre zuvor bemüßigt, öffentlich über die enormen Rüben in den Hosen der Trump-Männer zu Auskunft zu geben.

[….] In a recently-surfaced 2007 interview with Adam Carolla, Donald Trump Jr. talked about his dad's penis, how hard it is to be at the Playboy Mansion with a pregnant wife, whether he'd ever murder his father to inherit his fortune, and various other topics. In the interview, Trump Jr. implied, but stopped short of outright asserting, that he has a larger penis than his dad.  "You know, and I will get fired for this, but I’m never going to say that I don’t," Trump Jr. replied. "I will get fired for that. By the way, they’re both pretty substantial, I think."  [….]

(Seth Millstein, April 5, 2018)

Wie soll man angesichts solcher unfassbaren Peinlichkeiten denn keine Witze über die Cornichons dieser Typen machen?

Jeder, der Thomas Brussigs Meisterwerk „Helden wie wirvon 1996 gelesen hat, wird schallend gelacht haben, als der präpubertäre, sich um seinen noch kleinen Zipfel sorgende Titelheld Klaus Uhltzscht, aus den Belehrungen seiner Mutter ableitet, besonders kleine Penisse wären am schönsten.


Die Witze funktionieren natürlich auch so gut, weil es weltweit Einigkeit darüber gibt, daß riesige Dinger ganz toll sind, während Kleine ein Grund zum Auslachen sind.

Kein Wunder, daß in Datingportalen, in denen die eigene Größe in S, M oder L angegeben werden kann, 99% aller Männer L haben.

Wer in der Schule in Stochastik aufgepasst hat, weiß allerdings, daß nicht alle Männer tatsächlich einen sehr überdurchschnittlichen Spargel haben können.

Zudem ist es eindeutig so, daß sich kein männlicher Säugling die Dimensionen seiner Nudel aussuchen kann. Man wird nun einmal so geboren.

Das gilt zwar auch für die weibliche Brust, so daß es sich diesbezüglich ebenfalls verbietet, Diskriminierungen zu veranstalten. Aber im Gegensatz zu den Phalli, sind bei der BH-Ausfüllung sehr gute und vergleichsweise einfache operative Möglichkeiten da.

In Kalifornien ist spätestens zum Highschool-Abschluss ein „Boob-Job“ geradezu obligatorisch. So wie Amerikanerinnen einheitliche viel zu weiße Zähne haben, werden die Brüste auch an das geltende Ideal angepasst.

Ich werde nie das entsetzte Gesicht einer Model-Agenturchefin vergessen, als vor ca 15 Jahren ein Spiegel-TV-Team im Hollywood-Model-Business recherchierte und nachfragte, wieso es denn gar keine deutschen Models in ihrer Kartei gäbe.

Ganz einfach, die Deutschen wären einfach ungepflegt; einige rasierten sich tatsächlich die Achseln (statt mit Laserbehandlungen jede einzelne Haarwurzel verödet zu haben), sogar Deutsche mit unoperierten Brüsten meldeten sich bei ihr. UNOPERIERT, mit so einer Einstellung könne man keine Karriere erwarten.

In dem Zusammenhang komme ich zurück auf Donald Trump, der die seltene Gabe hat, mit jeder noch so erfolgsversprechende Geschäftsidee pleite zu gehen. Der Mann ist vermutlich der schlechteste Geschäftsmann der Welt.

Bisher sind nur drei Methoden bekannt, mit denen Trump tatsächlich Geld „verdiente“.

1)   Seinen Milliardär-Vater anbetteln,

2)   Kriminell sein und

3)   Reality-TV, in dem er seinem sadistischen Trieb folgen darf, Schwächere zu quälen.
a) The Apprentice
b) Tittenjuror bei zahlreichen Miss-Wahlen.

Welche ausgleichende Gerechtigkeit, wenn er als Microphallus bloßgestellt werden könnte.

