Montag, 27. August 2018

Pimmelköppe


Jakob Augstein hat gute und schlechte Tage. 
Heute konnte ich über seinen Text lachen und ein „gefällt mir“ drunter klicken.

 [….]  Der Mob sammelt sich. Hunderte in kurzer Zeit. Sie ziehen durch die Stadt. Beobachter sprechen von einer Jagd auf "Ausländer". Ein Stadtfest wird vorzeitig abgebrochen . Die Polizei scheint überfordert. Wo sind wir? In Chemnitz. In Sachsen. Natürlich. Immer wieder Sachsen.
Sachsen ist wie das Internet. Nur in echt. Der ganze niedrige Hass, der sich im Netz Bahn bricht - in Sachsen kann man ihn auf der Straße sehen. Die Videos aus Chemnitz zeigen sie ja, die dicken, stiernackigen Männer, die mit ihren Glatzen aussehen wie Pimmel mit Ohren - allerdings Pimmel mit Sonnenbrillen. Sie sind das Fleisch gewordene Rülpsen und Tölpeln, das die sozialen Medien durchflutet. [….]

Was soll man schon noch anderes tun, außer die Sachsen auszulachen?
Und es stimmt auch so offensichtlich: Der rechte Mob, der sich so viel auf die Reinhaltung der Rasse und die kulturelle Identität einbildet, braucht besonders offensichtlich eine genetische Auffrischung.

Die Häßlichkeit ihrer Ideologie und die Einfältigkeit ihres Geistes korrespondiert frappierend mit ihrer phänotypischen Abscheulichkeit. Was sind das nur für häßliche Menschen?
In letzter Zeit liest und hört man öfter vom eklatanten Frauenmangel in den ostdeutschen Ländern (DDR = Der Doofe Rest).


Das spricht sehr für die ostdeutschen Frauen! Wenn das die Männer vor Ort sind, ist es weise sich in andere Bundesländer zu verziehen. Auch aus gesamtdeutscher Sicht ist es zu begrüßen, wenn sich die Pimmel mit Ohren nur noch untereinander sexuell betätigen und keinen Nachwuchs zeugen.
Die Sachsen sind einfach schrecklich und zeigen sich auch seit vielen Jahren kontinuierlich von ihrer schlechtesten Seite.
Es hat inzwischen derartig viele rechtsradikale Ausschreitungen in sächsischen Orten und Städten gegeben, so viel öffentlichen Menschenhass, so viel Gewalt gegen Minderheiten, so viel völkisch-viehischen Antihumanismus, daß es müßig ist die einzelnen Vorkommnisse noch aufzulisten. Welche sächsische Stadt hat keine rechtsradikale tief braune Szene?


Hinzu kommt der ekelhafte jammerige Opfermythos der Sachsen, die sich immer benachteiligt fühlen, stets glauben mehr als andere zu leiden.
Das ist immer das Erste, da man nach Nazi-Aufmärschen hört: „Sachsenfeindlichkeit“ – alle sind gegen uns. Die Presse, die Wessis, die Ausländer, wir haben es so schwer.

(….) Ich halte den psychohistorischen Ansatz des SPIEGELs für sinnig.
Seit August, dem Starken halten sich die Sachsen für das auserwählte Volk, die für Hochkultur, Reichtum und Schönheit stehen.
Die sächsischen Kulturschätze konterkarieren allerdings schon damals die politische und militärische Bedeutungslosigkeit.
Den mächtigen Königshäusern der Hohenzollern und Habsburger hatten sie nichts entgegenzusetzen, wurden nach Belieben vom ungeliebten Preußen dominiert.
Mitte des 18. Jahrhunderts mußte Sachsen hilf- und tatenlos zusehen, wie Friedrich, der Große einmarschierte. Schließlich fiel am Ende des Siebenjährigen Krieges auch noch Schlesien an Preußen, welches doch für Sachsen die langersehnte Landbrücke zu Polen bilden sollte.

