Sonntag, 21. Juli 2019

Eine Kommissionspräsidentin im Dienste der PIS-Partei.


Wenn es um ihr eigenes Wohl, ihre Karriere geht, kennt Ursula von der Leyen keine Gnade.
Als die Tochter des früheren Niedersächsischen Ministerpräsidenten Albrecht Landessozialministerin wurde, profilierte sie sich als eiskalte Konservative, die bei den Schwächsten anfing. 2004 ließ sie das Landesblindengeld streichen.

[….] Gabriel warf der Landesregierung dagegen vor, ihre Politik richte sich "gegen Kinder, Behinderte und Kommunen". Von der Leyen versuche, "eine Gruppe von Behinderten gegen die anderen" auszuspielen. Dies sei "erbarmungslos". Am Dienstag hatte der SPD-Politiker von der Leyen vorgeworfen, sie bastele lieber an ihrer eigenen Karriere, als die Interessen der sozial Schwächsten zu wahren. Niedersachsen will als erstes Bundesland weitgehend das Blindengeld streichen. [….]

Ein sehr weitsichtiger Moment des damaligen niedersächsischen SPD-Fraktionsvorsitzenden Gabriel, der zehn Jahre später mit der so Attackierten zusammen im Bundeskabinett sitzen sollte und sie dort als „Foto-Uschi“ erlebte, die ihren Job als Verteidigungsministerin im Wesentlichen dafür nutzte, um mit Kamerateams gute Bilder von sich selbst zu erzeugen.

Neben ihrer großen Begeisterung für sich selbst, setzt sich von der Leyen aber auch noch für das Christentum ein – und zwar das Radikale.
Sie selbst gehört einer radikalen evangelikalen Freikirche an, in der schon ihr Vater als Ministerpräsident aktiv war.

[…..] Ein gelegentlicher Auftritt am "äußerst rechten Rand" des Christentums kann die bibeltreuen Christen bei der nächsten Wahl gewogen stimmen, die restliche Bevölkerung wird diesen Ausflug zu den Fundamentalisten nicht bemerken, so scheint das Kalkül. [….] Auch vor Küngeleien mit Vereinigungen wie dem Arbeitskreis Christlicher Publizisten (ACP), der schon 1991 vom Spiegel als "Gemengsel freikirchlicher Eiferer, das gern Politiker vor seinen missionarischen Karren spannt", bezeichnet wurde, wird da nicht zurückgeschreckt. [….]  Unionspolitiker wie Volker Kauder oder Ursula von der Leyen lassen sich vom ACP einspannen. Bei letzterer gehört eine gewisse Nähe zum ACP schon geradewegs zur Familientradition. Von der Leyen und Co nehmen dabei bewusst in Kauf, dass sie die religiöse Rechte aufwerten und in ihren Vorstellungen bestärken.
Seinen letzten Auftritt im Zusammenhang mit dem ACP absolvierte Christian Wulff am 19. Mai im Bibelzentrum Bad Gandersheim. Laut seinem Sprecher ging es Wulff vor allem darum, an der Ehrung seines Freundes Ernst Albrecht teilzunehmen [….] Die Ehrung des CDU-Mannes Albrecht kommt nicht von ungefähr, seit Jahrzehnten ist der ehemalige Ministerpräsident und Vater von Arbeitsministerin von der Leyen ein gern gesehener Gast bei den "christlichen Publizisten". […..]

Diese Evangelikalen, die sich auch für das Recht Kinder zu schlagen und die Heilung von Homosexuellen einsetzen, betrachtet von der Leyen keineswegs als Privatsache. Auch als Bundesministerin förderte sie die homophoben Extremisten auf dem Festival „Christival“ mit EUR 250.000,- Steuergeld, damit dort über „Wege aus den homosexuellen Empfindungen“ diskutiert werden konnte.

[…..] Ihre Anhänger wettern gegen Homosexuelle und predigen ein ekstatisches Glaubensverständnis: Evangelikale Gruppen, organisiert nach amerikanischem Vorbild, haben sich auch in Deutschland ausgebreitet. Nun suchen sie Einfluss auf die Politik.
Ein Hauch von Kulturkampf liegt über der Hansestadt Bremen. Zehntausende Christen haben sich angesagt, sie wollen ein Fest feiern, sie wollen beten und singen; Morgenandachten stehen auf dem Programm, Gottesdienste, Live-Konzerte. "Christival" nennt sich das Event. Am kommenden Mittwoch soll es beginnen, Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) ist Schirmherrin, ihr Haus gab einen Zuschuss von 250 000 Euro.
Doch so kirchentagsharmlos wie sie selbst finden nicht alle den geplanten Jugendkongress. Christival, das sei "finsteres Mittelalter", warnt der Bremer Grünen-Fraktionsvize Klaus Möhle. Sogar Pfarrer wie Bernd Klingbeil-Jahr von der Bremer Friedensgemeinde machen mobil gegen die Organisatoren. "Fundamentalistische Missionsarbeit" wirft der Pastor ihnen vor, eine "schwarzweiße, allzu schlichte Geisteshaltung". […..]

