Samstag, 15. März 2014

Massenwahn



In meiner Grundschulklasse war ein Junge, den keiner mochte. Man ließ ihn auf dem Schulhof nicht mitspielen und lud ihn nie ein.
Der Junge war auch wirklich eigenartig; hatte so eine Anhänglichkeit, gepaart mit Unfreundlichkeit. Ich wurde mit ihm auch nie warm.
Da ihn aber alle anderen so demonstrativ ärgerten, verbündete ich mit ihm und lud ihn immer demonstrativ ein.
Ich kann diese alle-gegen-einen-Situation nicht leiden. Da bessert man seine wenig qualitativen Argumente mit Quantität auf.
Oft stelle ich mich schon aus Prinzip auf die Seite der Minderheit.
Wenn alle Menschen Fußball lieben, dann bin ich eben der einzige, der das als proletig, und ekelhaft ansieht. Kommt es mal vor, daß ich im Chor der vielen singe, prüfe ich mich andauernd, ob ich wirklich richtig liege. Es gab die Situation kurz vor dem Christian-Wulff-Rücktritt, als der Raffke schon so viel gelogen hatte und sich derartig unmöglich gemacht hatte, daß von taz bis FAZ jeder verlangte er müsse jetzt dringend zurücktreten. Wulff-Bashing war so ein Massenphänomen, daß ich mich fast auch da auf die andere Seite gestellt hätte.
Allerdings erzwang in diesem Fall der Sachverhalt homogene Präsidentenverdammung. Der Niedersachse mit seiner peinlichen Betty war so eindeutig nicht mehr tragbar, daß es da einfach keine zwei Meinungen geben konnte.
Einige Jahre zuvor hatte ein anderer Präsident ein ähnlich schlechtes standing in Deutschland – George W. Bush. 90% des hiesigen Urnenpöbels lehnten den republikanischen Kriegstreiber ab. Und womit? Mit Recht!
Bushs Angriff auf den Irak gutzuheißen, wie das Merkel und Schäuble anfangs ostentativ taten, war irgendwann nicht mehr möglich, wenn man über mehr als drei Hirnzellen verfügte.

Der gegenwärtig meistgehasste und maximal dämonisierte Präsident ist Wladimir Putin.
Wieder erfährt ein Staatschef die massivste Ablehnung aus dem linken Lager.
Unter Putin werden PussyRiot’lerinnen und Greenpeace-Aktivisten eingesperrt (und wieder begnadigt!). Pressefreiheit und Schwulenrechte sind die nächsten Punkte, die jeder beim Stichwort „Putin“ konnotiert.

Man kann das alles relativieren. Pressefreiheit gibt es anderenorts gar nicht und in einem Dutzend Staaten werden Schwule sogar hingerichtet.

Mann kann das teilweise erklären. Russland ist nun einmal keine übersichtliche Demokratie wie Schweden oder Österreich. Ich wage zu bezweifeln, daß das heterogene Riesenreich gegenwärtig überhaupt regierbar ist ohne autokratische Herrschaftsinstrumente. Wir wissen aber, daß beim Zusammenbruch von diktatorischen Herrschaftssysteme über multiethnische Staaten (Yugoslawien! Irak! Syrien! Sowjetunion!) üblicherweise nicht der große Friede ausbricht, sondern daß es dann zu endlosen Gemetzeln kommen kann, die man manchmal extrem mühevoll mit massiven internationalen Waffeneinsatz in den Griff bekommt (Balkan), die aber üblicherweise gar nicht mehr zu stoppen sind (Sudan, Somalia, Afghanistan, Irak, Kongo,…).

Nun werden mich alle diese Überlegungen nicht dazu bringen Putin von ganzem Herzen zu lieben.

