Da Fritz Merz keinerlei Regierungserfahrung und noch weniger politische Kompetenz besitzt, versucht er diesen doppelten Mangel immer wieder mit knackigen, meist stramm rechtspopulistischen Sprüchen zu verdecken.
Meistens lassen sich die Merzschen steilen Thesen sehr schnell als blanker Unfug, den er AfD-Hinterbänklern nachplapperte enttarnen, wie das Beispiel seiner perfide xenophoben Hetze über Asylanten, die Deutschen Zahnarzttermine wegnähmen, illustriert. Aber ähnlich wie bei Trump, schaden Merz auch schnell enttarnte Lügen nicht, weil ihre Richtigstellung gemäß Brandolini viel weniger Adressaten erreicht, als die zuvor von der Lüge Getriggerten.
Zudem profitiert er von der moralischen Unterentwicklung seiner rechten Trump-affinen Jung-Truppe Frei Kuban Amthor Spahn Ploß Linnemann, die generell enthusiastisch auf faschistoid anklingende Thesen reagiert.
[…..] „Erschreckende“ Nähe: CDU liebäugelt mit Trumps Republikanern [….] Trump-Fans treffen in Berlin vor US-Wahl auf CDU-Mitglieder – auch die ‚Heritage Foundation‘ ist eingeladen.
Auch heute kommen aus der Union Bedenken. „Es ist erschreckend, dass wir die Türen für Trumpisten öffnen. Erst erklärt Jens Spahn, welche Gemeinsamkeiten uns vermeintlich mit Donald Trump verbinden, nun gemeinsame Konferenzen mit seinen Unterstützern.“, so ein nicht namentlich genannter Spitzenfunktionär laut dem Bericht des RND. Man müsse sich daher fragen, welche Ziele die Partei verfolge und „ob es in der CDU noch so etwas wie geistig moralische Führung gibt“, habe er weiter angekreidet. […..]
Sollte doch einmal die Kritik am ultrarechten CDU-Kurs zu laut werden, hilft dem Parteichef seine begnadete Fähigkeit, von jeder seiner Thesen in Windeseile wieder zurückrudern zu können.
Das Hetzen und Lavieren ist Merz so sehr zur Natur geworden, daß ihm offenkundige Widersprüche zu seinen früheren Thesen völlig egal sind.
Die einstige vollmundige Postulierung einer Brandmauer und der angekündigte Parteiausschluss für CDU-Politiker, die mit der AfD paktieren, ist längst Makulatur.
Heute reichen Fritzes Mannen den Nazis von der AfD auf allen Ebenen die Hand.
[….] »Eine Zusammenarbeit mit Linkspartei oder AfD wäre nicht nur ein Angriff auf unsere Identität und ein Verrat an unseren christdemokratischen Werten«, heißt es in einer Handreichung der Partei für Mitglieder und Öffentlichkeit. »Sie würde auch unser wichtigstes Gut beschädigen: Unsere Verlässlichkeit und unsere Glaubwürdigkeit.«
Das ist die sogenannte Brandmauer, sie soll verhindern, dass die extrem rechte AfD wie jede andere Partei behandelt wird. Sie soll auch verhindern, dass die AfD die CDU vor sich hertreibt, ihren Ruf ruiniert und sie am Ende womöglich zerstört. [….]
Aber es gibt auch immer mehr Kommunen, in denen AfD-Kandidaten gewählt wurden, zu Ortsvorstehern oder ersten und zweiten Stellvertretern der Kreistagschefs.
Da sind, um nur einige zu nennen, die Kreistage Harz, Börde, Salzlandkreis und Stendal in Sachsen-Anhalt. Rostock, Mecklenburgische Seenplatte, Ludwigslust-Parchim, Vorpommern-Rügen und Vorpommern-Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern. Barnim, Dahme-Spreewald, Potsdam-Mittelmark und Uckermark in Brandenburg. Da ist der Westen Saarbrückens. Da sind etliche Orte wie Oberharz am Brocken oder Werder (Havel).
Vielfach gibt es keine andere plausible Erklärung als diese: Christdemokraten müssen für die Vertreter der extremen Rechten gestimmt haben. Und die CDU tut noch nicht einmal mehr so, als wäre es anders. In den Städten und Gemeinden ist die Brandmauer offenbar nur noch eine Ruine. [….]
Ein anderes Beispiel: In Burg, im Kreistag Jerichower Land nordöstlich von Magdeburg, stellt ein lokales Bündnis die stärkste Fraktion, Sozialdemokraten und Liberale gehören dazu, 14 Sitze haben sie zusammen. Es folgt die CDU mit 13, dann erst die AfD mit 11 von 42 Mitgliedern. Sie ist stark, aber es könnte ohne sie gehen.
Bei der Wahl des neuen Kreistagsvorsitzenden setzte sich Markus Kurze von der CDU durch. Sein erster Stellvertreter ist jetzt der AfD-Mann Jan Scharfenort. Beide wurden in geheimen Abstimmungen gewählt, deshalb lässt sich nicht mit endgültiger Sicherheit sagen, wer für wen gestimmt hat.
Aber es gibt Indizien. Scharfenort hatte einen Gegenkandidaten der stärksten Fraktion, der 17 Stimmen erhielt. Man kann davon ausgehen, dass seine eigene Fraktion ihn unterstützt hat. Scharfenort bekam 23 Stimmen, Kurze zuvor 22 Stimmen. Die Indizien deuten auf einen Pakt zwischen CDU und AfD hin. Kurze, der als Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion auch ein wichtiger Landespolitiker ist, tut das als Behauptungen ab, »die man nicht belegen kann«. Wie ein Dementi klingt das nicht: »Wenn wir geheime Wahlen haben, dann ist das eine geheime Wahl.« [….] So ähnlich wie kürzlich in Anklam, Mecklenburg-Vorpommern.
