Freitag, 28. Juni 2013

Volksvertreter zum Mitschämen.



Nein, arm sind sie wirklich nicht die Kirchen.
Pro Tag werden werden in Deutschland 25 Millionen Euro in „Kirchensteuer“ bezahlt. In Wahrheit ist das natürlich keine Steuer, sondern Mitgliedsbeiträge, die der  Staat als Inkassounternehmen für Katholen und Evangelen eintreibt.
Eine feine Sache. 
Die christlichen Kirchen kassieren also allein in Deutschland über eine MILLION EURO PRO STUNDE!

Damit werden aber nicht etwa die „sozialen Leistungen“ finanziert, die in Deutschland nach dem von Adenauer eingeführten und vollkommen untauglichen Subsidiaritätsprinzip vom Staat auf Kirchliche Träger abgewälzt werden.
Nein, die Schulen, Krankenhäuser, Altenheime und Kindergärten der Caritas und Diakonie werden genau wie Einrichtungen in anderer Trägerschaft von den Bürgern bezahlt.
Kirchen können aber in der Regel diese Leitungen billiger anbieten, oder mehr Gewinn erzielen, weil ihre 1,2 Millionen Angestellten in vielerlei Hinsicht rechtlos sind. Antidiskriminierungsregeln gelten nicht, Kündigungsschutz und Streikrecht sind ebenfalls nicht gegeben.
 Es gibt auch keine Tarifverträge, so daß Caritas und Diakonie die ohnehin miserabel bezahlten Kindergärtner, Putzfrauen und Altenpfleger noch weiter ausquetschen können.

Von den allein in Deutschland über eine MILLION EURO PRO STUNDE an die Kirchen gezahlten Mittel werden aber auch nicht Bischofsgehälter oder Theologenausbildung bezahlt.
Auch das stopft der Steuerzahler – von denen eine relative Mehrheit nicht Mitglied einer Kirche ist – RKK und EKD noch zusätzlich in den Allerwertesten. 
Eine vollkommen anachronistische Leistung, die schon seit rund 100 Jahren laut Verfassung abgeschafft werden soll.
Hintergrund der Staatsleistungen sind umstrittene Zahlungsverpflichtungen, die sich aus vordemokratischen Rechtstiteln herleiten. Beispielsweise aus dem Reichsdeputationshauptschluss von 1803 oder dem Bayerischen Konkordat von 1817.

Es handelt sich um ein unübersichtliches Gemisch an Ansprüchen, die einerseits aus der Säkularisierung kirchlicher Güter resultieren, andererseits aber auch aus schnöden Deals der damaligen Fürsten und Könige mit den jeweiligen Kirchenoberhäuptern: Legitimation der staatlichen Obrigkeit seitens der Kirche gegen staatliche Alimentierung der kirchlichen Würdenträger.
 Die Humanistische Union (HU) fordert den Bundestag anlässlich eines Gesetzesentwurfs der Fraktion Die Linke auf, die Staatsleistungen an die Kirchen endlich einzustellen.  [….] Dazu erklärt Kirsten Wiese vom Bundesvorstand der HU: "Der Bundesgesetzgeber sollte endlich das seit 1919 bestehende Verfassungsgebot umsetzen. Es ist nicht akzeptabel, dass die Mehrheit der Abgeordneten einen klaren Verfassungsauftrag weiterhin ignoriert." Bereits die Weimarer Reichsverfassung (Art. 138) verpflichtete den Gesetzgeber, die allgemeinen Staatsleistungen an die Kirchen abzulösen, sprich: zu beenden. Diese Aufforderung gilt durch Artikel 140 Grundgesetz fort.

Kirsten Wiese weist darauf hin, dass eine Ablösung der Staatsleistungen den verschuldeten Landeshaushalten zu Gute käme. "Es ist völlig unverständlich, warum die zum Teil hoch verschuldeten Länder jährlich 481 Millionen Euro an die evangelische und die katholische Kirche zahlen, die schuldenfrei und zudem in der Lage sind, ihren Finanzbedarf durch die von ihnen selbst festzusetzende Kirchensteuer zu decken." Angesichts eines jährlichen Kirchensteueraufkommens von rund 9,4 Mrd. Euro gefährde eine Einstellung der Staatsleistungen auch nicht die Existenz der Kirchen.  Die jährlichen Staatsleistungen sind allgemeine Zuwendungen an die Kirchen ohne jegliche Zweckbindung, die von Steuergeldern finanziert werden. Sie sind weder zu verwechseln mit den Kirchensteuern, die der Staat für die Kirchen einzieht, noch mit den Zuwendungen für kirchliche Schulen, Kindergärten oder Krankenhäuser, diakonische und karitative Einrichtungen oder Anstaltsseelsorge. All dies wäre von einer Aufhebung der allgemeinen Staatsleistungen an die Kirchen nicht betroffen. […]
Offensichtlich werden wir aber von Volksvertretern bestimmt, die in ihrer überwältigenden Mehrheit die Mehrheit der Konfessionslosen ignorieren und die darüber hinaus auch noch die Verfassung ignorieren.
Gerade 40 Sekunden benötigte der Bundestag, um den lästigen Tagesordnungspunkt abzuhandeln. Im Schnellverfahren votierten am frühen Freitagmorgen die wenigen noch im Plenum anwesenden Abgeordneten um 0.26 Uhr ohne Aussprache, aber mit großer Mehrheit dafür, weiterhin das Grundgesetz zu ignorieren. Wenn es um das gute Verhältnis zu den beiden Großkirchen geht, kommt es für die Fraktionen von CDU, CSU, FDP, SPD und Grünen nicht so drauf an. Gemeinsam stimmte die ganz große Koalition gegen einen Gesetzentwurf der Linkspartei, der den Einstieg in den Ausstieg aus den historisch begründeten Staatsleistungen an die Kirchen bedeutet hätte.

Unglaublich, aber wahr: Damit bleibt ein seit 94 Jahren bestehender Verfassungsauftrag nach wie vor unerfüllt. Dabei ist der Auftrag eindeutig: "Die auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhenden Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften werden durch die Landesgesetzgebung abgelöst. Die Grundsätze hierfür stellt das Reich auf." So legte es 1919 die Weimarer Verfassung fest, so wurde es auch ins Grundgesetz übernommen. Geschehen ist seither: nichts. Der jetzt gescheiterte Vorstoß der Linkspartei war der erste überhaupt seit Gründung der Bundesrepublik, die skandalöse staatliche Alimentierungspraxis zu beenden.

Es geht um inzwischen 481 Millionen Euro, die die Bundesländer jährlich den beiden Großkirchen zur freien Verwendung überweisen. Insgesamt summieren sich die Zahlungen seit Gründung der BRD auf mehr als 15 Milliarden Euro. Damit kein Missverständnis aufkommt: Es geht hier nicht um die Zuwendungen für kirchliche Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser oder karitative Einrichtungen. Es geht nicht um die Bezahlung von TheologieprofessorInnen, ReligionslehrerInnen oder MilitärseelsorgerInnen - obwohl sich auch darüber trefflich streiten ließe. Es geht bei den historisch begründeten Dotationen einzig und allein um Zahlungsverpflichtungen, die sich aus höchst fragwürdigen vordemokratischen Rechtstiteln herleiten.