Wer dreimal am Tag Fleisch isst, Currywurststände ansteuert,
von März bis Oktober jeden Tag grillt, kann kein Tierfreund sein – egal wie
sehr sein Herz an seiner Fußhupe hängt.
(….) Als in den 1980er Jahren weltweit die Empörung über das Totprügeln (das
Fell sollte keine Einschusslöcher haben) von Robbenbabys hochkochte, konnte
diese Form der Robbenjagd deswegen gestoppt werden, weil die niedlichen runden
Babys mit dem weißen Fell und den Knopfaugen über das perfekte Kindchenschema
verfügten. Vorher-Nachher-Bilder mit den blutigen abgezogenen Robbenkörpern
waren ein so krasser Gegensatz, daß kaum ein Auge trocken blieb.
Gleichzeitig wurden viel mehr Haie brutal abschlachtet – 100 Millionen
Exemplaren jährlich werden bei lebendigen Leib die Flossen abgeschnitten, um
sie dann immer noch lebendig zum elenden Verrecken zurück in den Ozean zu
werfen.
Haifleisch schmeckt nicht besonders gut.
Im Gegensatz zu Robben verfügen sie auch nicht über kuscheliges Fell.
Haie haben ein Mundwinkelproblem. Die Mundwinkel sind nach unten gerichtet,
so daß sie für den Homo Sapiens grimmig aussehen, während Delphine mit ihren
nach oben gebogenen Mundwinkeln immer zu lächeln scheinen und uns gleich
sympathisch sind.
Dabei sind Delphine als Warmblüter gefährlichere Jäger als Haie, sie
verbrauchen wesentlich mehr Nahrung pro Kg Eigengewicht.
Thunfische, höchst beeindruckende Jäger haben sogar eine noch viel
schlechtere PR-Abteilung. Niemand stört es, wenn sie in riesigen Netzen
umkommen, obwohl sie in vielen Meeren bereits vom Aussterben bedroht sind. Aber
wehe, es befindet sich ein Delphin als „Beifang“ unter ihnen. Da drehen die
Tierschützer durch. (….)
Es ist leicht sich über grausame Bilder aus
Tierversuchslaboren zu echauffieren, empört auf widernatürlich gehaltene
Zirkustiere zu reagieren und die Lebensbedingungen der armen Piepsis in
Hühnermastbetrieben anzuprangern.
Die Mehrheit der Menschen möchte nicht, daß Kühe und
Schweine übermäßig grausam tagelang bei Lebend-Tiertransporten zu den
Großschlachtern leiden.
Sie sind glücklich über die wackeligen Handy-Videos, auf
denen freiwillige Helfer arme süße Robben von alten Fischernetzen befreien,
freundliche junge Touristen auf dem Rückenpanzer liegende Karettschildkröten umdrehen
und zurück ins Meer schieben.
Es ist nahezu Mainstream sich über das Stiertreiben in
Pamplona zu ärgern, hämisch auf von
Stieren verletzte Toreros zu reagieren oder Hobbyjäger auszulachen, die sich in
ihrer tumben Doofheit gegenseitig über den Haufen schießen.
In den 1980er boykottierte jeder, den ich kannte
Nizza-Salat; weigerte sich generell Thunfisch zu essen, weil wir alle die
grausamen Bilder gesehen hatten wie beim Thunfisch-Killen Delphine als Beifang
in die Netze gerieten und darin ertranken.
Erst als sichergestellt war, daß Thunfisch ohne tote
Delphine zu bekommen war, aß man ihn wieder.
Und die armen Thunfische?
Ähnlich inkonsequent-dümmlich rollte damals eine Kampagne
durch das Land, die es sich zum Ziel gemacht hatte das Essen von Hunden zu
verbieten.
Der Hintergrund war, daß es in entlegenen Gegenden Süd- und
Ostdeutschlands, Österreichs und der Schweiz durchaus üblich war einen alt
gewordenen Hofhund irgendwann zu schlachten.
Katzen wurden als sogenannter Dachhase lange Zeit
zubereitet.
