Das ist doch verrückt, heute haben wir Hamburger einen
christlichen Feiertag, den noch nicht mal die Bayern zelebrieren.
Reformationstag zu Ehren des radikal sadistischen
Antisemiten Martin Luther.
Völlig ungewohnt für mich als Abonnent der Süddeutschen
Zeitung.
[….] Reformationstag
erstmals Feiertag in Hamburg
Die Menschen in Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bremen
haben am 31. Oktober erstmals den Reformationstag als regulären gesetzlichen
Feiertag begangen. Die evangelische Nordkirche stellte das ökumenische Gespräch
zwischen Protestanten und Katholiken und den interreligiösen Dialog in den
Mittelpunkt. [….]
Verdammt, in Hamburg gehen ohnehin nur 0,5% der Christen
sonntags in die Kirche und ohnehin sind Christen längst eine Minderheit.
Es kommt mehrfach im Jahr vor, daß nur meine Hamburger
Zeitungen vor der Tür liegen und die SZ fehlt, weil mal wieder irgendein
christlicher Unsinn in Süden alles lahmlegt.
Heute fehlten erstmals Mopo und Abla, während die Bayern
immerhin eine Feiertagsausgabe bereiteten.
Ich verstehe diesen Schwachsinn mit den gleichgeschalteten
Feiertagen nicht und vorgeschriebenen Geschäftsschließungen nicht.
Andere Länder, wie die USA zeigen, daß man keine Ladenschlussgesetze
benötigt. Es steht doch den Branchen frei einen arbeitsfreien Tag einzuführen,
wenn sie möchten. So sind im Hamburg die Friseure montags geschlossen und Ärzte
nehmen sich mindestens den Mittwoch-Nachmittag frei. Handwerker erreicht man
nicht mehr am Freitagnachmittag.
Wenn alle Menschen zur selben Zeit frei haben, können sie
den Tag ohne Arbeit sehr schlecht nutzen, weil Behörden, Geschäfte und
Arztpraxen dann ebenfalls geschlossen haben.
Es wäre eine Win-Win-Situation bei Beibehaltung der
Wochenarbeitszeit jedem Betrieb zu erlauben 24/7 geöffnet zu haben.
Die Angestellten könnten sich Schichten aussuchen, die ihrem
persönlichen Biorhythmus am besten entsprächen. Studenten könnten
Nachtschichten als Nebenjobs übernehmen und jeder könnte seinen freien Tag so
legen, wie es konveniert.
Die derzeitige völlig starre Wochenend- und Feiertagsstruktur
führt zu absurden Zeitverlusten, weil sich immer wieder am Vorabend von
gesetzlichen Ruhezeiten absurde Überfüllungen in den Läden ergeben. Man steht
jeden Morgen und jeden Abend sinnlos im Stau, produziert unfassbare Mengen an
CO2 zusätzlich, weil alle gleichzeitig arbeiten, während die Straßen
Sonntags völlig leer sind.
Das ließe sich alles entzerren und gleichmäßiger nutzen.
Stattdessen pressen wir die Tagesabläufe der Menschen in
eine große Schablone, weil ein imaginärer Rachegott das angeblich mal so
forderte.
Und dafür musste ich letzten Samstag bestraft werden.
Ich durchlebte Grauenvolles. Menschenverachtendes!
ICH war nämlich gestern Nachmittag, an einem Samstag bei
IKEA! IKEA HH-Schnelsen, das es seit 1989 gibt.
Ein Wunder, daß ich das überlebt habe.
Obwohl neben der Filiale seit meinem Letzten Besuch (im
vorherigen Jahrtausend) ein gewaltiges dreistöckiges Parkhaus zusätzlich erbaut
wurde und außerdem zwei weitere noch größere Filialen in HH eröffneten (2002 IKEA Moorfleet als Deutschlands größte
Niederlassung und 2014 IKEA Altona als weltweit erstes
Innenstadtgeschäft), war auch das verdammte Ding in Schnelsen so rappelvoll,
daß ich schon eine halbe Stunde auf dem Parkgelände rumkurven musste, vor
aggressiven Berufs-Mamas in Skoda-Roomstern und Großfamilien in fetten SUVs
floh, bis ich mich schließlich in 10 km Entfernung vom Eingang abstellen
konnte.
Schon vor der Eingangstreppe dann ein Menschenauflauf wie
bei der Duisburger Loveparade. Auf der Treppe kam man immer nur eine Stufe
voran, stellte sich mit beiden Beinen drauf und spürte dann den warmen Currywurstatem
vom Hintermann im Nacken, das Kaugummischmatzen des Nebentypen im Ohr.
Mein Plan war dann mir schlau einzuprägen wo die verdammte
Essplatzabteilung ist, damit ich nicht dem vorgezeichneten Rundgang folgen
müsste, den alle anderen Lemminge gehen würden.
Aber offensichtlich empfanden die anderen Arschgeigen IKEA
nicht als unangenehm überfülltes Möbelgeschäft, in dem man bedauerlicherweise
wegen seiner Arbeitszeiten nur am Samstag seinen Esstisch und die beiden Stühle
kaufen könne (die der blöde Hermes einem von OTTO gleich zweimal nicht
geschickt hatte, weil sie die Adresse nicht finden konnten).
Nein, das miese Psychopack genoss die Sardinendosen-Folter offensichtlich.
Kaum wurde die Eingangstreppe hinter sich gelassen, breiteten sich Shopoholics aus,
hakten sich ein, so daß hinter ihnen Drängelnde keinesfalls vorbei konnten,
verlangsamten ihre Schritte in Zeitlupe und sobald sich auch nur die kleinste
Gasse bildete, durch die ich hätte vorbei gehen können, blieb genau dort eine
tratschende Familie stehen, oder eine dicke 13-Jährige im Smombi-Modus vergaß
ob ihrer Tipperei auf dem rosa lackierten Mobiltelefon ganz und gar ihre Füße
zu bewegen.
