Amerikanische Wahlkämpfe sind die mit Abstand teuersten der Welt.
2020 stellte aber selbst für US-Verhältnisse alles bisher Dagewesene in den Schatten. Dieses Wahljahr verschlang erstmals nicht nur einen zehnstelligen, sondern sogar einen elfstelligen Dollar-Betrag.
[….] Fest steht, dass die aktuellen US-Wahlen die teuersten in der Geschichte werden. Das unabhängige Center for Responsive Politics (CRP) schätzt aufgrund seiner Datenbank Opensecrets, dass beide Parteien 11 Milliarden Dollar für die Wahlen ausgeben werden. Das ist ein gewaltiger Anstieg gegenüber 2016, als die Ausgaben auf 6,5 Milliarden Dollar beziffert wurden. […..]
Es ist in den USA so teuer in ein politisches Amt gewählt zu werden, daß die Abhängigkeit von reichen Spendern entsprechend groß ist.
Das viele Geld ist aber insbesondere für die Demokraten in den republikanisch regierten Südstaaten wichtig, weil sich dort der gesamte politische Apparat der „voter suppression“ verschrieben hat und mit geradezu aberwitzigen Methoden, Arme, Schwarze und Ungebildete von den Urnen ferngehalten werden.
Es braucht hoch effektive Wahlkämpfer mit teuren Organisationen wie Stacey Abrams‘ „Fair Fight Action“, die es in Georgia geschafft hat gegen den erbitterten Widerstand des eisernen Trump-Fans und Gouverneurs Brian Kemp rund 800.000 meist schwarze Wähler registrieren zu lassen und ihnen die Stimmabgabe zu ermöglichen.
800.000 Stimmen, die die Republikaner mit allen Mitteln von den Wahlen ausschließen wollten.
Die Yale-Absolventin Abrams hatte 2018 bei den Gouverneurswahlen nur 30.000 Stimmen hinter dem Corona-Leugner und Rassisten Kemp gelegen. Statt an den die weißen Republikaner dreist bevorzugenden Verhältnissen zu verzweifeln, verwendete sie die folgenden zwei Jahre ihre gesamte Energie dafür nun auch Schwarzen die Stimmabgabe zu ermöglichen.
Sie hatte Erfolg, denn durch ihr Engagement gewann Joe Biden letzten Dienstag die Mehrheit in der bisherigen republikanischen Hochburg.
[…..] Voting is the bedrock on which our community’s future and your ambitions are built. From illegal voter purges to hundreds of poll closures to four-hour lines, Georgia voters have faced a sophisticated, but hauntingly familiar, attack on their right to vote. Hundreds of thousands of voters were affected by poor election management and systematic voter suppression, crippling Georgia’s democracy. Fair Fight is Fighting Back. [……]
Völlig zu Recht wurde die 46-Jährige Abrams so zu einem Star der demokratischen Partei und vermutlich wird Biden sie dafür mit einem Ministeramt belohnen.
Fair Fight ist ein gutes Beispiel dafür wie viel Geld und viel Hollywood-Prominenz segensreich wirken können.
Ohne die enormen finanziellen Mittel, die Abrams auftrieb wäre Bidens Wahlerfolg in Georgia nicht möglich gewesen.
Geld allein reicht aber auch nicht; es ist nicht leicht so viel Geld sinnvoll auszugeben.
Die klassische extrem teure Radio- und TV-Werbung, die den politischen Gegner dämonisiert, ist offensichtlich nur sehr begrenzt effektiv.
Der nach Donald Trump moralisch verkommenste und widerlichste Politiker weltweit ist meiner Meinung Lindsey Graham, republikanischer Großlügner und Senator von South Carolina. Seine Heuchelei ist so unerträglich, daß sie eine Rekordspendenflut für seinen Gegenkandidaten, den schwarzen aufstrebenden Demokraten Jamie Harrison auslöste.
Er konnte allein im letzten Quartal vor der Wahl fast 60 Millionen Dollar Spenden nur für seinen Senatswahlkampf einsammeln.
Zudem fluteten liberale Portale wie das Lincoln Project, Meidas Touch oder Winslow-films den Staat mit beißenden Anti-Graham-Videos in den sozialen Medien.
Trumps eifrigster Arschlecker wurde von der schieren finanziellen Übermacht der Demokraten so sehr in Furcht versetzt, daß er jammernd in der erbärmlichsten Weise bei FOX und Geld bettelte.
Aber Lindsey hatte sich ganz umsonst auf nationaler Bühne erniedrigt. South Carolina ist so stramm rechts und rassistisch, daß er gegen den schwarzen Harrison bequem mit 55% zu 44% siegte.
Nachdem nun elf Milliarden Dollar für die Wahl Joe Bidens verprasst wurden, sind die Kassen der Parteien nicht etwa leer.
Nein, für die Nachwahl der beiden demokratischen Senatorenposten, die beim Stand von 50:48 für die GOP das Patt und damit den Vorteil für Biden bringen könnten (Harris‘ Stimme entscheidet bei einem Patt), werden noch einmal 500 Millionen Dollar in den nächsten Wochen auf den Kopf gehauen.
