Wenn man
SPD-Parteimitglied ist und sich mit Funktionären über den mangelnden Zuspruch der
Wähler unterhält, fällt unweigerlich das Wort „Parteiprogramm“.
Schließlich
sind wir eine Programmpartei und wenn uns niemand wählen will, muß es wohl am
Programm liegen.
Also
wird programmatische Arbeit gefordert. Programmkommissionen sollen mit den
schlauesten Köpfen bestückt werden und zukunftsträchtige Konzepte ausarbeiten.
Wenn das
Parteiprogramm nur genug überzeugt, werden die Menschen auch wieder die SPD mit
Mehrheiten versehen.
Programme
sind auch gut, denn wenn man denn unversehens mal an die Regierung kommt, muß man
ja auch wissen was man tun soll.
Wie blöd man ohne Programm dasteht, kann man
an der derzeitigen CDU-Performance studieren. Die CDU hat bekanntlich in den
letzten 15 Jahren jegliche Programmatik völlig fallengelassen und sich als
reine Manövriermasse eines Kanzlerwahlvereins verstanden.
In der
Konsequenz ist man anschließend in der Regierung mit vielen schönen Posten
versehen und muß zugucken, was der K.O.alitionspartner alles umsetzt, während
man selbst nicht das geringste CDU-Projekt zu bieten hat, so daß die eigene
Handschrift nur noch im Verhindern von SPD-Wünschen besteht.
Programmpartei
zu sein ist also besser und ehrlicher und zukunftsweisender.
Es gibt
allerdings auch eine Kehrseite. Das sind die Wahlergebnisse.
Wähler
mögen keine Programmatik. Und selbst wenn sie konkreten Programmpunkten mit großer
Mehrheit unterstützen – Mindestlohn oder Homoehe zum Beispiel – so sind das
keine wahlentscheidenden Kriterien.
Im
Gegenteil, offenbar sind diejenigen, die den Wähler überhaupt nicht fordern und
stattdessen Wohlfühlplattitüden von sich geben, sehr viel beliebter.
Vernunft
ist in der Theorie gut, aber nichts, das die Menschen an die Urnen lockt.
Sachpolitische
Erfolge bedeuten eben nicht, daß dadurch das Ansehen eines Ministers steigt.
Es ist
eher im Gegenteil so, daß diejenigen, die sich von Sachpolitik so fern wie
möglich halten, am meisten adoriert werden.
Von der
Leyen oder von und zu Guttenberg sind solche Beispiele – sehr beliebt, und das
ganz ohne irgendwelche konkreten Projekte. Perfektioniert hat die inhaltsleere
Floskel-Politik natürlich Frau Merkel, die bis heute nicht durchblicken lassen
hat, ob sie politische Überzeugungen hat. Wenn sie sich mal für irgendetwas einsetzt
– Energiewende, Ukrainebefriedung oder Eurorettung – landet sie stets spektakuläre
Bauchlandungen.
An der
Spitze der Beliebtheitsrankings steht neben Merkel gegenwärtig Außenminister
Steinmeier. Er ist sicherlich ein fleißiger, bemühter und seriöser Politiker,
der aber eins mit Merkel gemein hat: Er kann keinerlei Erfolge vorweisen:
Kampf gegen den IS, Syrienbürgerkrieg, Ukraine, Europolitik, das Verhältnis zu Russland und USA, Nahostfriedensprozess, Iran-Atomabkommen – was Steinmeier anfasst, wird immer nur schlimmer. Keine Besserung, nirgends.
Kampf gegen den IS, Syrienbürgerkrieg, Ukraine, Europolitik, das Verhältnis zu Russland und USA, Nahostfriedensprozess, Iran-Atomabkommen – was Steinmeier anfasst, wird immer nur schlimmer. Keine Besserung, nirgends.
Totale
Erfolglosigkeit ist also nichts, das das Wählerwohlwollen beeinträchtigt.