Dort tagte am 18. Juli zum ersten Mal die neue Stadtvertretung. Üblicherweise geht es in solch einer konstituierenden Sitzung um Formalitäten, doch die CDU stellte einen Dringlichkeitsantrag. Sie wollte über einen geplanten Solarpark abstimmen, ein Großprojekt, von dem sich der Bürgermeister Hunderttausende Euro Einnahmen im Jahr verspricht. Kritiker sagen, es sei zu groß, die Anwohner hätten zu wenig davon. Manche Anwohner fürchten um den Wert ihres Grundstücks. Die CDU wollte den Park stoppen. Es kam zur Abstimmung. Mit der CDU stimmten die AfD, eine Abspaltung der AfD und ein Abgeordneter der rechtsextremen ehemaligen NPD, die heute »Heimat« heißt. Zusammen ergab das eine hauchdünne Mehrheit von 12 der 23 Vertreter.
CDU-Fraktionschef Hannes Campe, sagt, er sei kein Freund der AfD. Doch er lässt durchblicken, dass er auch kein Freund der Brandmauer ist: »Ich halte nichts davon, dass von oben nach unten durchregiert wird.« Dass es eine Absprache mit der extremen Rechten gegeben habe, bestreitet er. [….]
Wir haben diese schwere Schuld der Katholiban und der Konservativen schon vor 90 Jahren erlebt, als sie das erste mal die deutsche Demokratie zerstörten.
Merz will diesen Kardinalfehler offenkundig wiederholen.
(……..) Diejenigen, die ihre Großeltern vorwurfsvoll fragten, wie sie die Machtergreifung 1933 zulassen konnten, haben 2023 die Chance, die Antwort live zu erleben.
Hitler putschte sich nämlich nicht an die Macht, „ergriff“ sie nicht auf dubiose Weise, sondern wurde vom deutschen Volk demokratisch gewählt.
Der konservativ-nationale Katholik Heinrich Brüning von der Zentrums-Partei amtierte vom 30. März 1930 bis zum 30. Mai 1932 als Reichskanzler. Er band erste Faschisten in eine Rechts-Koalition ein. Erst wollte er die Nazis der NSDAP und DNVP aus der Regierung halten, indem er auf Notverordnungen setzte und sich von der SPD tolerieren ließ. Aber der erzkonservative Reichspräsident Hindenburg wollte keine Sozis in der Regierung. Seinen Freunden in Militär und Adel war Adolf Hitler einfach sympathischer als die Arbeiterpartei. Also kuschelte Brüning mit den Faschisten, bis Hindenburg um die Subventionen für sein Gut Neudeck fürchtete („Osthilfe“) und Franz von Papen zum nächsten Reichskanzler ernannte.
Der ehemalige Zentrums-Mann entmachtete die SPD Preußens, hielt aber mit einer Gruppe aus Adeligen („Kabinett der Barone“) nur fünf Monate durch.
Nachdem am 03.12.1932 der bisherige Reichswehrminister Kurt von Schleicher neuer Reichskanzler wurde und versuchte ein breites Bündnis aus NSDAP, Konservativen und Militärs unter seiner Führung zu vereinen, verhandelte von Papen mit Hitler über eine Koalitionsregierung zwischen der nationalkonservativen DNVP und der NSDAP. Man müsse die Anliegen der Rechtsradikalen ernst nehmen und durch eine Einbindung in die Regierung würden sie auf den Boden der Tatsachen geholt.
Tatsächlich wurde von Papen, der nach nur sieben Wochen von Schleicher-Regierung unter Hitler Vize-Reichskanzler und trat 1938 in die NSDAP ein. (…..)
(Es geht rapide bergab, 25.06.2023)
Nicht nur Fritze Merz verfügt über keinerlei Schamgefühl und keinerlei Anstand. Große Teile seiner Partei wurden inzwischen in der braunen Suppe weichgekocht und sagen beherzt Ja zu den Nazis.
[…..] Von der Brandmauer zur in weiten Teilen rechtsextremen AfD hält ein beachtlicher Teil der CDU-Mitglieder nichts. 45 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass die CDU zumindest in den ostdeutschen Ländern und Kommunen von Fall zu Fall mit der AfD zusammenarbeiten sollte. 55 Prozent geben an, dass die CDU auf allen politischen Ebenen jede Zusammenarbeit mit der AfD ausschließen sollte. Vergleicht man die Stimmungslage im Osten und Westen, zeigt sich in dieser für die Partei zentralen Frage ein tiefer Riss: 68 Prozent der Christdemokraten aus dem Osten sind für eine Zusammenarbeit mit der AfD. Im Westen sind 57 Prozent dagegen.
Das bringt die CDU-Bundesspitze in Bedrängnis: Immerhin schließt die Partei per Parteitagsbeschluss eine Koalition mit der AfD aus. Merz sagte kurz vor seinem Amtsantritt, wenn jemand die Hand hebe, um mit der AfD zusammenzuarbeiten, „dann steht am nächsten Tag ein Parteiausschlussverfahren an“. Diese Drohung kann Merz allerdings nur wahr machen, wenn die Kreis- und Landesverbände mitziehen. Parteiausschlussverfahren müssen vor Ort eingeleitet werden. In den vergangenen Monaten kam es in Kommunalparlamenten bereits zu gemeinsamen Abstimmungen von AfD und CDU – Konsequenzen wurden nicht gezogen. […..]