Wie es der Teufel will, führt ein aberwitziges Zusammentreffen kurioser Umstände dazu, daß beide Sitze in Stacey Abrams Georgia vergeben werden.
Normalerweise werden nicht beide US-Senatorenposten eines Staates im selben Jahr bestimmt und normalerweise fallen die Entscheidungen am Tage der US-Präsidentenwahl mit relativer Mehrheit.
Aber nicht in diesen beiden Fällen.
[…..] Der Sitz des republikanischen Senators David Perdue steht nach sechs Jahren regulär zur Neuwahl an. Den anderen Sitz aber hat der bisherige republikanische Amtsinhaber, Senator Johnny Isakson, aus gesundheitlichen Gründen 2019 vorzeitig geräumt. Als Nachfolgerin ernannte der Gouverneur von Georgia die Republikanerin Kelly Loeffler bis zum nächsten Wahltermin, also diesen November. Deshalb stand da die Nachwahl des Postens für den Rest der Amtsperiode bis zum Jahr 2022 an. Jetzt kommt allerdings das Wahlrecht des Bundesstaates ins Spiel. Bei Nachwahlen gibt es nicht, wie sonst üblich, Vorwahlen. Alle Kandidaten stehen im November zur Wahl. Die beiden Bestplatzierten qualifizieren sich für eine Stichwahl, die am "Dienstag der neunten Woche nach der Wahl" stattfinden muss, so das Wahlgesetz. Das ist in diesem Fall eben der 5. Januar 2021. Die Republikanerin Loeffler trifft auf den Demokraten Raphael Warnock. Der andere, regulär zu besetzende Sitz im Senat muss diesmal ebenfalls per Stichwahl entschieden werden. Auch dafür sorgt das Wahlrecht von Georgia. Wenn kein Kandidat auf Anhieb 50-plus Prozent der Stimmen erringt, muss es einen Stichentscheid geben. Also treten erneut der Republikaner Perdue, der die 50-Prozent-Marke knapp verfehlt hat, und der Demokrat Jon Ossoff an. Die Stichentscheid-Regelung stammt aus den Sechzigerjahren. Sie war ursprünglich eingeführt worden, um den Einfluss der Schwarzen auf die Wahl zu beschränken. Damals ging man davon aus, dass ein schwarzer Kandidat niemals gegen die Stimmen der Weißen die 50-Prozent-Hürde überwinden könnte. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich diese Regelung zu einem Instrument entwickelt, mit der konservative Republikaner die Demokraten von Posten fernhalten konnten. Nach Recherchen des unabhängigen Wahlanalyse-Dienstes "Inside Elections" haben seit den Neunzigerjahren die Demokraten nur eine von insgesamt sieben Stichwahlen in Georgia für sich entscheiden können. […..]
Natürlich trieft das Wahlrecht Georgias vor Rassismus; die Stichwahl Anfang Januar wird in Erwartung des Amtsantritts des neuen Präsidenten am 20.01. gern vergessen; die schwarzen Wähler sind aufgrund der enormen Schikanen, denen sie bei der Wahlregistrierung unterliegen kaum zur Urne zu bekommen.
Und so kann der zutiefst rassistische rechtsextreme Perdue eigentlich mit dem Gewinn des Mandats rechnen.
Er lag auch am 03.11.2020 mit 2,46 Millionen Stimmen (49,7%) vor Ossoff mit 2,37 Millionen Stimmen (47,9%).
Allerdings weist Perdue eine verheerende menschenfeindliche Bilanz auf und Job Ossoff ist ein intelligenter Beau, der sich furchtlos und eloquent auszudrücken weiß.
Im zweiten Rennen lag Demokrat Warnock mit 1,6 Millionen Stimmen (32,9%) vor Loffler mit 1,3 Millionen Stimmen (25,9%).
Sollte auch nur ein Republikaner gewählt werden, ist es aus mit den Gestaltungsmöglichkeiten des 46. US-Präsidenten Biden.
Moscow-Mitch McConnell könnte wie bisher jede demokratische Initiative aus dem House und erst recht jeden Personalvorschlag aus dem Weißen Haus blockieren. Es gibt keinen Zweifel, daß der erzreaktionäre korrupte Kerl aus Kentucky auch genau das weiterhin tun würde. Ihm ist das Wohlergehen des Landes und seiner Bürger vollkommen gleichgültig. Nur deswegen blockierte er bisher die Corona-Hilfen für das darbenden amerikanische Volk: Auf keinen Fall sollte der Wirtschaft und den Menschen geholfen werden, wenn dies mit einer Biden-Harris-Präsidentschaft zusammenfiele.
Lieber lässt er die amerikanische Nation zu Grunde gehen, bevor er einem Demokraten einen Erfolg gönnt.
Mit Stacey Adams‘ Organisation und 500 Millionen Dollar sollte es allerdings theoretisch möglich sein den Menschen in Georgia zu verdeutlichen, daß das Wohl und Wehe der nächsten Regierung nur von ihren Stimmen abhängt; daß Binden/Harris nur dann effektiv regieren können, wenn Ossoff und Warnock gewinnen.
Die Strukturen im erzkonservativen Georgia stehen auf republikanisch.
Aber wer weiß, was sehr viel Geld ausrichtet…