Irgendwann
Ende der 80er, ich vermute kurz nach meinem Abitur war ich mal mit meiner
Mutter und ihrem Bruder, also meinem Onkel ein paar Tage in der Dordogne.
Die beiden haben mich die ganze Zeit geärgert.
Die beiden haben mich die ganze Zeit geärgert.
Immer
wenn wir in irgendeinem Lokal oder Geschäft waren, schoben sie MICH nach vorn,
um das Reden zu übernehmen – nur so lernt
es das Kind, lachten die sich einen.
Ich
würde zwar behaupten fließend englisch und deutsch zu können, aber generell bin
ich leider etwas unfähig beim Thema Fremdsprachen.
Vermutlich
weil ich nicht drauf losplappern kann, sondern immer erst lange überlege, wie
es wohl grammatikalisch richtig heißen müßte.
Vier
Jahre Französisch-Unterricht in der Schule und dann stelle ich mich so an, wenn
ich etwas bestellen soll. Das fanden meine Mutter und mein Onkel absurd und
verweigerten sich nur umso konsequenter mir zu helfen. Beide sprachen nämlich
fließend Französisch und unterhielten sich dann auch noch in Französisch über
mich. Sauerei.
Noch
gemeiner war allerdings, als ich am letzten Morgen in der Boulangerie
radebrechte und der knorrige Bäcker mich auf einmal auf DEUTSCH verabschiedete.
Der
Blödmann hatte die ganzen Tage zugesehen wie ich mich quälte; dabei konnte der
perfekt deutsch.
So ist
das hier auf dem Lande, meinte mein Onkel.
Das sind
stolze Franzosen; die wollen, daß man französisch spricht und tun gegenüber
Touristen so, als ob sie NUR französisch sprechen, selbst wenn sie noch andere
Sprachen beherrschen.
Kurz
zuvor war ich eine Woche in Rotterdam gewesen und da war es genau umgekehrt.
Holländer
sind ja ohnehin alle Sprachgenies. In Rotterdam kam ich gar nicht dazu
meine paar Brocken Niederländisch auszuprobieren, weil die kleinste Andeutung,
daß ich Amerikaner sei reichte, daß auf einmal alle englisch sprachen. Genauso
funktionierte es mit Hinweisen darauf, daß ich aus Deutschland käme –
sofort sprachen alle deutsch.
Frankreich
ist aber als LA GRANDE NATION eine der
großen vier Siegermächte.
Die Kulturnation.
Die Kulturnation.
Eine der
fünf UN-Vetomächte – von 200 Nationen.
Frankreich
ist zudem offizielle Atommacht und stolz auf seine Force de frappe (Force de
dissuasion nucléaire de la France).
So sehr
einem der französisch Nationalismus und die Selbstverliebtheit auf die Nerven
gehen, so sehr muß man als Frankreich-Tourist auch zugeben, daß es wirklich
eine Kulturnation ist.
Franzosen
haben Klasse. Das merkt man im kleinsten Dorf, daß auch alte Männer der
einfachsten sozialen Schichten niemals so ein Proletentum wie entsprechende
Deutsche vorexerzieren: Kurze Hosen, Sandalen mit Socken, grässliche T-Shirts.
Französinnen
laufen niemals rum wie die Flodders.
Genau
das was Amerikanerinnen immer falsch machen und weswegen sie überall auf der
Welt sofort als Amerikanerinnen erkannt werden (man denke an GOPer-Ehefrauen
oder FOX-Moderatorinnen mit greller Schminke, unnatürlichen Zähnen und Betonfrisur),
machen Franzosen richtig. Sie sind schick.
Kein
Franzose würde solche unförmigen Säcke als Anzug tragen wie einst Helmut Kohl;
keine französische Ministerin trüge so schlecht geschnittene Kostüme wie Merkel
und erst recht würden sie nicht mit derart ungepflegten Fingern rumlaufen.
Damit
hängt es auch zusammen, daß französische Schauspieler internationale Superstars
werden, daß französisches Kino weltberühmt ist, während in Deutschland Veronica
Ferres und Til Schweiger als die besten gelten.
Paris
ist die Traumstadt der Welt, während man von Berlin gerade mal weiß, daß man
dort sehr billig saufen kann und die Bewohner den ganzen Tag mit ungekämmten
Haare im Trainingsanzug rumschlurfen.
Und
natürlich das Essen.
Solche
Käse, solche Weißbrote, solche Weine wie man sie in Frankreich auch im letzten
Kaff bekommt, muß man in Deutschland lange suchen.
Unbegreiflicherweise.
Die
Deutschen reisen doch inzwischen alle und wissen wie frische Weißbrotwaren auch
schmecken können. Wieso gibt es dann hier fast nur diese pappsigen, garantiert
geschmacksfreien Brötchen/Semmeln/Rundstücke/Schrippen aus in China gefertigten
Teigrohlingen?
Müßte es nicht auch in Deutschland ein paar Menschen geben, die bereit sind 10 Cent mehr auszugeben, wenn dafür das Brötchen auch schmeckt?
Müßte es nicht auch in Deutschland ein paar Menschen geben, die bereit sind 10 Cent mehr auszugeben, wenn dafür das Brötchen auch schmeckt?
Amerika
mag gods own country sein, aber wie Gott leben, kann er nur in Frankreich.
That
said, komme ich zum Thema NSA.
Wenig
überraschenderweise wurde gestern geleakt, daß Washington auch die letzten drei
französischen Präsidenten, sowie engste Berater der Präsidenten, weitere Diplomaten,
Kabinettsmitglieder, Regierungssprecher, hohe Beamte und Abteilungsleiter in
Ministerien und den Botschafter Frankreichs in den USA abhören ließ.
