Mittwoch, 19. April 2023

Unbildung

Britta Ernst, ehemalige SPD-Bildungsexpertin der Hamburger Bürgerschaft, ehemalige Bildungsministerin in Schleswig-Holstein und ehemalige Bildungsministerin in Brandenburg, ist eine von den Guten. Gut im Sinne von „klug“ und „kompetent.“

[…..] Britta Ernst gehörte zu den bildungspolitischen Schwergewichten innerhalb der Kultusministerkonferenz. Vor allem als Bildungsministerin in Schleswig-Holstein in den Jahren 2014 bis 2017 hatte sie sich mit klaren leistungsorientierten Bildungszielen hervorgetan. Von 1997 bis 2011 war sie Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft gewesen. Von 2017 bis 2019 wurde sie in der zweiten Amtszeit Woidkes brandenbur­gische Bildungsministerin, in seiner dritten Amtszeit stand sie zwischen 2019 und 2023 an der Spitze des Potsdamer Ministeriums.  [….]

(FAZ, 17.04.2023)

Hätten wir ins Deutschland eine echte Meritokratie, wäre sie Bundesbildungsministerin. Allerdings verfügen sie und ihr Mann Olaf über politischen Anstand und so kann sie niemals in dieses Bundeskabinett einziehen. Das ist die schlechte Nachricht.

Die ganz schlechte Nachricht ist, daß statt ihr die maximal unfähige Bettina Stark-Watzinger den Posten besetzt. Ihr erstes Jahr als Ministerin war nicht ganz so schlimm, weil die fachfremde Quotenfrau in Winterschlaf gefallen war und gar nichts tat. Nach 12 Monaten hingegen fing sie an, sich ab und zu öffentlich zu äußern. Da wurde es ganz schlimm.

Stark-Watzinger weiß nichts mit ihrem Ministerium anzufangen, hat keine Idee; amtiert aber.

Britta Ernst hingegen, die absolute Expertin, die neue und unkonventionelle Ideen vertrat, um den katastrophalen Lehrermangel in Brandenburg abzufedern, trat hingegen wegen mangelnder Unterstützung zurück. Selbst der Kenia-Koalitionspartner CDU bedauert dies.

Zur nur zu gut bekannten deutschen Bildungsmisere, dem Lehrermangel, der völlig Untauglichkeit der Länderzuständigkeit – gerade macht sich die CDU-Bildungsministerin Dorothee Feller in NRW mit den Abi-Klausuren bundesweit lächerlich – ist inzwischen der ökonomische Schaden eingetreten.

Schüler und Schulabbrecher sind in Deutschland derartig verblödet, daß wir unsere Wirtschaftsleistung durch eine massiven Fachkräftemangel abwürgen. Bei MINT-Kräften sind wir von Migranten abhängig. Das ist die Konsequenz nach 18 Jahren Totalversagen schwarzgelber Bundesforschungs- und Bildungsministerinnen. Die Personal- und Materialausstattung an den deutschen Schulen ist hanebüchen, das Kultusministerkonferenz (KMK)-Chaos legendär, die versifften und verfallenden Klassenräume und Klos international peinlich.

Nach Annette Schavan (CDU, 22. November 2005 -14. Februar 2013), Johanna Wanka (CDU, 14. Februar 2013 - 14. März 2018), Anja Karliczek (CDU, 14. März 2018 - 8. Dezember 2021 und Bettina Stark-Watzinger (FDP, seit dem 8. Dezember 2021) sind angesichts des massiven Fachkräftemangels drei Zahlen interessant:

1) 6,2% Schulabbrecher. Fast 50.000 Jugendliche verlassen jedes Jahr ganz ohne Abschluß deutsche Schulen.

[….]  Deutschland: 6,2 Prozent ohne Schulabschluss

Tausende Jugendliche verlassen die Schule laut einer Studie jährlich ohne Abschluss. Die Folge: Sie landen häufig in prekären Beschäftigungsverhältnissen und fehlen als Fachkräfte.

