Dienstag, 12. Januar 2016

Parteitrennung



"A black Christian is like a black person with no memory."
- Chris Rock


Von Europa aus betrachtet wundert man sich ein bißchen darüber, daß die vier Top-Kandidaten der stramm rechts-konservativen Republikaner ein offensichtlich schwer Geisteskranker, in Schwarzer und zwei Hispanics sind.
Müßten Einwanderer und Angehörige von Minderheiten nicht eine natürliche Abscheu vor der GOP haben?
Oder umgekehrt betrachtet; wieso favorisieren die zornigen weißen Antiliberalen kubanische Einwanderer und Dunkelhäutige für die Präsidentschaftskandidatur?
Geht jetzt etwa alles? Könnten auch eine Frau oder womöglich ein Schwuler für die Republikaner ins Rennen gehen?
Vermutlich gibt es Grenzen. Frau ist theoretisch möglich, aber sehr unwahrscheinlich. Schwul ist sehr, sehr theoretisch möglich, aber praktisch so gut wie ausgeschlossen und ein absolutes NoGo ist nach wie vor ein Atheist.
Offenbar führt die partielle Überwindung der alten Rassen-, Geschlechter und Konfessionsgrenzen aber nicht zu einem Ende der Trennlinien in der amerikanischen Gesellschaft, sondern im Gegenteil zu einer Vertiefung der Gräben.
Die Frontlinien richten sich aber zunehmen an anderen Parametern aus.
Ein so religiös geprägtes Volk wie das Amerikanische kann nicht die Grundhaltung aller Religioten – „WIR SIND BESSER ALS DIE!“ – aufgeben.
Es muß immer die anderen geben, auf die man hinabblicken kann. Die anderen, die so niedrig stehen, daß man selbst automatisch weit über sie hinausragt.
Die anderen sind aber heute weniger die Andersfarbigen, sondern die Anhänger der anderen Partei.
George W. Bush war der erste Präsident, der den Anspruch Präsident aller Amerikaner zu sein aufgab und nur für „seine“ Hälfte der Bürger Politik machte.
In seinem manichäischen Weltbild waren die anderen grundsätzlich im Unrecht, because we do things right.
Er, der auserwählte Präsident wurde von Jesus angeleitet und wer GWBs Entschlüsse ablehnte war damit nicht nur anderer Meinung, sondern gegen ihn und gegen Gott.
Barack Obama war angetreten, um die Spaltung der Gesellschaft zu überwinden.
Das war naiv, wie man heute weiß.
Bei dem Versuch während seiner ersten zwei Amtsjahre immer die Republikaner mit ins Boot zu holen, obwohl die Demokraten in beiden Parlamentskammern die Mehrheit hatten, scheiterte er fürchterlich.
Die GOP legte Obamas Umarmungsversuche als Schwäche aus und wurde immer aggressiver, bis sie sukzessive die Mehrheit der Gouverneursposten, des Senats und des House‘ erobert hatten. Obama verlor entsetzlich viel Zeit und sieht nun trotz einiger innenpolitischer Erfolge auf ein schlimmer gespaltenes Land denn je zuvor. Die Republikaner haben sich inzwischen so sehr der Obstruktion verschrieben, daß sie die Realität glatt negieren.
Die USA sind unabhängig von den parlamentarischen Mehrheiten nahezu unregierbar geworden.
Entweder es gibt einen republikanischen Präsidenten Cruz, Trump, Rubio oder Carson und damit einen Anführer, der die Demokraten so zutiefst hasst, daß er nie einen Kompromiss eingehen wird, oder es wird mit Sanders oder Clinton eine Person Präsident, die wie Satan persönlich die Hassgefühle der GOPer auf sich ziehen.
Willkommen im amerikanischen Zeitalter der Parteien-Apartheid.
Der New Yorker Soziologe Prof Jonathan Haidt sieht schwarz, und zwar dunkelschwarz.

[….] Nicht Hautfarbe oder Religion sind die Gefahr für die Demokratie in Amerika - sondern die Parteien.
Stellen Sie sich vor, Sie gehören einem Auswahlkomitee an und müssen einen neuen Mitarbeiter auswählen (oder jemanden, der an Ihrer Universität einen Platz bekommen sollte, oder auch jemanden, der in Ihrem Forschungsgebiet einen Preis erhalten sollte). Am Ende des Auswahlprozesses sind zwei Kandidaten übrig, die nach objektiven Kriterien exakt gleichwertig wären. Welchen Kandidaten würden Sie wählen? Den Kandidaten A, der dieselbe Hautfarbe hat wie Sie? Oder wäre es Kandidat B, der das gleiche Geschlecht hat wie Sie? Kandidat C, der dieselbe Religion hat wie Sie? Oder Kandidat D, der in derselben Partei ist wie Sie und der Ihre ideologischen Ansichten teilt?
Die meisten Amerikaner entscheiden sich heute für Kandidat D. [….] Es ist überhaupt nicht gut für Amerika, die Welt und die Wissenschaft, dass die Abneigung gegen Menschen mit anderen politischen Ansichten drastisch gestiegen ist.
[….] [….] [….] Für Amerika ist das sehr bedenklich, denn ohne Kompromisse lässt sich keine leistungsfähige Demokratie schaffen. Und wachsende Feindlichkeit zwischen Menschen mit unterschiedlicher politischer Meinung bedeutet, dass Amerikaner die jeweils andere Seite nicht nur für falsch, ja, für böse halten, sogar sie als eine Gefahr für die Existenz der Nation sehen. Amerikaner müssen künftig mit mehr Polarisierung, mehr Hetze, mehr Lähmung und blockierter Regierungsgewalt rechnen. [….]