Montag, 7. Februar 2022

Söder im Panik-Modus

Die Merz-Söder-Marschroute für die Opposition kristallisiert sich immer mehr als Obstruktion heraus.

Umarmung der AfD (Hetze gegen Nancy Faser), populistische Forderungen, Kriegstreiberei (Waffenlieferungen an die Ukraine) und lebensgefährdende Anbiederung bei den faschistoiden Impfschwurblern.

„Team Vorsicht“ war einmal. Das Leben der Senioren, der Schwachen und Kranken zu schützen, also die letztes Jahr noch relevanten „vulnerablen Gruppen“ zu berücksichtigen, ist out bei CDU/CSU.

Pflegebedürftige Menschen, Demente, Bettlägerige, Leidende sind auf der Straße nicht sichtbar. Sie sind nicht nur am stärksten physisch von Corona bedroht, sondern leiden auch seelisch am meisten, weil sie in ihren Heimen, in ihren Krankenzimmern eingeschlossen sind und keine sozialen Kontakte pflegen können.  Den C-Parteien sind diese Menschen offenkundig egal. Sollen die Alten sich doch infizieren und abkratzen. Nichts Söders Problem.

Die bundesweite einrichtungsbezogene Impfpflicht will der Chefbayer plötzlich nicht mehr. Beschäftigte im Gesundheitswesen und in der Pflegebranche sollen weiter ungeimpft als Virenschleudern unterwegs sein dürfen.

Söder goes full Schwurbel.

[…] In Bayern fällt die längst beschlossene Impfpflicht für Beschäftigte im Gesundheitswesen. Die handstreichartige Entscheidung folgt allein politischem Kalkül. So aber funktioniert Seuchenschutz nicht.

Ein echter Söder, mal wieder. Es war schon still geworden um den obersten Seuchen-Terminator. Zunächst hatten ja wahlweise die Nachbarländer oder die Wissenschaftler, die angeblich nicht vor der Winterwelle gewarnt haben, Schuld daran, dass sich Bayern mit Sachsen im Corona-Abstiegskampf duellieren musste, wenn es um höchste Inzidenzen und niedrigste Impfquoten ging. Doch nachdem diese Argumentation schmählich in sich zusammengefallen war, fand sich zwischenzeitlich niemand, dem Söder die Verantwortung dafür hätte zuschieben können, dass sich dieses vermaledeite Virus partout nicht an CSU-Vorgaben hält.  Doch jetzt prescht Söder wieder vor, im Alleingang, und setzt in Bayern die für den 15. März vorgesehene Impfpflicht für Beschäftigte im Gesundheitswesen "bis auf Weiteres" aus. Die unverschämte Solonummer wird noch garniert, indem der Ministerpräsident "großzügigste Übergangsregelungen" in Aussicht stellt, was aber - zwinker, zwinker - "de facto auf ein Aussetzen des Vollzugs hinausläuft". War nicht so gemeint, wir lassen das erst mal mit der Impfpflicht für jene, deren Aufgabe darin besteht, Kranke und Verletzliche zu schützen. Geht's noch?

Söder handelt eigenmächtig, aus selbstsüchtigen Motiven. […]

(Werner Bartens, SZ, 07.02.2022)

Söder, vor einem Jahr noch ganz oben auf dem Polit-Ranking und selbstgefühlter nächster Kanzler, verfiel nach der Niederlage im Kanzlerkandidatenrennen gegen Armin Laschet und die Wahlniederlage der Union gegen Olaf Scholz in Depressionen. Seine CSU war in Bayern auf nie dagewesenen Tiefstwerte abgestürzt; es schien sogar vorstellbar, daß die CSU bei den nächsten Landtagswahlen die Macht ganz abgeben könnte.

Nach einem Vierteljahr voller Gram und Grauen, kämpft sich nun die neroeske Söder-Persönlichkeit nach vorn. Nie wieder Seriosität. Schulterschluss mit Aluhut und BILD.

[…..]  »Auch die bayerische Landesregierung sollte das beschlossene Gesetz ernst nehmen«, sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. »Es geht um den Schutz von Patienten und Heimbewohnern. Wir müssen die pflegebedürftigen Menschen in den Heimen schützen.«  »Laxe Vollzugsregeln der einrichtungsbezogenen Impfpflicht können nicht nur das Leben der älteren Menschen mit schwachem Immunsystem gefährden«, fügte der Gesundheitsminister hinzu. Sie gefährdeten auch die Glaubwürdigkeit von Politik.  Auch die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Heike Baehrens, übte Kritik. Die bayerische Regierung hintertreibe den gemeinsamen Beschluss von Bund und Ländern und das von CDU/CSU breit mitgetragene Gesetz, sagte sie. Ziel der einrichtungsbezogenen Impfpflicht sei es, besonders verletzliche Menschen zu schützen. »Wenn die CSU die Impfpflicht aussetzt, entzieht sie sich damit ihrer Verantwortung, diesen Schutz zu gewährleisten. Das sendet ein fatales Signal.«  [….]

(SPON, 07.02.2022)

Söder und Merz, in inniger Feindschaft zueinander verbunden, laborieren an einem gemeinsamen Problem: Sie sind nicht Olaf Scholz.  Ihnen geht die Fähigkeit ab, Akten zu studieren, sich gründlich zu informieren und im Hintergrund am Schreibtisch programmatische Arbeit zu leisten. Inhaltliche Konzeptionen kann man von ihnen nicht erwarten.

So poltert Friedrich Merz nun für ganz Deutschland, die einrichtungsbezogene Impfpflicht solle ausgesetzt werden. Populismus pur. Es geht nur noch darum Streit in die Ampel zu tragen und die FDP herauszulösen.

Daß die CDU bei der Bundestagswahl 2021 so brutal abgestraft wurde, lag nach übereinstimmenden Analysen a) an Armin Laschet, aber die CDU hätte trotz ihres deprimierend schlechten Kandidaten gewinnen können, wenn die Menschen b) gewußt hätten wofür die CDU eigentlich steht. Es gibt aber keine politischen Antworten der CDU/CSU auf die großen national und international anstehenden Probleme. Es ist wohlfeil, alles Angela Merkel in die Schuhe zu schieben. Die Frau ist seit 2018 nicht mehr Parteichefin und niemand innerhalb der CDU wurde daran gehindert, sich Gedanken darüber zu machen, wofür die Partei stehen soll.

Friedrich Merz versuchte am 30. Oktober 2018, am 16.Februar 2020 und am 16. November 2021 Bundesparteichef zu werden und scheiterte zweimal an genau dieser Frage: Was will die CDU eigentlich?  Außer ewig-gestrigen Sprüchen hatte Merz nie etwas zu bieten. Er mischt seit 2018 an vorderster Front der Bundespolitik mit, gehörte zum Kompetenzteam Laschet und war von 2019 bis 2021 Vizepräsident des Wirtschaftsrats der CDU e.V. In den vollen vier Jahren kam ihm aber offensichtlich nie eine Idee, was eigentlich in einem CDU-Programm stehen könnte. Bis heute kann er darauf keine Antwort geben.

Dann eben Covidioten-Populismus. Wenn statt 200 Menschen pro Tag, 1.000 an Covid19 sterben, kann er es so schön der Ampel in die Schuhe schieben.