Wenn Covidioten und Homöopathie-Fanatiker von „natürlicher Heilung“ sprechen, sich gegen die Chemie echauffieren, weiß man eins schon mal sicher: Man hat es mit ungebildeten Idioten zu tun.
(….) Alles ist Chemie; auch Gefühle, Liebe, Denken, Emotionen. Und natürlich ist alles Pflanzliche, Natürliche oder Homöopathische Chemie. Daher ist es so ungeheuer albern, wenn Esoterik-Freaks „die Chemie“ ablehnen und lieber ihre Globuli lutschen oder Kräutersude trinken. Was die beiden Mediziner Özlem Türeci und Uğur Şahin bei BionTech treiben, ist so gar nicht künstlich, sondern basiert auf den elementar natürlichen Vorgängen jeder Zelle eines Menschen. (….)
(Medizin ohne Grenzen, 27.07.2021)
Ähnlich verblödet ist die metaphysische Verklärung des Naturrechts, wie man es von der Katholibanin Andrea Nahles oder Kathrin Göring-Kirchentag kennt.
(….) Die dümmste Bischöfin der Welt polemisierte kürzlich so erbärmlich gegen die Lebensmodelle, die nicht ihrem Vorbild entsprechen, daß sogar SPRINGERS rechte „Welt“ aus vollen Rohren dagegen schoß. Käßmann hatte es Lewiratschoff-artig als „unnatürlich“ gebrandmarkt, wenn Frauen sich nicht nach der biologischen Uhr richteten.
"Die Natur" hat viel eingerichtet, aber leider ist nicht alles vernünftig. Dass man an Grippe stirbt, dass man im Alter nichts mehr sehen kann, dass Menschen nicht fliegen und auch nicht bei Nacht mit dem Auto durch Großstädte fahren können. All das hat die Natur gewollt, die Menschen haben es geändert. Die Natur ist nicht perfekt. "Die Natur" sieht für Mädchen so zwischen 11 und 15 Jahren vor, zum ersten Mal Mutter zu werden – das scheint Ihnen [Frau Käßmann] zu gefallen. Sie finden es ganz wunderbar, dass bei Frauen mit 40 Schluss ist mit der Fortpflanzerei. Alle, die sich später ein Kind wünschen, finden Sie hingegen "verrückt". Sie selbst sind 56 Jahre alt und vierfache Mutter. Schön für Sie. Aber ich finde, dass Sie ziemlich angeben, wenn Sie kinderlosen Frauen Ihre eigenen Kinder zwischen 32 und 23 Jahren und Ihr zweijähriges Enkelkind unter die Nase reiben. Angeberin!
(….) Das Paradebeispiel dafür war die Papstrede im Bundestag, als Ratzi seine Homophobie mit einem Plädoyer für das „Naturrecht“ beschrieb. Nahles und Thierse ejakulierten vor Begeisterung; mutmaßlich vor allem deswegen, weil sie in ihrem blinden Papstfantum gar nicht verstanden wovon der Pontifex eigentlich redete.
So wurde immer wieder in der Geschichte verfahren. Juden, „Rassenschande“, Masturbation, Homosexualität, Unzucht, Sex vor der Ehe – das war „unnatürlich“ oder krank. So lautete das Todschlagargument Hitlers genauso wie Ratzingers, wenn es gegen Minderheiten geht.
„"Es ist keine überkommene Metaphysik, wenn die Kirche von der Natur des Menschen als Mann und Frau spricht und fordert, dass diese Schöpfung auch respektiert wird." Die lebenslange Verbindung von Mann und Frau sei ein "Sakrament der Schöpfung", erklärte der Papst - und erteilte damit jeder anderen Form des ehelichen Zusammenlebens, also vor allem der Homo-Ehe, eine Absage. Nur allzu oft verstecke sich hinter der sogenannten Geschlechterdiskussion lediglich die Emanzipation des Menschen von Gottes Schöpfung. "Aber auf diese Weise lebt er gegen die Wahrheit und den Geist des Herrn", so der Papst. "Nicht der Mensch entscheidet, nur Gott entscheidet, wer Mann und wer Frau ist." Die Menschheit solle auf "die Stimme der Schöpfung" hören, um die vorgegebenen Rollen von Mann und Frau zu verstehen. Alles andere käme "einer Selbstzerstörung des Menschen und der Zerstörung von Gottes Werk selbst" gleich.“
Natürlich ist es blanker Unsinn, was der Papst redet. Im gesamten Tierreich gibt es Homosexualität, die offenbar sogar einen evolutionären Vorteil darstellt. Aber selbst wenn es stimmte, daß Schwule nicht in der Natur vorkämen, bleibt die moralische Frage, ob „die Natur“ tatsächlich unsere moralische Richtschnur sein kann.