Erst 1806 wurde das Kurfürstentum Sachsen durch Napoleon auch zum Königtum erhoben, verlor aber in der Leipziger Vielvölkerschlacht von 1813 an der Seite Frankreichs erneut schmachvoll gegen Preußen und konnte nur mit knapper Not verhindern wieder zum Fürstentum abzusteigen, indem es die Hälfte des Gebietes an Preußen abtrat. 1866 stand Sachsen an der Seite Österreichs im „Deutschen Krieg“ gegen Preußen und verlor erneut. Nur fünf Jahre später ging es dann endgültig als deutscher Kleinstaat im Kaiserreich der Preußen auf.

Die Sachsen entwickelten einen ausgeprägten regionalen Minderwertigkeitskomplex, der durch eine Mischung aus Opferkult und Größenwahn kompensiert wird.
Im 20. Jahrhundert setzte sich das nahtlos fort.
Sie waren besonders Hitler-treu, stellten den Großteil der NSDAP-affinen Deutschen Christen und fühlten sich erneut betrogen, als Dresden am Ende des zweiten Weltkrieges zerstört wurde.

Und sie erlebten Bombenangriffe auf die Hauptstadt, die so massiv waren wie etwa in Hamburg und Köln; aber nur die Sachsen entwickelten daraus einen Trauerkult, der bis heute anhält. „In Dresden spürt man bis heute diesen Identitätsverlust im und nach dem „Dritten Reich“, sagt [Martin] Roth, [der zehn Jahre lang die Staatlichen Kunstsammlungen Dresdens leitete] „Was bleibt ist diese Selbstherrlichkeit, dieses Im-eigenen-Saft-schmoren und gleichzeitig glauben, man sei der Größte.“

Das stimmt natürlich; Hamburg wurde fast komplett zerstört. Bei der Operation Gomorrha 1943 kamen mehr Leute in 48 Stunden um als in Dresden.
Aber hier wird darüber überhaupt nicht lamentiert.
Völlig unvorstellbar, daß es Aufmärsche am Jahrestag gäbe.
Das begreift jeder in Hamburg: Wir hatten selbst schuld, wir haben den Krieg angefangen und wir haben die Bombardierung von Zivilisten angefangen. Wir haben diesen Krieg in die Welt getragen und wollten nicht aufhören, als schon längst alles verloren war.
Man kann doch nicht im Ernst 70 Jahre später immer noch schmollend durch Dresden paradieren und die Briten deswegen hassen.

Die spinnen, die Dresdner.

 Deutschland will aber natürlich kein gescheiterter Staat sein, und deshalb wird sofort ermittelt, wenn eine latent explosive Situation entstanden ist. In diesem Fall: gegen Flüchtlinge, die mit ihren Handykameras gefilmt haben, und gegen Flüchtlinge, die eine obszöne Geste gemacht haben. Das also war das Hauptproblem in Clausnitz? Gut zu wissen.
Vielleicht geht es morgen nicht gegen Flüchtlinge. Vielleicht demonstrieren demnächst hundert Leute gegen Behinderte. Falls staatliche Stellen dann Behinderte gerade besonders bedrohlich finden – müssen diese dann damit rechnen, dass gegen sie ermittelt wird? Vielleicht.
Nein, der Vergleich ist nicht schief. Leider nicht. Spätestens nach Clausnitz steht fest: Der deutsche Staat kommt seinen Verpflichtungen nicht mehr nach. Das muss sich ändern. Und nicht nur im Interesse der Flüchtlinge.

Wer aber wie Parteien, Kirchen und andere Organisationen den Sächsischen Extremismus geschehen lässt, trägt eine Mitschuld an den Zuständen in dem Bundesland des Grauens. (….)

