Freitag, 6. Juni 2025

Nazis im Pech

Es ist natürlich DAS weltweite Megathema der letzten 24 Stunden.

Ausgerechnet mitten im Pridemonth zerbricht die große Männerliebe zwischen dem mächtigsten Mann der Welt und dem reichsten Mann der Welt.

Ausgerechnet Alexandria Ocasio-Cortez fand die richtigen Worte:

“Oh, man, the girls are fighting, aren’t they?”

Falls irgendjemand unter einem Stein leben sollte und es noch nicht mitbekommen hat; folgendes ist passiert.


Ich schließe mich den beiden Hauptdeutungen an.

Erstens war dieses Zerwürfnis, wie auch AOC an ihre fighting-girls-Bemerkung anschließend ausführte, von fast allen politischen Beobachtern erwartet worden. In MAGAstan ist nur Platz für einen Gott. Aber weder Trump noch Musk sind in der Lage, irgendwo die Nummer Zwei zu spielen.


[….]  “You know, I would say that this was something that was a long time coming, where we’ve been seeing that these two huge egos were not long for being together in this world as friends. And so I think this breakup, we’ve been seeing a long time coming. But we’ll see what the impacts are of it legislatively.” [….]

(Mediaite, 06.06.2025)

Zweitens war die Eskalation viel schneller und heftiger, als erwartet. Der US-amerikanische Terminus lautete „Elon went nuclear“. Die nukleare Option ist immer die äußert und extremst mögliche. Das klingt dramatisch, aber die Analogie ist etwas schief, da der Sinn einer nuklearen Bedrohung darin besteht, diese Option zu vermeiden, weil sie beide Seiten vernichten würde.

 

Ohne ins Lager der Verschwörungstheoretiker zu wechseln, gehört nicht viel Phantasie dazu, enorme wechselseitige Zerstörungskräfte zu wittern. Geld und Macht können sich selbstverständlich bestens ergänzen, um noch mehr Geld und Macht zu generieren. Tatsächlich wurde Trumps Macht von Geld gekauft und seine Präsidialmacht flugs dafür genutzt, ihn selbst und seine Milliardärskumpels sehr schnell viel reicher zu machen. Die Korruption erfolgt nun offen. Trump begreift seine zweite Amtszeit als Aufforderung, sich und seinen Kindern die Taschen vollzustopfen. Das Wohlwollen des US-Präsidenten kann man kaufen.

Für 40 Millionen Dollar lässt Jeff Bezos, der bereits eine Million Dollar zahlte, um bei der Trump-Amtseinführung hinter ihm zu stehen, eine Hochglanz-Dokumentation über Melania Trump erstellen, bei der 28 Million Dollar als persönliches Honorar für Melania vorgesehen sind. So sichert man sich, als zweit- oder drittreichster Mann der Erde, seine Geschäftsinteressen in Washington ab.

Bedenkt man, wie korrupt und kriminell Musk/Trump sind und über welche enorme technische, administrative und finanzielle Macht die beiden verfügen, möchte man nicht ins Kreuzfeuer geraten. Man weiß zwar um die de facto nicht vorhandene Selbstkontrolle Trumps, wundert sich aber doch, wie fahrlässig er die gesamte MAGA-Koalition wackeln lässt. Gewinnen können Trump und Musk nichts; sie können nur die verhassten linken, liberalen Gegner glücklich machen, die jetzt das Internet mit Popcorn-Memes fluten.

Aber es ist, wie Hillary Clinton im Wahlkampf 2016 immer sagte; Trump ist „the man you can bait with a tweet.“ Oder wie es unzählige Comedians immer wiederholen „Trump can’t help himself“; er muss über jedes Stöckchen springen und manisch unentwegt lügen, um sich selbst zu loben.

Hätten Trump und Musk auch noch den Hauch der Selbstkontrolle eines Kindergartenkindes, würden sie einfach die Klappe halten. Aber sie können tatsächlich nicht. Ihr bis zum Bersten aufgeblasenes Ego zwingt sie, sich auf offener Weltbühne immer lächerlicher zu machen.

Das sind seltene Glücktage für die Linke und stürzt die rechtsradikalen Parteien weltweit in die Krise. Ihre Anhänger lieben Trump! Mit seinen menschfeindlichen Attacken können sie immer wieder ihre eigenen Hassgefühle befriedigen und ihn zudem als Blaupause dafür nutzen, wie man selbst an die Macht kommt.
Wenn ihr oranger Messias also aus allen Rohren gegen den „Afrikaner Musk“ hetzt,
fühlen sie sich gezwungen, ebenfalls Musk zu verdammen. Aus Neigung und auch, weil Trump unbedingte Loyalität verlangt.

Unglücklicherweise können sie aber nicht Musk total verdammen, weil er der Mann mit dem Geld ist, der die Nazi-Parteien in GB, FRA und DT finanziert und Weidel mit gemeinsamen Auftritten boostet.

Das Zerbrechen der großen Männerliebe ist also nicht nur für Magamerica, sondern auch die europäischen Nazis gefährlich. Trump selbst fürchtet nicht den zaudernden politischen Gegner, nicht die zahnlose Presse und nicht die viel zu harmlose Justiz. Er muss aber Musk fürchten, weil der Gehör in Trumps eigener Blase findet.