Es ist natürlich, daß männliche Löwen grundsätzlich anderen Raubkatzen sowie Löwenjunge anderer Väter töten. Das ist „natürlich“, weil sie a) die Nahrungsmittelkonkurrenten aus dem Weg schaffen und b) dem Fortbestand ihrer eigenen Gene sichern.
Es ist auch natürlich, daß eine Hyäne mit drei Beinen, ein Wildhund mit Kieferentzündung oder ein Seeadler mit gebrochenem Flügel nicht überleben.
Das taugt aber doch sehr bedingt als Richtschnur für den Umgang der Menschen untereinander. (…..)
Ich bin ein Kind der Zivilisation uns sehe mit Gruseln Survival-Sendungen wie „Naked and Afraid“, wo frierende nackte schmutzige Menschen, von Myriaden Moskitos zerstochen im Dreck hocken und wenn sie Glück haben, mal ein paar Maden oder eine Schlange fressen.
Ich lebe lieber mit Kleidung, Kühlschrank und Dusche. Kann ich nicht mehr richtig gucken, möchte ich zur Brille greifen können und bei einer Meningitis oder Pneumonie, möchte ich gern ein dickes Antibiotikum von der Pharmaindustrie einwerfen, statt der Natur ihren Weg zu lassen. Ich bin sehr gerne vollständig unabhängig von der natürlichen Entwicklung.
(….) Kleinkinder werden in einem relativ zivilisierten Land wie Deutschland immer wieder vernachlässigt, todgeschlagen, aus dem Fenster geworfen, in Kühltruhen gesteckt, im Blumenkübel entsorgt oder bis zum Hirntod geschüttelt, weil jedes noch so ungeeignete Paar Kinder zeugen und behalten kann. Das ist „natürlich.“ So funktioniert unsere Biologie. Man könnte es auch Evolution nennen, daß solche offensichtlich ungeeigneten Eltern ihre Gene in der Natur nicht weitergeben würden, weil ihr Nachwuchs nicht überlebt. Die meisten gezeugten Embryonen killt Gott selbst noch vor der Geburt. Auch das ist natürliche Auslese.
Natürlichkeit verträgt sich allerdings nicht mit Zivilisation. Es wäre auch natürlich, daß Menschen ohne Zähne verhungern oder daß alte Menschen sehr oft blind werden.
Die Zivilisation ist aber unnatürlich. Deswegen bekommen in Hamburg Menschen mit Grauem Star eine Cataract-Operation. Wie am Fließband werden in einem kleinen ambulanten Eingriff neue Linsen eingesetzt und dabei auch gleich die Kurzsichtigkeit korrigiert.
Wir lassen der Natur eben nicht ihren Lauf, sondern greifen ein. Wir implantieren Zähne, passen Hochleistungshörgeräte und Cochlea-Implantate an, setzen Defibrillatoren und Pacemaker in die Brusthöhle, entfernen Tumore aus Prostata und Dickdarm. All das ist völlig unnatürlich und in der Geschichte der Menschheit sehr neu. Aber der evolutionäre Humanismus verlangt solche technischen Korrekturen an der natürlichen Biologie.
Dementsprechend wollen wir auch Kindersterblichkeit in Deutschland möglichst nicht akzeptieren – auch wenn das ein natürlicher Ausleseprozess wäre.
In vielen moralischen Aspekten ist Unnatürlichkeit überlegen.
Das betrifft den Beginn genauso wie das Ende des Lebens, welches wir mit Opiaten und Morphinen erheblich angenehmer gestalten, als es natürlich wäre.(…)
Jeder hat seinen subjektiven Blick auf „die Natur“ und vieles daran liebe ich sehr.
