Sonntag, 5. Januar 2025

Furchtbarer Jurist

Deutsche Konservative haben traditionell ein Faible für Faschisten aus Österreich.

Fritze Merz dürfte sich dieser Tradition in vielerlei Hinsicht bewußt sein.

Die Vorgänger seiner Partei brachten Hitler an die Macht, die CDU integrierte nach 1945 Nazis und Antisemiten in ihren Reihen. Wie in der Partei, lief es auch in seiner Familie.

[….] Friedrich Merz hat vor sauerländischen Parteifreunden ein Loblied auf seinen ultrarechten Großvater gesungen. Vergangene Woche forderte der stellvertretende Vorsitzende der CDU-Bundestagsfraktion zur Abwahl des „roten Bürgermeisters“ in seiner Heimatstadt Brilon auf. Es erfülle ihn „mit tiefem Grausen“, so Merz, dass ein Sozialdemokrat im Rathaus sitze. „Das muss beendet werden“, weil sein Großvater früher Bürgermeister von Brilon gewesen sei. Deshalb sei er dabei, wenn „das rote Rathaus“ gestürmt werde. Josef Paul Sauvigny, der Opa von Merz, war ein Rechtsaußen, blieb nach der Machtübernahme der Nazis 1933 Briloner Bürgermeister und war ein Fan von Adolf Hitler. [….] Ewig gestrig ist auch Merz‘ Bewunderung für seinen Großvater. Josef Paul Sauvigny, zunächst Mitglied der rechtskatholischen Zentrums-Partei, amtierte von 1917 bis 1937 als Briloner Bürgermeister. Doch als 1933 die Nationalsozialisten an die Macht kamen und das Zentrum ein Jahr später verboten wurde, durfte Sauvigny im Amt bleiben. Bis zu seinem altersbedingten Ausscheiden aus dem Rathaus diente der Merz-Opa treu und ergeben der faschistischen Schreckensherrschaft. Ob Sauvigny zwischen 1933 und 1937 Parteimitglied der Nazis war, will die Briloner Stadtverwaltung nicht beantworten. [….] In der gleichen Zeitung wird am 3. Mai 1933 eine Lobeshymne Josef Paul Sauvignys auf Adolf Hitler zitiert: „Während bisher sich deutsche Kraft zerspalten und verbluten am ewigem Führerwechsel, ist es heute eine Kraft, die uns leitet, ein Führer, der uns ruft. (...) Der ehrwürdige Reichspräsident und Kanzler Hitler, sie leben Hoch, Hoch, Hoch.“  [….]

(taz, 2004)

Dieses völkische, rassistische, misogyne, homophobe, antisemitische und insbesondere xenophobe Weltbild wurde in der Merz-Familie offenbar nie überwunden. Zeitweise war der steinzeitkonservative Friedrich, den Schwule anwidern und der gegen die Strafbarkeit von Vergewaltigungen in der Ehe stimmte, eher out of Zeitgeist.

Aber seit gut zehn Jahren trampeln Pegida, Reichsbürger, Schwurbler, Montagsdemonstranten, sächsische Nationalisten und an vorderster Stelle die AfD, die braunen Pfade wieder so breit, daß der Briloner Rechtsaußen im zarten Alter von 70 Jahren bequem ins Kanzleramt marschieren kann. Manchen in der CDUCSU erscheinen die AfD-Nazis noch ein bißchen schmuddelig, aber ihr Kanzlerkandidat müht sich redlich, die letzten Brandmäuerchen zu Bernd Höcke einzureißen, indem er nahezu jede völkische Abscheulichkeit adaptiert, AfD-Hetzlügen (Zahnarzttermin) nachplappert und mit immer neuen Tabubrüchen vorprescht.

Der Nazi Herbert Kickl wird mutmaßlich neuer Österreichischer Bundeskanzler – mit der ÖVP an seiner Seite. Da will Merz nicht nachstehen.

