Dienstag, 24. Januar 2023

Der größte Erfolg der Konservativen

Beim täglichen Scrollen durch die Civey-Umfragen lernt man viel über das nicht vorhandene Urteilsvermögen der Deutschen.

Hartnäckig klammern sie sich an längst widerlegte Irrmeinungen und pflegen neoliberale Primitiv-Glaubenssätze: Steuersenkungen! Bloß keine Vermögenssteuer! Schwarze Null! Schwäbische Hausfrau!

Auch Menschen, die deutlich weniger als 500.000-Euro-Freigrenze (Ehepartner) erben, befürchten, ihnen könnte durch Erbschaftssteuern etwas weggenommen werden. 


Nur eine gute Hälfte der Bevölkerung zahlt überhaupt Einkommensteuer. Die anderen verdienen zu wenig. Von den populären FDP-Steuersenkungsplänen, profitieren also grundsätzlich nur die Reicheren.

Es ist erstaunlich; auch nach dem spektakulären weltweiten Scheitern der neoliberalen Lehren in der Weltfinanzkrise von 2008/9, halten FDP, GOP, Tories und CDU eisern an offensichtlich schädlichen und nicht funktionierenden Phantasmen wie Austeritätspolitik und Trickle Down fest: Die Superreichen aus der Solidaritätspflicht entbinden, immer reicher werden lassen und dann hoffen, auf wundersame Weise sickere das Vermögen nach unten durch und die Staatsfinanzen füllten sich von Zauberhand allein auf.

Das wird seit 40 Jahren versucht, klappt aber nicht.

Die Reichen werden reicher, Staat und Arme werden ärmer.

An der Spitze konzentriert sich noch nie dagewesener Reichtum bei genau den Konzernen, die es verstehen, sich vollständig von der Steuerlast zu befreien. Sie sind parasitäre Firmen, die von den staatlichen Leistungen wie Infrastruktur und Bildung und Gesundheitssystem profitieren, aber nichts zurückgeben.

Es geht nach dem bekannte Gysi-Axiom „Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren.“

Die FDP, GOP, Tory, CDU-Voodoo-Economic produziert zuverlässig Ausbeutung, soziale Schieflage, Ressourcenverschwendung und dramatische Staatsdefizite, die dann mühsam von SPD, Labour, demokratischen Regierungen ausgeglichen werden müssen.

Wider jede ökonomische Evidenz, hält dennoch sowohl in den angelsächsischen Ländern, wie auch in Deutschland, die Majorität der Menschen sozialdemokratische Wirtschaftspolitik für falsch und bevorzugt die konzern-kriecherische Porsche-affine Lindner-Merz-Trumpo-McCarthy-Johnson-Sunak-Sicht der Dinge.

Die Schwarzgelben haben eben nicht nur viel mehr Lobbymacht im Rücken und werden von den überwiegend neoliberalen Wirtschaftsjournalisten hochgeschrieben, sondern sie sind wesentlich mehr von sich überzeugt. Sie prahlen mit ihrer Politik und geben ungeniert jede gute ökonomische Nachricht, als ihren Erfolg aus.

Linke, Labour und Sozialdemokraten gehen das Thema Wirtschaft und Finanzen immer verschämt und devot an.

So wie sie immer – völlig zu Unrecht – prophylaktisch in die eigene Hose scheißen, wenn es um die Themen „tough on crime“ oder „Militär“ geht, vermögen sie es nicht, mit ökonomischen Erfolgen zu protzen.

Ich fordere jeden auf, sich an die düstersten Prognosen des Frühlings 2022 zu erinnern, als man von Kriegswirtschaft, Zusammenbruch der Energieversorgung, Frieren, Volksaufständen und Blackouts redete. Die Ökonomie werde zusammenbrechen. Manch einer sah uns schon wie weiland Helmut Schmidt (1945) in Erdlöchern hausen.
Noch nie stand eine deutsche Bundesregierung so drastischen Herausforderungen gegenüber, musste so einen Druck aushalten und solchen Fliehkräften innerhalb der eigenen heterogenen Koalition standhalten.

Die extrem negative demoskopische Bewertung der drei Regierungsparteien, des Kanzlers und aller Minister, die ich jeden Tag auf Civey sehe, entspricht der aggressiv-kritischen Berichterstattung, die den Kanzler als schwachen Getriebenen sieht, der seine zankenden Minister nicht aus dem Hühnerhaufenmodus zu reißen vermag.

Die ökonomische Realität ist aber eine ganz andere. Weder ging bundesweit das Licht aus, noch müssen wir hungern und frieren. Im Gegenteil, wir sind so stark, daß wir noch eine Million Flüchtlinge aufnehmen konnten und mit einem ökonomischen Plus in 2023 gehen.

[….] Deutschland erlebt gerade einen rasanten Stimmungsumschwung. Noch im Herbst 2022 waren die Prognosen für die Wirtschaftsentwicklung im Jahr 2023 ziemlich düster. Eine Rezession schien sicher zu sein. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sprach im Oktober von "ernsten Zeiten". Nun wird es nach Erwartung der Regierung im Jahr 2023 ganz anders kommen: Die Wirtschaft schrumpft nicht, sondern sie wächst sogar ein bisschen.

Wie die SZ aus Regierungskreisen erfuhr, prognostiziert der Jahreswirtschaftsbericht, der an diesem Mittwoch von Habeck vorgestellt wird, für 2023 ein Wachstum von 0,2 Prozent. In seiner Herbstprojektion war das Ministerium noch von minus 0,4 Prozent ausgegangen. Für 2024 rechnet die Regierung aktuell sogar mit 1,8 Prozent Wachstum, wobei diese Zahl noch nicht in dem Bericht enthalten sein wird, da er sich nur aufs laufende Jahr bezieht. Die Lage sei beherrschbar geworden, hieß es aus Regierungskreisen. Als Grund dafür sieht man dort vor allem das eigene Krisenmanagement.  [….]

(SZ, 24.01.2023)

Niemand wagt es zu sagen, aber die grüne Habeck-Wirtschaftspolitik und die wenig effekthascherische Führung im roten Kanzleramt war goldrichtig.

Wir können froh sein, die Ampel zu haben und nicht auf populistische Schwätzer wie Spahn, Merz, Scheuer, Dobrindt und Amthor setzen zu müssen

So wie von 2019 bis Ende 2021 99,9% aller Journalisten sicher wußten, Olaf Scholz werde niemals Kanzler, galt auch über das Jahr 2022 als ausgemacht, die Ampel werde Deutschland ruinieren, keinesfalls bis zum Ende der Legislaturperiode durchhalten.

Ich sage, ja, es wird weiterhin zwischen den Regierungsparteien krachen. Das muss es schon allein deswegen, weil die FDP-Minister ignorante Arbeitsverweigerer sind. Aber insgesamt werden die guten Roten und Grünen das ausgleichen. Deutschland wird besser als andere durch die Krise manövriert und schon allein aus Mangel an Alternativen, wird die Ampel weitermachen.