Von der Leyen  schritt vehement gegen humanistische Ansätze ein.

(…..) Unwillkürlich muß man an das humanistische Schmidt-Salomon-Kinderbuch von 2007 Wo bitte geht's zu Gott? fragte das kleine Ferkel denken, dessen bloße Existenz die fromme Familienministerin von der Leyen aufheulen ließ.
Wenn eine atheistische Organisation das Ferkel-Buch an Schulanfänger verteilte, würden die Kirchen und Parteien die Aktion sofort verbieten lassen.
Ich sehe schon vor meinem geistigen Auge die frommen Katholiken Wolfgang Thierse und Annette Schavan durch die Talkshows ziehen und mit bebender Stimme MSS verdammen.

Die Familienministerin, die auch schon im Duo mit Bischöfin Käßmann dazu aufforderte, daß Elter mit ihren Kindern mehr beten sollten, übernahm jüngst die Schirmherrschaft für den ultrarechten christlichen Kongress "Christival 2008" in Bremen.
Die gebärfreudige Familienministerin, die doch tatsächlich einen Weg gefunden hat den PREKÄREN Kindern noch mehr Chancen zu nehmen, indem sie ihr Rückgrad beim Pförtner abgab und der ewig gestrigen CSU auf dem Weg zur Herdprämie folgte.

Wie illiberal sie tatsächlich denkt, kann man besonders gut daran erkennen, daß ihr Ministerium gerade dabei ist ein harmloses Kinderbuch indizieren zu lassen, das nicht in ihr fundamentalchristliches Weltbild passt.
Willkommen im Mittelalter.
Es handelt sich um folgendes Buch, das ich allen dringend zu kaufen empfehle - vielleicht geht es bald nicht mehr. (…)
Ich habe mir das natürlich sofort bei Erscheinen gekauft und schon zu Weihnachten verschenkt. Ein wirklich absolut nettes und harmloses Büchlein, das lediglich in Frage stellt, ob man überhaupt als Kind eine religiöse Indoktrinierung braucht und auf spielerische Weise die Kinder zu Selbstbewusstsein und kritischen Hinterfragen animieren könnte.
Die offizielle Website fasst zusammen:

Das kleine Ferkel und der kleine Igel hatten immer geglaubt,
es könnte ihnen gar nicht besser gehen. Doch dann
entdeckten sie ein Plakat, auf dem geschrieben stand:
„Wer Gott nicht kennt, dem fehlt etwas!“ Also machten
sie sich auf den Weg, um Gott zu suchen…
Ein Heidenspaß für Groß und Klein.
Geeignet für alle, die sich nichts vormachen lassen…

Pädagogisch ein unbezweifelbar wertvolles Kinderbuch.
So urteilte der renommierte Kinder- und Jugendpsychiater Prof. Dr. Peter Riedesser, Direktor der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, das Buch sei „als Gegengift zu religiöser Indoktrination von Kindern pädagogisch besonders wertvoll".
Ursula von der Leyens Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sieht die Sache jedoch völlig anders: Das Ministerium beantragte die Indizierung des Kinderbuchs als jugendgefährdende Schrift. Nach Angaben der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien wird die mündliche Verhandlung Anfang März stattfinden. Der Verlag und die Autoren wehren sich entschieden gegen die Vorwürfe des Ministeriums und sprechen von politischer Zensur: Der Indizierungsantrag sei ein durchsichtiger Versuch, Religionskritik aus den Kinderstuben zu verbannen. Man werde diesen „Anschlag auf die Meinungsfreiheit" nicht hinnehmen, heißt es. Folgt auf den Karikaturenstreit nun ein Kinderbuchstreit?

