Als es
vor 20 Jahren mit der deutschen Comedy losging, reichten ein halbes Dutzend
Standardassoziationen für alle Witze aus:
Inge Meysel = alt, Günther Strack = dick, Verona Feldbusch = dumm.
Inge Meysel = alt, Günther Strack = dick, Verona Feldbusch = dumm.
Damit
war endlich ein neues Genre geboren für alle, denen Kabarett zu intellektuell
und Fips Asmussen zu schlüpfrig war.
Es gab
natürlich schon vorher deutschen Humor – Loriot oder Heinz Ehrhardt – aber auch
der funktionierte nicht ganz ohne Gehirn.
Angefangen
mit RTL-Samstagnacht etablierte sich ein neues Format, welches schließlich zu
Mario Barth und Bülent Ceylan führte: Frauen sind dumm, Männer haben einen
großen Pimmel und gelacht wird über Furzen und Rülpsen.
Humor
auf diesem Konnotationsniveau vermeide ich eigentlich.
Aber
manchmal halten irgendwelche öffentlichen Blödmänner so einladende Stöckchen
vor den Fuß, daß man gar nicht anders kann als drüber zu springen.
[…..]
Söders Raumfahrtprogramm "Bavaria
One" - Die Sterne im Blick
Ministerpräsident
Markus Söder ist im Wahlkampfmodus: Er präsentiert seine Pläne für das
bayerische Raumfahrtprogramm "Bavaria One" - mitsamt seinem Konterfei
als Logo. Es hagelt Hohn und Kritik.
[….]
Niemand
kann mir nachsagen Söder-Fan zu sein, aber kurz vor der Wahl mit Steuergeldern
eine Rakete bauen zu wollen, da seine eigene Fratze drauf zu malen und somit
Millionen "Söder zum Mond schießen"-Memes zu provozieren, hat schon
was.
Das ist
so unfassbar geisteskrank, geradezu Trumpisch irre, daß es schon wieder gut
ist!
Es
brauchte offensichtlich einen derart abgehobenen
(Wortwitz!) und weltfremden
(Wortwitz!) Ministerpräsidenten, der so in seinen höheren Sphären (Wortwitz!) schwebt, daß auch hartnäckige
CSU-Wähler den Mann an die Luft setzen
(Wortwitz!) wollen.
Es
gehört zu den Beobachtungen, die ich als Langzeitsingle gemacht habe, daß
Menschen, die immer in festen Beziehungen waren vor Allem deshalb eine
Beziehung wünschen, weil sie es gewöhnt sind. Sie mögen sich nicht trennen,
weil sie Angst vorm Alleinsein haben. Für ein mögliches Beziehungsende ist also
weniger die gestörte Chemie zum Partner entscheidend, als die bange Frage was
anschließend kommt.
So ist
das auch mit den Bayern und ihrer CSU. Die sind nun schon seit einem halben
Jahrhundert fest zusammen und können sich gar nicht mehr vorstellen eigene Wege
zu gehen.
Das
wurde zur selbsterfüllenden Prophezeiung. Die Wähler klammerten sich so stark
an die CSU-Staatspartei, daß sie immer in der Nähe der absoluten Mehrheit
taxiert wurde. Die Partei war also immer so stark, daß latent unwillige Wähler
ohnehin wußten weiter von der CSU regiert zu werden und da will man nicht zu
den Verlierern gehören, die etwas anderes gewählt haben, wenn anschließend die
innige Wähler-Gewählte-Zweisamkeit fortgesetzt wird.
Sicher,
nach dem Stoiber-Rauswurf und den Kabalen zwischen Ministerpräsident Beckstein
und Parteichef Huber gab es 2008 schon mal eine ausgesprochene Wahlfaulheit
(Beteiligung 57,9%) und einen damit verbundenen CSU-Absturz auf 43,4%.
Aber das
war einerseits eine Verkettung unglücklicher Umstände (die vorherige Wahl lief die
Stoibers Kanzlerkandidatur trotzig historisch gut, aber dann vermasselte er den
Rückzug und man konnte sich noch nicht mal auf einen alleinigen Nachfolger
einigen) und andererseits war die CSU immer noch so unglaublich stark, daß ein
parteifremder Regierungschef außerhalb jeder Vorstellungskraft war. Die Wähler
erschraken auch, schämten sich und gaben Seehofer im Jahr 2013 brav die
absolute CSU-Mehrheit zurück.