[….] Österreich ist zwar ein kleines Land, es war aber immer schon ein Modellfall für größere Entwicklungen. Mitte der Neunzigerjahre war hier mit Jörg Haider so etwas wie die Geburt des europäischen Rechtspopulismus zu beobachten. Haider gewann mit seiner Inszenierung als Anwalt der kleinen Leute nicht nur eine Wahl nach der anderen, er war auch ein Meister darin, Begriffe so lange zu dehnen, bis das Unsagbare sagbar wurde. Dieser Politikertypus fand schnell Nachahmer bis tief in die Volksparteien hinein. Auch da war Österreich ein Modellfall, als Sebastian Kurz 2017 für die konservative ÖVP ins Bundeskanzleramt einzog. Kurz hatte das Modell Haider noch eine Stufe weiterentwickelt. Als Populist bekämpfte Kurz nicht nur das traditionelle politische System. Er tat dies auch als einer der höchsten Repräsentanten dieses Systems.  Und nun, das Jahr 2025 ist erst einige Tage alt, ist es wieder so weit. Das Szenario, das in Österreich als einem der ersten westeuropäischen Länder einzutreten scheint, sieht so aus: Regierungen kommen nicht mehr ohne Beteiligung von in Teilen rechtsextremen Kräften zustande. Die Situation in Österreich steht exemplarisch für die Schwierigkeit vieler Parteien der Mitte, sich über die Lager hinweg auf ein Bündnis zu einigen. Denn hier ist nicht eine Koalition nach Jahren des Regierens an inneren und äußeren Krisen zerbrochen, so wie die deutsche Ampel. In Österreich haben es die ehemaligen Großparteien ÖVP und SPÖ nicht einmal geschafft, sich überhaupt auf eine Regierung zu einigen. Und das, obwohl sie über Jahrzehnte in großen Koalitionen das Land regiert und dessen politische Kultur geprägt haben. [….] In Deutschland sollte man sich die politische Situation im Nachbarland, in dem man so gerne Urlaub macht, genau anschauen. Sie mag auf den ersten Blick seltsam, skurril und von Skandalen begleitet sein. Aber sie erzählt sehr genau vom Zerfall der einstigen Volksparteien und der Schnelligkeit, mit der rechtspopulistische bis rechtsextreme Kräfte an die Macht gehievt werden. Sie könnte der Modellfall sein, den man in einigen Monaten vielleicht auch in Deutschland beobachten kann. [….]

(Verena Mayer, 05.01.2025)

Menschen wie mich, Deutsche, in Deutschland geboren, mit Deutscher Familie und über ein halbes Jahrhundert in Deutschland lebend, mit Deutscher Staatsbürgerschaft, will Friedrich Merz wieder als zweitklassig brandmarken. Minderwertige Deutsche, denen man das Deutsche auch wieder entziehen kann, weil sie gemäß Hitlers Blut und Boden-Ideologie als Einbürgerte niemals auf Augenhöhe, mit den gleichen Rechten, wie die Briloner Merze, existieren dürfen.

[….] Point of no return.

Diesen Tag und diese Nachricht werde ich den Rest meines Lebens nicht vergessen. Denn heute habe ich eingesehen, dass man mir und meinesgleichen in meinem Geburts- und Heimatland niemals eine sichere Heimat bieten wird.  [….]

(Prof. Dr. Elif Oezmen, 05.01.2025)

Ausgerechnet im Interview mit dem rechtsradikalen AfD-Werbeblatt WELT, verkündet der einstige Richter Merz, den Abschied vom Grundgesetz.

[….] CDU-Parteichef Friedrich Merz fordert einschneidende Änderungen am deutschen Staatsbürgerschaftsrecht. Im Interview mit der »Welt am Sonntag« sagte Merz, es müsste »eine Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft möglich sein, wenn wir erkennen, dass wir bei straffällig werdenden Personen einen Fehler gemacht haben«.  Merz bezog sich auf das Attentat vom Magdeburger Weihnachtsmarkt. »Um Anschläge oder weitere Straftaten zu vermeiden, müssen ausländische Straftäter spätestens nach der zweiten Straftat ausgewiesen werden«, sagte der Kanzlerkandidat der Union. Um auch Doppelstaatsbürger des Landes verweisen zu können, brachte Merz die Ausbürgerung ins Spiel.  Merz erklärte die von der Ampelkoalition erleichterte Einbürgerung grundsätzlich zum Problem. Die doppelte Staatsbürgerschaft werde »zum Regelfall«, sagte der Politiker. »Wir holen uns damit zusätzliche Probleme ins Land.«  […..]

(SPON, 05.01.2025)

Merz kenne ich gut genug. Über seine Dreistheit wundere ich mich nicht. Ich weiß, was von ihm zu erwarten ist. Der Mann ist höchstgefährlich und darf niemals Bundeskanzler werden. Das eigentlich Erschreckende ist aber, daß er es gleich Trump mit der GOP, vermochte die CDU, die sich doch als „demokratische Partei“ versteht, faktisch gleichzuschalten. Kein Christdemokrat springt den von Merz zum Abschuss freigegebenen „Passdeutschen“ bei.

[……]  Friedrich Merz will die völkische Unterscheidung zwischen „Passdeutschen“ und „echten“ (Bluts-) Deutschen ganz offiziell legalisieren. Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit, aber ohne deutsches „Blut“, sollen für immer Deutsch auf Bewährung sein. Das ist Remigration. Nur mit anderen Worten.  […..]

(Gilda Sahebi, 05.01.2025)

Niemand erwartet von Frei, Spahn, Linnemann, Ploß, Kuban oder Amthor, sich gegen Merz auf die Seite des Grundgesetzes und des Humanismus‘ zu stellen. Diese innerparteiliche Fraktion unterstützt, ebenso wie große Teile der Ost-CDU, Bündnisse mit der AfD. Aber gibt es denn da niemanden mehr, außer vielleicht dem ehemaligen General Polenz, der dieser ins Braune driftenden CDU-Führung in den Arm fällt?

