Samstag, 9. Januar 2016

Ein bißchen Engagement darf schon sein.


Eigentlich mischt man sich ja nicht in die nationalen Wahlkämpfe anderer Länder ein.
Im Jahr 2008 verbannte Angela Merkel allerdings aus alter Verbundenheit zu ihrem Busenfreund George W. Bush Barack Obama von einem Auftritt am Brandenburger Tor. Nachdem Außenminister Steinmeier schon sein OK gegeben hatte, mußt Obama blamiert auf Anordnung des Kanzleramtes für seine Rede zur in den USA nahezu unbekannten Berliner Siegessäule umziehen.

Natürlich blöd für Merkel, daß Obama kurze Zeit später zum mächtigsten Mann der Welt gewählt wurde. Seitdem ist das deutsch-amerikanische Verhältnis reichlich abgekühlt. Wie wir inzwischen durch Edward Snowden und andere wissen, nimmt das Weiße Haus das Berliner Kanzleramt offenbar gar nicht mehr ernst und betrachtet Deutschland als so unsicheren Hallodri, daß man ihn geheimdienstlich überwachen muß.

Die Zeit der völlig autark handelnden Nationalstaaten ist ohnehin vorbei.
Entweder man schottet sich so ab wie Nordkorea und lebt dann in der ökonomischen und kulturellen Steinzeit, oder aber man öffnet sich vollkommen und bildet Allianzen.
Auch die gegenwärtig militärisch und wirtschaftlich noch größte Macht der Erde, die USA, kann im Alleingang quasi nichts mehr erreichen. Sie braucht Freihandelszonen, internationale Geldgeber, ist völlig von Importen abhängig und bricht allein auch keine Kriege mehr vom Zaun.

Die Welt wird kleiner, wächst zusammen – das ist eben nicht nur eine griffige Floskel, sondern politische Realität und Notwendigkeit.

Bartosz Wieliński, Redakteur im Auslandsressort der polnischen Tageszeitung Gazeta Wyborcza fordert heute in einem Gastkommentar der SZ sogar ausdrücklich die Deutschen dazu auf sich in Polen einzumischen, die neue Warschauer Regierung zu kritisieren.

Bitte nicht schweigen
Nach dem Sieg der rechtspopulistischen Partei PiS ist eine Katastrophe in den deutsch-polnischen Beziehungen unvermeidbar. Trotzdem sollte die Bundesregierung sich mit Kritik auf keinen Fall zurückhalten.
[….] Um die Gewerkschaft Solidarność schlechtzumachen, verbreitete die Regierung im Kommunismus einst Zeichnungen vom "Baum des Volksverrats". Jetzt hetzen die Pis-Anhänger auf Twitter oder Facebook gegen uns und machen uns zu "Volksdeutschen". Angestachelt werden sie von Vizepremier Mateusz Morawiecki, der öffentlich bedauert, dass man heute mit der Verunglimpfung seines eigenen Landes zu kämpfen habe. Das Ziel war damals dasselbe wie heute: die Unbeugsamen mundtot machen. Wie viel leichter hätte es die Pis, wenn das Ausland nicht wüsste, was in Polen vor sich geht.
Doch das Ausland weiß es. EU-Kommission und Europaparlament wollen sich die Situation in Polen genau ansehen, in den westlichen Medien häufen sich die kritischen Kommentare. Ich verstehe die Empörung des Westens voll und ganz. Wir sind eine große Familie. Es ist normal, dass die Verwandten eingreifen, nachsehen, zu Hilfe kommen, wenn einem ihrer Nächsten Schlimmes geschieht. Und dass ein Verwandter, wenn er sich danebenbenimmt, Ermahnungen zu hören kriegt. Ermahnungen, die schärfer werden, wenn er nicht reagiert.
Die Ausschaltung des Verfassungsgerichts, die brutale Übernahme der öffentlichen Medien widerspricht den Werten Europas. Ebenso widerspricht dem Geist der europäischen Demokratie die Methode, mit der die Pis das Recht ändert: im Eiltempo, über Nacht, womit der Opposition jedes Recht auf Diskussion genommen wird. Die Gesetze, die auf Eilabstimmungen in Sejm und Senat warten, sollen die Kompetenzen der Geheimdienste erweitern, die Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaft beenden, private Medien repolonisieren. [….]

