1990 war
ich stolz auf Oskar Lafontaine. Wie er trotz des brutalen Attentats auf ihn den
Bundestagswahlkampf durchstand, dem nationalen Rausch widerstand und
stattdessen auf Wahrheit und Fakten setzte.
Es war
damals schon klar, daß Wähler nicht gern ernst genommen werden und lieber dem
Märchenonkel („blühende Landschaften, zahlen wir aus der Portokasse, keine
Steuererhöhungen..“) hinterherliefen.
Lafontaine
blieb dennoch ehrlich (und verlor).
Daß wir
Sozis 1994 mit Slowmotion-Scharping keine Chance haben würden war mir
frühzeitig klar.
1995 war
ich wieder stolz auf Oskar Lafontaine, als er im November den Mannheimer Parteitag so aufmischte,
daß Scharping weggefegt wurde.
So geht
das. Der neue SPD-Parteivorsitzende Lafontaine machte seine Sache gut. Führte seine
Partei zielstrebig ins Kanzleramt.
Im Jahr
1999 wurde er leider verrückt, ließ in einem beispiellosen Akt von
Verantwortungslosigkeit Partei und Regierung im Stich.
Damit
aber noch nicht genug; bald wurde er auch noch schäbig und destruktiv. So
heuerte er von 1999 bis 2006 für monatlich EUR 6.000,- bei der BILD-Zeitung an,
um die rotgrüne Regierung zur Strecke zu bringen und Angela Merkel zur
Kanzlerin zu machen.
Die BILD
ist die Zeitung, die beispielsweise wahrheitswidrig von „den faulen Griechen“
schrieb und vehement Austeritätspolitik einforderte – „IHR GRIECHT NIX!“ –
lautete eine ihrer Schlagzeilen.
Das
politische Naturtalent Lafontaine hockte nun in seiner Millionen-Villa und spie
Feuer zur Freude der CDU-Zentrale.
Schon vor
12 Jahren war er mit rechtspopulistischen Tönen aufgefallen.
Vor rund 1.500
Zuhörern hatte der frühere SPD-Vorsitzende gesagt, weil der Staat verpflichtet
sei, seine Bürger zu schützen, müsse er verhindern, „daß Familienväter und
Frauen arbeitslos werden, weil Fremdarbeiter zu niedrigen Löhnen ihnen die
Arbeitsplätze wegnehmen“.
Der Begriff
Fremdarbeiter stammt laut Brockhaus-Lexikon ursprünglich aus dem
nationalsozialistischen Sprachgebrauch und steht für ausländische
Zwangsarbeiter, die aus den besetzen Gebieten nach Deutschland deportiert
worden waren.
Lafontaine
leistete sich keinen einmaligen Ausrutscher; er ist
Wiederholungstäter.
2005 in
Chemnitz verwendete er erstmals Nazi-Vokabular und versuchte es immer wieder.
2007
trieb Lafontaine es soweit, daß die NPD ihre Gemeinsamkeiten betonte.
Beim
Thema schnelle, brutale Abschiebungen übertrifft er CSU und AfD.
Unglücklicherweise
deklamiert Sahra Wagenknecht auch manchmal AfD-Sprech,
seit sie Lafontaine heiratete. Früher kamen ihre keine rechten Trigger über die
Lippen.
Lafontaine
will möglichst viele Flüchtlinge rauswerfen, um sich bei den AfD-Wählern
anzubiedern. Ich halte das für hochgradig verwerflich.
Schon
ganz schön widerlich in welche Richtung sich das Ehepaar Wagenknecht-Lafontaine
entwickelt hat.
Das Lob der
Rechtspopulisten hat gerade noch gefehlt. „Frau Wagenknecht hat die Situation
sehr schön auf den Punkt gebracht“, findet AfD-Vize Alexander Gauland. „Wer
freiwillig zu uns kommt, hat sich wie ein Gast zu benehmen. Möchte oder kann er
das nicht, indem er gewalttätig und respektlos seinen Gastgebern
gegenübertritt, dann muss er sofort Deutschland verlassen.“
Er freue sich darüber,
so Gauland, „dass die Linke dies nun genauso wie die AfD sieht“.