Die meiner
Ansicht nach vier besten Bundesminister der letzten 20 Jahre – Olaf Scholz,
Jürgen Trittin, Peer Steinbrück und Heiko Maas – sind, bzw waren allesamt eher unbeliebt, obwohl sie in ihren
Ministerien hervorragende Arbeit leisteten, von der Deutschland sehr nachhaltig
profitierte.
Der Held der SPD ist
im Übrigen nicht der Bürgermeister, nicht der Landrat, der Ministerpräsident,
der Minister, der gutes politisches Handwerk beherrscht und dem Augenmaß
zuerkannt wird, sondern es ist der gesinnungsethisch und parteiverträglich
stark auftretende Delegierte auf der Parteikonferenz. Vergleichen Sie das
Ergebnis von Olaf Scholz beiden letzten Vorstandswahlen der SPD mit denen bei
den Bürgerschaftswahlen in Hamburg, und das Problem wird offensichtlich.
SPIEGEL: Oder ist die SPD im Kern eine Programmpartei – und viele Wähler haben
kein Interesse mehr an Programmatik?
[…]
Das ist meine
Empfehlung an meine Partei: Wenn ihr nur den Koalitionsvertrag abarbeitet,
landet ihr in einer Verwaltungsgemeinschaft. Die SPD wird die entscheidenden
Zukunftsfragen – Freiheit in Zeiten der Globalisierung und Digitalisierung,
Europa, den vorsorgenden Sozialstaat, Integration, die Auswirkungen der
digitalen Revolution auf unsere industriellen Kernbereiche – befeuern müssen.
Da dürfen auch mal die Fetzen fliegen. Dann mischen sich die Bürger ein. Wir
müssen Enthusiasmus wecken.
(Interview
P. Steinbrück im SPIEGEL 11/2015)
Es ist
eine Eigenart von hauptberuflichen Parteifunktionären Programmatik und
professionelle Arbeit zu bewerten.
Ich
glaube hingegen, daß „die Wähler“ sich einen Dreck für Programmatik
interessieren. Niemand liest Parteiprogramme. Man wählt den, bei dem man sich
irgendwie wohler fühlt.
Peer
Steinbrück hat zu der falschen Einschätzung des „Wählerwillens“ durch Politiker
letzte Woche im SPIEGEL-Interview bemerkenswert Richtiges gesagt.
Tatsächlich
hatte Merkel von 2009 bis 2013 miserable Arbeit abgeliefert und die
mit Sicherheit schlechteste Koalition Nachkriegsdeutschlands geführt. Die SPD
verführte das zu der Ansicht die Wahl müßte einfach zu gewinnen sein.
Unserer Ansicht nach hatten sich die vier Jahre Schwarz-Gelb vor allem durch Ambitionslosigkeit und folgenlose Gipfelveranstaltungen ausgezeichnet. Deshalb ging ich davon aus, dass meine Bereitschaft, Klartext zu reden und konkrete Politikangebote zu machen, einige Wähler aus dem christdemokratischen Lager anziehen könnte, jene Wähler eben, die statt bloßer Moderation einen Gestaltungsanspruch an Politik erheben. Das breite Publikum wollte aber weitestgehend in Ruhe gelassen, schon gar nicht provoziert werden. Frau Merkel als die Mutter aller deutschen Porzellankisten traf genau diese Stimmungslage der Republik. […] Außerdem dachten wir, wenn es für Mindestlohn, die Gleichstellung von Homosexuellen, ein modernes Staatsbürgerrecht, die Frauenquote und die Mietpreisbremse jeweils einzeln hohe Zustimmungsquoten gebe, dann ließe sich aus der Addition solcher Vorhaben eine parlamentarische Mehrheit schmieden. Das war der zentrale strategische Fehler der SPD.
(Interview
P. Steinbrück im SPIEGEL 11/2015)
Glaubt
man dem neuen SPIEGEL, hat sich Gabriel jetzt schon mit einer erneuten
krachenden Niederlage gegen Angela Merkel im Herbst 2017 abgefunden.