Willkommen in der Realität. Wir befinden uns nicht in einem linguistischen Proseminar, sondern in einem pluralistischen Chaos, in dem jeder durch das Internet seine unmaßgebliche Meinung in die Welt posaunt (ich natürlich auch.)
Pauschalisierungen sind der Vereinfachung geschuldet.
Ich bin selbst in zweifacher Weise Opfer.
Es war sehr schmerzhaft 2001 mit dem 19%-Wahlergebnis für den kriminellen Kokser Schill umzugehen.
DIE Hamburger. Den Schuh mußte ich mir anziehen. So ist das nun einmal, man gehört dazu, auch wenn ich natürlich nie Schill gewählt habe. Erst Recht wird auf mich eingedroschen, wenn es um DIE Amis geht.
Ich verachte Trump und seine Anhänger, aber die Republikaner mit ihrem Kandidaten Trump stellen die absolute Mehrheit der Gouverneure, die absolute Mehrheit der Senatoren, die absolute Mehrheit der Sitze im House und auch den Präsidenten und alle Regierungsmitglieder. DIE Amerikaner haben so gewählt, also muß ich mir gefallen lassen verbal mit DEN Amis in einen Topf geworfen zu werden. Wieso sollte mich das stören? Es handelt sich um Tatsachen.
Erfreulich war es bei der Hamburgischen Bürgerschaftswahl vom 29. Februar 2004 als Schill von 19,4% auf 0,4% wegbrach. Immerhin sind wir offenbar lernfähig. Das muß sich in den USA erst noch erweisen und in Sachsen scheint es überhaupt keinen Erkenntnisprozess zu geben.   


Natürlich sind DIE Sachsen nicht jeder einzelne Sachse. Daß es unter ihnen auch großartige und anständige Menschen gibt, ist so selbstverständlich, daß man es nicht extra erwähnen muss.
Aber wenn ein Bundesland mehrheitlich seit 28 kontinuierlich weit rechts der Mitte wählt, sich seit 28 Jahren kontinuierlich den rechtesten Ministerpräsidenten aller Bundesländer hält, bei der letzten Bundestagswahl die völkische AfD zur stärksten Partei machte und ganz offensichtlich weite Teile des Staatsapparates – inklusive Justiz und Polizei – auf einer Linie mit PEGIDA sind und den Rechtsstaat attackieren, statt ihn zu verteidigen, dann kann man nicht mehr erwarten viel Mitleid zu bekommen, wenn unzulänglich pauschalisiert und negativ über DIE Sachsen gesprochen wird.

(….) Sachsen ist eine Schippe schlimmer als andere Bundesländer, weil hier auch die Regierung klar Rechte bevorzugt, die Justiz einseitig Linke schlechter behandelt und auch die Polizei ungeniert mit PEGIDA sympathisiert.

Man darf nicht pauschal "die Sachsen" aburteilen, weil es selbstverständlich  auch die anderen Sachsen gibt, die den braunen Mob genauso schlimm finden, wie alle anständigen Menschen es tun.
Aber Sachsen wählt nun einmal mit Mehrheit seit 26 Jahren ununterbrochen die sehr rechte Sachsen-CDU, schickt die NPD in den Landtag.
 Übergriffe auf Minderheiten, Schwache, Flüchtlinge finden weit überproportional in Sachsen statt und schließlich ist die PEGIDA-Pest in allen anderen Städten außer Dresden eingegangen. [….]

Sachsen ist tatsächlich im Durchschnitt viel rechtsextremer, xenophober und widerlicher als der Rest Deutschlands.

Man muß sich natürlich immer darüber im Klaren sein, daß Bezeichnungen von Völkern, Nationen, Volksstämmen grundsätzlich pauschal und unpräzise sind.

Formulierte man präzise, dürfte man gar keine Sympathien oder Antipathien für Nationen bekunden.
Man "fühlt" aber dennoch so und so gehört es zu unserem Sprachgebrauch.
Daher habe ich mich dem Schicksal inzwischen ergeben und formuliere zumindest in Chats der sozialen Netzwerke auch gelegentlich Pauschalurteile wie "ich mag die Inder nicht", "die Amis sind sowas von totalverblödet", "Bayern kann ich nicht leiden" oder auch "Ich liebe ja die Holländer!".

