Freitag, 6. Mai 2016

Präsidentschaftswahlen und mehr



Eine Prognose des Wahlausganges der US-Wahl im November ist heute nicht seriös zu geben.
Natürlich, Donald Trump hat nicht die geringste politische Erfahrung und bereits so viel Porzellan zerschlagen, daß eine messbare Anzahl Republikaner Wahlenthaltung praktizieren wird. Einige kündigen sogar an für Hillary Clinton zu stimmen.
Das muß man erst mal schaffen, denn die parteipolitschen Fronten sind in Amerika derart verhärtet, daß der anderen Seite gegenüber nur blanker Hass herrscht.
Das alte Checks-and-balances-System wurde von obstruction-and-filibister ersetzt.
Erst das Land, dann die Partei – das war einmal.
Als Newt Gingrich als House-Speaker die gesamte Nation blockierte, weil er in seinem blinden Hass auf Bill Clinton lieber allen Amerikanern schaden wollte, als dem Präsidenten auch nur ein Krümelchen Erfolg zu gönnen, wurde er noch von den Wählern abgestraft.
Amerikaner nahmen es dem Ober-GOPer durchaus übel, daß er ihr Land schlecht redete und aus parteipolitischen Gründen schweren ökonomischen Schaden in Kauf nahm.

Heute befinden sich zumindest die Republikaner im Endzeitmodus.
Es ist, als wäre die Zombiapokalypse schon längst ausgebrochen. Anstand, Regeln, Formalien spielen keine Rolle mehr.
Es geht nur noch darum die anderen möglichst hart zu schlagen – auch wenn es bedeutet das Atomfeuer auf die eigene Position zu lenken.
Politische Programmatik bedeutet nicht mehr konzeptionelles Denken, Pläne entwickeln, zum allgemeinen Fortschritt beitragen.
Es zählt nur noch den Gegner zu vernichten.
Alle republikanischen Präsidentschaftskandidaten, inklusive Donald Trump versuchten sich gegenseitig damit zu überbieten wie radikal und wie schnell sie alles von Obama Erreichte „am ersten Tag im Amt“ abschaffen würden.
Den Vertrag mit dem Iran, die allgemeine Krankenversicherung, die Homoehe, die umweltschützenden Entscheidungen, „abolish the IRS“, die diplomatischen Beziehungen zu Cuba, einfach alles.
Die von den rechtsextremen den Talkern Sean Hannity, Glenn Beck, Bill O'Reilly, Rush Limbaugh und Co aufgehetzten GOPer verlangen offenbar nach nicht weniger als der vollständigen Tilgung der Obama-Präsidentschaft aus den Geschichtsbüchern.

Sarah Palin, dümmste Vizepräsidentschaftskandidatin aller Zeiten und heutiger Star der Teaparty markierte auf ihrer Website Obamacare-Unterstützer mit Zielfernrohren, gab sie virtuell zu Abschuss frei.





Als am 08. Januar 2011 die liberale Kongressabgeordnete Gabrielle „Gabby“ Giffords Opfer eines Attentats wurde, schadete das Palin noch nicht mal. Im Gegenteil. Sie wurde mit eigenen TV-Sendungen bedacht und Donald Trump rühmt sich in jeder Rede von Sarah Palin endorsed worden zu sein.

Es fällt mir wirklich extrem schwer mir vorzustellen, daß es 2020 schlimmer als Cruz und Trump kommen könnte.
Aber die Erfahrung lehrt, daß der totale Tiefpunkt kontinuierlich weiter unterschritten wird.

Allerdings brachte es Donald Trump fertig seine eigene Partei so zu vergiften, daß er nicht 100% unterstützt wird, obwohl er der einzige Kandidat ist und es gegen die verhassten Demokraten und die noch verhasstere Hillary Clinton geht.

Selbst für GOPer Verhältnisse hatte Trump besonders schmutzig agiert.
Cruz und andere sind so wütend auf ihn, daß sie bisher nicht in der Lage sind sich zusammenzureißen und sich der Parteiraison unterzuordnen.


Wer rausgeht, muß auch wieder reinkommen, pflegte Herbert Wehner zu sagen.
Ich wage es nach derzeitigem Wissensstand aber zu bezweifeln, ob die durchaus einflussreichen GOP-Größen Bush, Bush, Bush, Romney und Cruz wieder von ihren Palmen runterklettern, um für Trump zu werben.

Allerdings nehme ich an, eine Majorität der Republikaner wird die Zweifel an Trump ihrem Demokratenhass und dem Opportunismus unterordnen.
Chris Christi wünscht sich einen schönen Posten in der US-Regierung.

Wer aber nicht unmittelbar von einer Trump-Präsidentschaft zu profitieren gedenkt, wird sich vorstellen, daß nach einer krachenden GOP-Niederlage tabula rasa angesagt sein wird und dann die glühenden Trump-Fans chancenlos sein werden.

Schließlich gibt es auch noch andere wahltaktische Überlegungen als die Präsidentschaftswahlen, denn es werden diesen Herbst auch Gouverneure, ein Drittel der US-Senatoren und sämtliche Kongressabgeordneten neu bestimmt.

Manch einem, der ohnehin nicht für einen Posten im Weißen Haus in Frage kommt, mag da die Jacke näher als die Hose sein.
Paul Ryan ist als House-Sprecher formell der drittmächtigste Mann der Vereinigten Staaten  - nach Präsident und Vizepräsident.
Ein schöner Posten, der aber auch schnell wieder weg sein könnte, wenn im Trump-Strudel dessen Unterstützer an der Wahlurne gleich mit abgestraft werden sollten.

Da will man sich nicht unbedingt die Finger schmutzig machen!

Trump spaltet die Republikaner bis zur Spitze
[….] Paul Ryan, der Speaker des Repräsentantenhauses und damit höchstrangige Republikaner im Land, erklärte am Donnerstag, er sei "noch nicht bereit", sich für Trump auszusprechen. [….] Es gilt in der jüngeren Geschichte als beispielloser Affront, dass ein designierter Kandidat für das Weiße Haus von einem Anführer seiner eigenen Partei derart zurückgewiesen wird.   "Wir möchten einen Bannerträger, der auch tatsächlich unser Banner trägt", sagte Ryan dem Sender CNN. "Die Konservativen möchten wissen: Teilt er unsere Werte und unsere Prinzipien über einen schlanken Staat, die beschränkte Rolle der Exekutive, die Treue zur Verfassung? Da gibt es viele Fragen, auf die Konservative eine Antwort erwarten."
[….] Trump, der immer besonders gereizt reagiert, wenn er angegriffen wird, antwortete auch auf den Affront Ryans mit einem Gegenangriff. Er sei "noch nicht bereit, die Agenda von Speaker Ryan zu unterstützen", erklärte er. [….] Manche Republikaner befürchten, dass Trump auch Abgeordnete und Senatoren in gemäßigten Wahlkreisen gefährden könnte. Dort könnten die Bürger am Wahltag nicht nur Trump ablehnen, sondern aus Protest gleich auch republikanische Kandidaten für den Kongress. Ryan möchte mit seiner Skepsis sicherstellen, dass Trump und seine Partei nicht zu schnell wie eine Einheit wirken.