Donnerstag, 12. November 2020

Das rechte Auge

Als Antinatalist, Atheist und Humanist sind mir aller drei großen abrahamitischen Religionen gleichermaßen unsympathisch.

Alle drei propagieren in dieser total überbevölkerten Welt das Kindermachen, alle drei diskriminieren Teile der Bevölkerung (Frauen, Schwule, Kinder,..) und alle drei frönen der „Wir sind besser als die“-Ideologie, die sie ermächtigt gewalttätig gegenüber Un- oder Andersgläubigen zu sein.

Das Judentum ist mir etwas sympathischer als der Islam oder das Christentum, weil sie wenigstens nicht missionieren.

Betrachtet man die gesamte Geschichte der abrahamitischen Religionen, war das Christentum die tödlichste und kriminellste von den dreien.

Christen waren die längste Zeit zutiefst intolerant, haben generalstabsmäßig Nicht-Christen getötet, Pogrome inszeniert, Genozide durchgeführt.

Die historischen Kalifate in Bagdad und Konstantinopel, ließen ebenso wie die muslimischen Mauren während ihrer Jahrhunderte langen Herrschaft in Spanien Toleranz walten, duldeten auch Christen und Juden unter ihnen, profitierten vom Kultur-Mix.

Es ist nur den muslimischen Gelehrten zu verdanken, daß antike Schriften überliefert sind.

Im finsteren Mittelalter vernichteten Christen 1.000 Jahre lang alles, das ihnen als unchristlich erschien, während Muslime die Wissenschaft und auch Kulturgüter anderer Religionen achteten.

Da Juden sich nicht wie ihre Muslimischen und Christlichen Vettern 2000 Jahre mit gewalttätigen Missionierungsmaßnahmen beschäftigten, gab es immer viel weniger Juden. Sie waren vor der Gründung des Staates Israel überall nur eine Minderheit und insofern ohnehin zu Toleranz und zur Co-Existenz mit anderen Religionen gezwungen.

In den Kalifaten mit Sitz in Bagdad und Konstantinopel, denen Abu Bakr al-Baghdadi nun nacheifert wurde erheblich liberaler geherrscht, als es der IS jetzt tut. Und natürlich auch erheblich liberaler, als es Christliche Herrscher der Zeit taten.

Es gab bei Hofe berühmte schwule Dichter, jüdische Minister und Christliche Gelehrte. Deswegen haben wir ja jetzt in Syrien, Irak und Ägypten Millionen Christen!

 […] Mehr als 750 Jahre ist es her, dass zuletzt ein Kalif am Tigris regierte. […] Das Leben am Hofe der Kalifen von Bagdad hatte nur wenig gemein mit dem, was die Dschihadisten unter einer islamischen Ordnung verstehen. Die Hauptstadt des Reichs war jahrhundertelang nicht nur das Zentrum der Wissenschaften und Künste, sondern auch ein Sündenbabel.   Viele Kalifen, in deren Fußstapfen nun die ISIS-Terroristen treten wollen, liebten den Wein und junge Männer. Und sie beschäftigten Hofpoeten, die das ausschweifende Leben am Tigris-Ufer in Verse packten. Der bekannteste Dichter jener Zeit war Abu Nuwas, der Ende des achten, Anfang des neunten Jahrhunderts zu Zeiten des legendären Kalifen Harun al-Raschid lebte und ein enger Vertrauter des Herrschers war. Er verfasste viele Wein- und Liebesgedichte, zumeist in homoerotischer Form. […] Der Sohn von Harun al-Raschid und Nachfolger auf dem Kalifenthron, al-Amin, trieb es noch bunter. Laut den Überlieferungen der Hofschreiber unterhielt er einen ganzen Harem mit jungen Männern und ließ allabendlich Eunuchen für sich tanzen und singen. […] Alkohol und Glücksspiel waren keineswegs nur das Privileg der reichen Oberschicht. Auch das gemeine Volk zog es in Trinkhäuser und Cafés, in denen es Wein tranken und Backgammon spielte.   Jenseits dieser Ausschweifungen war Bagdad im achten und neunten Jahrhundert unter den Kalifen die Welthauptstadt für Astrologen und Mediziner, Philosophen und Mathematiker. Christliche und Jüdische Wissenschaftler hatten daran entscheidenden Anteil. Und die Stadt war nicht zuletzt Austragungsort erhitzter innerislamischer Debatten über den Koran. […]

 (Christoph Sydow, 22.06.2014)

„Der Islam“ war tolerant und duldete nicht nur Andersgläubige, sondern fühlte sich verpflichtet sie aus Gastfreundschaft zu schützen.