Männer haben aber  erstens den Vorteil, üblicherweise nicht anhand ihrer Penislänge verurteilt zu werden, weil man diese im Alltag gar nicht feststellen kann und zweitens wird von ihnen auch keine obligatorische operative Vergrößerung erwartet, weil das medizintechnisch nicht möglich ist.

Es ist zwar etwas mehr Durchmesser durch Fett- oder Silikon-Einspritzungen möglich, aber eine Dauerschwellung wie bei der menschlichen Frauenbrust ist nicht machbar.

Es spricht also nichts dagegen, sich mit der naturgegebenen Länge anzufreunden und es spricht alles dagegen, Männer aufgrund ihrer Ausstattung „untenrum“ zu bewerten.

Für mich ist das ohnehin selbstverständlich. Umso erstaunter war ich von mir selbst, als ich beim Lesen des heutigen SZ-Feuilleton unangenehm berührt wurde.

Jan "Monchi" Gorkow, Sänger von "Feine Sahne Fischfilet", spricht in einem längeren Interview über seine radikale Abmagerung und die grotesken Schwierigkeiten, die sein ehemaliger 182-Kg-Körper mit such brachte: Unter ihm zerberstende Klobrillen und Stühle, die Unfähigkeit sich selbst noch den Po abzuwischen oder die Schuhe zuzubinden.

Die Fragen der Interviewerinnen Ulrike Nimz und Antonie Rietzschel waren insofern nicht impertinent, da Gorkow zu diesen Themen selbst ein Buch geschrieben hat und damit derzeit auf Lesereise unterwegs ist.

[….] SZ: Auf Seite 248 Ihres Buches steht der Satz: "Ich habe einen kleinen Schwanz." Die ultimative Provokation?

Monchi: Es geht eher darum, einen bestimmten Habitus lächerlich zu machen. Wenn einer sagt: Das ist meine fette Karre - dann kommen wir mit dem Bobby Car. Wenn alle sagen, wir haben den Dicksten und Längsten, dann sag' ich: Ja und, meiner ist halt klein. Aber es ist schon krass, wie viele Leute einem jetzt ungefragt ihre Schwänze schicken.

SZ: Willkommen in der Realität vieler Frauen.

Monchi: Also es sind jetzt nicht direkt Dickpics, aber viele Männer fühlen sich offenbar verstanden und freuen sich, dass da mal jemand so offen drüber spricht. Dieses Körperthema ist der Wahnsinn. Hat halt jeder einen. […..]

(SZ-Interview Jan Gorkow, 04.05.2022)

Ich verzog mein Gesicht, obwohl ich ganz allein war. Ein klassischer Fall von „Too much information“.

Erstens möchte ich das nicht wissen und zweitens befürchte ich nun, daß der durchaus bekannte Leadsänger einer dezidiert linken, migrantenfreundlichen Band, nun noch mehr unter Shitstorms rechter Trolle leiden wird. Es gibt keinen rechten Blog, der nicht regelmäßig und hysterisch gegen "Feine Sahne Fischfilet" hetzt.

Aber welcher rechtspopulistische Hetzer liest schon Bücher, oder gar die SZ?

Außerdem bin ich dabei erneut dem dämlichen Vorurteil aufgesessen, es wäre „schlecht“, einen eher kleinen Zapfen zu haben und daher würde sich Gorkow getroffen fühlen.

Aber dank seiner Offenheit, korrigiere ich mich doppelt. Die Assoziation „Kleiner Penis = peinlich“ muss aus meinem Kopf. Wenn man das erst einmal verinnerlicht hat, gibt es auch keinen Grund, sich zu schämen.

Ein guter Augenöffner, Herr Gorkow.

Und seien wir doch mal ehrlich: Sollte sich durch geleakte Videos herausstellen, daß Donald Trump doch ein pretty substantial package in seiner Hose herumträgt, änderte das rein gar nichts an meiner Einschätzung: Trump ist ein moralisch völlig verkommenes, bösartiges, perfides, borniertes, verdummtes, sexistisches, rassistisches, gefährliches, abstoßendes, häßliches, brutales, gemeines, abstoßendes Stück Scheiße.