Dazwischen im Abstand von ca 45 Sekunden immer wieder die
Durchsage, Herr Müller-Lüdenscheidt oder Elke Dinkel-Dinges möge sich jetzt im
SMÅLAND Kinderparadies einfinden, weil offensichtlich der kleine Kevin oder die
kreischende Schackeline Amok lief.
Als ich endlich in der unteren Ebene ankam, um mich durch
den Kleinramsch bis in die Halle mit den Möbelpaketen durchzukämpfen, wurde es
sogar noch schlimmer. Ein Gewusel wie in einem Megastaat von Wanderameisen auf
Droge.
Papas, die mit aggressivem Blick an ihren Einkaufswagen
klebten, während die Frauen ausschwärmten, um jeden kleinen Tand in die Hand zu
nehmen und dann der hinter mir stehenden Person zuzugrölen wie schön das sei
und daß man das so gut gebrauchen könnte – vorausgesetzt man finde raus wozu
das eigentlich gedacht wäre.
,Ceterum censeo
progeniem hominum esse deminuendam'.
Ein regelrechter kollektiver Kleinteile-Kaufrausch. Wie
können die Menschen nur so raffgierig werden und sich so manipulieren lassen
all den Scheiß in den Wagen zu werfen?
Wagen, die natürlich immer nur mir im Weg standen und mich
hinderten, zur Abholhalle Regal 47, Fach 9 (Tisch Lerhamn) und Regal 49, Fach 3
(Stuhl Stefan) vorzudringen. Man braucht nicht noch ein hunderter Pack
Teelichte, das zwanzigste Paket Servietten, die man eh nicht benutzt und
Klobürsten in allen Farben.
Vermutlich waren es
irgendwelche Kobolde, die auch meinen Wagen mit dem ganzen Mist vollgestopften,
so daß ich den verdammten Tisch unter den Arm klemmen musste, weil auch mein vierrädriger
Begleiter schon zum Bersten gefüllt war.
Außerdem gingen schon in der Möbelhalle die Kassenschlangen
los. 22 endlose Menschen- und Warenketten, welche die Kassenscanner zum
Dauerglühen brachten. Beeb beeb beeb beeb beeb. Eine ganze Halle voller Dauerbeepen,
das auch gut erklärt wie Ingvar Kamprad es zu einem der reichsten Männer der
Welt brachte.
Die drei Jahre in der Kassenschlange war ich nicht nur von
im Einkaufskoitus befindlichen Habenhabenhaben-Menschen eingekeilt, sondern
auch noch von der IKEA-Weihnachtsdeko umzingelt. Unfassbare Massen von
künstlichen Tannenzweigen, Weihnachtsmanngeschenkpapieren, roten Schleifen und
ähnlicher augenkrebserregender Plastikdeko, die offensichtlich noch nie zuvor
gesehen wurden und daher auch noch auf die ohnehin schon prall gefüllten Wagen
getürmt wurden. Warum???
Wenigstens da konnte ich cool bleiben. Weihnachten? Da gehe
ich schon 30 Jahre nicht hin.
Vielleicht war ich als Sozialphobiker auch nur von dem
Menschentausendfüssler zu erschöpft. Meine Beine wurden weich und die
bescheuerten grauen Plastik Nypon-Übertöpfe schleuderte ich mit so einer Wucht
auf das Kassenband, als ich schließlich dort ankam, daß sie wie ein Flummi
gleich in die Menschenmenge am Ausgang sprangen.
Was für ein Alptraum. Da musste ich mir noch die Nypons von einer dieser dicken
13-Jährigen mit Lolli im Mund zurückbringen lassen, weil ich mit Harödt und Morgondoft bepackt nicht aus der Schlange kam.
Was war ich froh endlich auf dem Parkplatz angekommen zu
sein.
Aber da debakulierte ich erst richtig, indem ich,
ausgerechnet ICH, der sich seit 100 Jahren über verwirrte Autosucher lustig
macht, tatsächlich meine eigene Karre nicht wiederfand und so lange rumirrte,
daß ich schon ernsthaft in Erwägung zog, jemand könnte mein Auto geklaut haben.
Was ja merkwürdig wäre, weil das doch schon im Jahr 2012,
als ich es mal schätzen ließ, nur 600 Euro wert war. Und seitdem gilt „Beule
frei!“.
Es war ja auch doch noch da. Ich vermute aber, daß einer
dieser garstigen SUV-Drängler es einfach woanders hingeschoben hatte.
Ja, so war das bei IKEA.
Im Gegensatz zu mir haben 99% der Prasser anschließend
natürlich noch die Kantine aufgesucht und auch hinter den Kassen hatten all die
Großfamilienmitglieder sämtliche Hände voller Waffeln, Eis und Schmalzgebäck.
Homo homini lupus.
Ich verstehe es nicht. Wieso bleibt da jemand länger als unbedingt nötig?
Aber Menschen sind nun mal vollkommen abartig. Die gehen
auch zu Kuschelparties oder in Darkrooms, drängeln sich bei Schlagermoves und
auf Weihnachtsmärkten, schwitzen mit Wildfremden in Saunas, um schrumpelige
Gerontengenitalien zu betrachten oder quetschen sich zu horrenden Preisen und
Volksmusikgegröle in Oktoberfestbierzelte, um anschließend aus allen
Köperöffnungen gleichzeitig in armdicken Strahl zu göbeln.
WIDERLICH.
Zölibat und Antinatalismus sind die einzigen Lebensformen
für mich!