Donnerstag, 10. Juli 2014

Running out of options



Irgendwie blöd gelaufen für die beliebteste Bundeskanzlerin aller Zeiten.
Merkels Strategie des servilen Epigonentums gegenüber Amerika ist an ihre Grenzen gestoßen.
Niemand in Washington tut ihr den Gefallen auf Deutschland Rücksicht zu nehmen. Das Weiße Haus läßt sie am ausgestreckten Arm verhungern, gibt ihre Unterwürfigkeit der Lächerlichkeit preis.
Nun wurde der innerdeutsche Druck zu groß. Bis weit in die Koalitionsreihen hinein platzten die Hemdkragen. Nach dem zweiten Spionagefall meldeten sich zwar CIA-Chef John Brennan und der US-Botschafter John Emerson bei der Bundesregierung, aber in geradezu sagenhafter Frechheit boten sie nicht nur keine Hilfe bei der Aufklärung an, sondern dachten auch gar nicht daran sich zu entschuldigen.
Die drei zuständigen Minister, de Maizière, Steinmeiner und Altmaier, telefonierten die Drähte zwischen ihnen heiß und kamen offenbar zu dem Schluß unter  extremen Zugzwang zu stehen.
Und, oh Wunder, nach nur einem Jahr Verzögerung gibt es eine Reaktion aus Berlin zum ungebührlichen US-Verhalten.


Niemand, noch nicht einmal die stramm konservativen SPRINGER-Transatlantiker beurteilt die Aktion als zu harsch. Es sei ein überfälliger Warnschuss.
Sie ist für Merkels Verhältnisse extrem, aber angesichts der Situation eher ein hilfloser Platzpatronenschuss. Denn was bedeutet so eine Ausweisung schon, außer daß Washington postwendend jemand anderen für diese Aufgabe nach Berlin schicken wird?

"Die Bundesregierung hat das für die Geheimdienste zuständige Parlamentarische Kontrollgremium zwar in groben Zügen über die beiden aktuellen Spionagefälle unterrichtet, zum wichtigsten Punkt aber hat sie nichts gesagt. Nämlich was sie nun endlich zu tun gedenkt, um die millionenfache Überwachung von Bürgerinnen und Bürger in Deutschland, die Ausspähung von Behörden- und Wirtschaftsdaten sowie die Anwerbung von Spionen durch amerikanische Geheimdienste endlich zu beenden", erklärt André Hahn, für die Fraktion DIE LINKE Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium, zu aktuellen Entwicklungen in der Spionage- und Überwachungsaffäre. Hahn weiter:
"Die Ausweisung des für die Geheimdienste zuständigen Residenten der US-Botschaft kann nur ein erster Schritt gewesen sein. Die Bundeskanzlerin muss den US-Präsidenten unmissverständlich auffordern, die Spionage gegen Deutschland und seine Bürgerinnen und Bürger umgehend zu beenden. Das Drohen mit dem Zeigefinger oder gar eine Verharmlosung der Geheimdienstaktivitäten, wie sie von Finanzminister Schäuble zu hören war, der darin nur eine 'Dummheit'‘ sieht, werden nichts bewirken. Im Gegenteil.
Spätestens nach der parlamentarischen Sommerpause muss die Kanzlerin in einer Regierungserklärung darstellen, wie die Bundesregierung die Bürgerinnen und Bürger vor der Überwachung durch aus- und inländische Geheimdienste zu schützen gedenkt. Aus Sicht der LINKEN sind folgende drei Punkte unabdingbar:
Erstens müssen die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen ausgesetzt werden, denn bei erschüttertem Vertrauen sind weitere Gespräche derzeit unmöglich. […]
Völlig absurd ist die Forderung einiger CDU-Politiker, zur Gegenspionage auch in den USA überzugehen. Was wir hier zu Recht kritisieren, dürfen wir selber nicht anderswo tun. Das Ganze ist letztlich eher Ausdruck von Hilflosigkeit und wohl auch ein Versuch, den eigenen Geheimdiensten wegen angeblich neuer Aufgaben noch zusätzliche Mittel zuzuschanzen. Wer so agiert, hat weder aus den Snowden-Enthüllungen noch aus der aktuellen Spionage-Affäre irgendetwas gelernt."