Die Pauschalisierung ist so offensichtlich, daß niemand auf die Idee kommen sollte, ich habe damit  jeden einzelnen Inder und jeden einzelnen Bayern im Sinn.
Natürlich gibt es viele nette Inder und freundliche, sozial eingestellte Bayern, natürlich gibt es auch Holländer, die Wilders wählen.

In dem Sinne: Verdammte braune Sachsen!
Kann man die nicht wieder zurückgeben? Verkaufen? Wozu brauchen wir die?
Säxit Now.  (….)

 Die Ereignisse der letzten beiden Tage sind nicht nur an sich schockierend, sondern doppelt widerwärtig, weil sie perfekt in das Narrativ des häßlichen ungebildeten gewalttätigen Sachsen passen und zudem wieder einmal zeigen, daß die sächsischen Behörden und Regierungsstellen immer noch vollkommen im Umgang mit Nazis versagen. Das können wir Nicht-Sachsen seit Jahren singen und die sächsischen Wähler rücken nur noch weiter nach rechts.


#c2708 pic.twitter.com/3God3mGHQT
— Raphael Thelen (@RaphaelThelen) 27. August 2018

Sachsen versagt!
Erst der krakeelende Kleingeist in Clausnitz, dann der hämische Mob in Bautzen. Ja: Sachsen hat ein Problem, und das nicht erst seit gestern. In keinem anderen Bundesland werden Fremde häufiger angegriffen als hier: Jede vierte Straftat mit fremdenfeindlichem Hintergrund findet dort statt. Aufklärungsquote: Miserabel.
Darin liegt das eigentliche Problem in Sachsen: Rechtsfreie Räume für Rechtsextremisten und Fremdenfeinde - und eine Polizei, die am Ende verängstigte Flüchtlinge zu Tätern erklärt, statt fremdenfeindliche Straftaten aufzuklären. Dass die regierende CDU in Sachsen jahrelang nicht nur weggeschaut, sondern auch noch mitgezündelt hat, unterstreicht: In Sachsen versagt der Staat, weil er Flüchtlinge nicht schützt und Demokratiefeinde gewähren lässt. Die fühlen sich nämlich getragen von Spitzenpolitikern der sächsischen CDU, die wahlweise „keine rechten Umtriebe“ in ihrem Land sehen wollen oder schon vor Jahren von „positiven, nationalen Wallungen“ träumten.
Deshalb greifen die üblichen offiziellen Empörungsrituale heute zu kurz. Wer verhindern will, dass weiter Flüchtlingsheime brennen und Flüchtlinge angegriffen werden, muss wirklich entschieden durchgreifen. Und das heißt auch: unfähige Polizeipräsidenten entlassen und Politiker abstrafen, die sich mit dem Ungeist fremdenfeindlicher Parolen immer wieder gemein machen. Nicht nur in Sachsen!


Wir sind jetzt alle in der Verantwortung, weil die sächsischen Fußtruppen ideologisch schon viel zu weit auf rechte Irrwege abgedriftet sind und die Landes-CDU die Rechten auch noch bestärkt und ermutigt.

Ich bekenne mich zu meinen Vorschlägen von vor zwei Jahren.

(….) Die Bundesregierung muß das endlich ernsthaft angehen.
Drei Maßnahmen für den Osten sollten ganz oben auf der Agenda stehen – und ich erinnere in diesem Zusammenhang noch einmal daran, daß Herr Schäuble gegenwärtig auf überquellenden Kassen sitzt.

Massive Investition in Bildung, Schulen, Kitas, Betreuung, Sozialarbeit, Jugendämter.
Es kann nicht angehen, daß im reichen Deutschland nach wie vor die Grundschulen vergammeln und Millionen Kinder in Armut und potentieller Bildungsverwahrlosung aufwachsen.

Man muß die Initiativen, die Rechtsradikalismus bekämpfen, Aussteigerprogramme unterhalten, als Asylhelfer fungieren, finanziell viel besser ausstatten und nicht etwa wie die erbärmliche Kristina Schröder die Mittel entziehen.