Einen Tag vorher hatte
Sahra Wagenknecht ganz anderes zu hören bekommen – aus ihrer eigenen Truppe.
Mit Vehemenz und nahezu geschlossen stellte sich die Linksfraktion gegen ihre
Vorsitzende.
Deren Äußerung nach
den Silvesterübergriffen in Köln („Wer sein Gastrecht missbraucht, der hat sein
Gastrecht eben auch verwirkt“) sei nicht hinnehmbar, donnerten die
Abgeordneten. Weil das Recht auf Asyl nicht verwirkbar sei. Weil man als Linke
Solidarität und Menschenrechte gefälligst nicht in Frage zu stellen habe. Und
weil ja wohl auch keiner ernsthaft daran denken könne, syrische Flüchtlinge
zurück in die Folterkeller des Assad-Regimes zu schicken.
Im
Gegensatz zu machen AfD-Lautsprechern, die vermutlich gar nicht wissen was sie
plappern, ist Wagenknecht belesen und intelligent.
Wenn sie
also wider besseres Wissens auf dem AfD-Vokabular rumreitet, ist das
gewissermaßen noch verwerflicher.
Scheuer
und Dobrindt reden so und das stört mich wenig, weil die als ungehobelte
Charakterschweine bekannt sind. Wagenknecht ist aber eigentlich eine Kluge und Gute
– da schmerzen die Ausflüge nach ganz rechts umso mehr.
Unsympathische
Typen von irgendwo her, die jetzt in Deutschland leben, haben kein Gastrecht,
weil es so etwas wie „Gastrecht“ juristisch gar nicht gibt.
Deutschland
gehört auch keiner Person, die dieses ominöse Gastrecht gewähren oder entziehen
könnte.
Menschen
leben hier, weil sie hier geboren sind, legal eingereist sind, einen Anspruch
auf Asyl oder zumindest einen Anspruch auf ein faires Verfahren haben.
Wer im
Zusammenhang mit Flüchtlingen und Asylanten vom „Gastrecht“ fabuliert, ist
entweder total verblödet, oder er triggert sich bewußt an die Sprache der
Rechtsradikalen heran.
Diesen
Ausfall kann ich der Linken Fraktionschefin nicht verzeihen.
Zur Ehrenrettung
der Linken sei erwähnt, daß viele Parteimitglieder genauso entsetzt über
Wagenknechts AfD-Sprech sind wie ich.
[….]
Klare Position? Gastrecht - das klingt
nach Großzügigkeit gegenüber Flüchtlingen und nach: Die haben sich gefälligst
anzupassen. In der CDU sprechen sie von Gastrecht: Kanzlerin Angela Merkel oder
Vizeparteichef Thomas Strobl. Aber bei den Linken?
Als der
Wagenknecht-Satz die Runde macht, platzt vielen Genossen der Kragen. Stefan
Liebich, außenpolitischer Sprecher der Fraktion, stellt auf Twitter fest:
Es gibt kein
#Gastrecht das ein Flüchtling verwirken könnte, sondern es gilt die Genfer
Flüchtlingskonvention.
Jan van Aken,
verteidigungspolitischer Sprecher, widerspricht Wagenknecht ebenfalls:
"Wer Gastrecht
missbraucht, hat Gastrecht verwirkt" - das ist keine linke (und bislang
auch keine LINKE) Position!
Auch die netz- und
rechtspolitische Sprecherin Halina Wawzyniak reagiert:
in welchem gesetz
steht "gastrecht"? was es nicht gibt, kann auch nicht verwirkt
werden. flucht & asyl sind menschenrecht. unverwirkbar!
[….]
Daß
Sahra Wagenknecht sich hat hinreißen lassen aus Angst vor der AfD ebenfalls
alarmistisch nach einem Ende des Flüchtlingszuzuges zu rufen, zeigt, daß sie
ihrem Ehemann Oskar Lafontaine bezüglich ihrer dunklen Charakterseiten in
nichts nachsteht.
Einige
Wochen vor der Wahl hatte Wagenknecht aufgehört selbst die rechte Trommel zu schlagen.
Aber
nun, nach den großen AfD-Erfolgen, will sie umso eifriger mit Höcke, Gauland
und Weidel in einem Fahrwasser schwimmen.
[…..]
