Sonntag, 16. Juli 2017

Christen-Hobby.

Peter Wensierski ist einer der Guten, einer der Wenigen.
Wensierski schreibt im SPIEGEL mit der nötigen Distanz und angebrachter Neutralität über kirchliche Themen.
Üblicherweise sind bei den großen Periodika die Frommen für Frommes zuständig.

Das ist einer der von mir immer wieder beklagten Presse-Missstände.
Alle Kirchenthemen werden von frommen Gläubigen behandelt.
Dafür hat Springer Badde und Englisch, der Tagesspiegel die unvermeidliche Claudia Keller, die Zeit Frau Finger und die SZ eben Matthias Drobinski.
(……) Man stelle sich vor über die CDU würden nur noch CDU-Mitglieder schreiben. Oder nur noch Soldaten über die Bundeswehr. 

Geht es um die Grundfrage des Christentums in Deutschland – was geht da eigentlich so sagenhaft schief, daß jedes Jahr Hunderttausende aus der Religionsgemeinschaft flüchten, während aus anderen Kontinenten ein reger Zulauf herrscht – wird es bei den großen Zeitungen ganz gediegen.

Wensierski zeigt mit dem aktuellen Artikel im PRINT-SPIEGEL allerdings auch auf wieso es wöchentliche Nachrichtenmagazine schwer haben im Jahr 2017.
Seine lobenswerte Recherche über die Allianz von Homophoben, Pegidioten, AfD, Katholischer Kirche und Evangelikalen hätte mich vor 20 Jahren vom Hocker gehauen; ich wäre begeistert von der Enthüllung gewesen.
Aber im Internet-Zeitalter dient so eine Story eher der Multiplikation. Wer sehr an diesen Themen interessiert ist, wie ich zum Beispiel, kennt die Fakten nämlich längst.
Die genannten Namen, wie zum Beispiel Hedwig Beverfoerde, tauchen unter anderem auch in diesem Blog immer wieder auf.

Den evangelikalen Schwulenhasser Hartmut Steeb habe ich ebenfalls schon einige Jahre auf dem Schirm.

Wie man auch an David Berger, dem Niederträchtigsten der rechtsradikalen Klero-Szene sieht, knüpfen Nationalisten, Reichsbürger, Identitäre, Dunkelkatholiken, verhärmte Klemmschwestern, Evangelikale, Gender-Fanatiker, rechte CDUler, AfDler und Pegidioten eifrig Bande, um den verhassten „linksgrün versifften Staat“ zu bekämpfen.
Typen wie Kuby und Berger betreiben jede Menge Blogs und Foren, in denen sie sich mit anderen stramm Rechten vernetzen.

Das ist so widerlich, wie bekannt.

Interessant ist aber der Blick auf das Privatleben der Gay-Gegner. Was tun die eigentlich in ihrer Freizeit, wenn sie so ziemlich alles als unchristlich und undeutsch ablehnen, das Fernsehen, Musik, Kunst oder Sport bieten?
Mutmaßlich verfügen diese Leute, bedingt durch ihre unsympathischen Charakterzüge nicht über große Freundeskreise.
Was tut man da den ganzen Tag, wenn man nicht gerade Schwule, Schwarze und Linke beschimpft?

Nun, ein Hobby haben sie immerhin: Poppen!

[…..] Zum Be­ten kniet sich Joa­chim Kuhs auf die Kir­chen­bank, vor ihm liegt ein klei­ner ro­ter Tep­pich, da­mit die Ge­len­ke nicht schmer­zen.
Kuhs ist ein Mann, der gern lacht. Man sieht es an den Fal­ten um sei­ne Au­gen. Und er trägt gern An­zug, Hemd, Kra­wat­te. „Mei­ner lie­ben Frau und mir“, so stellt er sich gern vor, „wur­den zehn Kin­der an­ver­traut.“ Lie­be au­ßer­halb der christ­li­chen Ehe ist für ihn Sün­de, Ab­trei­bung gleich­be­deu­tend mit der Tö­tung ei­nes Men­schen.
Am Nach­mit­tag ver­sam­melt sich die Fa­mi­lie im Gar­ten, es gibt Bra­ten mit Kar­tof­fel­sa­lat, vier ver­schie­de­ne Ku­chen. Acht der zehn Kin­der sind schon er­wach­sen, fünf sind AfD-Mit­glie­der. Sie wa­ren scho­ckiert von ei­ner Bil­dungs­po­li­tik, die auch über un­ter­schied­li­che se­xu­el­le Ori­en­tie­run­gen auf­klä­ren soll­te, hal­ten nichts von ei­ner Fa­mi­li­en­po­li­tik, die das Mo­dell Mann-Frau-Kind nicht mehr zum al­lei­ni­gen Ide­al er­hebt. […..]
(Valerie Höhne, Peter Wensierski, DER SPIEGEL 29/2017 s.49)

Zehn Kinder sind das Maß der Dinge für die Frömmler.

