Dienstag, 18. Juni 2019

Die Macht der Worte.


Es gibt berufliche Positionen, die so eine Machtfülle beinhalten, daß man sich auch mal rarmachen kann. Regierungschef, Verfassungsrichter, Finanzminister, CEO eines Global Players, Notenbankchef oder CIA-Direktor.
In anderen Tobjobs ist man womöglich sehr bekannt, verfügt aber kaum über direkten Einfluss. UN-Generalsekretär, schwedischer König oder deutscher Bundespräsident sind solche glanzvollen Posten ohne echte Macht.
Um solche Jobs gut zu machen sollte man über Charisma und Ansehen verfügen; natürlich schadet es in diesen Repräsentationsangelegenheiten besonders extrem, wenn man zufällig wie Kurt Waldheim ein Arsch ist, den keiner leiden kann.
Idealerweise versteht man aber seine Rolle als Repräsentant. Johannes Rau beispielsweise verstand es sehr genau: Dem Amt des Bundespräsidenten wird Ehre und Respekt erwiesen; ihm persönlich aber nicht. Daher scherte er sich privat auch nicht um Privilegien, bestand nicht auf seiner eigenen Limousine, wenn er zu einem Empfang genauso gut mit irgendeinem anderen Gast mitfahren konnte. 

Köhler und Gauck hingegen waren davon überzeugt sie selbst als Person sollten verehrt werden und regten sich ganz fürchterlich auf, wenn bei abgeschalteten Kameras nicht jeder standesgemäß vor ihnen buckelte.
Ein formal relativ machtloses Amt kann man dennoch so füllen, daß man auf Augenhöhe mit Regierungschefs wahrgenommen wird.
Der Dalai Lama wird weltweit verehrt und angehört, obwohl er aus einem Miniland in abgelegen Bergen stammt, kein Geld hat und über nicht die geringste exekutive Macht verfügt.
Man kann es in solchen Berufen durch die Kunst der Worte zu sehr viel Ansehen bringen. Gustav Heinemann und Richard von Weizsäcker wurden geliebt und verehrt, während Christian Wulff in demselben Job nur als gehörnter Ehemann und Witzfigur mit ständiger Ebbe in der Kasse in Erinnerung blieb.

Die CDU vereint gerne das Amt des Bundeskanzlers und des Parteichefs in einer Person, da CDUler Autorität lieben und jemand mit dieser Doppelfunktion die Karrieren jedes einzelnen Parteimitgliedes fördern oder beenden kann.
A posteriori erscheint es mir recht schlau von Angela Merkel auf das Parteiamt und nicht das Regierungsamt verzichtet zu haben.
Denn in Letzterem kann sie brillieren und Anerkennung finden, auch wenn die Partei taumelt. Umgekehrt ginge das nicht: Fährt man die Regierung gegen die Wand, wackelt automatisch auch der Job als Parteichef.

Annegret Kramp-Karrenbauer ging ein großes Risiko ein, als sie das Amt der Regierungschefin im Saarland aufgab, um sich völlig ohne exekutive Gewalt vollständig auf die Parteiarbeit zu konzentrieren. Das spricht für großes Selbstbewußtsein und ihren Glauben an sich selbst und ihre Überzeugungskraft. Der Schritt war umso mutiger, weil sie zunächst nur den Hiwi-Job als Generalsekretärin bekam und alles weitere in den Sternen stand. Aus AKKs Sicht zahlte sich das Wagnis aber aus, da 1. Merkel früher als erwartet das Amt als CDU-Chefin aufgab und es 2. AKK gelang auf den Posten aufzurücken.

Auf den zweiten Blick war dieser Sieg aber schal, da die Hälfte der CDU gegen sie war und sie nach der Amtsübernahme erst mal ausgiebig die konservativen Merz-Fans pampern musste, statt befreit das zu tun, was ihr vorschwebte.

