Da
stimme ich mit Peter Altmaier überein. Und mit Sigmar Gabriel. Und mit Martin
Schulz; Emanuel Macron ist ein absoluter Glücksfall für Europa.
Nach
Trump und Brexit hätte nicht viel gefehlt und Marine Le Pen wäre französische
Präsidentin geworden, hätte die EU beerdigt.
So aber
haben wir einen eloquenten, mutigen und tatkräftigen Typen an der Spitze einer
großen EU-Nation, der das tut, wozu Merkel viel zu schwach ist.
Marcon
entwickelt ein positives Narrativ für Europa, wendet sich klar gegen die
Trumpisten und Nationalisten.
Wäre nur
schön, wenn es in Berlin endlich eine Regierung gäbe, die ihn zu 100%
unterstützt. Die Chance ist da nachdem sich Merkel endlich von Wolfgang
Schäuble als Finanzminister trennte. Den Mann weglobte, der acht Jahre lang
alles dafür tat die EU zu spalten, Nationalismen zu fördern und die Menschen in
krisengeschüttelten Regionen gegen Brüssel aufbrachte.
Wird
hohe Zeit das ekelhaft besserwisserische deutsche Lehrmeisterum zu überwinden
und mit dem destruktiv-egoistischen Austeritäts-Mantra aufzuhören bevor es die
EU ganz zerstört.
Martin
Schulz würde Macron gern unterstützen, ruft ihn regelmäßig an.
Wie DER
SPIEGEL in seiner aktuellen Ausgabe schreibt, schätzt der junge Präsident auch
durchaus Schulz' exzellente französisch-Kenntnisse.
Unglücklicherweise
ist das aber auch alles. Schulz wird als absolutes Leichtgewicht, der planlos
durch den deutschen Wahlkampf irrlichterte gar nicht ernst genommen.
[….]
Schulz, so sieht man das im Élysée, kann
Merkel nicht das Wasser reichen. Inhaltlich hat sein Wahlkampf auf der anderen
Rheinseite keine Marken hinterlassen, er war halt derjenige, der gegen
Merkel antreten musste. Schulz hat in Paris immer noch das Profil eines
gerade aufgestellten Pappkameraden. In den Augen der französischen
Nachbarn hat er nicht einmal einen Achtungserfolg errungen, zu mutlos
war sein Wahlkampf, zu unbeholfen sein Vorgehen nach der Wahl.
Für sein Ansehen
bei den Macronisten war es auch nicht hilfreich, dass Schulz sich noch kurz
vor den französischen Präsidentschaftswahlen hinter den ziemlich aussichtslosen
Kandidaten der Sozialisten stellte. Benoît Hamon, als radikallinker
Utopist eine politische Randerscheinung, verkörperte damals schon den
rasanten Niedergang der regierenden Sozialisten.
Schulz' Auftritte
nach der Wahl haben Macron und seine Leute in ihrer Wahrnehmung bestärkt,
dass sein politischer Instinkt Grenzen kennt. [….]
(DER
SPIEGEL 51/2017, s.28)
Ja, so
ist das mit unserem Opa Martin; er hat die besten
Absichten; ist aber hoffnungslos unfähig als Politiker.
Mit dem
ist kein Staat zu machen; das weiß man auch in den anderen europäischen
Regierungszentralen.
Merkel
verfügt ganz im Gegensatz zu Schulz zwar über einen hervorragenden
Machtinstinkt, wagt sich aber grundsätzlich nie mit neuen Ideen nach vorn. Ihr „erst-mal-abwarten“-Naturell
ist für die große europäische Krise mitverantwortlich.
Macron
streckt eher die Finger nach Sigmar Gabriel aus, mit dem er gut befreundet ist.
Mein
ehemaliger Parteichef ist aus ganz anderem Holz geschnitzt. Was Schulz zu wenig
hat, hat Gabriel zu viel.