[….] Allerdings gab es auch in Gebieten, in denen die Bevölkerungsmehrheit
kein Hundefleisch aß, Regionen, in denen regelmäßig Hunde verspeist wurden.
Beispiele dafür sind das Appenzeller- und das Bündnerland in der Schweiz oder
einige sächsische Städte. Offiziellen Angaben zufolge wurden in den Jahren um
1900 in Chemnitz durchschnittlich 226, in Dresden 136 und in Zwickau 58 Hunde
jährlich geschlachtet. […..]
(Wikipedia)
Tatsächlich wurde 1986 von der Kohl-Regierung ein Gesetz erlassen,
das den Verzehr und Hunden und Katzen verbot.
Tierfreund war zufrieden. Der ekelhafte Brauch hatte ein
Ende und man biß wieder herzhaft das Würstchen aus Schlachtabfällen.
Diese Inkonsequenz ist für mich unerträglich.
Wie kann jemand, der dem Leben eines Hundes so viel Wert
beimisst, daß generell verboten wird ihn zu essen gleichzeitig ein Schwein,
eine Gans oder ein Kalb als ethisch wertlos ansehen?
Es wird doch eher umgekehrt ein Schuh draus. Das nur zum
turboschnellen Mästen gezüchtete Schwein hat ein viel kläglicheres Leben, als
der Hofhund, der zumindest neun, zehn, elf schöne Jahre, also ein ganzes
Hundeleben hatte, bevor er altersschwach in den Kochtopf kam, um aus ihm
dubiosen Salben zu gewinnen.
Ich bewundere meine vegane Friseurin für ihre Konsequenz.
Niemals würde sie einen Kaffee trinken, in dem eine Spur
Kuhmilch ist, Gebäck anrühren, das womöglich Butter enthält oder gar
Lederschuhe tragen.
Ich bin kein Veganer, sondern nur ein Vegetarier, der zufällig seit seiner Kindheit Eier und
Fisch ekelig findet.
Meine Essgewohnheiten zwinge ich niemanden auf und verlange
keine radikale Umstellung.
In meiner Idealvorstellung halten kleine Biobauernhöfe ein
paar Kühe, die glücklich und frei auf saftigen Almwiesen wie in der Werbung
herumlaufen, vom Bauern liebevoll gekrault, gebürstet und umsorgt werden. Sie
trotten ganz gemächlich selbst zum Melken, wenn sie Lust haben.
Ich würde den Käse aus der so gewonnenen Milch kaufen.
Stirbt so eine völlig zufriedene Milchkuh eines Tages eines natürlichen Todes,
wäre es unsinnig den Kadaver zu begraben.
Im Gegensatz zu Veganern würde ich in diesem Fall befürworten
aus der Kuhhaut Lederschuhe anzufertigen und wer mag, soll auch das Fleisch
essen dürfen.
In der Realität gibt es aber so gut wie keine solchen
glücklichen Kühe, sondern grotesk getunte Turbo-Kühe.
Der Grund für das brutale Multimillionenfache Leid in Kuh-
und Schweinestall ist aber nicht das Fleischessen an sich, sondern der
enthirnte Billigwahn der Massen.
Wer dauernd im Discounter Fleisch kauft, aber so gut wie
kein Geld ausgeben will, erzwingt die abartigen Methoden in der Tiermast, die
inzwischen weltweit ein Viertel der Treibhausgas-Emissionen ausmachen.
[…..] 4,1 Millionen Milchkühe, 26 Milliarden Euro Umsatz: Deutschlands Milchindustrie
ist die größte in der EU. […..] An
die toten Kühe gewöhnt man sich. An aufgedunsene Bäuche, glasige Augen und rote
Zungen, die quer aus dem Maul hängen, an das Wasser, das aus den
Körperöffnungen läuft. Ja sogar an den Geruch, süßlich faul, so als hätte man
einen Topf Gemüsesuppe wochenlang in der Sonne stehen lassen
Aber die toten Kälber, sagt Tadjana Lenhard, die vergisst man nicht so
leicht. […..]