Die Geschichte der Linkspartei war
stets eine Geschichte von Duellen: Ost gegen West, Mann gegen Frau, Realo
gegen Fundi, Lafontaine gegen Bartsch, Gysi gegen Lafontaine. In dem
ewigen Drama könnte die Paarung Sahra Wagenknecht gegen Katja Kipping
nun in einem Grundsatzstreit um die Flüchtlingspolitik münden.
Es geht um die
Ausrichtung der Partei: Die Parteivorsitzende Kipping zielt auf das urbane,
aufgeklärte Milieu, eine junge, weltoffene und avantgardistische
Linke. Fraktionschefin Wagenknecht sieht in der Flüchtlingspolitik
dagegen die Hauptursache für die Wählerwanderung von links nach
rechts, gerade im Osten. „Es geht darum, sensibler mit den Ängsten von
Menschen umzugehen, statt sie als 'rassistisch' zu diffamieren und damit
Wähler regelrecht zu vertreiben“, sagt sie.
Wagenknecht
will die Linke nach rechts schieben – und kündigt an, sich bei dem Reizthema
weiter gegen die Parteilinie zu stellen: „Statt mit der wenig realitätstauglichen
Forderung 'Offene Grenzen für alle Menschen sofort' Ängste und Unsicherheitsgefühle
zu befördern, sollten wir uns darauf konzentrieren, das Asylrecht zu
verteidigen“, so Wagenknecht. „Das bedeutet nicht, dass jeder, der möchte,
nach Deutschland kommen und hier bleiben kann.“ In der Frage müsse man
bald zu einer neuen Linie kommen. [….]
In der Linken kursiert
nun der Vorwurf „Führung durch Erpressung“. Stundenlang diskutierte
die Fraktion vorigen Dienstag in Potsdam die künftige Aufstellung. Es
wurde laut. „Ein peinlicher Kindergarten“ sei das Ganze, so ein Fraktionsmitglied.
Ein Machtspiel, bei dem alle verlören.
Und auch die
Ideen, mit denen die Partei Wähler zurückgewinnen will, wirken hilflos:
Mehr Hüpfburgen in den Städten oder weniger Anträge im Bundestag? Die
einen wollen die Bockwurstesser im Osten nicht verprellen, die anderen
zielen auf die Veganer in den Großstädten. Ein Drittel der Teilnehmer
waren Neulinge im Bundestag. Sie zeigten sich besonders frustriert
über den misslungenen Start. „Verzweifelt“ beschrieb einer die Stimmung.
[….][….]
Doch nun fürchten
viele, dass Wagenknecht auch ihre Flüchtlingspolitik mit einer Rückzugsdrohung
durchsetzen will – gegen den Widerstand von Parteichefin Kipping. Komme
es so weit, sagt einer aus dem neuen Fraktionsvorstand, könnte das bedeuten:
Eine von beiden muss gehen. [….]
(Nicola Abé, Markus Deggerich, DER
SPIEGEL, 21.10.2017)
Die
Linke-Fraktion im Bundestag hat sich soeben wieder eine Vorsitzende gewählt,
die an die Stahlhelm-Fraktion der Union aus den 80ern und 90ern erinnert.
Während
in Asylbewerber in Deutschland attackiert und ermordet wurden, erfanden
Politiker aller Parteien den mittelalterlichen Nicht-Rechtsbegriff „Gastrecht“
und hetzten gegen Ausländer im Allgemeinen.
Die Woche 29.03.1996 |
Helmut
Kohl, der ewige Bundeskanzler befand zu Beginn seiner Kanzlerschaft, als er die
geistig-moralische Wende verkündete:
„Es ist doch überhaupt in Wahrheit kein Problem der Ausländer, sondern es ist in Wahrheit ein Problem der großen Zahl von türkischen Mitbürgern in Deutschland…. Aber es ist auch wahr, dass wir die jetzige vorhandene Zahl der Türken in der Bundesrepublik nicht halten können, dass das unser Sozialsystem, die allgemeine Arbeitslage, nicht hergibt. Wir müssen jetzt sehr rasch vernünftige, menschlich sozial gerechte Schritte einleiten, um hier eine Rückführung zu ermöglichen. Das ist einfach ein Gebot der Fairness untereinander, das offen auszusprechen.“
(Helmut
Kohl 1982)
Das
war der Tonfall, den die politischen Spitzenpolitiker vorgaben – Ausländer sind
a) schlecht, b) viel zu teuer und c) viel zu viele.
