Nicht jeder ist ein Mathegenie.
Nicht jeder hat Volkswirtschaft studiert; nicht jeder ist
Experte für Finanzökonomie.
Ich gebe gern zu, daß auch ich akademisch betrachtet aus einer
ganz anderen Ecke komme. Den „Wiwi-Bunker“ der Hamburger Uni kenne ich nur vom
Vorbeigehen auf meinen gelegentlichen Wegen zur Mensa. Ich habe nie einen
Schritt hineingesetzt.
Das einzige, womit ich akademisch-ökonomisch glänzen kann, ist
ein gewisses Wiwi-dar: Ein sechster Sinn
für BWL- und VWL-Studenten.
Das sind die, die immer so aussehen und sich so benahmen,
daß man wirklich nichts mit ihnen zu tun haben wollte.
Klar, bei uns Naturwissenschaftlern gab es auch diese sozial
inkompatiblen Nerds, aber die waren wenigstens auch dementsprechend
zurückhalten und irgendwie schräg. BWLer setzten immer noch einen drauf,
kleideten sich in Lacoste und Anzug, wedelten mit ihrem BMW-Schlüsselanhänger
und zeigten ihre Rolex. Alternativ auch ein Golfsäckchen oder Tennisschläger.
Die hatten keine mir-ist-alles-egal-Nerdfrisuren, sondern
perfekt frisierte Blondschopfe, makellose Haut und waren nahtlos braungebrannt.
Typen, die man einfach nur verachten wollte, aber bei denen
sich zusätzlich das ungute Gefühl einschlich, daß sie später mal diejenigen mit
Geld und Einfluss sein werden, während unsereins natürlich beruflich und sozial
versagen würde.
Und das kam ja auch so.
Ich weiß nicht was solche Studenten eigentlich lernen und
wozu sie geprüft werden.
Ob da auch irgendwas mit Zahlen dabei ist? Sowas wie
Mathematik gar?
Ich belegte damals auch einige Semester Mathematik. Für
Nebenfächler, Differentialgleichungen und sowas. Endlose Kurvendiskussionen
also.
Vielleicht qualifiziert mich das nicht für das Verstehen
ökonomischer Zusammenhänge, für Etatpolitik.
Schließlich bin ich auch kein kaufmännisches Genie wie mein
geliebter Präsident Donald Trump.
Mit der primitiven Mathematik, die ich kenne, hatte ich
allerdings schon erwartet, daß es ein Problem gibt, wenn all die radikalen
DEFICIT-HAWKS der Republikaner zusammen mit Trump die Zahlungen der
Multimillionäre und Milliardäre Amerikas in den Etat-Topf radikal schrumpfen
und gleichzeitig die Ausgaben für Militär aufblasen.
Das verstehe ich eben als Nicht-Ökonom nicht: Wie soll ein
Defizit schrumpfen, wenn man weniger in den Topf reintut und mehr rausnimmt?
[….] The
federal government is running up its credit bill again.
The deficit rose to
$779 billion in fiscal year 2018, up 17% from last year, according to final
figures released Monday by the Treasury Department. That's the largest number
since 2012, when the country was still spending massively to stimulate an
economy struggling to recover.
Government receipts
were flat this year from last year. Corporate tax collections fell $76 billion,
or 22%, due to the Republican-backed tax cut. But that drop was more than
offset by increased revenues from individual and self-employment taxes. The
fiscal year ended September 30.
Spending rose 3% over
the previous year, fueled in part by increases to the defense budget agreed
upon in September 2017 as part of a deal between Republicans and Democrats to
head off a government shutdown. [….] The Committee for a
Responsible Federal Budget, a think tank that warns of the dangers of rising
debt levels, said the deficit could reach $1 trillion as soon as next year.
That would still be below a high of $1.4 trillion reached in 2009, but in a
vastly different economy. [….] "People
are going to want to say the deficit is because of the tax cuts. That's not the
real story," Mnuchin told CNN. "The real story is we made a
significant investment in the military which is very, very important, and to
get that done we had to increase non-military spending." [….]
Finanzminister Mnuchin hat nun nicht nur ein Vokal-Defizit,
sondern auch ein Dollar-Defizit. Sehr eigenartig. Als ehemaliger Top-Banker
müsste er sich doch besser mit Mathematik auskennen als ich.