Für die WELT, den Rheinischen Merkur und die Junge Freiheit arbeitet der ultrarechte Katholik Jürgen Liminski, 57, der es ebenfalls auf zehn Kinder bringt.

[….] Liminski ist verheiratet, hat gemeinsam mit seiner Ehefrau Martine Liminski zehn Kinder und lebt in Sankt Augustin. Eines seiner Kinder ist Nathanael Liminski, der Mitbegründer des Netzwerks „Generation Benedikt“ seit August 2013 umbenannt in „Initiative Pontifex“. Jürgen Liminski ist Mitglied der katholischen Laienorganisation Opus Dei und Vorsitzender des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen der Paneuropa-Union. […..]
(Wikipedia)

Leider überträgt sich das fundamentalistisch eingeengte Hass-Weltbild oft auf die Brut. So ist Gabriele Kubys Tochter Sophia ebenfalls ultra-katholische Aktivistin; beispielsweise als Sprecherin der „Generation Benedikt“ und Chefin der radikalen Abtreibungsgegner European Dignity Watch. Die Kuhs-Kinder streiten für die AfD und auch die jungen Liminskis treten in Papas Fußabdrücke.

(….) Hat man [Hendryk Broder] allerdings zufällig auf seiner Seite, sind seine Formulierungen ein absoluter Genuß.
Wenn er in seiner ruhigen Art in einer Talkshow sitzt und anwesenden Bischöfe zur Weißglut bringt, gefällt mir das natürlich.

Unvergessen, als er im Februar 2009 in Illners Schwatzrunde die „affirmative Schleimerei“ des Papst-Bewunderers Nathanael Liminski (23) von der "Generation Benedikt" beklagte.

Der anwesende Bischof (ich glaube es war Jaschke) warf ihm vor den „interreligiösen Dialog“ zu sabotieren, worauf Broder entgegnete er müsse sich diesbezüglich keine Vorhaltungen machen lassen, er führe den „interreligiösen Dialog“ jeden Tag, da er mit einer Katholikin verheiratet sei - das solle der Bischof ihm erst einmal nachmachen. (…..)
Da will ein Evangelikaler wie Hartmut Steeb natürlich nicht als Schlappschwanz dastehen und begattet seine in der Gemeinde schweigende Frau ebenso fleißig.
Auch er kommt auf zehn Kinder.

[…..] Ein an­de­rer Mit­tels­mann zwi­schen re­li­giö­sen und po­li­ti­schen Rech­ten ist Hart­mut Steeb. Er ist der Ge­ne­ral­se­kre­tär der Deut­schen Evan­ge­li­schen Al­li­anz, ei­nes evan­ge­li­ka­len Netz­werks, dem nach ei­ge­nen An­ga­ben 1,3 Mil­lio­nen Mit­glie­der an­ge­hö­ren. […..]  Be­son­ders zu Frak­ti­ons­chef Vol­ker Kau­der habe er ei­nen „di­rek­ten Draht“. Auch mit CDU-Ge­sund­heits­mi­nis­ter Herr­mann Grö­he ver­ste­he er sich, der sei ein „gu­ter Christ“. Doch die kon­ser­va­ti­ve Par­tei ist mo­der­ner ge­wor­den. Für Steeb ist das ein Pro­blem. Sein Traum ist eine „Pro Life“-Be­we­gung in Deutsch­land, die wie in den USA Ab­trei­bun­gen er­schwe­ren will.

[…..] Steeb spricht gern über sei­ne Hei­mat­ge­mein­de in Stutt­gart, über sei­ne Kin­der, er hat zehn, ge­nau wie Kuhs. Er sagt, dass Frau­en nicht ab­trei­ben soll­ten. Selbst wenn die Schwan­ger­schaft die Fol­ge ei­ner Ver­ge­wal­ti­gung ist. [….]
(Valerie Höhne, Peter Wensierski, DER SPIEGEL 29/2017 s.49)