Aber die Einseitigkeit, mit der ihm der Schwarze Peter zugeschoben wird, ist vollkommen absurd.
Ich sehe in der faschistisch-durchsetzten Ukrainischen Interimsregierung, der in Brüssel und Washington gerade ausführlich in den Hintern gekrochen wird, erst recht keinen Partner.
Ich kann und werde nicht verstehen, wieso sich unter anderem auch meine Partei so für die NPD-Partnerpartei, nämlich die rechtsextreme Swoboda-Partei und den faschistischen "Pravy Sektor" begeistert.
Die gewalttätigen Ultrarechten erscheinen mir erheblich verdammungswürdiger als Putin.

Während Bundesregierung und Mainstream-Medien die Bevölkerung auf eine weitere Eskalation des Konfliktes mit Moskau vorbereiten, zeichnen sich für den Fall, dass die Bevölkerung der Krim am Sonntag für den Anschluss an Russland stimmt, erste Ansätze für eine Destabilisierung der Halbinsel ab. So teilt der faschistische "Pravy Sektor" ("Rechter Sektor") mit, er habe nun Rekrutierungsbüros in der gesamten Ukraine eröffnet, um Freiwillige für die eventuelle Rückeroberung der Krim anzuwerben. Man wolle aktiv werden, falls Russland seine dortige "Aggression" fortsetze. "Die andere Seite der Münze ist Krieg", wird ein Anführer der Organisation zitiert: "Wir schließen diese Option nicht aus. Entsprechend führen wir eine Mobilisierung durch und bereiten uns darauf vor, die auswärtige Aggression zurückzuschlagen. Wenn der Kreml weiter auf uns herumtrampelt, werden wir kämpfen und unser Vaterland bis zum Ende verteidigen." Ukrainischen Medien zufolge hat der Führer des "Pravy Sektor", Dmitro Jarosch, angekündigt, der paramilitärische Verband werde seine Aktivitäten mit dem Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrat der Ukraine koordinieren. Jarosch amtiert als stellvertretender Sekretär des vom ukrainischen Staatspräsidenten persönlich geleiteten Gremiums.
Die Gewaltdrohungen des "Pravy Sektor" müssen umso ernster genommen werden, als eine ihrer Mitgliedsorganisationen, die 1990 gegründete extrem rechte UNA-UNSO, in der Vergangenheit sowohl auf der Krim intervenierte als auch Erfahrungen mit militärischen Auseinandersetzungen gesammelt hat. Im Frühjahr 1992 führte die Vereinigung auf der Krim einen Aufmarsch durch, der im gesamten Land Schlagzeilen verursachte: Er wurde als Stellungnahme zu der damals - kurz nach dem Zerfall der Sowjetunion - hochaktuellen Debatte begriffen, ob die Krim ihre 1954 erfolgte Zuordnung zur Ukraine rückgängig machen und sich Russland anschließen solle. Die Krim blieb damals bei der Ukraine. Aktivisten der UNA-UNSO dagegen beteiligten sich 1993 an militärischen Kämpfen in Georgien. 1994 nahm die Organisation, wie es in einem Bericht heißt, einen regelmäßigen Austausch mit tschetschenischen Separatisten auf, die damals gegen Moskau Krieg führten; UNA-UNSO-Mitglieder beteiligten sich dabei auch praktisch "auf der Seite Tschetscheniens am Krieg gegen Russland".

Die SPD klammert aber das Nazi-Problem der Ukraine einfach aus, indem sie alle Augen, inklusive Hühneraugen, fest davor verschließt.

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hat die russische Regierung aufgefordert, die Annexion der ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim zu stoppen – andernfalls drohten Sanktionen. „Wir sind nahe daran, wieder in die finsteren Zeiten des Kalten Krieges zurückgeworfen zu werden“, so Gabriel im Interview mit der „Passauer Neuen Presse“.
(SPD via Facebook 15.03.14)