André Hahn spricht hier etwas Richtiges an.
Die Ausweisung eines US-Mitarbeiters ist zwar für deutsche Verhältnisse ein diplomatisch deutliches Mittel……

Die Bundesregierung reagiert auf die neuen Spionagefälle und die Vorwürfe gegen die USA mit einem diplomatischen Affront. Als Reaktion auf die Enthüllungen forderte Berlin den Repräsentanten der amerikanischen Geheimdienste in Berlin auf, das Land zu verlassen. Umgehend wurde die Botschaft unterrichtet, der Geheimdienstmann musste sich die unfreundliche Bitte im Innenministerium von Verfassungsschutz-Chef Hans-Georg Maaßen anhören.
Ein paar Stunden später dann war in Berlin von einer formellen Ausweisung des CIA-Vertreters die Rede, der als "station chief" die Aktivitäten des US-Geheimdienstes in Deutschland leitet. Wenig später korrigierte die Regierung, man habe nur die Ausreise empfohlen. Das ist zwar nicht gleichzusetzen mit einer Ausweisung, faktisch aber bleibt es ein Rausschmiss erster Klasse.
Die öffentliche Geste der indirekten Ausweisung ist diplomatisch gesehen ein Erdbeben. Eine solche Maßnahme war bisher höchstens gegen Paria-Staaten wie Nordkorea oder Iran denkbar gewesen. Zwar bat Deutschland in den 90er Jahren schon einmal einen US-Agenten um seine Ausreise, er hatte versucht, eine Quelle im Wirtschaftsministerium anzuwerben. Damals aber geschah der Rausschmiss eher diskret.  [….]

…..es wird aber die Amerikaner nicht nur nicht beeindrucken; nein, sie werden es kaum bemerken, noch nicht mal zur Kenntnis nehmen.
Dieser beispiellose Akt des Protests wird in Amerika noch nicht einmal gehört.
Während inzwischen fast jeder Deutsche durch das Buchstabenkürzel „NSA“ antiamerikanisch getriggert wird, ist es dem durchschnittlichen US-Bürger gar nicht bekannt welchen Affront Washington Berlin angetan hat.
Immerhin; es ist jetzt soweit, daß einige der großen US-Medien zur Kenntnis nehmen wie missgelaunt die Krauts sind.

Germany Demands Top U.S. Intelligence Officer Be Expelled.
Germany’s relations with the United States plunged to a low point Thursday, with the government demanding the expulsion of the chief American intelligence official stationed here because, it said, Washington has refused to cooperate with German inquiries into United States intelligence activities.
“The representative of the U.S. intelligence services at the United States Embassy has been asked to leave Germany,” a government spokesman, Steffen Seibert, said in a statement.



Natürlich ohne das geringste Schuldbewußtsein. Daß es falsch sein könnte Deutschland auszuspionieren und daß Bürger zurecht nicht von der NSA abgehört werden wollen, kommt keinem US-Journalisten über die Lippen.
 Deutsche sind beleidigt?
So what?


Das wird Amerika aber nicht zum Umdenken bringen. Dazu müßte erst TTIP auf Eis gelegt werden und dann Edward Snowden Asyl in Deutschland erhalten.
Deutschland, das ihm so viel zu verdanken hat, behandelt ihn ohnehin unerhört geringschätzig, indem es ihn in Moskau verrotten läßt, keinen Schutz gewährt und dann auch noch dreist weitere Forderungen stellt. Er soll sich per Videoleitung in Moskau vom Bundestag befragen lassen, weil die gesamte Bundesregierung die Hosen zu voll hat ihn nach Deutschland zu holen.
Erbärmlich hoch drei! Gut, daß Snowden das ablehnt.

Es fragt sich, ob der Deutsche Dackel irgendwann seinen Stolz entdeckt, wie Jakob Augstein es formulierte.

Die USA demütigen Deutschland. Aber wir lieben die Unterwerfung. Jetzt wird sich zeigen, ob wir mehr vom Leben wollen.
[…] Der Dackel hat jetzt zwei Möglichkeiten: er akzeptiert seine Existenz als Hund. Immerhin ist da - nachrichtendienstlich gesehen - immer der Napf voll. Oder wir nehmen unser Glück - und unsere Sicherheit - selbst in die Hand. Frei nach den Gebrüdern Grimm: Etwas Besseres als die CIA finden wir überall. Harte Entscheidungen stehen an. Aber wir müssen befürchten, dass unsere Kanzlerin ihnen ausweichen wird.
[….] Die Drohnen-Morde, die CIA-Foltergefängnisse, das Lager in Guantanamo, die Bespitzelung von Parlamenten, Politikern und Bürgern belegen seit Langem, dass die USA den weltweiten, andauernden Ausnahmezustand ausgerufen haben. [….]   Da haben die deutschen politischen Eliten noch einen weiten Weg vor sich: So viele Cocktails auf den Empfängen des American Council on Germany oder der Atlantik-Brücke - und doch haben sie sich in den USA getäuscht.
Auch ein Dackel entdeckt irgendwann seinen Stolz.