Zudem verfügt die Saarländerin über keine Machtbasis. Ihr CDU-Landesverband ist so winzig, das er bundespolitisch bedeutungslos ist. Sie ist weder Landesregierungschefin, noch bekleidet sie einen Posten im Bundeskabinett.
Sie hat noch nicht mal einen Bundestagssitz, sondern hockt den ganzen Tag im Konrad-Adenauer-Haus (KAH) und hat nichts zu melden.
Wäre AKK beliebt wie Guttenberg und Merkel unbeliebt wie Nahles, wäre es möglich Druck auf die Kanzlerin auszuüben, sich früher als erwartet ins Privatleben abzusetzen.
Tatsächlich aber ist Merkel im Vergleich zur Parteichefin derartig beliebt, daß AKK noch nicht mal leise Kritik an ihrer Vorgängerin wagen kann.

CDU-Chefin unter einer Sphinx-Kanzlerin zu sein, bedeutet als völlig Machtlose stets an der geballten Power Merkels abzuprallen. Die einzige kleine Einflussmöglichkeit der Kramp-Karrenbauer besteht darin zukünftige Karrieren von CDU-Mitgliedern zu beeinflussen. Aber Merkel ist dagegen selbstverständlich immun, weil sie schon längst im höchsten Punkt ihres Karrieretraumes angekommen ist und anschließend auch keiner weiteren Förderung durch das KAH bedarf.
Der CDU-Chefin bleibt in dieser blöden Lage, in der Neuwahlen durch die schlechten Umfrageergebnisse der Regierungsparteien immer unwahrscheinlicher werden tatsächlich nur noch die Macht ihrer Worte.
Wenn man schon nichts zu sagen hat, sollte man wenigstens wissen wie man etwas sagt.

Da ist es schon etwas hinderlich, dass sich ausgerechnet AKK nicht richtig ausdrücken kann und ihre Aussagen immer anschließend noch mal korrigieren und richtigstellen muss.
Redner, die nicht reden können, sind schon Mist.
AKK ist dabei nicht nur ein mieser Rhetor, sondern sie weiß einfach nicht was sie redet.
Sie ist wie ein Mathelehrer mit Rechenschwäche.

[….] Nach ihrer Rede vor der Atlantik-Brücke setzt sich Kramp-Karrenbauer in einen Sessel am Ende des Podiums, sie soll noch ein paar Fragen beantworten. Moderator Tom Buhrow ist erstaunt: Eigentlich hatte er den Platz in der Mitte für die CDU-Chefin vorgesehen, "aber bescheiden, wie Sie sind, haben Sie sich an den Rand gesetzt", sagt er. Bescheiden, sich an den Rand drücken, das sind nicht gerade die Qualitäten einer künftigen Kanzlerkandidatin.
Das ist mehr als eine Momentaufnahme. Bei einem Dinner für Stipendiaten des deutsch-amerikanischen Burns-Programms am selben Abend hält Kramp-Karrenbauer nahezu dieselbe Rede noch einmal. Sie habe fahrig gewirkt, berichten mehrere Teilnehmer. Aus einer souveränen, selbstbewussten Politikerin, die keine Nerven zeigte, als es um die Macht in der Union ging, ist binnen weniger Monate eine verunsicherte Vorsitzende geworden.
Dass die CDU nach einem halben Jahr Kramp-Karrenbauer in eine ernste Krise gerutscht ist, bestreiten nicht einmal Anhänger der Vorsitzenden. [….]

Wenn AKK das Wort ergreift, staunt man und vermutet anschließend, daß sie nicht das gemeint haben könne, was sie gerade sagte.
Und tatsächlich muss sie schon wenige Stunden später oft noch mal erklären was sie eigentlich gemeint hatte. Wir kennen das von ihrer Aussage zur Youtube-Zensur, den Transgenderwitzen und dem Trump-Lob. Stets hatte sie miserabel formuliert und missverständlich geplappert, daß auch Wohlmeinende rätselnd zurück blieben.

