Wer der schlimmste Politiker ist, der einem am meisten auf die Nerven geht, hängt üblicherweise davon ab, wenn man zuletzt häufig gesehen hat.
In den 1980ern schwankte ich bei der Frage üblicherweise zwischen Schäuble, Strauß, Tandler, Erich Riedl, Koch, Lummer. Aber es kam vor, daß meine Mutter zwei Jahre nach dem Ende der Amtszeit von Manfred Kanther anrief und sagte „Gerade habe ich eine Dokumentation über Kanther gesehen… Also nein; ich hatte ja ganz vergessen wie furchtbar der ist; jetzt ist Kanther für mich der Schlimmste überhaupt!“
Entweder es liegt an der nivellierenden glattgelutschten Art Politiker unserer Zeit oder an meinem Alter; aber viele rechte Unions-Vertreter von heute halte ich zwar für gefährlich und extrem schlecht – zB Altmaier, Klöckner, AKK, Merkel – aber die triggern mich nicht mehr so persönlich. Die sind schlimm, bringen aber meinen Blutdruck nicht mehr in Wallung; außer vielleicht Spahn und Merz.
Zudem sind einige schlicht und ergreifend Witzfiguren und durch ihre drastische Unfähigkeit derartig lächerlich, daß man sich auch nicht recht vor ihnen fürchten kann (Pofalla, Scheuer, Dobrindt).
Die Typen, die mich im Jahr 2020 am meisten aufregen, sind überwiegend in der AfD und sitzen daher wenigstens nicht direkt an den Hebeln der Macht.
Die Nackenhaare sträuben sich mir aber durchaus noch bei den schweren Religioten der Parteien – Kerstin Griese, Wolfgang Thierse, Andrea Nahles, Volker Beck, AKK, Schavan, Mechthild Löhr, Christian Hirte, Hubert Hüppe.
In den USA ist die Frage nach dem schlimmsten Politiker müßig, weil niemand in der Disziplin jemals mit Donald Trump mithalten kann.
Spannend ist also höchstens die Frage, wer der Zweitübelste ist.
Matt Gaetz? Jim Jordan? Richard Grenell? Kayleigh McEnany? Steven Miller? Jason Miller? Kellyanne Conway? Corey Lewandowski? Matt Schlapp?
Das sind allesamt zutiefst bösartige und extrem verlogene Fanatiker; echte Amoralisten, die gar keine Hemmungen mehr kennen.
Noch schlimmer sind in gewisser Weise die unfassbar verlogenen Superheuchler an den Schaltstellen der Macht – Mike Pence, Lindsey Graham, Mike Pompeo, Bill Barr, Moscow-Mitch McConnell – weil sie nicht ganz so verblödet wie die Gaetz-McEnay-Schlapp-Kategorie sind.
Die wissen genau wie radikal sie lügen, wie kriminell sie agieren und wie demokratiezersetzend sie arbeiten; sie tun es aber aus Geld- und Machtgier trotzdem.
Ich staune selbst, daß die GOPer, die ich bis ca 2015 für die abstoßendsten und bösartigsten Brechmittel alles Zeiten hielt – Michele Bachmann, Ted Cruz, Rick Santorum, Sarah Palin – im Kampf um Platz Zwei nach Trump gar nicht mehr mitspielen.
Es liegt aber nicht nur daran, daß sie ein wenig in die zweite Reihe traten, sondern auch an der Fähigkeit der Gaetz-Jordan-Grenell-Generation Die Anmaßung, Destruktivität und Debilität eines Santorums noch mal deutlich zu überbieten.
Diejenigen GOPer, die wie Pompeo, Pence oder Nikki Haley davon träumen 2024 als Präsidentschaftskandidat anzutreten und potus No 47 zu werden, mögen immerhin noch ein strategisches Interesse daran haben Donald Trump in den Hintern zu kriechen.
