Wenn man
sich durch Sahra Wagenknechts Onlinepräsenzen klickt, muß man die effektive
Öffentlichkeitsarbeit bewundern.
Obwohl sie
nie ein Regierungsamt hatte, über keinerlei praktische Verwaltungserfahrung
verfügt, nie einen Beruf außerhalb des Parlaments ausübte und sogar in ihrer
eigenen Partei hochumstritten ist, schafft sie es immer spielend in die Liste
der zehn wichtigsten Politiker.
Sie ist bekannter als fast alle Bundesminister, gilt als hoch authentisch, sitzt gefühlt in jeder zweiten Talkshow und ballert so klar formuliert ihre immer gleichen Kernthesen raus, daß auch völlig unpolitische Wähler verstehen wofür sie steht:
Macht der Banken und Konzerne brechen, den Hochvermögenden an den Geldbeutel, Lobbyisten rauswerfen, viel mehr Geld für die Ärmsten, Rüstungsexporte stoppen, radikale Demilitarisierung, Annäherung an Russland, Verdammung Amerikas und der NATO.
Sie ist bekannter als fast alle Bundesminister, gilt als hoch authentisch, sitzt gefühlt in jeder zweiten Talkshow und ballert so klar formuliert ihre immer gleichen Kernthesen raus, daß auch völlig unpolitische Wähler verstehen wofür sie steht:
Macht der Banken und Konzerne brechen, den Hochvermögenden an den Geldbeutel, Lobbyisten rauswerfen, viel mehr Geld für die Ärmsten, Rüstungsexporte stoppen, radikale Demilitarisierung, Annäherung an Russland, Verdammung Amerikas und der NATO.
Das ist
eine durchaus beachtliche Leitung in einer verschachtelten Medienwelt aus
Informationsblasen, in der viele Politiker für den Laien ununterscheidbar,
unkonkret und austauschbar wirken.
Seit
Jahren wird (weitgehend zu Unrecht) der SPD attestiert, man wisse nicht wofür
sie stehe und es mache gar keinen Unterschied, ob sie mitregiere oder nicht.
Ich
halte das für eine falsche, zumindest aber verzerrte Wahrnehmung, konstatiere
aber, daß viele es so sehen.
Offensichtlich
haben es viele SPDler jedenfalls nicht geschafft sich ein auch nur annähernd so
klares Profil wie Wagenknecht zuzulegen.
Wissen
mehr als drei Prozent der Bevölkerung wofür Thorsten Schäfer-Gümbel,
Svenja Schulze oder Carsten Sieling stehen, die alle ähnlich
lang politisch aktiv sind? Was hat eigentlich Dietmar Woidke, immerhin seit fünf
Jahren Ministerpräsident des Landes Brandenburg für politische Ansichten? Oder Doris Ahnen, die seit 17 Jahren
Landesministerin ist und seit 11 Jahren dem SPD-Vorstand angehört? Trotz all
der Zeit mit exekutiver Macht sind sie verglichen mit Wagenknecht, die nie eine
Position in der Exekutive bekleidete völlig unbekannt.
Es kommt
noch besser – Wagenknecht ist eine der wenigen, der man nicht zutrauen würde
sich korrumpieren zu lassen, falls sie übermorgen durch ein Wunder
Bundesministerin würde.
Sie
erreicht das alle durch geschickte PR, zu der natürlich auch ihre
ikonographische Optik gehört und die hunderttausendfach durchs Netz gejagten
knackigen Zitate, die meistens aus der „wir Kleinen gegen die da oben“-Perspektive
geschrieben, gut nachvollziehbar, sympathisch und eingänglich sind.
Es wäre
schön, wenn irgendein Grüner oder Sozi das auch könnte. Wenigstens ein paar
SPDler, die als reziproker Jens Spahn unterwegs wären; also ebenso
öffentlichkeitsaffin und selbstdarstellerisch, aber im Gegensatz zu ihm mit
sympathischen und positiven Botschaften.
Zur
Ehrenrettung der Sozis sei erwähnt, daß Regieren selbstverständlich schwieriger
ist, als draußen zu sitzen und Forderungen anzustellen.
Frau
Wagenknecht wird das auch ganz genau von ihrem Ehemann wissen, der nach wenigen
Wochen im absoluten Top-Job neben dem Bundeskanzler wie ein bockiges Gör alles
hinwarf, Parteivorsitz und den Posten des Bundesfinanzministers in die Tonne
trat und seither schmollend in der Ecke sitzt.
Gegen
Waffen und für Frieden – wer würde das nicht unterschreiben?