Merkel
hatte das ja schon 2013 erlebt und daraufhin in Merkel-Manier reagiert; nämlich
gar nicht.
Business
als usual und jedes Mal, wenn sie seitdem direkt auf Obama traf, hatte sie den
Hosenanzug viel zu voll, um ihn darauf anzusprechen.
Besonders
augenfällig wird das rückgratlose deutsche Verhalten bei der Selektorenliste,
die das Kanzleramt auf Wunsch der Amerikaner nicht den eigenen Parlamentariern
zeigen will.
Man
stelle sich die Situation umgekehrt vor: Der BND hätte Washingtoner Politiker
ausgeforscht, es käme heraus, daß Obama dazu eine deutsche Interessenliste
vorläge und Merkel würde dem amerikanischen Kongress sagen: „ich will aber
nicht, daß Ihr Euch damit befasst!“
Der Gedanke
ist völlig absurd. Um nichts und niemand in der Welt würden sich amerikanische
Abgeordnete des House oder US-Senatoren
von Europäern sagen lassen, was sie tun dürfen.
Diese
extreme Form des deutschen Duckmäusertums gegenüber Washington ist durchaus
atemberaubend.
Und die
Franzosen?
Wie sie
langfristig reagieren kann man noch nicht sagen, aber immerhin sind sie in
Gegensatz zu Merkels müder Mannschaft in der Lage sich ordentlich zu ärgern und
dies auch auszudrücken. Unterwürfig vor den Amerikanern auf dem Boden zu
robben, so wie es Berlin durchexerziert, ist für die grande nation natürlich
unmöglich. Premierminister Manuel Valls polterte er sei "wütend über die
inakzeptablen Praktiken eines befreundeten Staates" und verlangte von den
USA, den angerichteten "Schaden zu reparieren.“
Es handelt sich um
Tatsachen, die inakzeptabel sind und die bereits Ende 2013, nach den ersten
Enthüllungen, Gegenstand von Erläuterungen waren", so die ebenso dürre wie
bittere Mitteilung des Élysée nach einer Sondersitzung des Verteidigungsrates.
"Diese Vereinbarungen gehören strengstens beachtet."
"Spionage unter
Alliierten ist schlicht nicht hinnehmbar", ergänzt Regierungssprecher
Stéphane Le Foll trotz der Versicherungen aus den USA, dass sich die
Kommunikation von Hollande nicht "im Visier" der NSA-Lauscher
befände. Für den Nachmittag wurde der US-Botschafter in Paris ins französische
Außenministerium einbestellt.
Präsident François
Hollande telefonierte inzwischen US-Präsident Barack Obama über die Vorwürfe.
Dabei habe Obama seine Zusage bekräftigt, "mit Praktiken zu brechen, die
in der Vergangenheit stattgefunden haben können und die zwischen Verbündeten
inakzeptabel sind", teilte der Élyséepalast mit.[….]
"Die Amerikaner
schulden uns Entschuldigungen und die Garantie, dass diese Praktiken vorbei
sind", schimpft Éric Ciotti, Berater von Nicolas Sarkozy und bei den
Republikanern zuständig für Sicherheitsfragen. "Frankreich ist zum
Protektorat der USA verkommen", so ein Kommuniqué von Frankreichs
Souveränisten, und der Chef der Linkspartei fordert den sofortigen Abbruch der
TTIP-Verhandlungen.
Der Schock sitzt tief,
denn die jahrelangen Aktionen richteten sich gegen einen historischen
Alliierten, Mitglied im Uno-Sicherheitsrat und Nato-Partner.
Der Präsident macht
eine böse Miene, böse Miene zum bösen Spiel. Demonstrativ verärgert blickt
François Hollande am Dienstagmorgen in die Runde, als er im Sitzungssaal des
Élysée-Palastes den "Conseil de Défense" - sein Sicherheitskabinett -
um sich versammelt: Krisensitzung. Das präsidentielle Protokoll hat ein paar
Fernsehkameras Zutritt gewährt ins Zentrum der Macht. Die TV-Bilder sollen
aller Welt beweisen, wie ernst das Staatsoberhaupt die Lage nimmt.
Ernst, bitter ernst
sogar klingen dann auch einige Zeilen, die Frankreichs Präsidentschaft eine
knappe Stunde später per E-Mail verbreitet…[….] Der Palast gibt sich indigniert, im Namen der
Nation: "Frankreich wird keinerlei Machenschaften tolerieren, die seine
Sicherheit oder den Schutz seiner Interessen infrage stellen."
[….]
Mancher in Paris schäumt gar vor Wut: Yves
Pozzo di Borgo zum Beispiel, ein liberaler Senator aus Paris, hat am Morgen in
Libération gelesen, dass im obersten Stockwerk der amerikanischen Botschaft
gleich neben der Place de la Concorde allerlei Hightech und Spezialmikrophone
versteckt seien, mit denen die US-Profis vom Special Collection Service (SCS)
in Ministerien hineinhorchen könnten. [….] Nun aber will, ja kann Pozzo di Borgo solcherlei Zustände nicht länger
ertragen. Er fordert Taten, und zwar drastische: "Wenn Frankreich sich
selbst achten würde", twittert der Senator, "würde es jenen Teil der
US-Botschaft, in dem abgehört wird, zerstören lassen." Von heiligem Zorn
überwältigt ist auch Jean-Pierre Mignard, ein enger persönlicher Freund von
François Hollande: Als "angemessene Antwort" auf die
Horch&Guck-Aktionen der NSA plädiert der prominente Rechtsanwalt am Mittwochmorgen
dafür, Amerikas Staatsfeinden Nummer eins und zwei - dem Whistleblower Edward
Snowden und dem Wikileaks-Mitgründer Julian Assange - endlich Asyl in
Frankreich zu gewähren. [….]