Samstag, 10. Dezember 2016

Wie es hier so läuft – Teil XI



Als Sozi hat man es nicht leicht – es sei denn man lebt in Hamburg und konzentriert sich nur auf die Landespolitik.
In anderen Stadtstaaten ist die SPD-Regierungsfraktion schon mit der Aufstellung einer Liste heillos überfordert.

Trotz Anleitung stimmte ein Sozialdemokrat falsch ab. Der Fehler kostet die SPD eine Stimme bei der Wahl des Bundespräsidenten. Statt Thierse darf nun die Grüne Monika Herrmann wählen. [….]

Olaf Scholz hat einen Lauf. Es klappt alles wie am Schnürchen.


Die LINKE kümmert sich um die wirklich wichtigen Dinge.
An einem Spielzeugauto eines Kinderkarussells auf einem Weihnachtsmarkt hatten die Blitzbirnen ein gemaltes Kennzeichen des Hans Hennecke aus dem Jahr 1988 entdeckt: „HH 88“ und zeigten den Karussellbetreiber wegen der Verwendung von Nazi-Symbolik an.

Es sind über 50 Außenminister und 13.500 Polizisten zum OSZE-Gipfel in der Stadt und die Linke bekriegt sich mit einem kleinen Holzkarussell auf dem Eimsbüttler Osterstraßenfest.

Die CDU versucht unterdessen ihre Kandidatenliste für die Bundestagswahl zu erstellen.

Zur Erinnerung:
Die letzten großen Wahlpleiten der CDU kann man alle unter der Überschrift „Die CDU kann nicht Großstadt“ subsummieren. Dumpfe Sprüche und Altmännerträumer aus den 1950ern kommen eben nicht an bei der modernen Großstädterin.
Bei den letzten Landtagswahlen in den drei Stadtstaaten kam die CDU in Bremen auf 22,4% (Mai 2015), in Berlin auf 17,6% (September 2016) und in Hamburg auf 15,9% (Februar 2015) – man bewegt sich in Richtung Einstelligkeit.

Hamburgs CDU-Chef Roland Heintze verfiel nun auf eine geniale Idee, wie er das Frauenproblem der Großstadt-Union lösen konnte:
Er verbannte einfach rigoros alle Frauen aus der Parteispitze und führt nun einen reinen CDU-Männerverband. Kein einziger Posten geht noch an Frauen; das gilt für alle sieben Kreisschefs, alle sieben Fraktionsvorsitzenden in den Bezirken, die Landes- und die Bundesebene der Hamburger CDU!

Der Aufstand der Frauen in der CDU ist gescheitert: Auf den aussichtsreichen Listenplätzen für die Bundestagswahl tummeln sich nur Männer – ebenso wie in allen anderen Spitzenpositionen auf Bezirks- und Kreisebene! Landeschef Roland Heintze (43) scheint das wenig zu kümmern.
Der Vorgang ist in Zeiten von Gleichberechtigung und Frauenquote einmalig: Da wird das ausdrückliche Parteienstatut, nach dem mindestens einer von drei Listenplätzen mit einer Frau besetzt werden soll, ignoriert. Da wird die darauffolgende heftige Kritik der Frauen als parteischädigend bewertet. Und da wird auf zukünftige Aufstellungsverfahren vertröstet. Die CDU in Hamburg hat ein echtes Frauenproblem. […]

CDU-Landesliste für die Bundestagswahl:
Platz 1) Marcus Weinberg
Platz 2) Rüdiger Kruse
Platz 3) Christoph de Vries
Platz 4) Christoph Ploß

CDU-Landesfraktionschef:
André Trepoll

CDU-Landeschef:
Roland Heintze

CDU-Kreischefs:
HH-Altona: Marcus Weinberg
HH-Eimsbüttlel: Rüdiger Kruse
HH-Mitte: Christoph de Vries
HH-Harburg: Ralf-Dieter Fischer
HH-Bergedorf: Dennis Gladiator
HH-Nord: Christoph Ploß
HH-Wandsbek: Karl-Heinz Warnholz

CDU Bezirksfraktionschefs:
HH-Altona: Uwe Szczesny
HH-Eimsbüttlel: Rüdiger Kuhn
HH-Mitte: Gunther Böttcher
HH-Harburg: Ralf-Dieter Fischer
HH-Bergedorf: Sven Nortzel
HH-Nord: Andreas Schott
HH-Wandsbek: Eckard Graage

Die Frauenquote wird in der CDU traditionell kritisch gesehen.
Aber wenn man auch noch im 21. Jahrhundert so konsequent in einer angeblichen Volkspartei alle Frauen von der Teilhabe ausschließt, sollte man vielleicht doch mal über eine verbindliche Quote nachdenken.