Man muss
aber auch kein Bellizist sein, um zu verstehen, daß man ohne Waffen nichts
erreicht, wenn der IS Hunderttausende jesidische Frauen und Kinder
abschlachtet.
Bei
Genoziden hilft nur eine schlagkräftige Armee von außen und eine entsprechende
Regierung, die es wagt sich die Hände schmutzig zu machen.
Es war
eben richtig, als Joschka Fischer nach Srebrenica den Casus belli anerkannte, während sich Kirche und Linke einen schlanken Fuß machten.
(….)
Nach dem Massaker von Srebrenica im Juli 1995, als Ratko Mladić bis zu 10.000
Bosniaken umbringen ließ, konnte man dem nicht mehr zusehen.
Das
war ein Genozid mitten in Europa und Slobodan Milošević dachte gar nicht daran
damit in Zukunft aufzuhören.
Joschka
Fischer reiste immer wieder zu ihm und verhandelte in harten langen
Vieraugengesprächen mit ihm, malte ihm aus, was sein Kurs für Serbien für
Konsequenzen haben würde.
Es
war eine sehr harte, aber richtige Entscheidung, die Deutschland dann traf.
Deutschland durfte einem Genozid in Europa nicht weiterhin zusehen.
Und
bis heute habe ich von denjenigen, die damals so extrem den angeblichen
Kriegskurs der rotgrünen Bundesregierung kritisierten keinen einzigen Satz dazu
gehört, was sie denn an der Stelle der Schröder-Fischer-Regierung gemacht
hätten – außer mit bequemen Abstand zusehen wie weiterhin Myriaden Menschen
massakriert werden. (….)
Die
Linke hat es so schön einfach.
Krieg?
Da sind
wir dagegen.
Waffen?
Dagegen.
Hartz
IV?
Dagegen.
Dagegen.
Aber
dagegen zu sein hilft den unter Bombenteppichen sterben Syrern und Jemeniten
leider überhaupt nicht.
Und gegen
Hartz IV zu sein, bedeutet noch lange nicht ein Konzept zu haben was
stattdessen kommen soll und erst recht ist damit nicht gesagt, wie man dafür
eine realistische Mehrheit finden soll.
Persönliche
Anmerkung: Ich unterstütze übrigens sie Idee von einem bedingungslosen
Grundeinkommen von 1.500 Euro/Kopf. Ich halte das sogar für finanzierbar, wenn
man die gewaltige bürokratische Maschinerie, die dann entfallen kann damit
verrechnet und 100.000 Finanzbeamte stattdessen auf Jagd nach
Steuerflüchtlingen und Steuerbetrügern schicken könnte. Eine politische und
parlamentarische Mehrheit wird es dafür aber in den nächsten 50 Jahren
garantiert nicht geben. Insofern ist das Konzept sinnlos.
Aber das
ist das Privileg aller Oppositionsparteien. Sie können fordern und müssen sich
nicht an der Realität messen.
Die SPD
hat es in der Opposition versucht immer seriös zu sein, sich
Gegenfinanzierungen zu erarbeiten, genau zu berechnen, welche Forderungen
finanziell umsetzbar sind. Was hat es ihr genützt? GAR NICHTS.
Die
Parteien ganz ohne Konzepte (AfD, FDP) waren die großen Wahlgewinner.
Ich
werfe diesbezüglich der LINKEn nichts vor.
Sehr
abgestoßen bin ich aber von Sahra Wagenknechts Bereitschaft populistisch im
braunen AfD-Sumpf zu fischen.
(….)
Nicht jeder, der ein mulmiges Gefühl bei Muslimen und dunkelhäutigen Ausländern
bekommt, ist zwangsweise ein AfD-affiner Rassist. Offenkundig gibt es auch
Abstufungen von Xenophobie zwischen den Extremen Gauland und mir.
Es
gibt Leute, die meiner Auffassung von der völligen Grenzöffnung nicht folgen
können und unbedingt weniger Migranten in Deutschland haben wollen, die aber
dennoch Mitleid mit Flüchtlingen haben und noch lange nicht Seehofer folgen.
Diesen
milden Xenophoben versucht auch Sahra Wagenknecht nachzulaufen,
wenn sie immer mal wieder AfD-Rhetorik verwendet, oder neuerdings auch noch gegen Schwule agitiert. Das ist zwar
widerlich und macht die LINKE für mich unwählbar, aber Wagenknecht ist nur
skrupellos und unsensibel. Sie ist nicht selbst eine derartige
Ausländerhasserin wie Pegidioten, Storch oder Höcke.
