Mittwoch, 22. Februar 2012

Westerwelle lebe hoch!




Wenn man FDP-Minister nicht ständig beaufsichtigt und sie reden läßt wie ihnen der Schnabel gewachsen ist, wird es peinlich.

Wer würde je vergessen, wie Guido noch vor seiner Vereidigung einem Journalisten beschied „Es ist Deutschland hier“ und sich hartnäckig weigerte eine englische Frage zu beantworten.
Wie er in der Türkei lospolterte „Ich bin nicht als Tourist in kurzen Hosen hier - was ich sage, zählt!“

Sehr schön auch der damalige Wirtschaftsminister Brüderleim November 2009, der Jokes auf Kosten des im Rollstuhl neben ihm sitzenden Schäubles riss: Er müsse die ganze Zeit stehen, während Schäuble sitzen könne. 
Geht es noch peinlicher?

Noch mal ausgegraben habe ich den Artikel von Ralf Neukirch über den „Teilzeitaußenminister Westerwelle“ aus dem April 2010.

Das passte zu dem Westerwelle, den man als Oppositionsführer kannte, stets zu laut und oft an der Grenze zum Unseriösen. […] Er ist nicht nur der unbeliebteste Außenminister seit Jahrzehnten, er ist der unbeliebteste Spitzenpolitiker überhaupt. In einer Umfrage der vergangenen Woche landete er noch hinter Linken-Fraktionschef Gregor Gysi auf dem letzten Platz einer Beliebtheitsrangliste. Westerwelle erweckt bislang nicht den Eindruck, dass er sich seinem Amt voll und ganz verschrieben habe. Bisweilen scheint es, als verstehe er es mehr als Nebentätigkeit, als nette Ergänzung zum Parteivorsitz. Vielleicht sollte er endlich mal zeigen, dass er auch die Kunst der Diplomatie beherrscht, dass er auch still kann, nicht nur schrill.

Zum Beispiel während der Afrikareise im April 2010:

Westerwelle steht in einem Besprechungsraum des Ocean Road Hospital von Daressalam und soll ein paar Worte zur Begrüßung sagen. In dem deutschen Kolonialbau hat Robert Koch vor rund hundert Jahren an Malaria geforscht. Es war für lange Zeit das einzige Krebskrankenhaus in Ostafrika.
Westerwelle könnte jetzt einiges zur interessanten Geschichte des Hospitals sagen, aber er legt ein fast aufreizendes Desinteresse an den Tag. Er habe über das Krankenhaus gelesen, sagt er und murmelt etwas von Respekt und harter Arbeit. Westerwelle weiß offenbar wenig über das Haus. Es ist heiß und schwül. Er will schnell weg. […]
Westerwelle liebt seinen Status, er schätzt es, von Staatschefs und Ministern empfangen zu werden. Leider hat man selten den Eindruck, er interessiere sich für das, was seine Aufgabe ist. […]
"Ich will mir nicht ein paar schöne Jahre im Auswärtigen Amt machen und die Welt kennenlernen", hat Westerwelle auf dem Höhepunkt des innenpolitischen Streits um Hartz IV gesagt. Ein paar schöne Jahre, das ist Westerwelles Idee von Außenpolitik. Im Auswärtigen Amt kam das nicht gut an.
Die Beamten haben registriert, dass Westerwelle sich selten länger für ein Thema interessiert. Er will nur Dinge wissen, die ihm über das nächste Gespräch, die nächste Pressekonferenz hinweghelfen: Wo sind Streitpunkte, was ist die deutsche Position, die offensichtlichen Fragen eben. Im Amt heißt es, dass er auf dem Flug nach Peking im Januar zum zuständigen Referenten gesagt habe: "Sie haben sieben Minuten Zeit, mir China zu erklären."


Im Streit über Gauck wäre die Koalition beinahe zerbrochen. „Die Möglichkeit, die Koalition zu beenden, ist von der Union mehrfach genannt worden“, erzählte jetzt FDP-Chef Philipp Rösler über das „dramatische Zwischenspiel“.
Kanzlerin Merkel soll Rösler angebrüllt haben, eine Unterstützung Gaucks durch die FDP gegen die Union würde die weitere Zusammenarbeit schwer belasten. Dies sei dann eben so, habe Rösler lässig geantwortet – und sich durchgesetzt.