[….] Diese Obsession mit Abschiebungen uns Entziehen der Staatsbürgerschaft von Deutschen mit Migrationshintergrund ist ein Zeichen dafür, dass völkischer Autoritarismus und Rassismus wieder ganz offen zur Schau getragen werden können. Das ist Ausdruck des globalen autoritären Backlash. [….] Herkunft wird somit zunehmend ethnisiert und Menschen mit Migrationshintergrund vermittelt, dass sie hier nicht wirklich hingehören. Dass sie das "Andere" sind, was mit Argusaugen beobachtet wird und bei jeder potentiellen Transgression abgeschoben werden kann - zB in Diktaturen wie den Iran. [….]

(Veronika Kracher, 05.01.2025)

Es ist unter Politologen völlig unstrittig; wenn bürgerliche Parteien sich den Positionen von Nazis annähern, nehmen sie ihnen nicht etwa die Themen („wir dürfen Migration nicht der AfD überlassen“), sondern machen diese Themen größer, salonfähig und stärken Rechtsaußen.

[….] Merz zündelt! Die Aberkennung der Staatsbürgerschaft wäre ein Bruch mit der histor. Verantwortung. Aus guten Gründen ist das im GG nicht möglich. Juden/Oppositionelle waren unter den ersten Ausgebürgerten 1933. Nun das bei dopp. Staatsbürgerschaft zu tun, ist völkische Politik [….] Mit Vorschlag, die (doppelte) Staatsbürgerschaft abzuerkennen, schürt Merz nicht nur -rassistische-Vorurteile von "Migranten"als besonders gewalttätig, sondern er schafft auch Deutsche 1.&2. Klasse. Das ist völkisch! Letztere, die mit "Migrationsgeschichte", sind immer Deutsche unter Vorbehalt.  [….]

(Jürgen Zimmerer, 05.01.2025)

Wer völkisch redet und den Slang des Bernd Höcke plagiiert, schadet seiner eigenen Partei und nützt der AfD. Kann Merz wirklich so wahnsinnig dumm sein, das immer noch nicht begriffen zu haben, obwohl ihm das bei jeder Wahl bewiesen wird?

Ich fürchte nicht. Es ist schlimmer; Merz redet so, weil er selbst so denkt.

[…..]  Vor einem Jahr gingen wir wegen der A*D auf die Straße, weil sie millionenfache Abschiebung plante. - Jetzt haben wir eine CDU, die das nur anders verpackt, aber im Prinzip den gleichen Mechanismus vorschlägt: Ausbürgern […..]

(Marc Raschke, 05.01.2025)

Der CDU und der CSU ist genauso wenig zu trauen, wie der AfD. Spätestens jetzt, wäre es Zeit für einen Aufstand der Anständigen in der CDU. Offenbar gibt es aber niemanden mehr, der sich gegen den Weg Browntown auflehnen möchte.

[….]  Der Vorschlag von dem Mann, der glaubt im Februar Kanzler zu werden, ist nicht besonders weit von dem entfernt, was vor einem Jahr durch die Correctiv-Recherche veröffentlicht wurde. Aberkennung der Staatsbürgerschaft ist ein zentrales Mittel rechtsextremer Bereinigungsfantasien. [….] Das beruht natürlich darauf, dass man glaubt, es gäbe im Blut doch irgendwie etwas ,Deutsches‘, was sich von allen anderen unterscheidet, weshalb man Menschen unterschiedlich behandeln kann.

Das ist die Naziesoterik, die Europa in die größte Katastrophe des 20. Jahrhunderts gestürzt hat. [….] Der Glaube, Menschen unterscheiden sich in ihrem Blut und werden dadurch hierarchisiert.

Denn Merz sagt ja nicht - Doppelstaatler und Menschen, die mal eine andere Staatsbürgerschaft hatten, werden diese bei Straffälligkeit verlieren, Menschen, die immer schon eine dt. Staatangehörigkeit hatten, [….] verlieren ihre Bürgerrechte.

(Nicht, dass ich das einen akzeptablen Vorschlag fände, das ist ja klar…)

Merz hierarchisiert. Menschen, die nicht von Anfang an eine deutsche Staatsbürgerschaft hatten, dürfen anders behandelt werden.  Rechtsextreme sprechen offen aus, dass sie die doppelten [….] Staatsbürgerschaften nutzen möchten, um die deutsche abzuerkennen. Das wurde in Potsdam besprochen, das wurde auch bei der bayerischen AfD beschlossen. [….]

(Anne Rabe, 05.01.2025)

Mein Aufruf an alle Anständigen in Deutschland: Wählt nicht CDU, nicht CSU, nicht BSW, nicht FDP, nicht AfD! Merz darf niemals Kanzler werden!