Anders als viele (Demokraten) glauben, wird Trump nämlich am 20.01.2021 nicht von der politischen Landschaft verschwinden.
Der wird sich nicht ins Privatleben zurückziehen und still schmollend seine Niederlage akzeptieren, sondern weiterhin durch seine Tweets für 90 Millionen Follower täglich präsent sein. Sehr wahrscheinlich wird er weiterhin seine Rallys abhalten, weil sie für seine psychotische Seele wichtig sind und insbesondere als Einnahmequelle fungieren. Trumps Hotels und Golfplätze machen alle Minus. Ab 2021 werden über eine Milliarde Dollar Kredite fällig, die er zurückzahlen muss.
Bei 73-75 Millionen fanatischen Trump-Fans kann er am leichtesten Geld verdienen, indem er auf Rally-Tour geht und billigen in China hergestellten MAGA-Tand für Mondpreise verticken lässt.
T-Shirts, Base-caps, Wimpel, Fahnen, Poster, Aufkleber, Münzen, CDs – all das bekommt er über Ivankas Lizenzen für Bruchteile von Cents aus China und knöpft dann seinen Fans 60 oder 70 Dollar dafür ab.
FOX, Breitbart und OAN werden den Quotenbringer Trump auch weiterhin bereitwillig in all ihren Sendungen hofieren, so daß er kontinuierlich weiter behaupten wird die Wahl gewonnen zu haben und überhaupt alles besser als die Biden-Regierung zu machen.
Die Testikel- und Rückgrat-freien Möchtegern-Nachfolger in der GOP werden sich mit der PR-Maschine nicht anlegen, indem sie es wagen Trump zu kritisieren.
Gegen Trump aufstehen können weiterhin nur Ex-Republikaner der Lincoln-Project-Blase oder von der Rentnerbank – John Kasich, Colin Powell, Condoleezza Rice, Jeff Flake, David Frum, Tom Ridge, John Negroponte.
Kein Republikaner, der aktiv in der Politik steht hat den Mumm sich dem kriminellen 20.000-fachen Lügner und Verfassungsfeind entgegen zu stellen.
Entweder wollen sie noch etwas werden, oder sie ticken ebenso fanatisch-irre wie ihr oranges Idol.
Für den Titel als zweitschlimmster US-Politiker, kommt allerdings der zutiefst debile Rudy Giuliani infrage.
Der Mann ist so offensichtlich verblödet, daß er seinem Mandanten Trump glücklicherweise mit öffentlichen Auftritten mehr schadet als nutzt.
Seine letzten beiden medialen Cameo-Großauftritte waren beide gleichermaßen hochnotpeinlich.
Einmal fummelte er rücklings auf einem Hotelbett liegend vor einer 15-Jährigen in seiner Unterhose rum – heimlich gefilmt von Sascha Baron Cohen.
Kurz darauf stand er wie irre faselnd auf dem Parkplatz eines Gartencenters, das er mit einem Luxushotel verwechselt hatte und prangerte eingerahmt zwischen einem Dildo-Shop und einem Krematorium.
Es ist schwer vorstellbar wie sich ein Anwalt noch lächerlicherer machen könnte.
Seine Auftritte geraten grundsätzlich zu einer Mischung aus Farce und Gruselshow.