Kaum war die Empörung im Kanzleramt wieder ein klein wenig abgeebbt, ließ der Rotzlöffel gleich wieder jeglichen Respekt vermissen und schlug dem doppelt so alten und designierten ersten Mann im Staate kumpelhaft auf die Schulter:

Als Joachim Gauck am Sonntagabend im Kanzleramt ankam, fragte ihn Philipp Rösler zur Begrüßung flapsig: „Na, wie haben Sie denn Ihr Haus finanziert?“
 Gauck habe peinlich berührt gewirkt, berichteten mehrere Teilnehmer der Sitzung.

Entwicklungshilfeminister Niebel (wir erinnern uns: Das ist der Typ, der vor der Wahl versprach das Ministerium abzuschaffen) hat ebenfalls eine spezielle „Diplomatie à la FDP“ entwickelt.
 Wenn ihm kritische Fragen gestellt werden, bricht er einfach das Gespräch ab.

Die Wiener Zeitung "Standard" berichtet nun von einem neuen Fauxpas: Während eines Telefoninterviews habe Niebel aufgelegt, weil der Journalist eine Frage zur Personalpolitik in seinem Entwicklungsministerium gestellt habe. Ein Niebel-Sprecher habe später eingeräumt: "Ja, bei dieser Frage reagiert der Minister immer sehr genervt."

Beim diesjährigen Dreikönigstreffen schwang sich die FDP-Niebelkerze zum Mario Barth der Politik auf:

Soeben, auf ihrem Dreikönigstreffen in Stuttgart, hat sie aber gefunden, was sie gar nicht gesucht hat: einen liberalen Kabarettisten. Dirk Niebel, der FDP-Entwicklungshilfeminister und Ex-Generalsekretär unter Westerwelle, hielt dort eine Rede, in der er feststellte, dass Deutschland die stärkste Volkswirtschaft der Welt sei, "weil wir die FDP und Rösler in der Regierung haben". Und: Weil "wir Westerwelle in der Regierung haben", seien die Deutschen "das beliebteste Volk der Welt".
Man kann Lob so übertreiben, dass man die Gelobten damit lächerlich macht. Das ist Niebel - absichtlich oder unabsichtlich? - gelungen. Er hat Philipp Rösler, den Wirtschaftsminister und FDP-Parteichef, und Guido Westerwelle, den Außenminister und Ex-Parteichef, auf diese Weise unangreifbar verspottet.

(Heribert Prantl 07.01.2012)

Es ist schon frappierend, daß es gerade die Bürgerlichen sind, die mit Stil und Anstand so gar nichts am Hut haben. 

Wulff ist fanatischer Billigheimer, der von der Villa über Auto bis zu Bobbycar und Handy stets alles billiger haben will und auf Teufel komm raus nicht die Wahrheit darüber auspacken mag.

Guttenberg plagiiert im ganz großen Stil und behauptet bis heute er habe bei der Doktorarbeit, die zu 95 % (sic!) abgeschrieben ist, nicht bewußt geschummelt.

Und die FDP’ler benehmen sich auf dem großen Parkett so, wie ein kleiner Rüpel-Junge im Sandkasten.

Man muß wirklich froh sein, wenn sich diese Vertreter Deutschlands verstecken und nicht öffentlich in Erscheinung treten.

Insofern bewerte ich Guido Westerwelles neuesten Patzer auch völlig anders als die normale Presse.
Mit einer Absage eines gemeinsamen Treffens hat Ex-Vizekanzler Guido Westerwelle Amtskollegen aus fünf nordeuropäischen Ländern nach monatelangen Vorbereitungen vor den Kopf geschlagen.

Laut einem Vorabbericht der am Donnerstag erscheinenden "Zeit" wollten die Außenminister von Island, Norwegen, Schweden, Finnland und Dänemark am 4. Mai nach Berlin kommen, um zu erläutern, warum Deutschland für sie als europäische Führungsmacht immer wichtiger werde. Westerwelle habe mitteilen lassen, er habe keine Zeit. Die Zeitung zitiert einen skandinavischen Diplomaten mit den Worten: "Sind deutsche Politiker denn nun imstande, Verantwortung für Europa zu übernehmen oder nicht?"
(Dapd 15.02.12)

Nun ja, es mag zwar etwas unfein sein, gleich fünf oberste Diplomaten sitzen zu lassen - insbesondere wenn man der Gastgeber ist.

Aber Össur Skarphéðinsson, Jonas Gahr Støre, Carl Bildt, Erkki Tuomioja und Villy Søvndal haben ja keine Ahnung wie peinlich es erst werden könnte, wenn Guido NICHT abgesagt hätte, sich mit ihnen getroffen hätte und dann womöglich zeternd von spätrömischen kurzen Hosen, die deutsch sprechen doziert hätte.

Die Herren aus Island, Norwegen, Schweden, Finnland und Dänemark sollten froh sein!