Er
sprüht nur so von Ideen und Konzepten, die er auch zu gern überall verbreitet
und die Aufmerksamkeit genießt.
Ein
wirklich kluger Kerl, dieser ehemalige Lehrer aus Goslar.
Nur eben
ein bißchen blöd, daß er seine Konzepte nie länger als fünf Minuten vertritt
und dann gern das diametrale Gegenteil als neuen Kurs vorgibt.
Das
Etikett „Zickzack-Siggi“ ist wohlverdient.
Im
aktuellen SPIEGEL erschien unter dem Titel „Sehnsucht nach Heimat“ ein längerer
Gabriel-Gastbeitrag, mit dem er mal eben die Sozialdemokratie und Europa retten
will.
In „der Moderne“ (1945 bis 1989) waren die Sozialdemokraten stark, sorgten für soziale Absicherung, steigende Löhne und Geborgenheit in Vereinen, Nation und Familie.
In „der
Postmoderne“ (1989-2017) wurden Sozialdemokraten schwächer. Stattdessen wurden
Linke und Liberale sehr stark, die ein „Anything Goes“ durchsetzen. Das sind
bröckelnde Familienverbände, Globalisierung, Internationalität, Homoehe,
volatilere Arbeitsverhältnisse, abnehmende Bindungen an Vereine, Kirchen und
Gewerkschaften.
Diese „Postmoderne“
habe die armen Rechtsradikalen so verunsichert, daß sie sich jetzt in die
sozialdemokratische „Moderne“ zurücksehnten. Wir Sozis geben ihnen aber keinen
Halt mehr, weil wir uns getrieben von den Linksliberalen auch zu sehr über
sowas wie die „Ehe für alle“ freuten.
Mit Heimat und Leitkultur die SPD retten?
Das gefällt nicht jedem.
Das gefällt nicht jedem.
Gabriel
ist schlau genug, um Widerspruch zu erwarten; also formuliert er vorsichtig.
[….]Der Aufstieg des rechten wie des linken
Populismus wird oft als Reaktion auf die Errungenschaften der Moderne
begriffen, gewissermaßen als antimoderne Auflehnung gegen den Status
quo. Ich wage eine Gegenthese, die auf den ersten Blick kurios wirken
mag: Der Rechtspopulismus ist keine Gegenbewegung zu dieser Moderne,
sondern im Gegenteil Ausdruck einer Sehnsucht nach genau dieser Moderne.
Er ist weitaus eher eine Gegenbewegung gegen die Ende des vergangenen
Jahrhunderts entstandene Postmoderne.
Der moderne
National- und Wohlfahrtsstaat geriet bereits Ende des vorigen Jahrhunderts
unter Druck. Gleichzeitig verloren die Familie und die bis dahin gesellschaftlich
dominante Ordnung der Geschlechterverhältnisse durch Individualisierung
und Emanzipation an Kraft und Relevanz. An meiner eigenen Familiengeschichte
habe ich erfahren, wie befreiend das wirkte. Aber auch diese Freiheit
war eine doppelte: Es verschwanden nicht nur die Autoritären, sondern
auch die Autoritäten. [….]
(Sigmar
Gabriel im SPIEGEL Nr 51/2017, s.30)
Ja,
blöd, die Frauen dürfen heute selbst entscheiden, die Kirchen ungezogene Kinder
nicht mehr schlagen und Schwule kommen nicht in den Knast, sondern werden
Minister. Da ist dann die ganze „dominante Ordnung“ dahin und man läuft eben
David Berger, Trixi Storch und Gauland hinterher, weil man sich nicht mehr zu Recht
findet.
Die AfD
dürfte entzückt sein, weil sie nun Gabriel für ihre eigene volle Hose als
Kronzeuge heranziehen kann.
[….]