Lenhard, 50 Jahre alt, kastanienfarbenes Haar, grüner Blaumann, mag die
Ruhe am Morgen. […..] Lenhard wirft
nur selten einen Blick auf das Navigationsgerät. Seit mehr als zehn Jahren
sammelt sie in der Gegend tote Kälber, Kühe, Schweine, Ferkel ein. Manchmal
auch Pferde, Wildschweine, Schafe. Sie kennt die Wege, sie kennt die Bauern.
Montags bis freitags fährt sie übers Land und lädt die Kadaver in der
Tierkörperbeseitigungsanlage ab. Dort werden die Tiere verbrannt und zu
Tiermehl verarbeitet. [….] [….]
Die deutsche und die europäische Landwirtschaft ist eine
Killer-Wirtschaft. Sie macht krank, zerstört die Lebensgrundlagen in Afrika,
vergiftet unsere Böden, ruiniert das Klima, schafft tödliche
Antibiotika-Resistenzen.
[…..] Eine vorausschauende Politik hätte längst verhindert, dass zu viel
Gülle auf den Feldern unser Grundwasser verseucht. Stattdessen musste erst die
EU-Kommission mit hohen Strafzahlungen drohen. Dann passte Berlin die
Düngeregeln zu halbherzig an und besserte deshalb noch mal nach. […..] Eine verantwortungsvolle Politik müsste sie
jetzt auf die Herausforderungen der Klimakrise vorbereiten. Schließlich kommt
aus der Landwirtschaft ein Viertel der weltweiten Treibhausgasemissionen –
allein die Klimagase aus der Tierhaltung entsprechen den Emissionen des
Verkehrssektors. Die Klimaziele sind nur mit weniger Fleischproduktion zu
erreichen. […..]
Bauern sind in Deutschland so ziemlich die konservativste
Bevölkerungsgruppe. Ob Cloppenburg-Vechta oder Niederbayern – wo es viel
Landwirtschaft gibt, wählt man schwarz.
Bauern sind aber keine grundsätzlich schlechten Menschen und
könnten auch nachhaltig und gesund produzieren.
Das tut gegenwärtig aber nur eine Minderheit der Bauern,
weil zwei Faktoren dagegen sprechen:
1.) Die
katastrophal verfehlte Agrarpolitik Brüssels und insbesondere der erbärmlichen
Lobbypolitikerin Klöckner.
(….) Julia Klöckner entwickelte sich in atemberaubender
Geschwindigkeit zur willigen Erfüllungsgehilfen der systematischen
Tierquälerei.(….)
2.) Die
völlig verdummten Verbraucher, die in ihrem Billigwahn Biobauern strafen und
die gigantischen Tierleidbetriebe fördern.
(…..) Sicher, auch Fleischesser
könnten mehr Druck auf die Mastbetriebe und Schlachthöfe ausüben, indem sie
höherpreisiges Biofleisch kaufen würden.
Nie war Fleisch so billig und nie
aßen Deutsche so viel Fleisch. Daran sind Verbraucher und Anbieter
gleichermaßen beteiligt.
Würde das ganz billige Zeug nicht
wie verrückt gekauft, könnten sich die Produzenten auch umstellen, um Kühen und
Schweinen ein etwas artgerechteres Leben zu bieten.
Wenige Menschen haben viel
Appetit auf ein Grillhuhn während sie die unfassbar grausamen Bilder aus den
Hühnerfabriken sehen.
Aber man muss kein schlechter
Mensch sein, um diese Schockbilder auch ganz schnell wieder zu vergessen und am
nächsten Morgen doch wieder gegrillte Hähnchenbrust zum Frühstück zu bestellen.
Wir Menschen sind Verdränger;
weltmeisterliche.
Ja, es gibt immer wieder die Horrorvideos aus der Schweinemast, aber nur
wenige reagieren konsequent darauf.
Wenn auf die Vernunft der
Verbraucher kein Verlass ist, kann man immerhin noch auf die Politik hoffen, die manchmal das Volk in die richtige Richtung zwingen muß.