Das berühmteste Beispiel dafür ist sicherlich die Maurische Hochkultur in Spanien, als unter Islamischer Kontrolle Wissenschaft und Kunst aufblühten, weil Christen und Juden akzeptiert waren. Dadurch konnten sich im schönsten Multikulti die Wissenschaften gegenseitig befruchten. Daher waren Astronomie, Mathematik und Medizin in Islamischen Herrschaftsbereich Jahrhunderte vor dem Christentum in Nordeuropa.

Die iberische Halbinsel erlebte in den sieben Jahrhunderten maurischer Herrschaft eine beispiellose kulturelle Blüte, bevor mit Isabella der Katholischen alles zerschlagen wurde, Inquisition und Judenverfolgung das Bild bestimmten.
Blüte ist durchaus wörtlich zu verstehen - die islamischen Einwanderer hatten nämlich auch den Blumentopf erfunden und brachten bunte Pflanzen nach Spanien. Sie legten Gärten an.
Ebenfalls aus Arabien importiert wurde die Gitarre - man stelle sich den Flamenco ohne Gitarren und bunte Stoffe vor - so sähe er wohl heute aus, wenn Spanien nur unter Christlichen Einfluss gestanden hätte.

Weitere heute nicht mehr wegzudenkende islamische Errungenschaften sind:
Mehrstöckige Architektur, Burgenbau, Liedgut, Farbige Stoffe, Zuckerrohranbau, Schulwesen, Übernahme der Papierproduktion aus China, Brieftaubenkommunikation, Schach, Kristallglas, golddurchwirkte Stoffe, Muster.

Im 11. Jahrhundert sind Arabische Erfindungen z.B. Uhren, Messgeräte, Hebegeräte und Energiespender, Linsen für Fernrohre und andere optische, astronomische und medizinische Instrumente und Geräte.

Die Christen sind beleidigt, ob ihrer eigenen Doofheit.

Die Araber brachten eine derartige Hochkultur hervor, daß die wissenschaftsfeindlichen Christen im Vatikan dies als eine Bedrohung ansahen, auf die sie mit Gewalt reagierten.

Die Kirche fängt an, Forschung mit arabischen Grundlagen zu verbieten und lässt Forscher deswegen in den Kerker werfen oder sogar mit dem Tod bestrafen.
Die Kirche beginnt ihre Weltzensur gegen die überlegene islamische Lebensweise und technische Entwicklung.

500 Jahre Krise nannte Sebastian Schoepp seine feuilletonistische Analyse dieses destruktiven Christlichen Debakels in Spanien.

(Eviva Espana Teil II – 07.06.2012)

Unglücklicherweise gerieten die sunnitischen Herrscher im Arabien des 18. Jahrhunderts in große ökonomische Schwierigkeiten und ließen sich in ihrer Not auf Ibn Abd al-Wahhab (1702; gestorben 1792) ein.

Der Gelehrte führte Missernten und Unglücke auf eine zu lasche Auslegung des Korans zurück und propagierte eine totalitär-fundamentalistische Auslegung des Islams, die er zusammen mit dem späteren Königshaus Saud in praktische Politik umsetzte.

Wahabitische Muslime sind allerdings sehr viel intoleranter als ihre Vorgänger über viele Jahrhunderte.

Im Christentum hingegen entglitt den Kirchenfürsten im 19. Jahrhundert die totale Kontrolle. Die Aufklärung begann, Wissenschaftler und Künstler der christlichen Welt versuchten zunehmend unabhängig von den Fesseln ihrer Kleriker zu werden.