Diese moderaten Ausländer-Ablehner möchten gern, daß im Krankenhaus alle deutsch sprechen, daß die hier lebenden Migranten schön still und möglichst angepasst leben und nicht etwa als Kurden für ihre Rechte demonstrieren. Sie wollen aber nicht jeden einzelnen rauswerfen und gruseln sich bei herzzerreißenden Szenen, wenn Familien bei nächtlichen Abschiebungen auseinandergerissen werden.
Diese moderaten Ausländer-Ablehner möchten gern, daß im Krankenhaus alle deutsch sprechen, daß die hier lebenden Migranten schön still und möglichst angepasst leben und nicht etwa als Kurden für ihre Rechte demonstrieren. Sie wollen aber nicht jeden einzelnen rauswerfen und gruseln sich bei herzzerreißenden Szenen, wenn Familien bei nächtlichen Abschiebungen auseinandergerissen werden.
Kurzum,
sie sind eben nicht so mies wie Söder. (….)
Wagenknecht
ist viel zu intelligent, als daß ihr sowas einfach rausrutschen würde.
Sie
benutzt die ausländerfeindlichen Trigger dosiert und wohlüberlegt.
[…..]
Mein Aufschlag zur linken
Flüchtlingspolitik: Es geht nicht darum, Positionen über Bord zu werfen,
sondern um ein realitätstaugliches Konzept. Und es geht darum, sensibler mit
den Ängsten von Menschen umzugehen, statt sie als "rassistisch" zu diffamieren
und damit Wähler regelrecht zu vertreiben. Dass Angela Merkels
Integrationspolitik zu Lasten der weniger Wohlhabenden geht, sollte unstrittig
sein. Die Konkurrenz um Sozialwohnungen und um Jobs, gerade im
Niedriglohnbereich, verschärft sich, Schulen in ärmeren Wohnvierteln werden
noch mehr überfordert. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass der Begriff der
Weltoffenheit für einen ehemaligen Erasmus-Studenten, dem aufgrund hoher
Qualifikation und fundierter Sprachkenntnisse ein globaler Arbeitsmarkt offen
steht, einen ganz anderen Klang hat als für einen Arbeitslosen, der seinen Job
vielleicht gerade durch eine Betriebsverlagerung in einen Billiglohnstandort
verloren hat. Oder für einen im Niedriglohnsektor Beschäftigten, der jetzt noch
mehr Konkurrenz und damit Druck auf sein Einkommen erlebt. Statt mit der
Forderung "Offene Grenzen für alle" Ängste gerade bei denen zu
befördern, die seit Jahren vom Abbau des Sozialstaates und zunehmender
Lebensunsicherheit betroffen sind, sollten wir uns darauf konzentrieren, das
Asylrecht zu verteidigen. Das Recht auf Asyl ist ein Grundrecht, das nicht
immer weiter ausgehöhlt werden darf. Aber es bedeutet nicht, dass jeder, der
möchte, nach Deutschland kommen und hier bleiben kann. Deshalb muss unser
Schwerpunkt auf der Hilfe vor Ort und der Bekämpfung von Fluchtursachen liegen,
wie unfaire Freihandelsabkommen, Interventionskriege und Waffenexporte. […..]
Wagenknecht
eben – eine ihrer typischen öffentlichen Stellungnahmen, in der sie viel
Richtiges sagt, aber wenigstens auch ein bißchen gegen Ausländer agitiert und der
AfD der Hintern leckt.
Wagenknecht-Quotes
finden sich immer öfter auch in den Twitter-Accounts und FB-Timelines von
richtig Rechten.
Typischerweise
mit dem Vermerk „Ich mag die Linken zwar nicht, ABER damit hat sie recht“.
Mutmaßlich
gewinnt das braune Paar aus Saarbrücken, das so sehr von einer neuen
Sammlungsbewegung träumt, damit auch ein paar Anhänger hinzu.
Wenn die
dann nicht AfD wählen, wäre es auch sogar zu begrüßen.
Ich
meine aber, daß sie auf der anderen Seite noch mehr Wähler verlieren, weil sie von diesen ständigen Spitzen gegen Flüchtlinge/Zuwanderer/Asylanten abgestoßen sind.
Aus
grundsätzlichen moralischen Überlegungen könnte ich als erklärter R2G-Befürworter
niemals die Linke wählen solange Lafontaine/Wagenknecht an der Spitze
mitmischen und unablässig ihre xenophobe Melodie singen.