Na, da war ja mal ordentlich was los in Hamburg.
Nach Wochen hat endlich das permanente
Hubschrauber-Kreisen über meiner Birne aufgehört und während die
G20-Staatschefs noch auf dem Rückflug sind, kassieren sie schon ihre lauen
Hamburger Versprechen wieder ein.
[….]Kurz nachdem diese weitgehende Einigkeit
beim Thema Klima verkündete, grätschte der türkische Präsident Erdogan
dazwischen. Sein Land werde den Klimavertrag von Paris nicht ratifizieren. [….]
19 Staaten halten am Klimaabkommen von
Paris fest, sehen es als "unumkehrbar" an, wollen es
"zügig" umsetzen - nur einer, die USA, tut das eben nicht.
Man einigt sich, dass
man sich nicht einigen kann. Das hat es bisher noch nicht gegeben bei den
G20-Gipfel. Aber man könnte sagen: Es hätte schlimmer kommen können. Der Gipfel
hat immerhin einen Klima- und Energieaktionsplan verabschiedet. [….] Doch wenig später scheint das gar nicht mehr das einzige Problem zu
sein. Da erklärt der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan auf einer
Pressekonferenz nach Gipfelende, sein Land werde das Pariser Abkommen nicht
umsetzen. Das habe er Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident
Emmanuel Macron mitgeteilt.
"Solange die
Versprechen, die man uns gegeben hat, nicht gehalten werden, werden wir das in
unserem Parlament auch nicht ratifizieren", so Erdogan. Und es sei auch
nicht so, dass alle anderen Staaten als die USA auf dem Gipfel ihre volle
Unterstützung für das Abkommen gezeigt hätten. "Bei allen gibt es
Probleme" - so sieht es jedenfalls der türkische Präsident nach eigenem
Bekunden. [….]
Die
ohnehin nicht verbindlichen Vereinbarung des G20 von Hamburg halten also noch
nicht mal 24 Stunden.
Was soll
also so ein Gipfel, wenn anschließend mehrere Stadtteile in Schutt und Asche
liegen, hunderte Menschen verletzt wurden und die an sich sehr bürgerliche
Bevölkerung Hamburgs in kollektiver Wut auf Bundeskanzlerin Merkel und
Bürgermeister Scholz zusammensteht.
Bekanntlich
bin ich ein großer Unterstützer von Olaf Scholz, lobpreise ihn regelmäßig dafür
wie viel besser es in Hamburg läuft seit er die CDU aus dem Senat verdrängte.
Aber
auch ein kühler Intellektueller wie Scholz, der selbst völlig unprätentiös ist,
scheint sich gelegentlich bei seinem Drang der Stadt etwas Gutes zu tun und ihr
zusätzliche Bedeutung zu verschaffen, gewaltig zu vergaloppieren.
Mit enormem
PR-Aufwand betrieb er die Olympiabewerbung für das Jahr 2024. Das wäre doch ein
Riesending für Hamburg sich im Zenit des internationalen Interesses zu sonnen.
Scholz, die
gesamte Hamburger Presse, die gesamten Hamburger Verbände, der gesamte Senat
und alle anderen Hamburger Politiker mit Ausnahme der Linken, lebten allerdings
in einer Blase der Großartigkeit, die das gemeine Volk nicht teilte.
Fassungslos
starrte man am 29.11.2015 auf die Ergebnisse des NOlympia-Referendums.
Lernfähigkeit
ist anders.
München sagte klar Nein im Jahr 2013, Oslo sagte 2014 Nein zu der Bewerbung für
die Winderspiele 2022, Im Juli 2015 schließlich gab Boston bekannt die
Bewerbung für die Spiele 2024 wegen der mehrheitlichen Ablehnung in der Bevölkerung
zurück zu ziehen. In diese Reihe passte auch das Hamburger Nein zur
Olympiabewerbung.
Nur Politik und Journaille wollten es partout nicht begreifen.
(…..) Heute
staune ich allerdings nicht schlecht über das Verhalten der Hamburger Presse.