[…..] Eine so seltsame Freundschaft wie die von Donald Trump und Elon Musk, das war zu erwarten, zerbricht nicht einfach so. Wenn zwei Egos von diesen galaktischen Ausmaßen sich trennen, dann tun sie das nicht nur mit Pauken und Trompeten, sondern auch mit Raketen und Stinkbomben. Und siehe da: „Es ist Zeit, die wirklich große Bombe zu zünden“, schrieb Musk im Zuge seiner Social-Media-Schimpfattacke über seinen eben noch besten Freund im Weißen Haus. Donald Trump, so Musk, „ist in den Epstein-Akten“. Das sei der Grund, warum sie nicht öffentlich gemacht wurden. „Einen schönen Tag noch, DJT!“, schob Musk hinterher – wohl wissend, dass er gerade eine Linie überschritten hatte, hinter die es kein Zurück gibt. Denn er hatte den Präsidenten damit mehr als nur andeutungsweise mit einem der berüchtigtsten Sexualstraftäter Amerikas in Verbindung gebracht.

Eine seiner Parolen, die Donald Trump schon zu Beginn seiner Karriere ausgegeben hatte, lautete: „Es gibt keine schlechte Presse, es sei denn, du bist ein Pädophiler.“ Eine konkrete Verbindung zum Fall Epstein, wie Musk fast feierlich suggerierte, hätte aber allemal das Potenzial für schlechte Presse im Sinne Trumps.

Der Investmentbanker und Multimillionär Jeffrey Epstein war im August 2019 erhängt in seiner Gefängniszelle in New York aufgefunden worden. Die Ermittler schlossen, dass es sich um Suizid gehandelt habe. Ihm waren zuvor unzählige Sexualverbrechen zur Last gelegt worden, er soll unter anderem über Jahre hinweg an Sexhandel mit minderjährigen Mädchen beteiligt gewesen sein. […..] In der Welt der Reichen und Berühmten, also der Welt von Donald Trump, war Epstein bestens vernetzt. Es ist kein Geheimnis, dass die beiden sich aus New York und aus Florida kannten, […..] Und jetzt also die plötzlich wieder brandaktuelle Frage: Weiß Elon Musk dazu mehr, als der Rest der Welt weiß? Und vor allem: mehr, als Trump recht sein kann?

Es liegt wohl in der Natur dieser höchst heiklen Sache, dass zum Fall Epstein seit Jahren unzählige Verschwörungserzählungen kursieren, nicht zuletzt deshalb, weil ein Teil der Akten bislang nicht veröffentlicht wurde. Vor allem in der extrem rechten Blogger-Sphäre hat sich eine Art Epstein-Obsession entwickelt. In diesen Erzählungen geht es häufig darum, dass der sogenannte „Deep State“ am Werke sei, um die volle Wahrheit zu vertuschen und den Siegeszug der Rechten in Amerika zu untergraben. […..] Rechte Blogger und Podcaster drängen die US-Regierung seit Jahren dazu, die restlichen Epstein-Akten zu veröffentlichen. Das musste sich Trump genauso anhören wie sein Vorgänger Joe Biden. […..]

(Boris Herrmann, 06.06.2025

Heute greife ich so gern zu den Zuschauer-Popcorn, weil das wirklich für Trump heikel ist, in was er sich da gerade hinein manövriert. Das kann für die MAGAs böse enden.


[…..] tagesschau: Ein Thema überlagerte den Antrittsbesuch des Bundeskanzlers bei Trump: Nämlich der aufziehende Streit zwischen Trump und seinem wohl ehemaligen Vertrauten Elon Musk. Erleben wir da auf internationaler Bühne ein Zerbrechen einer Männerfreundschaft im Stil einer US-Seifenoper?

Clüver Ashbrook: Ja, wenn es nur eine Männerfreundschaft mit Potenzial für eine Seifenoper wäre ... Hier ist unglaublich viel Geld im Spiel. Elon Musk hat seine privatwirtschaftlichen Unternehmen nur retten können, indem er die großen Verträge aus der Regierungsebene bekommen hat - zum Beispiel für SpaceX. Und umgekehrt liegt er nicht falsch, wenn er sagt, die 270 Millionen US-Dollar, die er in den Wahlkampf von Donald Trump gespült hat, haben den Sieg für Donald Trump erst möglich gemacht.

Gestern hat Elon Musk inmitten dieses Streits gefragt, ob er eine dritte Partei gründen und mit ihr in den Vorwahlkampf ziehen sollte. Wir sehen hier Abhängigkeiten zwischen zwei mächtigen Männern im US-amerikanischen System. Wenn es um die Weltraumpolitik der USA geht, dann sind hier Abhängigkeiten, die man lösen könnte, wenn zwei rationale Männer am Werk wären. Das sind sie aber nicht. Es ist keine simple Männerfreundschaft, die hier zerbricht. Eine Partnerschaft, die in diesem Sinne zerbricht, hätte Konsequenzen, sowohl für die Innen- wie vielleicht eben auch für die Außenpolitik. […..] Dass es nun so weit gekommen ist, dass auf unterstem Niveau öffentlich argumentiert wird, ist vielleicht den Charakterschwächen beider Männer zu schulden. Aber hier stehen realwirtschaftliche Fragen im Raum. Musk könnte mit Starlink (Anm. d. Redaktion: Starlink ist ein Satellitennetzwerk, das auch in entlegenen Orten den Zugang zum Internet ermöglicht) den Krieg gegen die Ukraine beeinflussen. Das ukrainische Militär nutzt den Dienst. […..]

(Tagesschau-Interview Cathryn Clüver Ashbrook, 06.06.2025)