…..mehr als 25 Prozent
Zustimmung werden es nicht. Solange das so ist, heißt es: Eine echte
Machtperspektive gibt es für die Sozialdemokraten nicht. „Zwischen Union,
Grünen und Linkspartei bleibt uns nur ein Potenzial von 27 Prozent“, sagt
Gabriel auf einer Klausur im Februar. Deshalb könne es „sehr lange dauern, bis
wir wieder den Kanzler stellen“. Er weiß: Wenn Merkel wieder antritt und auch
sonst kein Wunder geschieht, wird er in gut zwei Jahren in ein Rennen um die Kanzlerschaft
eintreten, das er kaum gewinnen kann. Die schwindende Hoffnung macht Gabriel
nervös und so unsicher, dass sich viele in der Partei fragen, was mit ihm los
ist. Jetzt müsste er durchhalten, geduldig sein. Abwarten. Sich und der Partei
vertrauen, um zumindest eine kleine Chance für 2017 zu erhalten. Aber Gabriel
ist nicht geduldig, er hat kein Vertrauen.
(DER
SPIEGEL 14.03.15)
Na, wenn
sich da die Autoren Horand Knaup, Gordon Repinski, Gerald Traufetter nicht
gewaltig irren. Geduldig, abwartend, ruhig?
Meiner
Ansicht nach holt man so gegen Frau Merkel ganz bestimmt nicht den Urnenpöbel
hintern Ofen her.
Die
gewaltigen Zustimmungswerte für die Kanzlerin zeigen ja, daß man allgemein
glaubt, sie regiere ganz hervorragend. Ihr Credo „Uns geht es gut“ stimmt dabei
nur relativ. Natürlich geht es „uns“ besser als den meisten Nationen. Aber es
gibt auch millionenfaches Elend zwischen Nord und Süd. Es herrscht
himmelschreiende Ungerechtigkeit, die Vermögende extrem bevorzugt.
Die
Aufgabe der SPD in der Regierung müßte es eben nicht sein still und ruhig alles
mitzumachen, sondern der CDU gewaltig Widerspruch zu liefern. Sie müßte die
Lebenslügen der Konservativen enttarnen und gnadenlos aufzeigen wo und wie die
Union Ungerechtigkeiten befördert. Leicht wird das nicht, da Merkel so extrem
beliebt ist, daß Kritik an ihnen von vielen Wählern als Majestätsbeleidigung
aufgefasst wird.
Man muß
sehr überlegt vorgehen und immer ein „Besser wäre es stattdessen…“-Satz
anfügen. Jeder Sozi-Spitzenpolitiker sollte die Zeit bis 2017 nutzen, um
fortwährend Ungerechtigkeiten (Pflege, Rente, Umwelt, Bildung,..) nicht nur
anzuprangern, sondern immer sofort einen konkreten Halbsatz nachschieben, der
lautet: „das ist deshalb so, weil die CDU….“
Merkel
im Merkel-Sein zu übertreffen, indem man sich bei Pegida einschleimt und „TTIP
ist toll“-skandierend hinter den Industrieverbänden herläuft, wird dagegen
wenig beeindrucken.
[…]
In Neumünster hat der umtriebige SPD-Vize
und Landeschef Ralf Stegner gesprochen, der mit ordentlichem Ergebnis (81,9
Prozent) wieder zum Chef der Nord-SPD gewählt wurde. Die SPD sei 2017 auf
keinen Fall chancenlos, sagte er. Sie habe allerdings nur dann eine Chance,
wenn die Menschen die Unterschiede zur Union wahrnähmen. Das passt ganz in die
Linie Stegners, der - im Gegensatz zu Gabriel - allzeit bereit ist, der Union
im Bund an den Kragen zu gehen. Koalitionsdisziplin hin oder her.
Ihm gibt eine Studie
Recht, die in eben jener Vorstandsklausur präsentiert wurde, in der Gabriel die
Wahl 2017 verloren gegeben haben soll. Demnach hat die SPD ein erhebliches
Imageproblem und findet neben den Koalitionspartnern CDU und CSU kaum statt. Eine
Lösung: abgrenzen, angreifen, Profil zeigen. Die Studie hätte auch von Stegner
stammen können.