Alle aufklärerischen Gedanken, die Menschenrechte, jeder gesellschaftliche Fortschritt – Frauenrechte, Kinderrechte, Schwulenrechte, etc pp – mussten gegen den erbitterten Widerstand der christlichen Kirche über 200 Jahre erkämpft werden.

Dier Kampf ist keineswegs zu Ende; auch im 21. Jahrhundert sind es die christlichen Politiker und Kirchen, die sich vehement gegen die gleichen Rechte für alle Menschen stemmen, gegen PID und Sterbehilfe wettern, in Polen die Abtreibung verbieten, in den USA gay marriage verbieten wollen.

Unter Liberalen und Säkularen des Jahres 2020 stellt sich oft die Frage „wie hältst du es mit dem Islam?“

Rechte politische Gruppen werfen den Linken routinemäßig Islam-Appeasement vor, man solle sich stärker distanzieren.

Interessanterweise stehen die organisierten Christen in säkularen Ländern eher auf der Seite ihrer muslimischen Erzfeinde, gegen die sie einst Jahrhunderte Kreuzzüge organisierten.

Als sich in Deutschland des Jahres 2012 die Mehrheit der Parlamentarier über die UN-Kinderrechtscharta hinwegsetzte und es aus religiösen Gründen erlaubte Kleinstkindern körperliche Gewalt anzutun, stellten sich die christlichen Kirchen nicht etwa an die Seite der Opfer – zumal Christen keine Beschneidungspflicht kennen – sondern hielten 100%ig zu Muslimen und Juden, weil es gemeinsam gegen Humanisten und Atheisten ging.

Ich benötige keine Entscheidungshilfe, wenn es darum geht den Islam zu kritisieren.

(…..) Ich lehne alle Religionen ab. Aber ich räume den polytheistischen Lehren grundsätzlich ein größeres Maß an Toleranz ein, als den monotheistischen Extra-Ecclesiam-Nulla-Salus-Lehren ein.

Der spezifisch destruktive Kern der abrahamitischen Religionen liegt ja gerade in ihrem exkludierenden Geist.

"Wir sind besser als die“ zum Dogma erhoben, muss zu dem Unfrieden und Krieg führen, den wir auch tatsächlich als Dauerzustand erleben seit Pharao Echnaton, der von 1353–1336 v. Chr. regierte, das erste mal erklärte es gäbe nur einen Gott, nämlich Aton und damit alle anderen zum Abschuss freigab.

Christentum, Islam und Judentum sind für mich die unangenehmsten Religionen.

Von den Dreien klammere ich aber oft das Judentum aus, weil es wenigstens auf den brutalsten Aspekt, die Missionierung verzichtet.

Juden sind nie losgezogen, um sich ganze Kontinente untertan zu machen, Völker zu versklaven, Genozide anzuzetteln.

Juden werfen keine Ungläubigen auf Scheiterhaufen, halten keine Auto Dafés ab, führen keine Inquisitionen durch, ziehen nicht zu Kreuzzügen los, um über 200 Jahre ganze Landstriche leerzumetzeln. (……)

(Verteidigung einer Religion, 21.04.2018)

Ich fühle mich von Kevin Kühnerts Opportunismus, Populismus und historischer Unwissenheit belästigt, wenn er als SPD-Topfunktionär auf einmal Islamophobie von seinen Parteigenossen verlangt.

[…..] Insbesondere die politische Linke sollte ihr unangenehm auffälliges Schweigen beenden. Nicht, weil sie von rechts mit durchschaubaren Argumenten dafür kritisiert wird. Sie muss das Wort erheben, weil es auch und insbesondere ihre proklamierten Werte sind, die bei ausnahmslos jedem Terroranschlag mit Füßen getreten, mit Messern erdolcht und mit Sprengsätzen in die Luft gejagt werden. […..]

 (Kevin Kühnert, 21.10.2020)

Tumbe Pauschalisierungen und allgemeine religiöse Unkenntnis der ganz üblen Sorte breitete Kühnert mit seinem viel kritisierten Essay aus.

Ja, es herrscht mehr politische Toleranz in Deutschland, als in Saudi Arabien; das zu bestreiten wäre absurd.