Der Europaausschuss des Deutschen Bundestages ist am 6. März 2014 zu einer Sondersitzung zur aktuellen Situation in der Ukraine mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier zusammengekommen. Die Abgeordneten begrüßten den Einsatz von Außenminister Frank-Walter Steinmeier und der deutschen Bundesregierung in den Bemühungen, um eine friedliche Beilegung des Konflikts in der Ukraine.
Die Lage auf der Krim ist durch die Einmischung der russischen Regierung 
verschärft worden. Was wir momentan auf der Krim sehen, löst bei uns tiefe Sorge aus. Wir befürchten eine weitere Eskalation der Situation. Die 
Präsenz russischer Soldaten ohne Hoheitsabzeichen auf der Krim ist durch 
nichts zu rechtfertigen. Für die behaupteten Notwendigkeiten zum Schutz 
russisch-stämmiger ukrainischer Staatsbürger gibt es nach 
übereinstimmenden Berichten von Beobachtern keinerlei sachliche Begründung. Der OSZE-Beobachtermission muss gestattet werden, ihre Arbeit auf der Krim aufzunehmen.  Das für den 16. März 2014 geplante Referendum für die Loslösung der Krim ist illegal, denn die Krim ist Teil der Ukraine. Die Halbinsel gehört völkerrechtlich zur Ukraine und weist rund 40 Prozent nichtrussische Bevölkerung auf. Nur ein Referendum im gesamten Land könnte eine solche Fragestellung aufwerfen. Die heute von der russischen Führung ausgesendeten Signale auf Aufnahme der Krim-Halbinsel in die Russische Föderation spitzen die Lage weiter zu.
(SPD-Fraktion PM Nr. 98 vom 07.03.2014)

Wer ist hier eigentlich der wahre Aggressor?


Es ist eine absurd simplifizierte Sicht, welche die NATO auf den sogenannten Krim-Konflikt prägt.
Die EU hat unter Merkels russlandphobischen Einfluß so viel verbockt, daß man Putins Abkehr vom Westen verstehen kann. Der Altkanzler Schröder hat hier völlig Recht:

Die Spitze der EU-Kommission in Brüssel habe "nicht im Entferntesten kapiert (...), dass das ein kulturell gespaltenes Land ist und dass man mit einem solchen Land so nicht umgehen kann", sagte Schröder auf einer Veranstaltung der "Zeit" in Hamburg. So habe die Kommission schon am Anfang den Fehler gemacht, ein Assoziierungsabkommen unter dem Motto "Entweder-oder" abschließen zu wollen, sagte Schröder im Rahmen der Talkreihe vor Publikum.  "Ich frage mich, ob es richtig war, ein kulturell gespaltenes Land wie die Ukraine vor so eine Alternative zu stellen: Assoziierung mit der EU oder Zollabkommen mit Russland", führte Schröder aus. Er hätte es begrüßt, wenn die EU "beide Richtungen" möglich gemacht hätte. So habe die EU den "Anfangsfehler" begangen, der zum Konflikt zwischen Russland und der Ukraine führte - mit diesen Worten zitiert die Zeitung ihren Gast. [….]
Altkanzler Schröder pflichtete EU-Parlamentspräsident Schulz in einem Punkt bei: "Natürlich ist das, was auf der Krim geschieht, ein Verstoß gegen das Völkerrecht", sagte Schröder auf der Veranstaltung in Hamburg weiter. Dennoch wolle er seinen Freund, den russischen Präsidenten Wladimir Putin, nicht verurteilen. Er selbst habe als Kanzler beim Jugoslawien-Konflikt ebenfalls gegen das Völkerrecht verstoßen. "Da haben wir unsere Flugzeuge (...) nach Serbien geschickt, und die haben zusammen mit der Nato einen souveränen Staat gebombt - ohne dass es einen Sicherheitsratsbeschluss gegeben hätte." Insofern sei er mit dem erhobenen Zeigefinger vorsichtig, betonte Schröder.

Und was soll eigentlich beim allgemeinen Putin-Bashing die Alternative sein?

Faschistische Gruppen wie in der Ukraine? Ein schwächlicher West-Freund wie Karsai, der sich aus seiner Hauptstadt nicht mehr raustraut und zusieht, wie sich haufenweise Warlords in den Weiten Russlands die Atomwaffenbestände unter den Nagel reißen?