[…..] Donald Trumps Anwalt blamiert sich vor Gericht[…..] Auftritt von Trump-Anwalt Giuliani vor Gericht gerät zur Farce […..] Giulianis erster Auftritt vor Gericht seit fast dreißig Jahren sorgte vor allem für Spott. […..] Noch trauriger als die juristische Pleite für den Mann im Weißen Haus dürfte allerdings der Auftritt seines Rechtsvertreters am Dienstag vor einem US-Bezirksgericht in Williamsport gewesen sein. Zum ersten Mal seit fast drei Jahrzehnten stand Giuliani wieder als praktizierender Anwalt für einen Klienten im Gerichtssaal und sein Comeback ging gründlich in die Hose. Der 76-Jährige "fummelte an seinem Twitter-Account herum, vergaß, mit welchem Richter er sprach und warf mit unbestätigten Anschuldigungen über eine landesweite Verschwörung von Demokraten zum Diebstahl der Wahl um sich", schreibt der "San Francisco Chronicle". Und die auf juristische Nachrichten spezialisierte Internetseite "Law & Crime" berichtet, schon in seiner "Eröffnungstirade" habe Giuliani Wahlbetrugsvorwürfe erhoben, die "eher für den rechtsgerichteten Äther geeignet schienen als für einen Bundesgerichtssaal".[…..] Später habe der Anwalt auf die Frage des Richters, welche Prüfungsnorm (standard of scrutiny) bei der Untersuchung des Vorgehens der Regierung von Pennsylvania angewandt werden sollte, entgegnet: "die normale." Die Antwort löste "Law & Crime" zufolge weit verbreiteten Spott unter Juristen aus, da sie offengelegt habe, dass Giuliani nicht mit den drei unterschiedlich strengen Untersuchungsstandards an US-Gerichten – "rational basis review", "intermediate scrutiny" und "strict scrutiny" – vertraut sei. Giuliani räumte demnach später in der Anhörung sogar ein, dass er nicht wisse, was "strict scrutiny" bedeute.
Und der Republikaner hatte noch mit einem weiteren Begriff Probleme: In den von den Klägern monierten Bezirken "wurde ihnen die Möglichkeit verweigert, [die Stimmenauszählung] ungehindert zu beobachten und Opazität sicherzustellen", behauptete Giuliani. "Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich weiß, was Opazität bedeutet. Es bedeutet wahrscheinlich, dass Sie sehen können, oder?"
"Es bedeutet, dass Sie nicht sehen können", klärte Richter Matthew Brann ihn auf.
Apropos Matthew Brann: Auch mit Namen hatte Giuliani seine Schwierigkeiten. Brann verwechselte er Medienberichten zufolge mit einem Bundesrichter in einem anderen Bezirk von Pennsylvania, der eine andere Trump-Klage abgelehnt hatte. Einen gegnerischen Anwalt bezeichnete er als "den Mann, der sehr wütend auf mich war, ich habe seinen Namen vergessen". Und Wahlsieger Joe Biden nannte er "Bush". […..]
Wieso setzt ein US-Präsident also so einen grottenschlechten Anwalt ein, der auch seit der Wahl jede einzelne Klage gegen das Ergebnis vor Gerichten aller Ebenen verlor?
Dafür gibt es Gründe: Trump ist ein Alptraum-Mandant, der sich an keine Absprachen hält, intellektuell juristischen Strategien nicht folgen kann und seine Anwälte in nicht zu gewinnende Schlachten schickt. Es ist für ihn fast unmöglich überhaupt noch Anwaltskanzleien zu finden, die ihn vertreten wollen.
Wieso setzt sich ein ehemaliger New Yorker Bürgermeister und Präsidentschaftskandidaten-Bewerber für so einen Alptraum-Mandanten ein?
Dafür gibt es Gründe. 20.000 Gründe am Tag.
[….] Die „New York Times“ hatte zuvor berichtet, dass Unterstüzer:innen Trumps sich sorgen, Rudy Giuliani würde sich persönlich an den anstehenden Gerichtsprozessen bereichern. Der persönliche Anwalt von Donald Trump sagte der Zeitung, er habe niemals nach besagtem Honorar gefragt. Die 20.000 US-Dollar täglich seien nach Aussage von Rudy Giuliani, „das Ergebnis, welches wir am Ende gemeinsam ausgearbeitet haben“. [….]
Nun ja, für einen Wochenlohn von 140.000 Dollar, also 600.000 Dollar im Monat, kann man sich auch schon mal lächerlich machen.