Im Jahr
2018 gibt es ein völlig neues Bild: Erst konnte der frei drehende MP Seehofer
sich nicht von der Macht lösen, verlegte sich auf pure Obstruktion, dann kam
ein historisch unbeliebter Fränkischer Evangele als Nachfolger, der von
Fettnapf zu Fettnapf sprang, während der alte Parteichef im fernen Berlin die
eigene Bundesregierung talibanisierte und seine ganze politische Kraft darauf
verwendete die eigene Schwesterpartei zu demütigen.
Außerdem
gibt es einerseits die AfD als Wahlalternative für die faschistoid denkenden
CSU-Wähler und andererseits das Grüne Beispiel aus dem Nachbarstaat Baden
Württemberg.
Dort hatte auch seit gefühlten 400 Jahren eine
äußerst konservative Unionslandespartei regiert und alle Posten im Ländle okkupiert,
bis 2011 durch eine Verkettung spezieller Grünen-freundlicher Umstände (EnBW-Desaster,
Fukushima, Stuttgart 21, halbkrimineller CDU-MP, konservativer Grünen-Geront
als Spitzenkandidat) plötzlich die ewige Regierungspartei in die Opposition
geschickt wurde.
Das war
zwar eine riesige Sensation, aber alle Beobachter waren sich sicher bei der
nächsten Landtagswahl wieder geordnete CDU-Verhältnisse zu bekommen, nachdem
Grün-Rot die schwäbische Wirtschaft in den Abgrund gerissen haben würde.
Nachbar-MP Seehofer bot sofort großzügig allen baden-württembergischen Firmen
auf der Flucht vorm grünroten Chaos Asyl in Bayern an.
Das
eigentlich Wunder ereignete sich aber erst in den Regierungsjahren 2011-2016:
BW ging nicht unter, die Wirtschaft starb nicht, die Stuttgarter mussten nicht
Hunger leiden und in Erdhöhlen hausen.
Nein,
diverse Unternehmer waren sogar ganz angetan von ihrem grünen MP und so rief
der bundesweit bekannte stockkonservative Trigema-Chef Grupp 2016 zur Wahl
Kretschmanns auf. BW ging es nämlich sogar besser als je zuvor unter Grüner
Regierung.
Nun brachen
die Dämme. 2016 verlor die einstige Überpartei CDU noch mal 12
Prozentpunkte, die Grünen kamen auf über 30%.
Etwas Ähnliches
zeichnet sich in Bayern schon vor der Landtagswahl in 10 Tagen ab. Nachdem die
CSU einmal unter die magische Marke von 40% gefallen ist, brechen alle Dämme.
Plötzlich
erscheint alles möglich und selbst 150%ige Bayern gewöhnen sich an den Gedanken
auch mal nicht die CSU wählen.
Die
Werte sind im freien Fall.
Was für
ein Megadesaster für die AfD-affine xenophobe Strategie der CSU.
[….]
Kurz vor der bayerischen Landtagswahl ist
die CSU im ARD-"Bayerntrend" auf ein Rekordtief von 33 Prozent
abgerutscht. Nach der am Donnerstag veröffentlichten Umfrage würde die
Regierungspartei nicht nur die absolute Mehrheit klar verfehlen. Rechnerisch
wäre im Freistaat derzeit sogar eine Viererkoalition gegen die CSU möglich -
auch ohne Beteiligung der AfD. [….]
Die Zahl
„33“ zeigt nun auch dem treuesten CSU-Wähler, daß es sicher keine
Söder-Alleinregierung mehr geben wird.
Es
werden Köpfe rollen müssen; Seehofer wird in die Wüste geschickt werden und
vermutlich werden Typen Minister, die man sich die letzten 1000 Jahre niemals
dort vorgestellt hätte.
[….]
Die alte Gleichung "Bayern =
CSU" gilt nicht mehr. Land und Wähler verändern sich - und die Partei
verliert den Anschluss. [….]
Warum
also überhaupt noch CSU wählen, wenn das die sicheren Wahlverlierer werden?
Wenn die Dauerregierungspartei schon auf 33% weggerutscht ist, kommt es auf die
Stimmen der Gewohnheitswähler auch nicht mehr an. Da könnten also durchaus noch
ein paar mehr zu den Grünen rübermachen.