Ausgerechnet Schröders Agenda-Intimfeind Albrecht Müller spricht das aus, was in der NATO offenbar niemand denken will.

Die Russen sind im Grunde betrogen worden. Gorbatschow hat unglaublich viel gegeben, hat den Russen enorm viel zugemutet. Bei ihrem Stolz und wenn man weiß, dass da im 2. Weltkrieg 20 Millionen umgekommen sind, da kann man verstehen, dass die sauer waren. Gorbatschow war trotzdem großzügig. Aber statt dann die NATO auch zur Disposition zu stellen, ist man mit der NATO rangerückt an die russischen Grenzen. Wenn Sie sich ankucken, was man den Russen in der Ukraine zugemutet hat. Die Ukraine war Partner bei NATO-Übungen!
Die Russen haben einfach die Nase voll, sie wissen, dass sie dem Westen nicht trauen können. Dass im Westen heute die Leute dominieren, die die Konfrontation wollen. Ich halte das für verrückt: Russland gehört zu Europa, und die Zukunft Europas liegt darin, dass wir gemeinsam handeln.
[…] Der Westen soll endlich mal verstehen, dass diese Art von Provokation, wie sie in den letzten zehn Jahren hinter uns liegt, keinen Sinn hat. Allein schon der Raketenschild! Das war doch absurd, einen Raketenschild gegen Iran in Polen aufzubauen. So blöd sind die Russen doch auch nicht, dass sie nicht merken, dass das gegen sie gerichtet war.
[….]   Denken Sie mal zurück an Gorbatschow. Der hat die Sowjetunion aufgelöst, das Schleifen der Mauer zugelassen und mit uns Verträge gemacht. Er hat darauf gesetzt und den Leuten erzählt, dass das die Konfrontation zwischen Ost und West beendet. Und hier wird sie wieder aufgebaut, von Leuten wie Herr Rasmussen, der davon schwadroniert, dass die NATO dort eingreifen soll!
[….]  Ein Land wie Russland zu regieren, ist überhaupt nicht einfach. Und wenn der Westen einigermaßen verantwortlich ist, dann kapiert er das und gibt bestimmte Spielräume. Man kann in so einem Land natürlich immer eine Lunte legen. Dann kann man auch der Meinung sein, die Auflösung des jetzigen Russland in viele neue Länder wäre der richtige Weg, dann kann man zündeln. Ich bin der Meinung, dass wir großes Interesse an einer Stabilität Russlands haben. Wenn ich verantwortungsbewußter deutscher Politiker wäre, dann würde ich so handeln und sagen: wir können eigentlich froh sein, dass wir Putin haben. Jemanden, der das zusammenhält, auch wenn es manchen westlichen Interessenten nicht passt.
[….]  Ich sage nochmal, ich finde es nicht gut, ich hätte mir eine bessere Lösung gewünscht—dazu hätten der Westen aber früher aufhören müssen, diese Konfrontationspolitik zu betreiben. Die Ukraine in NATO-Übungen einzubeziehen! Da muss man doch nicht mehr alle Tassen im Schrank haben!

Es ist mir ein Rätsel, daß es einigen Blogs vorbehalten bleibt die aggressiven Faschisten in der Ukrainischen Regierung zu thematisieren.

So findet man im SpiegelFECHTER eine Breitseite gegen den SPIEGEL.

An die Berichterstattung über politische Krisen im Ausland kann ein Beobachter nicht immer die strengsten Maßstäbe anlegen. Wenn aber die Ausgewogenheit so eklatant aus den Fugen gerät wie im vorliegenden Konflikt in der Ukraine, dann muss jedem, der neben einem halbwegs funktionierenden Gedächtnis auch nur durchschnittliche Geschichtskenntnisse besitzt, der Kragen platzen. Mit dem neuen Titel des SPIEGEL, war es soweit. Angesichts solch absurder Propaganda weiß man kaum, wo man beginnen soll. […]

In den herkömmlichen Medien liest man das nach wie vor kaum.
Eine der wenigen entsprechenden Meldungen fand ich ausgerechnet im nicht eben außenpolitisch versierten Hamburger Abendblatt.