Aber das ist nicht das Verdienst der Christen, sondern der Atheisten, die mühsam diese Toleranz erkämpften.

Es waren fast ausschließlich Christen, die Mitte des 20. Jahrhunderts sechs Millionen Juden umbrachten.

Da ich in einem christlich geprägten Land lebe, kehre ich natürlich vor meiner Haustür und uns kritisieren zwar auch, aber nicht so häufig die Religionen, die in anderen Weltgegenden dominieren.

Ich bin aber anders als Rechte (und Kevin Kühnert) in der Lage zwischen Gläubigen und ihrer Religion zu unterscheiden.

Die streng katholische Portugiesin, die im Pflegeheim nebenan das Essen serviert, meine sehr fromme katholische Tante in New York, mein muslimischer iranischer Zahnarzt, Mohammed aus meinem Zeitungskiosk – sie alle sind großartige, liebevolle Menschen, die ich jederzeit gegen alle Anfeindungen verteidige, obwohl ich allen vier Fällen Ihre Religion und ihren Glauben total ablehne.

Das ist aber das Wesen des Humanismus, auch Andersgläubige genauso zu ehren.

Es bleibt mein Ziel die organisierten Religionen der Welt allesamt zurück zu drängen.

[….] Solange nämlich Religioten das Sagen auf unserem Planeten haben - und das haben sie leider, Mensch sei’s geklagt, in vielen Teilen der Welt -, sind alle Versuche, das Zusammenleben der Menschen vernünftiger, freier, gerechter zu gestalten, notwendigerweise zum Scheitern verurteilt. (Denken Sie nur an die muslimischen Extremisten in Somalia, die 2011 dringend benötigte internationale Hilfe für die hungernde Bevölkerung nicht zuließen.) Versuchen wir also angesichts der Bedeutung dieses Phänomens eine kurze Definition des religiotischen Syndroms:
Religiotie ist eine selten diagnostizierte (wenn auch häufig auftretende) Form der geistigen Behinderung, die durch intensive Glaubensindoktrination vornehmlich im Kindesalter ausgelöst wird. Sie führt zu deutlich unterdurchschnittlichen kognitiven Leistungen sowie zu unangemessenen emotionalen Reaktionen, sobald es um glaubensrelevante Sachverhalte geht.

 Bemerkenswert ist, dass sich Religiotie nicht notwendigerweise in einem generell reduzierten IQ niederschlägt: Religioten sind zwar weltanschaulich zu stark behindert, um die offensichtlichen Absurditäten ihres Glaubens zu erkennen, auf technischem oder strategischem Gebiet können sie jedoch (siehe Osama bin Laden) hochintelligent sein. Wie es „Inselbegabungen“ gibt (geistig behinderte oder autistische Menschen mit überwältigenden mathematischen oder künstlerischen Fähigkeiten), so gibt es offensichtlich auch „Inselverarmungen“ (normal oder gar hochintelligente Menschen, die in weltanschaulicher Hinsicht völlig debil sind).

Religiotie sollte daher als „partielle Entwicklungsstörung“ verstanden werden – ein Begriff, den der Entwicklungspsychologe Franz Buggle schon vor Jahren vorgeschlagen hat, um die spezifischen Denkhemmungen religiöser Fundamentalisten zu erfassen. [….]

(Keine Macht den Doofen, s.42f)

Ich werde mich nicht an einem Wettbewerb um die schlimmsten Fanatiker-Terroristen nach Religion beteiligen.

Jeder religiöse Fanatismus ist gleichermaßen zu verachten.

Aber ich befürchte, Herr Kühnert wird sich sehr wundern wie sein antimuslimischer Vorstoß wegkommt, wenn er außer den Alice-Weidelschen „Messermännern“ alle weißen christlichen Attentäter in seine Überlegung einbezieht.

Die stellen nämlich die quantitativ größere Bedrohung dar:
Christchurch 2019, Utøya 2011, El Paso 2019, Parkland 2018, Las Vegas 2017.

Betrachtet mal alle Opfer des Terrorismus weltweit, ist eins klar: Muslime stellen die mit Abstand größte Gruppe unter den Opfern. Herr Kühnert.