Der Bund hat Druck auf die sächsische Landesregierung auszuüben, daß sie sich nicht bei den Rechtsradikalen anbiedert, sondern das Problem endlich ernstnimmt.
Mit Sonntagsreden und guten Worten funktioniert das offensichtlich nicht.
Da müssen klare Drohungen her: Kürzung der Subventionen, keine bundesfinanzierten Infrastrukturmaßnahmen mehr in Sachsen. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig könnte sich einen anderen Standort suchen. Das Bundesinnenministerium könnte Sachsen die Unterstützung bei der Ausrichtung von Sport-Events entziehen.
Internationale Messen, Tagungen, Gipfel finden nicht mehr in Sachsen statt.

Es wäre unfair alle Sachsen zu strafen, aber wenn sich sie sächsischen Bürger wenigstens Pegida und Co entgegenstellen, wenn sie es vermögen endlich auch mal das Bild vom anderen Sachsen zu transportieren, könnte man den Liebesentzug des Bundes auch schnell wieder aufheben.

Es sind aber bisher nicht "nur" die paar Zehntausend Pegioten, die Montags marschieren und nachts hunderte Asylbewerberheime anzünden, sondern das große Problem ist die übergroße indolente Mehrheit der Sachsen, die das stillschweigen (oder zustimmend??) hinnimmt, es nicht für nötig hält etwas dagegen zu unternehmen.

Sachsen wird täglich abscheulicher und kann sich offenbar nicht selbst aus dem braunen Sumpf ziehen.

 Die seit Dekaden bestehenden rechtsextremen Strukturen im Bundesland der Schande werden seit ebenso langer Zeit vom CDU-Innenministerium bestenfalls hingenommen, oft aber auch von Gestalten wie Innenminister a. D. Ulbig sogar bestärkt.

[…..] Dem Gerücht, die Männer hätten auf dem Stadtfest Frauen belästigt, widersprach die Polizei schnell.
Doch da waren die Ereignisse bereits außer Kontrolle geraten: Nachdem um 15 Uhr bereits rund 100 Teilnehmer bei einer von der AfD organisierten Veranstaltung protestierten, zog um 16.30 ein rechtsradikaler Mob los. Von dessen Dimension sind Experten und Beobachter der Chemnitzer Hooliganszene wenig überrascht. "Zum Umfeld von Kaotic Chemnitz gehören zwar nur rund 100 Personen, doch in der Stadt haben rechtsradikale Hooligangruppen Tradition", sagte Robert Claus, Autor des im vergangenen Jahr erschienen Buches "Hooligans", dem SPIEGEL. [….]

[…..] Sie finde den Aufmarsch der Rechten gut, sagt Judy. Einige hätten es zwar übertrieben mit der Gewalt. "Aber wir brauchen die Rechtsextremen, wir brauchen Menschen, die mal in den Stadtpark gehen und einen umklatschen. Wenn wir Frauen demonstrieren gehen, wäre das doch allen egal", sagt die 32-Jährige. Wegen der männlichen Flüchtlinge fühle sie sich unwohl. Ihre Freundin nickt.
Viele zeigen Verständnis für die Rechten. So wie Judy und Tamea denken nicht wenige der Menschen, die man an diesem Montagmorgen in der Chemnitzer Innenstadt trifft. Auffällig viele äußern Verständnis oder Sympathie für die Proteste der Rechten, einige wenige auch für die Gewalt. Ob sie in der Mehrheit sind, vermag niemand zu sagen. Wer sich jedoch unter Chemnitzern umhört, ob sie empört sind angesichts der Ereignisse der vergangenen Tage, bekommt eine klare Antwort: Natürlich, so könne es nicht weitergehen. Die meisten beziehen ihre Antwort jedoch auf die tatsächliche oder vermeintliche Gewalt von Migranten.
Da ist zum Beispiel der für den Innenstadtbereich zuständige sogenannte Bürgerpolizist: Es gebe dort eben ein allgemeines Gefühl der Angst. Auch er persönlich frage sich, "ob wir das Geld, das wir für Einwanderer ausgeben, nicht lieber Deutschen geben sollten, die hier jeden Morgen Briefe austragen". [….]