[…]
[Merkels] Umfragewerte sind stabil hoch,
die Menschen scheinen ihr blind zu vertrauen. In großen Krisen von der Ukraine
bis Griechenland profiliert sie sich als versierte Weltstaatsfrau, die die
deutschen Interessen nicht aus dem Blick verliert. Das gefällt.
Im ZDF-Politbarometer
führt Merkel souverän die Top-Zehn der wichtigsten Politiker an. In der an
diesem Freitag veröffentlichten Umfrage erreicht sie mit 2,8 Punkten ihren
persönlichen Bestwert. […]. Die SPD hat es weder vor noch nach der
Bundestagswahl 2013 geschafft, gegen Merkel einen wirksamen Hebel anzusetzen.
Ihre Macht, ihre Beliebtheit ist unumstritten und ungebrochen. Die SPD dagegen
ist festbetoniert auf einem 25-Prozent-Sockel. […]
Einfach
nur als Muttis Musterschüler brav und geräuschlos das Wahlprogramm abzuarbeiten
reicht ganz offensichtlich nicht, um den Urnenpöbel zu beeindrucken.
Im Gegenteil, die Obstruktion der CDU katapultiert sie gerade wieder auf Rekordwerte nahe der 50% - Merkel könnte ihre vierte Amtszeit mit absoluter Mehrheit beginnen und wieder einmal einen K.O.alitionspartner erledigt haben.
Im Gegenteil, die Obstruktion der CDU katapultiert sie gerade wieder auf Rekordwerte nahe der 50% - Merkel könnte ihre vierte Amtszeit mit absoluter Mehrheit beginnen und wieder einmal einen K.O.alitionspartner erledigt haben.
Der
Grund für den Zustimmungssprung der CDU von 43% auf 49%
ist offensichtlich keine konstruktive Politik, sondern das Holzen de Maizières
gegen Ausländer und Schäubles Gepolter gegen die Griechen.
DANN mag
der Urnenpöbel nämlich durchaus harte und deftige Töne – WENN sie sich gegen
andere und Schwächere richten.
Nur der
Wähler selbst will von allen Unbequemlichkeiten verschont bleiben.
Wer das
garantiert, indem er immer nur andere anschwärzt, steht gut da.
Ich bin
begeistert von Heiko Maas, weil er mutig voran geht, sich gegen CSU und
Sachsen-CDU bei den Anti-Pegida—Demonstranten einreiht, glasklare Statements
wider Xenophobie und Antisemitismus abgibt.
Er zeigt
was ein SPD-Mann alles viel besser als CDU-Minister machen kann.
Leider
fallen alle andere SPD-Minister aus und stellen sich nicht mehr an die Seite
der Schwachen, der Asylanten, der Juden, der HartzIVler, der Schwulen, der
Flüchtlinge.
Einige dieser Positionen sind sogar populär. Gabriel sollte seine Waffenexportverhinderung noch viel konsequenter durchsetzen und dies aus immer entsprechend kommunizieren:
Seht her, ich habe Deal A, B, C,.. verhindert. Die CDU schreit hingegen nach mehr Waffen..
Die SPD könnte auch mal radikale Schritte gegen die kinderfickenden Priester fordern und genau aufzeigen wo und wie die RKK mauert.
Auch das käme gut an beim Wähler.
Einige dieser Positionen sind sogar populär. Gabriel sollte seine Waffenexportverhinderung noch viel konsequenter durchsetzen und dies aus immer entsprechend kommunizieren:
Seht her, ich habe Deal A, B, C,.. verhindert. Die CDU schreit hingegen nach mehr Waffen..
Die SPD könnte auch mal radikale Schritte gegen die kinderfickenden Priester fordern und genau aufzeigen wo und wie die RKK mauert.
Auch das käme gut an beim Wähler.