Ohne den Einsatz ultranationalistischer und zum Teil auch rechtsradikaler Sturmtruppen wäre Präsident Viktor Janukowitsch wohl kaum gestürzt worden. […] Als Triebfeder der Revolution gelten paramilitärische Einheiten, allen voran der Rechte Sektor (Prawy Sektor). Und als solche "Avantgarde" verlangt die Gruppe auch Einfluss. Schon sehen Kritiker das Kabinett von rechtsextremen Kräften unterwandert.
[…] Übel stößt vor allem auf, dass die rechtspopulistische Partei Swoboda (Freiheit) vier Minister stellt. Insgesamt umfasst die neue Regierung mehr als 20 Minister – vor allem aus Jazenjuks Vaterlandspartei und von Swoboda sowie Vertreter des Maidan-Protests. Gegner werfen Swoboda-Chef Oleg Tjagnibok Antisemitismus vor. Mitte der 2000er-Jahre stand der studierte Jurist vor Gericht, nachdem er sich beleidigend über Juden geäußert hatte. Sein Verteidiger von damals, Oleg Machnizki, ist neuerdings Generalstaatsanwalt.
Zudem wurde erst im Mai 2013 eine Swoboda-Delegation von der sächsischen NPD-Fraktion empfangen. […] Auch die Ernennung des neuen Sicherheitsratschefs Andrej Parubij sorgt für Stirnrunzeln. Der Kommandeur der "Selbstverteidigungskräfte des Maidan" zählt zu den Gründungsvätern der Sozial-Nationalistischen Partei, die sich später in Swoboda umbenannte. Er leitete die paramilitärische Jugendorganisation "Patriot Ukrainy" (Patriot der Ukraine). Die strebt unverhohlen einen reinrassigen Staat, totale Ukrainisierung und ein Migrationsverbot an.

Auch zum „Führungskongress“ der europäischen Neonazis am 22.03.2014 in Leipzig wird auf Einladung der NDP die „Pravy Sektor“ erwartet.
Herzlichen Glückwunsch EU! Nach Ungarn wird nun offenbar ein zweiter europäischer Staat mit faschistischer Regierung angestrebt.

Die US-Republikaner wollen der von faschistischen Sturmtruppen unterwanderten provisorischen Regierung in Kiew bereits im großen Stil Waffen liefern.

Der Chef der ukrainischen Übergangsregierung, Arsenij Jazenjuk, hat während seines Besuchs in den USA nicht nur um diplomatische Unterstützung gebeten. Die neue Führung in Kiew fordert angesichts des drohenden Verlustes der Krim an Russland auch Militärhilfen von den Vereinigten Staaten.
[….]  Nach Angaben des "Wall Street Journal" hat die ukrainische Regierung um Waffen, Munition und die Übermittlung von Geheimdienstinformationen gebeten. Die Vereinigten Staaten zögerten jedoch mit einer Zusage, um die angespannten Beziehungen zu Russland nicht noch weiter zu belasten.
Der republikanische Senator John McCain zeigte sich erbost über die Haltung der Obama-Regierung. "Die USA sollten kein Waffenembargo gegen das Opfer einer Aggression verhängen", sagte der ehemalige Präsidentschaftskandidat. "Wir müssen der ukrainischen Regierung und ihrem Volk zeigen, dass die Vereinigten Staaten in der Stunde der größten Not an ihrer Seite stehen", sagte McCain. […]

Die von McCain als geeignete US-Vizepräsidentin erkorene Ikone der Teeparty, Sarah Palin, bringt sogar ins Spiel Atombomben gegen das Land einzusetzen, das sie von ihrem Wohnzimmerfenster aus sehen kann.