Die offenen Grenzen
von 2015 stehen in Deutschland für nicht wenige Menschen deshalb als Sinnbild
für die Extremform von Multikulti, Diversität und den Verlust jeglicher
Ordnung. Unter ihnen viele vormals sozialdemokratische Wählerinnen
und Wähler. Diversität, Inklusion, Gleichstellung, Political Correctness
– all das sind deshalb jetzt auch die Zielscheiben der Neuen Rechten. Sie
sind im Kern kein Produkt der Moderne, sondern einer Postmoderne, die
zur radikalen Dekonstruktion der Moderne angetreten war, dabei erstaunliche
Erfolge feierte und jetzt Opfer ihres eigenen Erfolgs wird. [….]
(Sigmar
Gabriel im SPIEGEL Nr 51/2017, s.30)
Ich
glaube auch, daß Rechte „Diversität“ als schauderhaft empfinden und sich nach
homogener Ordnung sehnen.
Aber wie
schon Wilfried Schmickler sagte, sollen wir diese braune Hasenfüßigkeit nicht adaptieren,
sondern ihr entgegentreten.
„Aber wir müssen
die Ängste und Sorgen der Bürger doch ernstnehmen.
So ein Blödsinn!
So ein Blödsinn!
Wir müssen den Bürgern die Ängste nehmen und ihre Sorgen zerstreuen.“
(Wilfried Schmickler 12.11.2015)
(Wilfried Schmickler 12.11.2015)
Sigmar
Gabriel, der so gern weiter eine wichtige Rolle als Minister spielen will,
begründet im Folgenden seine Thesen.
Dabei
wird er schlampig und gibt führt in die Irre.
[….]
Umwelt- und Klimaschutz
waren uns manchmal wichtiger als der Erhalt unserer Industriearbeitsplätze,
Datenschutz war wichtiger als innere Sicherheit [….]
(Sigmar
Gabriel im SPIEGEL Nr 51/2017, s.30)
Minister
Gabriel setzte aber die Vorratsdatenspeicherung gegen den Willen seiner Partei
durch, intervenierte in Brüssel massiv gegen den Klimaschutz und für die deutsche Autoindustrie.
Bekanntlich
führte das nicht zu einer Marginalisierung der AfD.
[….]
Ein Blick auf die
Entwicklung der Demokraten in den USA zeigt, wie gefährlich diese Konzentration
auf die Themen der Postmoderne sein kann. Wer die Arbeiter des Rust Belt
verliert, dem werden die Hipster in Kalifornien auch nicht mehr helfen.
[….]
(Sigmar
Gabriel im SPIEGEL Nr 51/2017, s.30)
Falsch!
Hillary Clinton bekam drei Millionen Stimmen mehr als Trump und wurde nur dank
des antiquierten US-Wahlsystems nicht Präsidentin. Dabei war sie persönlich
historisch unbeliebt. Gut möglich, daß ein anderer Demokrat Trump noch viel
deutlicher geschlagen hätte.
[….]
Und trotzdem müssen wir uns in den sozialdemokratischen
und progressiven Bewegungen fragen, ob wir kulturell noch nah genug
an den Teilen unserer Gesellschaft dran sind, die mit diesem Schlachtruf
der Postmoderne „Anything goes“ nicht einverstanden sind. Die sich unwohl,
oft nicht mehr heimisch und manchmal auch gefährdet sehen.
[….]
Um es sehr bösartig zu sagen: Bei uns
gibt es oftmals zu viel Grünes und Liberales und zu wenig Rotes. [….]
(Sigmar
Gabriel im SPIEGEL Nr 51/2017, s.30)
Falsch!
Die AfD erzielte am 24.09. zwar 12,6%, aber das heißt auch, daß 87,4% sich
nicht für die Anti-Postmodernisten erwärmen konnte.
Wahlanalysen
zeigen zudem, daß gerade in den Bundesländern, in denen die Regierungen am
stärksten Rücksicht auf die AfD nahmen – also Sachsen und Bayern – die AfD-Ergebnisse
am besten waren. Dort, wo man ihnen eben nicht wie Gabriel nach dem Mund
redete, waren die AfD-Ergebnisse schwächer.
