Es bleibt sicher noch genug Zeit, sich über die Auswirkungen des Trump-Faschismus in der USA zu echauffieren. Den blanken Hass. Die Destruktivität. Das ungenierte Verherrlichen und Fördern von Gewalt.
[….] Gesellschaftlich ist für die USA aber womöglich ein anderes Dekret am folgenreichsten: Trump hat Hunderte Menschen mit sofortiger Wirkung begnadigt, die am 6. Januar 2021 das US-Kapitol gestürmt hatten. Darunter auch Anführer des Putschversuchs, die Gewalt gegen Polizisten verübt hatten, und Männer die einfach „nur“ Auschwitz-verherrlichende Hoodys getragen haben. Die Botschaft: Politische Gewalt ist schon in Ordnung! Oder ist sie vielleicht sogar der neue Mainstream?
Die Amerikaner haben mehrheitlich für eine solche Gangart ihres neuen Präsidenten gestimmt. Viele von ihnen werden gerne mit den Konsequenzen leben – der Rest der Welt wird es bis zu einem gewissen Grad lernen müssen. […..]
(Christian Burmeister, 21.01.2025)
Rund 100 Dekrete unterschrieb der orange Nazi am ersten Amtstag; eins irrer als das nächste. Zum Glück habe ich keine Enkel, denen ich eines Tages erklären müsste, wie es dazu kommen konnte. Falls es überhaupt noch ein „eines Tages“ gibt! Der globale Durchmarsch der Faschisten und Autokraten, die Absage an Friedenbemühungen und Klimaschutz, läutet eher die finale Phase des Homo Sapiens auf diesem Planeten ein. Es sieht nach Apokalypse und einem Neustart der Erden-Fauna mit Mikroben und Bakterien aus.
Weil sich niemand Trump, Putin, Orbán entgegenstellt. Wir appeasen und plagiieren bloß. Es geht nicht nur abwärts, nein, wir beschleunigen auf dem Weg in den Orkus.
Nach dem 05.11.2024 waren wir noch schockiert, als die Tech-Multimilliardäre arschküssend gen Trumps Mastdarm krochen, Fakten und jeglichen Widerspruch von ihren Outlets verbannten.
Es dauert nur wenige Wochen bis der braune Ungeist auch in deutsche Medienhäuser schwappte. Voran ging, wenig überraschend, Döpfners Lügenkonzern, der dem faschistischen Hetzer Musk Platz freiräumte, um für die verfassungsfeindliche Nazi-Partei AfD zu werben.
Nachdem der 450 Milliarden Dollar schwere Extremist bei der gestrigen Amtseinführung zweimal den Arm zum Hitlergruß erigierte, knickten aber nicht nur die Springer-Medien ein. Eine ganze Reihe vorher noch als seriös geltende Zeitungen, spielen nun das Spiel der AfD und nennen die Dinge nicht mehr beim Namen.
[….] SPIEGEL: Elon Musk hat bei Trumps Amtsantritt gesprochen – und dabei seinen Arm mehrfach steil in die Luft gereckt. War das ein Hitlergruß?
Kira Ayyadi [Politologin, Redaktion von belltower.news]: Das war definitiv ein Hitlergruß. Ich verstehe nicht, warum wir darüber überhaupt diskutieren. An mancher Stelle heißt es jetzt, er habe eine »merkwürdige Geste« gezeigt. Wir Deutschen sollten uns damit auskennen, wie ein Hitlergruß aussieht.
SPIEGEL: Woran genau machen Sie das fest?
Ayyadi: Die Form der Geste ist eindeutig. Der ausgestreckte, lange Arm, die flache Hand, die aneinanderliegenden Finger. In seinem Gesicht ist kein Lächeln zu sehen, es wirkt ganz starr. Auch das passt zu einer zackigen Nazigeste. Und nicht, wie seine Befürworter behaupten, zu einem freudigen Gruß an seine Anhänger. [….]
In einer bizarren Form des Orwellschen Neusprechs, erfinden die Redakteure des deutschen Ozenaniens bizarrste Umschreibungen des Hitlergrußes. Sie leugnen das Offensichtliche vor unser aller Augen.
[….] Man müsse auch den Kontext betrachten, heißt es nun bei vielen, wenn es um die, Zitat aus vielen Überschriften, „Hitlergruß-ähnliche Geste“ von Elon Musk am Tag der Amtseinführung des autoritären US-Präsidenten Donald Trump geht. Nur: der entscheidende Kontext ist dabei nicht die angeblich „unbeholfene“ Geste eines Autisten oder Musks Worte danach, dass sein Herz den Trump-Fans zufliege.
Der wichtige Zusammenhang für seinen überaus zackig ausgeführten faschistischen Gruß ist die Vokabel Dog Whistle (Hundepfeife) – die gute, alte Strategie extrem rechter Identifikationsfiguren, ihren radikalen Anhängern häufig mit mehrdeutigen Aussagen oder Zeichen zu signalisieren, einer von ihnen zu sein. Tatsächlich wurde Musks Gruß von rechtsextremen Kreisen in den USA verstanden und begeistert aufgenommen.
Hierzulande ist die AfD-Wahlkampfparole „Alice für Deutschland“ eine ähnliche Chiffre, die natürlich nicht zufällig an den verbotenen SA-Spruch erinnert, sondern bewusst bis ins neonazistische Spektrum hinein signalisiert: Wir sind eure Leute. Der weitere entscheidende Kontext bei Musks eindeutigem Hitlergruß ist: Elon Musk ist der reichste Mann der Welt, der als Tech-Millardär auch aus Kapitalinteressen jene autoritären Kräfte pampert, die liberale Demokratien mit ihren störenden Regularien zurechtstutzen.