Im sächsischen Görlitz konnte ein breitestes Bündnis aller Parteien und Vereine außer der AfD mit Mühe und Not knapp verhindern, daß erstmals ein AfD-Mitglied Bürgermeister einer deutschen Großstadt wirkt.
Eine fürchterliche Schmach für Görlitz und insbesondere für die CDU, die auf Hilfe von Linken und Grünen angewiesen war, weil sie zu schwach war.


Nur Kramp-Karrenbauer begriff das nicht und redete sich um Kopf und Kragen, als sie den CDU-Sieg lobte und damit wieder einmal für große Empörung sorgte.

Nur um sich – wie üblich – wenige Stunden später mit einen neuen Statement selbst zu korrigieren.

[…..] Die CDU gewinnt in Sachsen nach mehreren Schlappen in Folge das Duell um den Chefsessel im Görlitzer Rathaus - gegen die AfD. Annegret Kramp-Karrenbauer verbucht das als alleinigen Verdienst ihrer Partei - und erntet prompt Kritik.
Lange hat es nicht gedauert, bis Annegret Kramp-Karrenbauer zumindest halb zurückruderte. In einem zweiten Tweet zur Oberbürgermeisterwahl in Görlitz präzisierte sie, der Sieg von CDU-Mann Octavian Ursu über den AfD-Kandidaten sei "der Sieg eines breiten Bündnisses, für das ich dankbar bin. Übrigens haben wir uns darüber heute Abend im Koalitionsausschuss parteiübergreifend gefreut".
Kramp-Karrenbauer war zuvor heftig kritisiert worden. In einer ersten Reaktion auf den Wahlsieg von Ursu hatte sie geschrieben: "Octavian Ursu und die @cdusachsen zeigen in #Goerlitz: Die @cdu ist die bürgerliche Kraft gegen die AfD. Herzlichen Glückwunsch an den neuen Oberbürgermeister von #Goerlitz!"
Kritiker hielten ihr vor, nicht erwähnt zu haben, dass die Kandidatinnen von Grünen (Franziska Schubert) und Linken (Jana Lübeck) auf ein neuerliches Antreten am Sonntag verzichtet hatten, um den AfD-Kandidaten Sebastian Wippel zu verhindern. Beide Kandidatinnen hatten dazu aufgerufen, in der Stichwahl für den CDU-Politiker Ursu zu stimmen. [….]

Görlitz war nicht das einzige AKK-Desaster dieser Woche.

Vor über zwei Wochen, am 03.06.2019 wurde der bekannte CDU-Politiker und Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke erschossen. Seit einigen Tagen weiß man, daß es sich um einen rechtsextremen Mordanschlag handelte.
Wenn Politiker in Amt und Funktion von extremistischen Terroristen ermordet werden, ist das eine ganz ganz große Sache, die tout Deutschland beschäftigt.
Das Mindeste, das Erste, das Selbstverständlichste ist es in so einem Fall, daß sich der Parteichef des Getöteten äußert, den Anschlag verurteilt, sich vor die Familie stellt.
Die CDU-Bundesvorsitzende begriff aber selbst diese simple Regel des Anstandes nicht und schwieg eisern.

[….] Ein CDU-Politiker wird mutmaßlich von einem Rechtsextremisten  
getötet - und die Parteichefin schweigt? Dafür geriet Annegret Kramp-Karrenbauer in die Kritik, nun äußert sie sich. [….]
"Der gewaltsame Tod unseres Freundes Walter Lübcke hat uns sehr schockiert. Wir trauern sehr um ihn und denken in diesen Tagen an seine Familie und Angehörigen", so Kramp-Karrenbauer. [….] In den sozialen Medien hatten viele Menschen Kramp-Karrenbauers anfängliches Schweigen zu der Ermordung des CDU-Politikers Lübcke kritisiert. [….]

Ich hätte nie gedacht, das jemals zu sagen, aber angesichts des losen Mundwerks der CDU-Chefin muss man über jeden Tag froh sein, den Merkel im Amt ist und AKK nicht Deutschland repräsentiert.