[….]
Im Kern geht es aber um eine kulturelle
Haltung und um Fragen nach Identität. In der unübersichtlich gewordenen
Welt ist es genau diese Sehnsucht nach Identität, die auch einen großen
Teil unserer Wählerinnen und Wähler umtreibt. Mit wem und vor allem mit
was können sie sich identifizieren? Ist der Wunsch nach sicherem Grund
unter den Füßen, der sich hinter dem Begriff „Heimat“ hier in Deutschland
verbindet, etwas, was wir verstehen, oder sehen wir darin ein rückwärtsgewandtes
und sogar reaktionäres Bild, dem wir nichts mehr abgewinnen können?
Ist die Sehnsucht nach einer „Leitkultur“ angesichts einer weitaus vielfältigeren
Zusammensetzung unserer Gesellschaft wirklich nur ein konservatives
Propagandainstrument, oder verbirgt sich dahinter auch in unserer
Wählerschaft der Wunsch nach Orientierung in einer scheinbar immer unverbindlicheren
Welt der Postmoderne?
Es ist kein Zufall,
dass sich die Vordenker der Rechtsextremen in Europa häufig als „Identitäre
Bewegung“ bezeichnen. Denn es geht um Identität und Identifizierung. [….]
(Sigmar
Gabriel im SPIEGEL Nr 51/2017, s.30)
Falsch,
falsch! Gerade in den Zeiten der sozialen Netzwerke haben die Menschen immer
weniger Probleme sich mit anderen zu identifizieren.
So etwas
wie Leitkultur kann man noch nicht mal definieren; der Letzte, der es
versuchte, war der Bundesinnenminister und er blamierte sich auf ganzer
Linie.
Tatsächlich
hatte die AfD im Bundesland Hamburg mit einem zehnmal höheren Migrantenanteil
als in Sachsen das schwächste Ergebnis, erreichte aber gerade im am wenigsten multikulturellen Bundesland ihr Rekordergebnis.
Die
Namenswahl rechtsradikaler Mörderbanden – die Identitären – als Beleg für seine
Thesen zu nehmen, ist so absurd, daß man sich an Erika Steinbach erinnert
fühlt, die belegen wollte, daß es sich bei Hitlers Nazis um Linksextreme
handelte, weil es Nationalsozialismus“ hieß.
[….]
Ich bin der Überzeugung,
dass die Krise der deutschen Sozialdemokratie weniger etwas mit einem
Regierungsbündnis mit den Konservativen in Deutschland zu tun hat als
mit diesen völlig veränderten Rahmenbedingungen für sozialdemokratische
Politik. Erst wenn wir uns wirklich zu diesen Veränderungen bekennen
und daraus auch Konsequenzen ziehen, werden sich unsere Wahlergebnisse
verbessern. [….]
(Sigmar
Gabriel im SPIEGEL Nr 51/2017, s.30)
Falsch.
Die Krise der Sozialdemokratie hat eher was mit miesem Führungspersonal und
fragwürdigen Kabinettsmitgliedern zu tun, die als Energie-und
Wirtschaftsminister dafür sorgten, daß es unter SPD-Mitwirkung mehr CO2-Ausstoß,
mehr Waffenexporte, Vorratsdatenspeicherung und eine sich weiter verschärfende
Vermögenskonzentration bei den Superreichen gab.
Man
könnte auch als Partei etwas weniger unfähig auftreten als mit Bätschi-Andrea,
Niemand-mag-mich-Martin und Zickzack-Siggi.
Also
lieber Außenminister; ich schätze strategische Überlegungen und inhaltliche
Diskussionen.
Immer
weiter so, aber speziell dieser „Sehnsucht nach Heimat“-Aufsatz, der den Sozis
empfiehlt tumbe AfD-Politik zu imitieren, war ein echter Griff ins Klo.