Selbstredend
war das damals genauso wenig wahr wie
heute, aber so dachte offensichtlich die Majorität.
Als
die Ostzonalen immer mehr Asylunterkünfte ansteckten, gaben Unionisten kräftig
weiter Verbal-Feuer.
„Vergleiche mit einem
Heuschreckenschwarm, der überall, wo er durchzieht, eine Wüste hinterläßt, sind
keineswegs übertrieben. Die Lösung kann daher nur lauten: konsequente Abschirmung
Europas vor der Zuwanderung aus den Entwicklungsländern.“
„Ich halte es für
einen Skandal, daß Asylbewerber heute noch nicht einmal bereit sind, für
Ordnung in ihren eigenen Unterkünften zu sorgen“
“Angesichts der jetzt schon
beklagten Überfüllung stellt sich die Frage: Wie viele Menschen verträgt das
Land? Das ist eine Frage der Physik und der Biologie und – wie wir heute wissen
– auch der Ökologie.“
(Staatsminister
Peter Gauweiler, CSU, 1991)
„Wenn
Scheinasylanten Deutschland auf Dauer überschwemmen, wird die Folge ein
Absinken auf ein tiefes wirtschaftliches Niveau sein!“
(Prof Martin Kriele, Staatsrechtler Uni Köln)
(Prof Martin Kriele, Staatsrechtler Uni Köln)
„Nur ganz wenige der
Asylbewerber haben wirkliche Not. Sie probieren das Leben im Westen schleicht
und ergreifend aus. Sie gehen keiner Arbeit nach und kommen leider oft auf
dumme Gedanken.“
(NRW-MdL Hartmut Schauerte, CDU, 1991)
(NRW-MdL Hartmut Schauerte, CDU, 1991)
„Im Asylbereich muß
unser Ziel sein, zu einem politischen Konsens vergleichbar mit dem zur
Bekämpfung der organisierten Kriminalität zu kommen.“
(Dietmar
Schlee, CDU, Innenminister Baden Württemberg, 30.07.1991)
„Ausländer sind Gäste,
nicht Bürger und von daher auch keine Mitbürger.“
„Dieses
Zeugs muß hier weg!“
"Die Stadt wird
nicht zulassen, daß hier die Zigeuner tanzen"
(CDU-Bürgermeister
Nikolaus Jung im saarländischen Lebach, 2000)
"Wenn sich die
SPD beim Kanzler-Gespräch am 27.
September verweigert, ist jeder Asylant nach diesem Tag ein
SPD-Asylant".
(CDU-Generalsekretär
Volker Rühe 18. September 1991 in der
"Bild")
„Was soll ich den
Leuten sagen, wenn in der Nähe eines Asylantenheims ein junges Mädchen
vergewaltigt wird?“
(Edmund
Stoiber, CSU, 1991)
„So können die
Deutschen zum dritten Mal in diesem Jahrhundert das Ihrige dazu tun Europa zu
ruinieren, dieses Mal durch ihre modische Wahnidee, hier das Sozialamt und das
Krankenhaus für die ganze Welt zu errichten.“
„Sie können mit allen
Völkern friedlich zusammenleben, wenn diese Völker ihre eigenen Territorien
haben. Ist es vernünftig, daß man sein eigenes Aussterben betreibt? Was heißt
das? Die genetische Verdrängung der Mitteleuropäer!“
„Angesichts der 57% betragenden
Ausländerkriminalität ist die italienische Mafia sei dabei, ihre Zentrale nach
Deutschland zu verlegen, weil die liberale Gesetzgebung es ihr hier besser
erlaubt. Einzig Gesetzesänderungen können einen Wandel bringen, aber ein
überzogener Liberalismus verhindert es."
(Heinz
Eggert, CDU, Innenminister Sachsen 1994)
Eine
Linken-Fraktionsvorsitzende, die diesen Duktus wieder aufwärmt, ist für mich
nicht wählbar und ich denke auch, das Projekt R2G ist tot, so lange
Wagenknecht amtiert.