Seitenlanges
Lamento und Schuldzuweisungen.
Immer noch wird
wie selbstverständlich die Position vertreten, daß man vernünftigerweise nur
FÜR Olympische Spiele sein könne.
Das Aus für die
Bewerbung wird ausschließlich als Schmach und Schande beschrieben.
Offensichtlich wurde das 52%-Dagegen-Ergebnis in den Zeitungsredaktionen als
99%-Zustimmung uminterpretiert, die aber durch irgendeine Ungerechtigkeit des
Satans nicht zählte.
Der Abendblatt-Chef
Lars Haider ließ sogar wissen wie sehr man sich nun für Hamburg schämen müsse.
Es sei eine Blamage. (…..)
Ein Top-Deal, den Scholz mit Merkel eingegangen war. Er unterstützt ihren
Wunsch den G20 in der schönsten Großstadt Deutschlands anzuhalten und dafür unterstützt sie
seine Olympiabewerbung.
Das nennt man im Hamburger Koofmich-Deutsch „mit Zitronen gehandelt“.
Angesichts
der Schreckensbilder der letzten 48 Stunden aus Hamburg,
darf man heute doppelt froh sein, daß bei dem NOlympia-Referendum ausnahmsweise
mal etwas richtig entschieden wurde.
Gewaltchaos in Hamburg, oder wie es der Bürgermeister und
Merkels Regierungssprecher vorher ausdrückten:
[…..]
[Olaf Scholz] sagte im Juli
(„Tagesspiegel am Sonntag“): „Seien Sie unbesorgt: Wir können die Sicherheit
garantieren.“ Die Polizei sei sehr gut vorbereitet und werde mit fast 20.000
Kräften für einen geregelten Ablauf des Gipfels sorgen. „Wir werden Gewalttaten
und unfriedliche Kundgebungsverläufe unterbinden.“
... sagte im Juni:
„Wir richten ja auch jährlich den Hafengeburtstag aus. Es wird Leute geben, die
sich am 9. Juli wundern werden, dass der Gipfel schon vorbei ist.“
... sagte im Juni zu
Hamburg als Standort: „Es geht gar nicht woanders.“
... sagte im Juni:
„Tatsächlich glaube ich, dass das eine große Sache ist für unsere Stadt.“ [….]
Regierungssprecher
Steffen Seibert
... sagte im Februar:
„Wir wollen natürlich, dass das Leben in der Stadt an beiden Tagen so normal
wie möglich bleibt.“
... sagte im Juni
2016: Das Gelände erfülle alle „logistischen und sicherheitstechnischen
Anforderungen“ für ein solches Treffen.
[….]
Hamburgs Innensenator Andy Grote
... sagte im Mai über
friedliche Proteste: „Es ist eine Chance, dass die Regierungschefs mit einem
autokratischen, populistischen Background mitkriegen, wie eine lebendige
demokratische Gesellschaft funktioniert und wie intensiv auch die
Auseinandersetzung ist. Eigentlich muss das ein Stück der Hamburger
Gipfelkultur sein.“ Er gehe davon aus, dass der allergrößte Teil der
Protestaktionen friedlich sein werde. „Im Prinzip ist das ein Festival der
Demokratie.“ Er rechne nur ganz vereinzelt mit Problemen.
... sagte im Mai: „Der
G20-Gipfel wird auch ein Schaufenster moderner Polizeiarbeit sein.“
[….]
Grünen-Innenpolitikerin Irene Mihalic sagte
im Juli („Frankfurter Rundschau“): „Das ist alles von vorne bis hinten nicht
durchdacht. Und man kann nur hoffen, dass die Situation am Wochenende nicht
entgleitet.“ [….]
Unverständlich
ist mir insbesondere mal wieder die große allgemeine Überraschung der
Verantwortlichen.
Seit
einigen Jahren fanden G20-, G7, EU- oder NATO-Gipfel in sehr abgelegenen Orten oder
totalitären Städten statt.