Zehntausende Jugendliche beenden Jahr für Jahr ihre Schulzeit, ohne zumindest einen Hauptschulabschluss in der Tasche zu haben. Obwohl einige Bundesländer Fortschritte gemacht haben, stagniert der Anteil der Schulabgänger ohne Abschluss seit Jahren bei etwa sechs Prozent. Das geht aus einer Studie des Bildungsforschers Klaus Klemm im Auftrag der Bertelsmann Stiftung hervor, die am Montag veröffentlicht wurde. Der Bildungsforscher machte einen Zehn-Jahres-Vergleich von 2011 bis 2021 - neuere Daten lagen demnach nicht vor, als die Studie erstellt wurde. 2021 standen rund 47.500 Schülerinnen und Schüler am Ende ohne Hauptschulabschluss da, das entspricht einem Anteil von 6,2 Prozent. [….]

(ZDF, 06.03.2023)

2) 17% der der 20-34-Jährigen haben keine Ausbildung. Das ist jeder Sechste! 2,5 Millionen junge Erwachsene in Deutschland können nichts.

[….]  Die Zahl junger Menschen ohne abgeschlossene Berufsausbildung ist erneut gestiegen. Das zeigt ein neuer Bericht des Bildungsinstituts für Berufsausbildung. Im Jahr 2021 hatten 17 Prozent der Menschen zwischen 20 und 34 Jahren keinen Berufsabschluss. Die Zahlen steigen seit Jahren.

Immer mehr junge Deutsche haben keinen Berufsabschluss. Das berichtet das "Handelsblatt" und beruft sich auf einen Berichtsentwurf des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB). Demnach hatten im Jahr 2021 erstmals mehr als 2,5 Millionen Menschen zwischen 20 und 34 Jahren keinen Berufsabschluss. Die Quote erreichte einen "historisch hohen Wert von 17 Prozent". Im Jahr 2020 waren es dem Bericht zufolge noch 2,3 Millionen Ungelernte, das entspricht einem Wert von 15,5 Prozent. 2016 wurde erstmal die Grenze von zwei Millionen jungen Erwachsenen ohne Berufsabschluss überschritten. [….]

(MDR, 18.04.2023)

3) 15% der erwachsenen Deutschen sind funktionale Analphabeten. Das ist ein Siebtel. Das sind 7,5 Millionen Menschen, die kaum oder gar nicht lesen und schreiben können.

[….]     Jeder siebte Erwachsene in Deutschland ist funktionaler Analphabet.

    7,5 Millionen Menschen zwischen 18 und 64 Jahren können zwar einzelne Sätze lesen oder schreiben, haben aber Probleme, zusammenhängende kürzere Texte zu verstehen.

    Jeder zweite funktionale Analphabet hat Deutsch als Muttersprache, der Großteil einen Schulabschluss und mehr als die Hälfte einen Job.

    Berufe, in denen der Anteil funktionaler Analphabeten überdurchschnittlich hoch ist, sind Hilfsarbeiter auf dem Bau (jeder Zweite) sowie Köche, Maler und Lkw-Fahrer. Hier kann jeder Vierte nicht lesen und schreiben.

    2015 hat das Bundesbildungsministerium die Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung ausgerufen, um die Lese- und Schreibkompetenzen von Erwachsen in Deutschland bis 2026 deutlich zu verbessern. Dazu werden Bildungsangebote und Selbstlernmöglichkeiten geschaffen. [….]

(Aktion Mensch)

Ich kann nicht verstehen, wieso Britta Ernst zurückgetreten ist. Genauer gesagt; ich kann nicht verstehen, wieso ausgerechnet sie, wieso nur sie zurückgetreten ist.

Angesichts der Bildungsbilanz, die in den drei genannten Zahlen steckt – über 6% ohne Schulabschluß, 17% ohne Ausbildung, 15% Analphabeten – kann es doch nur folgende Konsequenzen geben:
Alle 17 Landes- und Bundesbildungsminister müssen sofort zurücktreten. Die Zuständigkeit für Bildung wird den so schwer versagenden Bundesländern entzogen und zentralisiert. Neuer Bundesbildungs-Superminister mit Zuständigkeit für die Länder wird Aladin El-Mafaalani.

Lindner muss einen Bildungs-Doppelwumms bereitstellen und auf seinen Schwarze-Null-Fetisch verzichten. Ein ausgeglichener Haushalt nützt im Zeitalter der Inflation und Totalverblödung gar nichts, wenn damit die deutsche ökonomische Zukunft abgewürgt wird.