Die Landesliste für die Bundestagswahl wurde übrigens nicht etwa von einem Parteitag bestimmt, sondern von einem ominösen „17ner Ausschuss“, den der rein männliche Parteivorstand eingesetzt hatte.
Die ehemalige Hamburger Wissenschaftssenatorin Gundelach, letzte Frau der Hamburger CDU mit einer wichtigen Funktion, wurde demonstrativ gestrichen.

[….] Die Noch-Bundestagsabgeordnete Herlind Gundelach war zugunsten eines Mannes von Platz drei auf den wohl chancenlosen fünften Platz degradiert worden [….] Die Bürgerschaftsabgeordnete Birgit Stöver sagte: "Es kann nicht sein, dass wir im 21. Jahrhundert Frauen ausschließen. Wir verfallen offenbar wieder in Echternach'sche Zeiten, in Hinderzimmern wird entschieden, wer ein Mandat erhalten darf." Es stelle sich die Frage, ob nicht die Parteiführung mit dieser Männerliste der CDU schade und sie für manche unwählbar mache. Die Bürgerschaftsabgeordnete Karin Prien sprach von einer "Fehleinschätzung des Landesvorsitzenden", und sagte: "Ihr hättet wissen müssen, dass das ein Erdbeben gibt." [….]
(HH Abla, 08.12.2016)

Man wollte nichts riskieren und ließ die CDUU-Frauen gar nicht erst mitabstimmen.

"Dieser Abend war der negative Höhepunkt meiner jahrzehntelangen Mitarbeit in der CDU", sagte die Bundestagsabgeordnete Herlind Gundelach[….] Gundelach kritisierte am Freitag vor allem Parteichef Heintze. Es sei unanständig, dass dieser am Donnerstagabend als erstes die Frauen attackiert habe und sich dann, statt neutral zu sein [….] Dass Heintze vor der Kampfabstimmung noch einmal für de Vries geworben habe, zeige, dass es Absprachen der Männer gegeben habe. Zudem habe die Parteiführung mit "Verfahrenstricks" eine Aussprache darüber verhindert, dass Frauen in der Hamburger CDU benachteiligt würden und die Partei gegen das Statut verstoße. Auch in der Bundes-CDU fragten sich mittlerweile viele, was in Hamburg los sei, so Gundelach. [….]

Ich freue mich, wenn konservative Organisationen sich lächerlich machen und mir damit die Arbeit abnehmen.

[….] Die Hamburger CDU hat offenbar keine Lust, diese Stadt irgendwann mal wieder zu regieren. Anders lässt sich die Vorstellung nicht deuten, die die Partei bei der Aufstellung ihrer Landesliste für die Bundestagswahl gegeben hat. Wie zu Zeiten des früheren Parteichefs Jürgen Echternach kungeln da fast reine Männerrunden in Hinterzimmern die wichtigsten Chefposten und nun auch die aussichtsreichen Bundestagskandidaturen untereinander aus.
Kreis-Chefs machen auf offener Bühne Altherrenwitze und verhöhnen Frauen als weinerlich, die mehr Beteiligung fordern. Achselzuckend ignoriert die Parteiführung das Bundesstatut, nach dem jeder dritte Kandidat weiblich sein soll. Stattdessen geht der Parteichef offen auf Frauen los, die sich erdreisten, angemessene Beteiligung zu fordern. [….]
(Hamburger Abendblatt, 10.12.16)

Das Problem mit der Hamburger CDU läßt sich ganz einfach lösen, indem alle Frauen austreten und auch nie mehr die Partei wählen.