Freitag, 13. Mai 2016

Und wieder einen Punkt runter.


Das war ein schöner Aufreger diese Woche:
Sigi und die Putze.
Susanne Neumann, die inzwischen bundesberühmte Putzfrau saß neben Gabriel und fragte richtig, bzw drastisch wieso man die SPD noch wählen solle.
Punkt für sie.
Gabriel, diesmal auf Zack, machte sich ihre Bedenken zu eigen, gelobte Einsicht, verwies aber drauf, daß er an der CDU/CSU scheitere.
Punkt für ihn.
Neumann schlagfertig: „Warum bleibt ihr dann bei den Schwatten?“
Punkt für sie.


Mehr wird in unserer hechelnden Medienwelt üblicherweise nicht berichtet.
Auch Gabriel punktete nämlich weiter.
Wäre man nicht in die GroKo gegangen, hätten wir keinen Mindestlohn und keine Rente mit 63.
Punkt für Gabriel.
Sich einer GroKo zu verweigern und auf Totalkonfrontation zur Union/AfD/FDP hätte bedeutet, daß es Geringverdienern noch deutlich schlechter als jetzt ginge.
Punkt für Gabriel.

Wichtig zu wissen; Frau Neumann war vor wenigen Wochen in die SPD eingetreten, denn sie sagte sich richtigerweise, daß die Niedriglöhner alle in die SPD eintreten sollten, um zu erreichen, daß die SPD effektiv für sie kämpft. Eine andere Partei gäbe es schließlich nicht für sie.
Wohl war. Wer die SPD verlässt, sie nicht wählt, hilft „den Schwatten“ und verhindert, daß die Sozis linke Herzenswünsche durchsetzen können.

Ein Dilemma, aber rational betrachtet, muß man in dieser Diskussion eigentlich für Gabriel und nicht für Neumann Partei ergreifen.
Die Groko ist für Arbeitnehmer weit besser als Schwarzgelb. Tatsächlich konnte die SPD erstaunlich viel gegen die anderen beiden Parteien durchsetzen.

 SPD ist besser als ihr Ruf
Reform der Leiharbeit, Mindestlohn - die Politik der SPD dominiert die große Koalition. Die Sozialdemokraten sind weitaus erfolgreicher, als sie selbst glauben. […..] Viele Sozialdemokraten freuen sich vermutlich nicht im selben Maße darüber, dass sie jetzt den Missbrauch der Leiharbeit einschränken, wie sie sich weiter dafür schämen werden, ihn überhaupt ermöglicht zu haben. […..]

Das ist das Eine.

Aber da heute mal wieder eine neue Sonntagsfrage veröffentlicht wurde, bei der die als seriös geltende Forschungsgruppe Wahlen für Gabriels Partei einen neuen Tiefpunkt diagnostiziert, fragt man sich schon, wieso es so unmöglich ist die GroKo-Erfolge zu „verkaufen“.

Die Antwort dürfte etwas damit zu tun haben, daß Sozialdemokraten scheinbar ohne Zwang und Not bei anderen Themen immer wieder auf CDU-Linie einschwenken und damit ihre natürlichen Unterstützer vergrätzen.

TTIP-Unterstützung, Vorratsdatenspeicherung, Riesensubventionen für die steinreiche Autoindustrie – das hilft nicht bei dem Werben um Wählersympathien.

Das betrifft auch die heutige SPD-Peinlichkeit im Bundestag.
Offenbar aus vorrauseilendem Gehorsam gegenüber der AfD nickten die Sozi-Abgeordneten mal eben halb Nordafrika als „sicher“ ab.
Kein Asyl mehr.
Scheiß aufs Grundgesetz.

[….] Die Entscheidung des Bundestags zu den drei Maghreb-Staaten ist nichts anderes als sinnloser Populismus. Der Bundesrat sollte das Gesetz stoppen.
Die Bundesregierung stempelt immer mehr Ländern das Prädikat "sehr gut" auf - auch wenn dort nachweislich gefoltert, verfolgt, getötet wird. Am Freitag hat der Bundestag beschlossen, jetzt auch Algerien, Marokko und Tunesien in die Liste sogenannter sicherer Herkunftsstaaten aufzunehmen. Insgesamt sollen es damit bald elf Staaten sein, die aus Sicht Deutschlands als sicher gelten.
[….] Wenn die Landesregierungen klug sind, lassen sie das Gesetz durchfallen. Dann gäbe es endlich ein wirksames Nein gegen das unsinnige Prinzip der Staaten-Kategorisierung in sicher und unsicher.
[….] In Teilen der Länder werden Oppositionelle, Behinderte oder Homosexuelle diskriminiert und verhaftet, Frauen straflos vergewaltigt. Das räumt selbst die Bundesregierung ein.