Lange
gab es für Europas Linksautonome keine Gelegenheit mehr überhaupt an die
Mächtigen heran zu kommen.
Auf so
etwas wie Hamburg hatten sie nur gewartet.
Und wer
könnte im Ernst bestreiten, daß Typen wie Herr Xi, der jährlich an die 10.000
Menschen hinrichten läßt und freien Journalismus blockiert, wie die Saudi-Herrscher in ihrer abstrusen Luxus-Sucht,
die ebenfalls jedes Jahr Hunderte hinrichten lassen, untreue Frauen steinigen
und Schwule köpfen, daß Typen wie Trump, Putin oder das besondere Schätzchen Erdoğan,
daß diese Typen, die in der Tat für die Ungerechtigkeiten in der Welt, den Hunger
in Afrika verantwortlich sind, die Krisen der Welt mit Waffenexporten und
Kampfeinsätzen anheizen,…, ja wer könnte bestreiten, daß sie Proteste
verdienen?
Ich bin
nicht gegen Gipfel und da Trump, Xi und Erdoğan nun einmal die starken Männer
sind, muß man auch mit ihnen reden.
Treffen müssen
irgendwo stattfinden. Aber natürlich kann in dieser superkurzen Zeit – 48
Stunden für 10.000 Gesprächspartner – nichts Sinnvolles daraus resultieren.
Olaf Scholz
ist heute ernsthaft betroffen, Merkel plant bereits öffentliche Gelder
einzusetzen, um den G20-Opfern finanziell zu helfen.
Das
erbärmlichste Bild gaben wieder einmal die Grünen mit ihrer CDU-affinen
Bürgermeisterin Fegebank ab.
Es ist
schon peinlich genug – wenn auch nach der Grünen Genehmigung von Europas
größter CO2-Dreckschleuder Moorburg und dem Einsatz für die
Olympischen Spiele bereits bekannt – daß Grünen Bürgerrechte und Umwelt
vollkommen gleichgültig sind.
Sie sind
reine machtverliebte Polit-Wurmfortsätze, denen Moral nichts mehr bedeutet.
Noch
peinlicher ist aber, daß die Grünen während zwei Jahren der G20-Vorbereitung
kein kritisches Wort sagten und auch die ersten 48-Gipfelstunden kein Wort über
ihre Lippen brachten.
Erst als
schon Straßenzüge in Flammen standen und klar war, daß die weitüberwiegende
Mehrheit der Hamburger das G20-Spektakel ablehnten, kippten auch die drei
Senatoren um.
Fegebank,
die prunkverliebte Chefgrüne im Senat, ließ mitteilen, sie werden nun
ihrerseits klare Kante zeigen und nicht zum festlichen G20-Konzert in der
Elbphilharmonie gehen!
[…..]
Die massiven Ausschreitungen beim
G20-Gipfel bringen jetzt auch den Senat in Bedrängnis. Bei den Grünen gibt es
schon eine erste Distanzierung vom Gipfel! Die zweite Bürgermeisterin Katharina
Fegebank postete auf Facebook: „Der G20-Gipfel ist so groß, dass er selbst in
eine Großstadt wie Hamburg nicht mehr passt.“ Da sei sie einer Meinung mit
ihren Parteikollegen Justizsenator Til Steffen und Umweltsenator Jens Kerstan.
Fegebank weiter: „Das
bewahrheitet sich jetzt, und wir verstehen, wie viele Hamburger genervt, wütend
und auch erschrocken von den Ereignissen sind.
Wir wünschen uns breiten Protest gegen Putin, Erdogan, Trump & Co.–
und genauso breiten Protest gegen diejenigen, die nur nach Hamburg kommen, um
zu verletzen und zu zerstören.“ […..]
Ach was?
Daß Trump, Putin, Xi und Erdoğan keine philanthropischen Politikonkel sind, mit
denen man nett beim Mate-Tee die Ungerechtigkeiten der Welt beseitigt, fällt
ihr jetzt auf?
Hamburger
Grüne eben. Bitte beim nächsten mal nicht wiederwählen.