Der erste globale Oligarch, der weltweit Rechtsextreme unterstützt und der im vermeintlichen Kampf um angebliche Meinungsfreiheit nach dem Kauf der Plattform Twitter Hass und Hetze fördert – und dann die Reichweite von Kritikern drosselt. Die kognitive Dissonanz hierzulande, die Geste von Musk nicht als das zu benennen, was sie ist, bleibt dabei wirklich erstaunlich.
Aber sieht natürlich auch blöd aus, wenn eines der größten Verlagshäuser Deutschlands, namentlich der Springer-Konzern, vor einem Typen kriecht, der Trumps Amtseinführung per Hitlergruß feiert – und ihm weiter dabei hilft, disruptiv in den Wahlkampf einzugreifen. [….]
Trumpistan bleibt sich treu und beweist jeden Tag auf’s Neue, immer noch schocken zu können. Nun streckt auch die ZEIT ihre Waffen und kriecht zu Hakenkreuze.
Sogar die SZ wird auffällig ausführlich im Umgang mit dem mächtigsten AfD-Freund. Sie erklärt korrekt die Hintergründe; drückt sich aber um eine Bewertung.
[….] Den zackig ausgestreckten, erhobenen Arm hatten sich die Nazis von Hitlers anfänglichem Vorbild Benito Mussolini abgeschaut, faschistischer Diktator seit 1922. Dieser wiederum hatte eine zuvor schon in rechten Kreisen beliebte Geste übernommen, die fälschlicherweise auf die Antike zurückgeführt wird. [….] In Italien ist der römische Gruß gesetzlich verboten, allerdings wird er in der Praxis und von Gerichten gelegentlich geduldet. So etwa wenn an jedem 7. Januar des Jahres bei einer Gedenkveranstaltung von Faschisten in der Via Acca Larentia in Rom Tausende schwarz gekleideter Bürgerinnen und Bürger zusammenkommen, um an zwei 1978 von Linksradikalen getötete und einen weiteren später verstorbenen Neofaschisten zu erinnern. Am Ende der Schweigeminuten entbieten sie, strammgestanden und im absoluten Gleichklang, mit dröhnenden Rufen dreimal den römischen Gruß – eine gespenstische Szene für jeden Unbeteiligten, der sich das anschaut; gerade ist es wieder so weit gewesen. Auch in Deutschland ist der „Hitlergruß“ laut Strafgesetzbuch verboten. [….]
[….] Elon Musk zeigte offensichtlich gleich zweimal den Hitlergruß. Dass die Medien sich nicht trauen, das auszusprechen, hilft den Rechtsextremen gleich doppelt: Sie können leichter die Realität leugnen – und von Trumps echter, extremer Politik ablenken. Elon Musk teilt rechtsextreme Ansichten, Personen, er bewirbt Neonazis und Holocaustleugner und deren Lügen, verbreitet Antisemitismus, bewirbt die rechtsextreme AfD. Bei der Vereidigung von Trump macht er dann mehr den Hitlergruß: [….]
Wenn es quakt wie eine Ente, watschelt wie eine Ente … Hier gibt es nicht wirklich etwas zu diskutieren, jeder kann es deutlich sehen. Dass Rechtsradikale die offensichtliche Geste leugnen ist keine Verwunderung – sie leugnen ohnehin ständig jegliche Fakten, das ist Teil ihrer Strategie. Dass aber auch so viele seriöse deutsche Medien unfähig sind, Fakten auszusprechen, ist ein großes Problem. [….] „Hitlergruß-ähnliche Geste“, „Hitlergruß?“, „mutmaßlicher Hitlergruß“, „irritiert mit Hitlergruß-ähnlicher Geste“. Eine „fragwürdige Geste“, ein „möglicher“ oder „vermeintlicher“ Hitlergruß. „Aufregung um seltsame Musk-Geste“. Krautreporter beschrieb das Phänomen gut:
„Mit dem Drumherum reden wird die Wahrnehmung vieler Menschen in Frage gestellt. Was diese Medienschlagzeilen bewirken, ist perfide. Sie senden die Botschaft: „Traue deinen eigenen Augen nicht!“ Ist das nicht das genaue Gegenteil des Auftrags von Reporter:innen?“
Man muss es den Rechtsaußen-Medien ja nicht noch leichter machen, die Öffentlichkeit zu gaslighten. Die Faschisten sprechen die Lügen hart und deutlich aus. Die Journalisten drucksen vorsichtig um die Fakten. Und auch Elon Musk, der auf der einen Seite ein Giga-Genie sein soll, aber auf der anderen Seite nicht wissen soll, was er da mehrfach tat. Der rechtsextreme Lügner behauptete, seinen Hitlergruß einen Hitlergruß zu nennen, sei ein „schmutziger Trick“. Weil natürlich sagt das der Mann, der behauptet, ein jüdischer Milliardär würde die Medien kontrollieren wollen und die Neonazi-Lüge, dass Migranten Einheimische heimlich importiert würden. [….]
Und nein, es ist kein „linker Haltungsjournalismus“, wenn man das Kind beim Namen nennt. Die schleichende Normalisierung extrem rechter Gesten, Symbole und Sprache ist kein Kavaliersdelikt. Buchstäblich nicht. Laut § 86a StGB sind auch „Hitlergruß-ähnliche“ Gesten in Deutschland verboten – damit man nicht mit vermeintlicher Doppeldeutigkeit spielen kann und das so schleichend normalisieren. [….]