Es handelt sich bei Sachsen tatsächlich um einen failed state, wenn nach 28 Jahren CDU-Regierung weite Teile der Bevölkerung weder über Geschichtsbewusstsein verfügen, noch die simpelsten Fakten kennen.
Wenn dem durchschnittlichen Sachsen auf der Straße jedes Unrechtsbewusstsein fehlt und Gewalt gegen Minderheiten gutgeheißen wird.

Die AfD, Sachsens stärkste Partei, surft auf der xenophoben Welle, die sächsische Polizei agiert, wie gewöhnlich falsch und/oder hilflos.

[…..] Der AfD-Abgeordnete Markus Frohnmaier hatte getwittert: "Wenn der Staat die Bürger nicht mehr schützen kann, gehen die Menschen auf  
die Straße und schützen sich selber. Ganz einfach!" Und: "Heute ist es  Bürgerpflicht, die todbringende... 'Messermigration' zu stoppen!"
An dem spontanen Aufmarsch in Chemnitz beteiligten sich nach Einschätzung der sächsischen Linke-Politikerin Kerstin Köditz Nazis aller Couleur. Es seien nicht nur Hooligans auf der Straße gewesen, sagte Köditz der Deutschen Presse-Agentur. Das habe man auch bei Krawallen wie in Freital oder Heidenau 2015 beobachten können. "Es ist mittlerweile unkompliziert, aus irgendeinem Anlass binnen kurzer Zeit eine große Menge zusammenzubringen."
Die Linke-Politikerin kritisierte zugleich Versäumnisse bei der Polizei. "Warum hat man so lange gebraucht, um genügend Einsatzkräfte herzubringen. Wenn Informationen durchsickern, dass es am Rande eines Stadtfestes einen Toten gab, dann hätte die Polizei eigentlich Gewehr bei Fuß stehen müssen - bei all dem Alkohol, der bei solchen Gelegenheiten konsumiert wird", so Köditz weiter. Sie könne nur hoffen, dass die Polizei die für diesen Montag angekündigten Demonstrationen "auf dem Schirm hat". [….]



Sachsen ist verloren. Wir, also alle, die links von der AfD stehen und sich einigermaßen humanistischen Werten verpflichtet fühlen, haben keine Gemeinsamkeiten mehr mit dem Straßenmob in Chemnitz. Wir verstehen sie nicht, beziehen unsere Informationen aus anderen Quellen.
Ein irgendwie weiterwurschteln darf es nicht geben.

Sonst sind wir alle in Deutschland in einigen Jahren womöglich da, wo Budapest, Wien, Warschau und Washington schon angekommen sind: Im postfaktischen protofaschistoiden Sumpf, in dem die Würde des Menschen abgeschafft ist.

 [….] Das Netz bietet diesen Menschen die rechten Dunkelkammern, in denen sie sich nach Taten, wie der von Chemnitz über die Nichtberichterstattung der Tagesschau beschweren. Die Zeit, die verantwortungsvoller Journalismus braucht, wollen diese Leute ihm natürlich nicht einräumen.
Was man in Chemnitz am Wochenende beobachten konnte, war die Manifestation der parallelen Netzgesellschaften, mit denen sich die liberale Medienkritik so lange schon befasst. Aber je länger man von parallelen Gesellschaften spricht, desto mehr stellt sich die Frage, welche Gesellschaft die eigentliche ist. Und da wird das Missverständnis immer größer. "Wir erreichen die nicht mehr", denken die Leute in den Redaktionen über den rechten Mob. Und dasselbe denkt der rechte Mob über die Leute in den Redaktionen: "Wir erreichen die nicht mehr". [….]