Heute habe ich anderthalb Kilo wunderbare, süße frische Erbsen aus ihren Schoten gepult und gleich roh aufgegessen. Ein Traum. Ich liebe auch Bäume. Und Blumen. Und alle Vögel. Selbstverständlich auch die vielen, vielen grandiosen Natur- und Tier-Dokumentationen aus dem TV. Schon als Kind sah ich fasziniert Sielmann- und Grzimek-Sendungen, die damals einzigartig waren. Aber das war nichts, verglichen mit heutigen Produktionen, beispielsweise von der BBC. Drohnen und moderne Kameratechnik machen es möglich.
Ich bin aber ein Kind der Zivilisation und sehe solche Dokumentationen mit meinem subjektiv geleiteten Blick.
Wird das strapaziöse Lebens einer Gazelle oder eines Rehs gezeigt, indem sich der Autor auf ein bestimmtes Individuum konzentriert, entwickele ich sofort Sympathien für das hübsche Tier, fühle mit ihm und bin entsetzt und geschockt, wenn ihr geliebtes Kitz plötzlich von einem Leoparden gerissen, totgebissen und aufgefressen wird.
Als langjähriger Tierdoku-Glotzer weiß ich, daß 9 von 10 Raubtierangriffen schief gehen und drücke der armen Gazelle entsprechend die Daumen.
Sehe ich andererseits eine Doku über das entbehrungsreiche Leben einer Leopardin, die sich brutaler Kater erwehren musste, dabei heftige Fleischwunden erlitt, der ein Auge ausgebissen wurde, die fürchterlich abmagert, schon zwei von drei ihrer kleinen Kätzchen-Babys verlor, weil die von einem Löwen totgebissen wurden und nun verzweifelt versucht ihr letztes Kind zu ernähren, fiebere ich bei oben genannter Jagdszene natürlich mit ihr mit. Ich wünsche mir so sehr, daß sie endlich Beute macht und das Rehkitz erwischt.
Der Vorgang des Jagens ist eben völlig „natürlich“. Wie wir das als Menschen empfinden, hängt von unserer zufälligen Perspektive ab. Eine moralische Bewertung verbietet sich.
Haie und Orcas fressen süße Robbenbabys. Auch das ist völlig natürlich. Haie finden wir in solchen Dokus aber aggressiv und gemein, weil sie nach unten gezogene Mundwinkel haben und aus menschlicher Perspektive böse aussehen. Und es gab da den fiesen Film „Der weiße Hai“.
Orkas gehören zu den Delfinen, die wir schon aus der Kindheit kennen und lieben. Bei ihnen sehen die Mundwinkel aus, als ob sie immer lächeln. Und es gab da den netten Film „Free Willy“. Also bewundern wir ihr Geschick einen Seehund zu erbeuten.
Auch hier sind moralische Bewertungen völlig unsinnig. Aus Seehund-Perspektive sind vermutlich Haie angenehmer als Orcas, weil sie als Fische „Kaltblüter“ sind, viel weniger Energie verbrauchen und daher viel seltener fressen. Mit einer Robbe kommt ein Hai Monate lang aus. Ein Orca ist hingegen ein Säugetier mit warmem Blut, muss daher viel mehr und viel öfter Robben töten.
Zu allem Übel zeigen die erfahrenen Leittiere dem Nachwuchs anschaulich, wie das Robbentöten funktioniert, indem sie lange mit der Beute „spielen“ – sie erlebt also einen viel längeren und grausameren Tod als durch einen Haibiss.
Manche mögen nun einwenden, in der Natur werde nur getötet, wenn es die Nahrungsbeschaffung überlebenswichtig wäre.
Das stimmt insofern, als der Mensch aus purem Vergnügen Tier tötet. Exemplare wie Philipp Amthor sind Hobbyjäger und empfinden Befriedigung, wenn sie mit einer Waffe im Hochsitz hocken und ein Wildschwein oder Reh ermorden.
Noch nicht einmal zur Ernährung brauchen wird Tiere. Vegetarier leben länger und gesünder als Steak-Esser.
Aber auch in der Natur wird nicht nur getötet, um die Beute aufzufressen. Männliche Löwen, Leoparden, Löwen oder Eisbären töten den Nachwuchs eines fremden Weibchens, weil sie ihre eigenen Gene durchsetzen wollen.