Große Länder wie Indien, Russland oder China zu kritisieren mag ökonomische Nachteile bringen.
Das sollte einen aber nicht von ehrlichen Worten untereinander abhalten.
Wichtig dabei ist aber, daß die genannten der Nationen eine völlig andere Geschichte haben und nicht zu unseren engsten Partnern in EU oder NATO gehören.
Alle drei Länder haben in ihrer Geschichte schwer unter Westeuropa gelitten.
China hat 5000 Jahre lang keinen Kolonialismus betrieben und anderen Nationen mit Kriegen überzogen. Russland wurde mehrfach von Westeuropa aus angegriffen. Zuletzt führte die deutsche Aggression dazu, daß mindestens 22 Millionen Sowjetbürger starben – darunter auch mittelbar der ältere Bruder Wladimir Putins.

Daher ist eine gewisse Zurückhaltung angebracht. Es steht Deutschland nicht an oberlehrerhaft daher zu kommen.
Und es steht der USA, die im 21. Jahrhundert bereits einige illegale Angriffskriege anzettelte und die Welt mit Drohnenangriffen überzieht nicht an den moralischen Zeigefinger gen Moskau zu erheben.

Wir untereinander sollten hingegen umso mehr auf die Einhaltung unserer Werte dringen.
Wir sollten die in den USA praktizierte Todesstrafe, sowie amerikanische Folterlager eben nicht stillschweigend hinnehmen, sondern bei jeder Gelegenheit anprangern.

Gerade Deutschland mit seiner bekannten Geschichte sollte nicht schweigen, wenn der rechtsradikale Hetzer Donald Trump ausflippt.
Nach seiner Forderung alle Muslime an den amerikanischen Grenzen abzuweisen, protestierte die Muslimin Rose Hamid in South Carolina während einer GOP-Wahlkampfveranstaltung stumm mit einem gelben Judenstern und wurde vom rasenden Trump unsanft aus der Halle geworfen.
Das Publikum grölte und schimpfte wie von Sinnen.


So geht es nicht.

In England unterschrieben bisher mehr als eine halbe Million Menschen eine Petition für ein Einreiseverbot gegen Donald Trump.

Nach Trumps fortwährenden Angriffen auch gegen Deutschland, ist es hohe Zeit etwas Ähnliches für Deutschland zu planen.
Seine Twitternachrichten sprechen eine deutliche Sprache.

Donald J. Trump  @realDonaldTrump
Germany is going through massive attacks to its people  by the migrants allowed to enter the country. New Years Eve was a disaster. THINK!
15:25 - 6 Jan 2016

Donald J. Trump @realDonaldTrump
Man shot inside Paris police station. Just announced that terror threat is at highest level. Germany is a total mess-big crime. GET SMART!
14:24 - 7 Jan 2016

Natürlich würde Merkel es niemals zu so einem Schritt kommen lassen, aber es wäre schon ein Zeichen, wenn sich genügend Deutsche einer solchen Petition anschlössen.

[….] Nachdem in Großbritannien schon 500.000 Unterschriften für ein Einreiseverbot Trumps gesammelt wurden, gibt es nun auch in Deutschland eine entsprechende Initiative. Und mit dem bayerischen Grünen-Politiker Dieter Janecek den ersten Bundestagsabgeordneten, der sich für ein Trump-Einreiseverbot ausspricht.
"Trumps Hetztiraden gegen Minderheiten und Geflüchtete dürften den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllen"; sagte Janecek SPIEGEL ONLINE. "Deutschland sollte klare Kante zeigen gegen Hassprediger jeglicher Art, im Zweifelsfall auch mit Einreiseverboten."
[….] Auf der Plattform Change.org ist 35.000-mal eine Petition gezeichnet worden, die Trump die Einreise nach Deutschland verbieten will - "bis unsere Volksvertreter eindeutig geklärt haben, was zur Hölle mit dem Mann los ist", wie es dort heißt. Allerdings ist nicht nachprüfbar, ob sich dahinter auch 35.000 Bürger verbergen.
[….] Der SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs hielte ein Einreiseverbot für Trump sogar für "groben Unfug". In einer Demokratie müsse man "andere Meinungen aushalten können", glaubt er.
Oder die Konfrontation sogar suchen? So sieht es der Linken-Parlamentarier Jan Korte: "Wenn er kommt, sollten sich alle möglichst bekloppte Frisuren machen und Donald Trump noch lächerlicher machen - soweit das überhaupt möglich ist", sagt Korte mit Blick auf die blonde Haartolle des US-Politikers. "Das ist die richtige Antwort auf seine Hetze." [….]