Der Autor des Buches ist völlig fassungslos:

Die Argumentation des Ministeriums sei über weite Strecken derart grotesk, dass er am Anfang gedacht habe, es handle sich um einen „dummen Scherz", erklärt Schmidt-Salomon: „So wird uns vom Ministerium doch allen Ernstes vorgeworfen, dass während der Sintflut Omas, Babys und Meerschweinchen ertrinken! Ja, um alles in der Welt, haben diese Leute denn noch nie die Bibel gelesen?! Wenn dies ein Grund sein sollte, um ein Buch zu verbieten, so müsste man doch zuerst einmal die Bibel auf den Index der jugendgefährdenden Schriften stellen! Unser Buch hebt diese biblischen Ungeheuerlichkeiten doch auf humorvolle Weise auf! Es sagt den Kindern augenzwinkernd: Nur keine Sorge, ihr braucht wirklich keine Angst zu haben! Diese Geschichte vom biblischen Rachegott, der Omas, Babys und kleine Meerschweinchen ertränkt, ist frei erfunden!"

Gunnar Schedel, der Leiter des Alibri Verlags, in dem das Kinderbuch erschienen ist, spricht von einem „Anschlag auf die Meinungsfreiheit":

Den Indizierungsantrag aus dem Haus von der Leyen sieht er im Zusammenhang mit dem Bestreben konservativer Politiker, der Religion bei der Kindererziehung wieder mehr Gewicht zu verleihen: „Offenbar stört unser ‘Ferkelbuch' die Pläne des Familienministeriums zur christlichen Werteerziehung", meint der Verleger. Mit ihren Bemühungen, Kinder gegenüber nicht-religiösen Sichtweisen abzuschotten, stehe Ministerin von der Leyen freilich nicht alleine. „Ich erinnere nur an den Aufruf Edmund Stoibers, die Kinderbücher des ‘falschen Propheten' Janosch aus deutschen Kinderzimmern zu verbannen", sagt Schedel.

In den folgenden sechs Jahren hat sich nichts geändert. (…..)

Es ist nur folgerichtig, daß von der Leyen sich Dank ihrer Selbstdarstellungsbemühungen und mit der Hilfe radikal homophober Christenparteien zur EU-Kommissionspräsidentin aufschwang – auf Vorschlag der rechtsextremen und weitgehend autokratischen Regierungen in Polen und Ungarn.

Sie amtiert von Gnaden Viktor Orbáns zutiefst homophober, antisemitischer und rechtsextremer Fidesz und Kaczyńskis ultrakatholischen schwulenhassenden Prawo i Sprawiedliwość (PiS).
Ihre Kampagne war organisiert von der Agentur des xenophoben Ex-BILD-Chefs Kai Diekmann.

Kann man noch tiefer sinken?

[…..] Ursula von der Leyen setzt darauf, mit den Stimmen der Europagegner gewählt zu werden. [….] Sie zeigt keine klare Kante gegen rechts, sagt nicht, dass sie europäisches Recht konsequent durchsetzen will. Oder, dass sie gegen den Verfall der Grundrechte in Staaten wie Ungarn, Malta, Rumänien oder Polen entschlossen entgegentreten will. Stattdessen versucht sie, genau diesen Ländern zu gefallen.   So wie es derzeit aussieht, geht das nur, wenn die Rechten sie mitwählen. Von der Leyen muss sich selbst überlegen, ob sie unter diesen Bedingungen überhaupt antreten will. Ihr Ruf an der Spitze der EU-Kommission wäre damit für die Zukunft belastet. Von der Leyen wäre die erste Kommissionschefin ohne pro-europäische Mehrheit. Das wäre ein katastrophales Signal.  Bei jedem Gesetz, das sie einbringt, würde spekuliert, ob es nur mit Hilfe der Rechten fliegen könnte - auch bei den Budgetentwürfen. Sie wäre auch die Präsidentin der Europafeinde. Bisher wurde jeder Kommissionspräsident von einer überwältigenden Mehrheit der Pro-Europäer mitgetragen. Eine Situation wie diese gab es noch nie. […..]
(Sven Giegold, Grünen-Spitzenkandidat bei der Europawahl)

Orbán und Kaczyński hoben von der Leyen natürlich nicht nur aus Herzensgüte auf den Schild.
Sie wußten um ihre evangelikalen Verbindungen und erwarten natürlich Gegenleistungen.