Eine Maus frisst ihre eigenen Kinder lieber auf, wenn Gefahr droht, als sie einem Feind zu überlassen.
Großkatzen töten generell Nahrungskonkurrenten. Erwischen sie eine junge Hyäne, einen Windhund oder ein Leopardenbaby, beißen sie es sofort tot.
Der verhaltensbiologische Begriff "Intraguild-Predation" (IGP) bedeutet das Töten und Auffressen von Nahrungskonkurrenten. Es gibt aber auch das "Interspecific Killing" (IK) bei dem die Nahrungskonkurrenten nur ermordet werden.
IGP und IK sind keine spezifischen Verhaltensweisen der Raubkatzen, sondern werden auch von unseren allerengsten Verwandten durchgeführt. Schimpansen sind Mörder und begehen Primaten-Infantizid.
[……] Die Schimpansen umzingelten das Gorillaweibchen und ihr Baby. Sie bellten und schrien und schüttelten drohend Äste. Die Mutter hielt ihr Baby fest vor dem Bauch und versuchte, die Angreifer auf Abstand zu halten. Das Baby schrie. Eines der Schimpansen-Männchen, Thea, versuchte immer wieder, das Kind zu greifen, schaffte es aber nicht. Einem anderen, Gump, gelang es schließlich, das Baby von der Mutter wegzuziehen, doch die zerrte ihr Kind wieder zu sich zurück. Kurz darauf konnten die beiden Gorillas fliehen. Die Schimpansen ließen sie ziehen und wandten sich einem anderen Opfer zu, das nicht nur mit einem Schrecken davonkam. Die Szene spielte sich im Februar 2019 im Nationalpark Loango in Gabun ab und wird in einer gerade veröffentlichten Studie von Primatologen der Universität Osnabrück und des Max-Planck-Instituts für Evolutionäre Anthropologie (Eva) in Leipzig beschrieben. Im Wissenschaftsjournal Scientific Reports haben die Verhaltensforscher zwei Attacken von Schimpansen auf Gorillas im Detail dokumentiert. In beiden Fällen machten die Schimpansen so lange weiter, bis sie ein Gorillababy erbeutet und getötet hatten. Erst dann gaben sie Ruhe. [……] "Wenn die Tiere auf die Jagd gehen, verhalten sie sich eher ruhig, um nicht aufzufallen." Haben sie dann erfolgreich Beute gemacht, breche ein großes Tohuwabohu aus, weil jeder seinen Anteil einfordert. Bei den Angriffen auf die Gorillas sei es aber eher umgekehrt gewesen. Die Schimpansen schrien, bellten und zeigten Imponiergehabe, als sie die Anwesenheit der Gorillas bemerkten. Nachdem sie ein Baby getötet hatten, wurde es dagegen sofort ruhiger. "Die meisten Männchen verloren sofort das Interesse", sagt Deschner. Anders als nach einer erfolgreichen Jagd, sei die Beute auch nicht aufgeteilt worden. [……] Insgesamt erinnerte das Verhalten der Schimpansen bei dem Angriff eher an das bei Konflikten zwischen verschiedenen Schimpansen-Gruppen, bei denen ebenfalls oft Jungtiere und sogar Erwachsene getötet werden. Die Studienautoren halten es deshalb für wahrscheinlicher, dass es bei den beobachteten Attacken um Nahrungskonkurrenz ging. "Gorillas und Schimpansen zeigen eine deutliche Überlappung in ihrem Nahrungsspektrum", schreiben sie. Gorillababys zu töten könnte in diesem Zusammenhang zwei Vorteile für die Schimpansen haben. Erstens bedeutet jeder Gorilla weniger, dass mehr Futter für die Schimpansen übrig bleibt. Zweitens könnten die Attacken bewirken, dass die Gorillas die gefährliche Gegend in Zukunft meiden. Die Schimpansen müssten die Früchte dann nicht mehr mit ihnen teilen. [……]
Die ohnehin fast ausgestorbenen friedlichen Gorillas zu töten, weil Schimpansen die reifen Früchte des Waldes ganz für sich allein haben wollen, ist ebenfalls völlig natürlich und mit menschlicher Moral nicht zu bewerten.
Zum Glück bin ich aber kein Naturbursche, sondern so von der Zivilisation verweichlicht, daß ich diese natürlichen Methoden meiden kann.