Die vormalige Kandidatin für die US-Vizepräsidentschaft Sarah Palin hat im Ukraine-Konflikt Präsident Obama letzte Woche zur nuklearen Option geraten. News.com.au zitiert die konservative Politikerin mit “the only thing that stops a bad guy with a nuke is a good guy with a nuke”.
Eine Mitgliedschaft der Ukraine in einem nuklearen Militärbündnis mit den USA war bislang nicht bekannt gewesen. Unklar bleibt auch, wohin genau Obama bomben soll. Eine Bombardierung der Krim dürfte abseits des Radius der thermalen Zerstörung auch die Lebensqualität auf der Halbinsel durch radioaktive Verseuchung beeinträchtigen, wie dies den Ukrainern bereits in Tschernobyl widerfuhr. Eine Bombardierung russischen Territoriums könnte als unfreundlicher Akt aufgefasst werden und sich auch negativ auch auf US-Exportchancen auf den russischen Märkten auswirken. […]

Wer sind hier eigentlich die echten Irren?
Ausgerechnet aus Amerika kommen aber auch die ersten Stimmen, welche die Kindergartenpolitik der gegenseitigen Drohungen als absurd und gefährlich zurückweisen.

Kurz vor dem geplanten Krim-Referendum erhöht der Westen den Druck auf Russland. Das könnte nach hinten losgehen, warnen Fiona Hill und Clifford Gaddy von Amerikas Brookings Institution. Hier erklären sie, wie Präsident Wladimir Putin tickt.

SPIEGEL ONLINE: Das Krim-Referendum steht bevor - und die USA und die EU versuchen weiter, Wladimir Putin zu stoppen oder ihm Auswege anzubieten. Hat das Aussicht auf Erfolg?

Fiona Hill: Nein, denn Putin ist zu diesem Zeitpunkt nicht an einem Ausweg gelegen. Wir bieten ihm gesichtswahrende Gesten an unter der Annahme, dass er sein Gesicht auf internationaler Bühne wahren will. Aber darum geht es ihm nicht. Vielmehr empfindet er die Vorgänge in der Ukraine als existentielle Bedrohung. Sorgfältig hat er die Kosten und Risiken seiner Handlungen kalkuliert. Er wartet jetzt ab, wie die Leute auf das Referendum am Sonntag reagieren. […]

SPIEGEL ONLINE: Was genau ist Putins Botschaft?

Hill: Dass er genug hat von unseren angeblichen Aktionen gegen ihn und Russland. Aus seiner Sicht versucht der Westen, Russland kleinzuhalten und dessen rote Linien zu ignorieren: Zuerst mit Blick auf die Osterweiterung der Nato, zuletzt in Sachen EU und Ukraine. […] Wir sollten wirklich vorsichtig sein, ihn zu bedrängen oder ihm zu drohen. […]

SPIEGEL ONLINE: Kanzlerin Angela Merkel hat Putin am Donnerstag in einer Regierungserklärung scharf wie nie zuvor gewarnt, dass er Russland "massiv ökonomisch und politisch schaden" würde, sollte er seinen Kurs fortsetzen.

Gaddy: Sie sollte es besser wissen. Die Versuche, Putin mit Härte zu begegnen, werden nach hinten losgehen. Er wird die Kontrolle der Krim nicht aufgeben. […]
Das EU-Partnerschaftsabkommen, das seinem Wesen nach eine Entscheidung der Ukraine zwischen Russland und Europa forderte, war ein Fehler. Putin hat das als Bedrohung seiner Eurasischen Union verstanden, als Versuch, die russische Wirtschaft zu untergraben. Er glaubt, die EU handele als politischer Arm der Nato. […]

SPIEGEL ONLINE: Hat Putin denn keine Angst vor Sanktionen?

Gaddy: Er weiß, wie verletzlich die russische Wirtschaft ist. Und gerade deshalb müssen wir sehen: Wenn er die Kosten kennt, dann muss er wirklich überzeugt sein. Für ihn ist es eben eine russische Existenzfrage. Seine Annahme: Wenn er jetzt handelt, dann ist der Schaden geringer, als würde er abwarten.