[…..] Die Rechnung kommt noch [….]  Es sieht so aus, als habe die Deutsche ihren Posten auch der Unterstützung des Lagers der Europaskeptiker aus Polen und Ungarn zu verdanken.
Es ist fraglich, ob die Bundesregierung nun weiter darauf drängen wird, die Vergabe von EU-Fördergeldern an den Zustand der Rechtsstaatlichkeit in den Mitgliedsländern zu koppeln. [….]
[So manche] Partei [brüstet] sich damit, dass von der Leyen nur ihretwegen Nachfolgerin von Jean-Claude Juncker wird. Da wäre etwa die rechtsnationale PiS, deren 26 Abgeordnete nach eigenen Angaben für von der Leyen votierten. Auch Italiens Regierungspartei Cinque Stelle bekennt sich zur Unterstützung der Deutschen. Nimmt man noch die 13 Parlamentarier der ungarischen Fidesz dazu, die derzeit von der Mitgliedschaft in der Europäischen Volkspartei (EVP) suspendiert ist, könnte von der Leyen ausgerechnet von Kräften gewählt worden sein, die stets auf Brüssel schimpfen.
Das ist vor allem deshalb relevant, weil von der Leyen nach ihrer Wahl gesagt hat, dass es gelungen sei, eine "proeuropäische Mehrheit" zu formen. Doch wenn sie damit jene Mehrheit meint, die sie nun offenbar gewählt hat, liegt sie falsch. Denn Fidesz und PiS hatten zuletzt eher einen Feldzug gegen die europäische Demokratie gestartet. Beide Parteien regieren alleine, beide Parteien sind der Grund dafür, dass gegen ihre Länder Strafverfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrags laufen. In beiden Ländern ist die Rechtsstaatlichkeit in Gefahr.
Insofern stellt sich die Frage, welchen Preis von der Leyen für die Unterstützung dieser Parteien zahlen muss. Wird sie künftig nachsichtiger mit Polen und Ungarn umgehen? [….]

Die Rechnung kam sogar recht schnell.
Im von Fidesz und PiS aufgeheizten Klima müssen LGBTI in ihren Ländern wieder um ihr Leben fürchten, können sich zudem immer weniger auf den Rechtsstaat verlassen. Weil in Ungarn und Polen sowohl Medien als auch Justiz zunehmend gleichgeschaltet werden.
Natürlich ermutigt das radikale Christen und Politextremisten.

[….]  Nach Ausschreitungen bei einer Regenbogenparade in der ostpolnischen Stadt Bialystok sind 25 Menschen vorübergehend festgenommen worden. Hooligans und extrem rechte Aktivisten hätten die Teilnehmer eines Marsches für Gleichberechtigung von Schwulen, Lesben, Bi- und Transsexuellen (LGBT) attackiert und versucht, den Umzug zu blockieren, berichtete die Agentur PAP unter Berufung auf das Warschauer Innenministerium.
Demnach hatten Randalierer die Teilnehmer des Marsches am Samstag unter anderem mit Steinen, Eiern und Böllern beworfen. […..]

Seit vielen Jahren lässt sich Brüssel von den osteuropäischen Autokraten auf der Nase herumtanzen, wird ganz still, wenn es um die Verteidigung der europäischen Werte dieser Wertegemeinschaft geht.

Und was sagt die neue EU-Kommissionschefin von der Leyen? Stellt sie sich endlich mal vor die Attackierten? Fordert sie von Warschau die Einhaltung der Menschenrechte ein? Verhängt sie endlich EU-Strafen?

Im Gegenteil, sie verteidigt Orbán und Kaczyński.

[….]"In den mittel- und osteuropäischen Ländern herrscht bei vielen das Gefühl, nicht voll akzeptiert zu sein. Wenn wir die Debatten so scharf führen, wie wir sie führen, trägt das auch dazu bei, dass Länder und Völker glauben, sie seien im Ganzen gemeint, wenn einzelne Defizite kritisiert werden", sagte sie.
In Polen ist aus Sicht der EU-Kommission die Unabhängigkeit der Justiz gefährdet, Ungarn attestierte das Europäische Parlament Einschränkungen der Demokratie. "Wir alle müssen lernen, dass volle Rechtsstaatlichkeit immer unser Ziel ist, aber keiner ist perfekt", sagte von der Leyen. Finanzielle Sanktionen kämen nur als das "allerallerletzte Mittel nach vielen Stufen, die vorher kommen" infrage. […..]

Verständnis für die Rechtsradikalen. Das ist also von der Leyens erste große Bitte.
Den Juden, den unterdrückten Journalisten, den drangsalierten Richtern, den Schwulen und Lesben kann es egal sein, ob die neue EU-Chefin aus ihrer eigenen evangelikalen Überzeugung für Orbán und Co wirbt, oder ob sie bloß käuflich ist und nun den Preis für ihre Wahl zahlt.
Sie werden auf jeden Fall im Stich gelassen.