Aber die deutsche Finanzpolitik der Konservativen, also
mutmaßlich der Typen, die mich vor 30 Jahren in ihren Anzügen aus dem Wiwi-Bunker
kommend schon nervten, verstehe ich auch nicht.
Die wollen den Geringverdiener und den Mittelstand entlasten.
Dafür wollen CDU, CSU und FDP den „Soli“ abschaffen. Also eine Steuer, die
prozentual das Einkommen belastet und somit umso mehr gezahlt wird, desto
reicher man ist.
Wird der Soli ganz abgeschafft, bekommt ein Mensch, der eine
Million im Jahr verdient wie der neue alte CDU-Held Friedrich Merz, der das
natürlich auch fordert, rund 24.000 Euro vom Staat dazu. Ein Geringverdiener
mit 15.000 Euro Jahreseinkommen wird hingegen um 44 Euro entlastet.
Wie gesagt, meine Mathematik in den Uniseminaren war
vielleicht zu elementar.
Ich wäre glatt davon ausgegangen, daß 24.000 Euro mehr als
44 Euro sind und daß man mit solchen Schritten überproportional die
Superreichen entlastet.
Aber ich bin ja auch nicht so genial, daß ich mich wie Merz großzügig
als qualifiziert für jeden Kabinettsposten anbiete.
[…..] Es könnte eine der wichtigsten innenpolitischen Streitfragen des
kommenden Jahres werden: Wie weiter verfahren mit dem Soli? Auf dem Parteitag
der CDU haben die Delegierten beschlossen, dass der Zuschlag auf die
Einkommensteuer noch in dieser Legislaturperiode vollständig abgeschafft werden
soll. Ein großer Schritt "hin zu mehr Glaubwürdigkeit" sei das, sagt
Carsten Linnemann, der Chef der Mittelstandsvereinigung in der Union. […..]
Es gibt aber ein Problem: Im
Koalitionsvertrag steht etwas anderes. Union und SPD haben zwar beschlossen,
dass der Soli wegfallen soll. Allerdings nur für die unteren 90 Prozent der
Soli-Zahler. […..] Vom Koalitionsbeschluss würden vor allem
Menschen mit niedrigen, mittleren und gehobenen Einkünften profitieren, der
Unionsvorschlag entlastet vor allem Spitzenverdiener.
[…..] Die Koalition will nun Steuerzahler bis zu einem zu versteuernden
Einkommen von 61.000 Euro komplett vom Soli befreien. […..] Umgerechnet auf die Bruttoverdienste,
bedeutet das: Singles mit einem Bruttoeinkommen von maximal rund 72.000 Euro
müssen künftig überhaupt keinen Soli mehr zahlen. […..] Die Union möchte nun darüber hinaus auch
Steuerzahler komplett vom Soli befreien[…..] Der Vorstandschef eines Dax-Konzerns (Durchschnittsgehalt 7,4 Millionen
Euro) würde jährlich mehr als 100.000 Euro an Steuern sparen. […..]
Die unteren 70 % der Verdiener zahlen nur 12% des
Soliaufkommens, wenn sich Union und FDP durchsetzen, würden davon
ausschließlich die 4% der Superreichen in Deutschland profitieren.
Es würde also statt der vorgesehenen Entlastung der unteren
und mittleren Einkommen, genau wie in den USA massiv nur die Superreichen
profitieren.
Die Person, die das fordert, die neue CDU-Chefin Annegret
Kramp-Karrenbauer, ist übrigens der ganz große Aufsteiger im
SPIEGEL-Politiker-Ranking.
Sie macht einen 16-Prozentpunkte-Sprung nach oben,
liegt nun an der Spitze der Parteipolitiker, zehn Punkte vor der
nächstpatzierten Merkel.
Deutsche Demokratie. Da kommt eine homophobe konservative
Katholikin, die gegen Frauenrechte kämpft (Stichwort §219) und die Superreichen
noch superreicher machen will, auf die Polit-Bühne und wird sofort in den
demoskopischen Himmel gehoben.
Darauf stehen die Wähler also.
Aber die SPD ist die Böse.