Ja, ich glaube, daß eine Mehrheit der Deutschen einen harten menschenfeindlichen Flüchtlingskurs befürwortet. Sollen diese Asylanten doch lieber irgendwo an der türkischen Grenze erschossen werden oder im Mittelmeer ersaufen – das ist alles besser, als wenn sie nebenan einziehen und womöglich der Wiederverkaufswert des Eigenheims marginal sinkt.
Bestimmt denken AfD-Anhänger so, höchstwahrscheinlich die meisten C-Partei-Anhänger und vielleicht auch mehr Sozis als mir recht ist.
Wirklich engagierte Linke, die denken und mitdenken, ertragen so eine amoralische Politik allerdings nicht.
Sie werden nur noch weiter von der SPD weggestoßen.
Dabei sollten Gabriel, Oppermann, Nahles und Co genau um diese Bevölkerungsgruppe kämpfen, denn diejenigen, die ohnehin Ausländer hassen, wählen sowieso andere Parteien.
Heute sagte die LINKE Ulla Jelpke das einzig Richtige im Bundestag, während die Sozis mit der CDU stimmten.


Dank der GroKo können nun vergewaltigte Frauen, Folteropfer und drangsalierte Schwule aus den Maghreb-Staaten de facto kein Asyl mehr in Deutschland bekommen.
Shame on You, SPD.

Der Deutsche Bundestag hat am Freitagvormittag mit den Stimmen der Großen Koalition Algerien, Marokko und Tunesien zu "sicheren Herkunftsstaaten" erklärt, obwohl alle drei Länder Homosexuelle wegen ihrer sexuellen Orientierung mit mehrjährigen Haftstrafen drohen. Bei einer namentlichen Abstimmung stimmten 424 Abgeordnete für die Neueinstufung, 143 waren dagegen, drei Parlamentarier enthielten sich. Damit haben sich einige Abgeordnete der Regierungskoalition entschieden, mit Grünen und Linken das Gesetz abzulehnen. [….] Auch in der SPD gab es Widerstand: So stimmte die Kölner Abgeordnete Elfi Scho-Antwerpes gegen das Gesetz und kritisierte die Anerkennung der Maghreb-Staaten in einer Pressemitteilung mit deutlichen Worten: "Schnellere Asylverfahren und eine Entlastung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge sind wünschenswert, das mit diesem Gesetz gewählte Instrument ist jedoch falsch." Insbesondere die Situation von Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen Identität verfolgt würden, sei verschlechtert worden. "Schon aus Angst vor Übergriffen und einer möglichen Rückführung in das Heimatland werden Menschen aus der LSBTI-Community den wahren Grund ihrer Flucht zunächst nicht angeben und sich nicht outen", so Scho-Antwerpes.
Auch der Lesben- und Schwulenverband hatte scharf kritisiert, dass die drei Verfolgerstaaten das Siegel "sicher" erhalten: "Wer Algerien, Marokko und Tunesien zu 'sicheren Herkunftsstaaten' erklärt, rechtfertigt die Verfolgung Homosexueller. Er macht sich mitschuldig, dass dort Menschen politisch verfolgt, eingesperrt und misshandelt werden, nur weil sie anders lieben", so LSVD-Sprecher Axel Hochrein.

Da hätte die SPD mal insgesamt Rückgrat zeigen können.
 Ich wäre so gern mal wieder stolz auf meine Leute und nicht nur auf eine einzige Volksvertreterin.

Mindestens genauso erbärmlich ist das Schweigen der SPD-Minister zu den Berichten, daß türkische Soldaten Flüchtlinge einfach erschießen.
Eine Partei, auf die ich stolz wäre, würde das aufgreifen und anprangern.
Und wieder ein paar Wähler weg.

[….] Türkische Soldaten sollen syrische Flüchtlinge erschossen haben, das berichtet Human Rights Watch. Die Reaktion der Bundesregierung: keine.
[….] Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte sprach im März gar von 16 Toten.
Die Bundesregierung reagiert, anders als im Januar, mit kollektivem Schulterzucken. Weder Bundeskanzlerin Angela Merkel, noch ihr Stellvertreter Gabriel oder ein anderes Kabinettsmitglied haben es bislang für nötig erachtet, zu den Vorwürfen Stellung zu beziehen.
[….] "Das Gegenteil von Hoffnung ist nicht Verzweiflung, sondern Gleichgültigkeit", schreibt der amerikanische Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel. "Das Gegenteil von Liebe ist nicht Hass, sondern Gleichgültigkeit." Die Schutzsuchenden im türkisch-syrischen Grenzgebiet müssen das gerade leidvoll erfahren. [….] Europa leidet unter keiner Flüchtlingskrise. Der Libanon, ein Land mit vier Millionen Einwohnern und einer Million Flüchtlingen, leidet unter einer Flüchtlingskrise. Europa leidet unter einem Mangel an Empathie und Solidarität. [….]