(….)
Wenn ich mich als Vegetarier in einen Fleischesser
hineindenke, der nicht unendlich reich ist, stelle ich mir vor, es wäre viel
schöner lediglich einmal in der Woche einen Braten zu essen, der dann aber
besonders gut schmeckt, frei von Anabolika und Antibiotika ist, der nicht von
Wasser aufgeschwemmt beim Braten um 2/3 schrumpft und für den die Kreatur nicht
durch betäubungslose Kastration extra gequält wurde.
Da unterliege ich aber offenbar einem großen Irrtum. Der
ganz großen Mehrheit der Fleischesser ist die Qualität völlig egal. Sie wollen
nur Quantität, also billig. Sie nehmen in Kauf gammeliges Schimmelfleisch,
Pferde-Schlachtabfälle oder Listerienwurst von Wilke zu fressen, wenn
sie nur so preiswert ist, daß man sich auch dreimal am Tag den Magen damit
vollschlagen kann.
[…..] Viele von uns greifen im Supermarkt zum günstigsten Gemüse und zum
Billigfleisch, kritisieren aber gleichzeitig die Landwirte für ihren hohen
Pestizideinsatz und die Massentierhaltung. […..] Aber: Die Verantwortung für Umwelt und Klima tragen wir gemeinsam, die
Bauern sind ebenfalls in der Pflicht. Den Schwarzen Peter hin- und
herzuschieben, hilft nicht weiter. Es ist Aufgabe der Politik, mit klaren
Regeln eine zukunftsfähige Landwirtschaft zu organisieren. […..] Dazu gehört etwa, Verstöße gegen das
Tierschutzgesetz nicht länger durchgehen zu lassen: Kükenschreddern oder das
betäubungslose Kastrieren von Ferkeln müssten längst verboten sein. Und dazu
gehört auch, mit einem verpflichtenden Fleisch-Siegel für Klarheit zu sorgen,
ob das Kotelett im Supermarkt von einem Schwein stammt, das sein Leben auf
einem Dreiviertelquadratmeter Stallfläche mit nackten Betonspaltenböden
gefristet hat. Oder ob es Auslauf im Freien und Stroh zum Wühlen hatte.
Um eine verantwortungsvolle Entscheidung zu fällen, sollten Verbraucher
wissen, dass sie tierquälerische Haltung in Kauf nehmen, wenn sie beim Fleisch
sparen. Tatsächlich lässt Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) aber
nichts unversucht, die Haltungsbedingungen zu verschleiern. Sie will ein
weiteres freiwilliges Label in den Markt drücken. Das stiftet nur
Siegel-Wirrwarr. […..]
Es ist wie in dem Gleichnis von dem Vater, der seinen
Mercedes so liebt, daß er stundenlang im Internet nach dem besten Motoröl
recherchiert, das er sich auch mal 100 Euro den Liter kosten lässt. Auf dem Weg
nach Hause bei Kaufland stoppt, um das billigste Speiseöl für 79 Cent den Liter
zu kaufen. Das landet ja nur in den Mägen seiner Kinder. Da ist Qualität
irrelevant.
Mit solchen Verbrauchern haben es
CDU-Landwirtschaftsministerinnen und Agrar-Großlobbyisten natürlich leicht.
[…..] Tatsächlich ist das Umdenken bei den Konsumenten bereits in vollem
Gange. Viele essen weniger Fleisch, kaufen öfter regional und Bio ein. Auch die
protestierenden Landwirte sollten erkennen, dass sie nicht weitermachen können
wie bisher. Sie müssen sich auf veränderte Konsumgewohnheiten und mehr Klima-
und Artenschutz einstellen. Dabei brauchen sie unsere Unterstützung an der
Supermarktkasse – aber auch als Steuerzahler. Zum Beispiel, wenn sie auf
Erträge verzichten, weil sie weniger Pestizide versprühen und damit einen
Beitrag zum Schutz von Insekten leisten. […..]